Entscheidungsdatum
14.01.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L504 2210910-3/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über den Antrag von XXXX geb., StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2018, Zl. 397959810 - 180734114, zu Recht erkannt:
A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gem. § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
"[...]
Sie reisten am 13.06.2007 in das Bundesgebiet ein.
- Mit 03.05.2011 wurde Ihnen von der BH XXXX Land der AT "Familienangehöriger" erteilt, welcher am 25.10.2012 verlängert wurde.
- Am 25.10.2015 wurde Ihnen der AT "Familienangehöriger" von der BH XXXX verlängert.
- Am 17.10.2016 (rk. 21.10.2016) wurden Sie durch das LG XXXX wegen § 83 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.
- Am 24.04.2017 meldeten Sie Ihren Wohnsitz im Bundesgebiet ab. Eine gleichzeitige Neumeldung erfolgte nicht.
- Am 03.05.2017 begründeten Sie erneut einen Wohnsitz im Bundesgebiet.
- Am 25.06.2018 meldeten Sie Ihren Wohnsitz im Bundesgebiet wieder ab. Eine gleichzeitige Neumeldung erfolgt nicht.
- Am 03.07.2018 begründeten Sie erneut einen Wohnsitz im Bundesgebiet.
- Am 25.07.2018 (rk. 31.07.2018) wurden Sie durch das LG XXXX wegen § 83 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.
- Am 08.08.18, 14.08.18 und 20.08.18 wurde versucht, Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme zuzustellen. Das behördliche Schriftstück wurde dreimal mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgesendet.
- Am 28.08.2019 hielt die Polizei bei Ihnen Nachschau und teilte das Erhebungsersuchen bezüglich Wohnsitzes dem BFA mit.
- Am 31.08.2018 wurden Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme (mit der Möglichkeit der Stellungnahme binnen einer Frist von 14 Tagen) von Beamten der PI XXXX gegen eigenhändige Unterschrift auf dem Rückschein zugestellt.
- Mit Bescheid vom 10.10.2018 wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gem § 52 Abs 4 FPG erlassen, festgestellt, dass Ihre Abschiebung gem § 46 FPG zulässig ist, ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot gem § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ausgesprochen und eine zweiwöchige Frist für Ihre freiwillige Ausreise gewährt.
- Der Bescheid wurde am 18.10.2018 durch Hinterlegung zugestellt.
- Innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist langte keine Beschwerde ein.
- Am 29.11.2018 langte Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 29.11.2018 wurde vom BFA mit im Spruch genannten Bescheid gem. § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 33 Abs. 4 VwGVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Die bP habe auf Grund ihrer geringfügigen Deutschkenntnisse den Inhalt der Beweisaufnahme nicht verstanden und deshalb von einer Stellungnahme Abstand genommen. Der zur Übersetzung herangezogene Freund hätte ihm erzählt, bei dem Schreiben handle es sich um irgendeine Form von Förderung. Die bP habe zwar den Bescheid, mit dem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung verfügt und ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde, behoben, diesen jedoch in der Annahme, dass es sich um ein weiteres Förderungsschreiben handle, nicht geöffnet, sondern hätte auf die Entscheidung des Magistrats XXXX gewartet. Überdies hätte die bP das Schreiben auch noch verlegt. Erst nachdem der Verlängerungsantrag abgewiesen worden sei, hätte sich die bP an das Schreiben des BFA erinnert und sich an die Volkshilfe gewandt. Die bP treffe kein Verschulden sondern allenfalls leichte Fahrlässigkeit.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Der Bescheid des BFA vom 10.10.2018, mit dem gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. erlassen und festgestellt wurde, dass die Abschiebung der bP gem. § 46 FPG zulässig ist und ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot ausgesprochen wurde, wurde der bP mittels Hinterlegung zugestellt. Als Beginn der Abholfrist wurde auf dem entsprechenden Rückschein der 18.10.2018 vermerkt, womit mit diesem Datum der Bescheid rechtswirksam zugestellt wurde und die vierwöchige Beschwerdefrist zu laufen begann. Diese endete mit Ablauf des 15.11.2018.
Die Beschwerde wurde nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebracht und wurde von der gewillkürten Vertretung (ARGE Rechtsberatung) zugleich am 26.11.2018 ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
2. Beweiswürdigung
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage unstreitig.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.
Über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, ist von der Behörde zu entscheiden. Über jene Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, ist vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).
Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim BFA eingebracht, welche den Antrag an das BVwG weiterleitete. Mit Beschluss des BVwG, Zl. L5042210910-2/2E vom 18.12.2018 wurde der Antrag an das BFA rückübermittelt.
Bei Versäumen der Beschwerdefrist ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG 2014 die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG 2014 geregelte Beschwerde handelt (Hinweis E vom 28. September 2016, Ro 2016/16/0013). Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG 2014 übertragbar sind (vgl. betreffend § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 die Beschlüsse vom 25. November 2015, Ra 2015/06/0113, und vom 8. Juni 2015, Ra 2015/08/0005, sowie in diesem Sinn auch den Beschluss vom 17. März 2015, Ra 2014/01/0134).
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (z. B. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann.
Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (z. B. VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z. B. VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136).
Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung jedenfalls dann, wenn der Partei Vorsatz oder offenkundige Sorglosigkeit vorzuwerfen ist.
Der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund muss bereits im Wiedereinsetzungsantrag bezeichnet und sein Vorliegen glaubhaft gemacht werden. Die Partei muss also jene Umstände, durch die sie an der Vornahme der Prozesshandlung gehindert wurde, konkret beschreiben. Glaubhaftmachung bedeutet, dass die Partei Beweismittel anbieten muss, durch die die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens des Wiedereinsetzungsgrundes dargetan wird. Es ist allein das Vorliegen des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes zu prüfen. Eine amtswegig Prüfung, ob allenfalls weitere Gründe für eine Wiedereinsetzung vorliegen, ist nicht vorgesehen. Nach Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag kann der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund auch nicht mehr ausgewechselt werden (VwGH 25.02.2003, 2002/10/0223).
Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015, mwN).
Mangelnde deutsche Sprachkenntnisse stellen nach der st Rsp des VwGH keinen Wiedereinsetzungsgrund dar (s E 27.2.1989, 88/04/0033, E 18.6.1990, 90/19/0165).
Die Zustellung eines in deutscher Sprache gehaltenen Bescheides bzw die Unkenntnis der deutschen Sprache stellen kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar (VwGH 18.2.1991, 91/19/0013, 7.10.1993, 93/01/0910, 1013).
Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substanziiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. E 27. Februar 1996, 95/08/0259; E 15. Oktober 2009, 2008/09/0225).
Der Wiedereinsetzungswerber hat zur Glaubhaftmachung des behaupteten Wiedereinsetzungsgrundes im Wiedereinsetzungsantrag ladungsfähige Adressen der zur Bescheinigung seines Vorbringens geführten Personen anzugeben, widrigenfalls dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben ist (VwGH 27.05.2014, 2014/16/003).
Ein unvertreten im Verfahren zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung auftretender Fremder hat auffallend sorglos gehandelt, wenn er sich trotz Kenntnis der durch Hinterlegung bewirkten Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz nicht weiter um die postalische Behebung und den Inhalt dieser Bescheide und um allfällige weitere Verfahrensschritte gekümmert hat. Damit ist dem Fremden aber ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vorzuwerfen, weil er die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen hat (VwGH 04.12.1998, 96/19/3315).
Fallbezogen ergibt sich Folgendes:
Die Parteien gehen unstreitig von einer Fristversäumung hinsichtlich der Beschwerdeerhebung aus und stellte die bP daher einen Wiedereinsetzungsantrag.
Der gegenständliche Bescheid des BFA vom 10.10.2018 wurde der bP durch Hinterlegung zugestellt. Gem. § 17 Abs. 3 ZustG gilt die Zustellung bei hinterlegten Dokumenten mit dem ersten Tag der Abholfrist als bewirkt. Somit ist gegenständlich von einer rechtswirksamen Zustellung bzw. Erlassung des Bescheides am 18.10.2018 auszugehen. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach, unter Berücksichtigung der §§ 32 und 33 AVG über die Fristenberechnung, mit Ablauf des 15.11.2018. Die am 26.11.2018 zugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebrachte Beschwerde ist jedenfalls als verspätet zu erachten, weshalb Säumnis vorliegt.
Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde gem. § 33 Abs. 3 VwGVG unstreitig innerhalb offener Frist gestellt und war daher zulässig.
Gegenständlich wurde geltend gemacht, dass die bP auf Grund ihrer rudimentären Deutschkenntnisse den Inhalt der Beweisaufnahme, welcher ihr im August vom BFA zugestellt wurde, nicht verstanden habe. Ein zu Rate gezogener Freund, erklärte ihm, dass es bei dem Schriftstück um eine Förderung gehe. In der Annahme, dass es bei dem in Folge zugestellten Bescheid abermals um eine Förderung gehe, blieb das Kuvert ungeöffnet und wurde darüber hinaus auch noch verlegt. Da die bP keinerlei Erfahrung mit dem BFA hatte, er von einem Freund eine falsche Information über den Inhalt des Schreibens des BFA bekommen hat und er den Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels wie sonst auch immer stellte, treffe die bP an der Versäumung der Frist kein Verschulden, sondern nur leichte Fahrlässigkeit. Auch eine auffallende Sorglosigkeit liege nicht vor, da die bP trotz ihres 11jährigen Aufenthaltes in Österreich die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrsche, er von einem Freund falsch informiert wurde, er mit dem BFA noch nichts zu tun hatte, daher auch nicht wusste oder wissen konnte, was das BFA im August und Oktober von ihm wollte und er daher, weil er der Ansicht war, alle Schritte zur Verlängerung seines Aufenthaltstitels getätigt zu haben, erst nach dessen Ablehnung bei der Rechtsberatung von der Wichtigkeit des Schreibens (Bescheid) vom BFA und der Versäumung der Frist erfuhr. In Anbetracht der dargestellten Umstände stelle die Versäumung der Beschwerdefrist für die bP ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar, das sie selbst nicht durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt habe.
Die Erklärung, dass sein Freund ihm über den Inhalt mitgeteilt hätte, dass es sich bei dem Schreiben um irgendeine Form von Förderung handle, vermag angesichts des unsubstanziierten Vorbringens nicht zu überzeugen, dass ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft. Nachdem der Wiedereinsetzungswerber zur Glaubhaftmachung des behaupteten Wiedereinsetzungsgrundes im Wiedereinsetzungsantrag keine ladungsfähige Adresse der zur Bescheinigung seines Vorbringens geführten Person anzugeben, war schon aus diesem Grund dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben.
Die bP lebt seit 11 Jahren als "Familienangehöriger" in Österreich. Dazu bedurfte es einer Antragstellung und mehrerer Verlängerungsanträge beim Magistrat, weshalb davon auszugehen ist, dass er bis zum Zeitpunkt der Zustellung des anzufechtenden Bescheides doch erhebliche Erfahrungen im Umgang mit Behörden, insbesondere mit der Beachtung des Zeitpunktes der Erlassung von Bescheiden und des damit verbundenen Beginnes von Rechtsmittelfristen, gemacht hat. Dass die Deutschkenntnisse der bP nur rudimentär sind, ist angesichts der obigen Rechtsprechung kein Entschuldigungsgrund und als Wiedereinsetzungsgrund nicht geeignet. Dies hatte sie zudem auch nicht gehindert im bisherigen Umgang mit Behörden etwaige Fristen etc. einzuhalten. Die bP hat den angefochtenen Bescheid, ohne sich über ihren Inhalt zu vergewissern, in einer Art und Weise verwahrt, dass er in (zeitweiligen) Verlust und dadurch bei der bP in völlige Vergessenheit geraten konnte, und hat somit die im Verkehr mit Gerichten bzw Behörden erforderliche und zumutbare Sorgfalt in einem Maße außer Acht gelassen, die nur als auffallend sorglos bezeichnet werden kann.
Das vom Beschwerdeführer als Grund für die Versäumung der Beschwerdefrist geltend gemachte Ereignis stellt daher schon aus diesem Grund keinen Umstand dar, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte. Dem Wiedereinsetzungsantrag war somit nicht stattzugeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten.
Das Bundesamt hat die, die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und hat das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung geteilt.
In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes außer Betracht bleiben kann.
Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdefrist Deutschkenntnisse Fristversäumung Verschulden Wiedereinsetzung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2210910.3.00Im RIS seit
01.10.2020Zuletzt aktualisiert am
01.10.2020