TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/20 W129 2224881-1

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Veröffentlicht am 20.01.2020
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Entscheidungsdatum

20.01.2020

Norm

AVG §59 Abs1
B-VG Art133 Abs4
SchOG §8h Abs2
SchOG §8h Abs3
SchPflG 1985 §11 Abs2a
SchPflG 1985 §11 Abs3
SchPflG 1985 §24
SchPflG 1985 §5
VwGVG §13 Abs2

Spruch

W129 2224880-1/5E

W129 2224881-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde des mj. XXXX ( Erstbeschwerdeführer) bzw. der mj. XXXX (Zweitbeschwerdeführerin), vertreten durch XXXX als Erziehungsberechtigte, alle vertreten durch RA Mag. Hubert WAGNER LL.M., gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 26.09.2019, Zl. 003.103/0106-Präs3a1/2019 bzw. 003.103/0078-Präs3a1/2019, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides im Falle des Erstbeschwerdeführers wie folgt lautet:

"2. Das schulpflichtige Kind XXXX , geboren am XXXX , hat seine allgemeine Schulpflicht im Schuljahr 2019/20 gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen. Dabei hat XXXX einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 SchOG zu besuchen."

Im Falle der Zweitbeschwerdeführerin:

"2. Das schulpflichtige Kind XXXX , geboren am XXXX , hat seine allgemeine Schulpflicht im Schuljahr 2019/20 gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen. Dabei hat XXXX einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 SchOG zu besuchen."

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind schulpflichtig und besuchten im Schuljahr 2018/2019 die 7. Schulstufe (Erstbeschwerdeführer) und die 1. Schulstufe (Zweitbeschwerdeführer) der Privatschule (ohne Öffentlichkeitsrecht) " XXXX .

2. Am 30.08.2019 wurde bei der Bildungsdirektion für Wien seitens der Mutter der beiden mj. Beschwerdeführer die Teilnahme der beiden Beschwerdeführer am Unterricht an der Privatschule " XXXX " für das Schuljahr 2019/2020 angezeigt (nunmehr 8. und 2. Schulstufe).

3. Am 25.09.2019 führte die Bildungsdirektion für Wien eine Überprüfung der Deutschkenntnisse der beiden mj. Beschwerdeführer anhand der standardisierten Testung (MIKA-D) durch. Diese Testung ergab, dass beide Beschwerdeführer über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen und aus diesem Grund eine Regelklasse mit Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 SchOG zu besuchen haben.

4. Die Bildungsdirektion für Wien (im Folgenden: belangte Behörde) erließ in der Folge für den Erstbeschwerdeführer einen Bescheid (Bescheid vom 26.09.2019, Zl. 003.103/0106-Präs3a1/2019), wobei der Spruch folgenden Wortlaut hat:

"1. Die Teilnahme von XXXX , geboren am XXXX , am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2019/20 wird gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) untersagt.

2. Das schulpflichtige Kind XXXX , geboren am XXXX , hat gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd § 5 SchPflG zu besuchen.

3. Die Erziehungsberechtigte XXXX ist gem. §§ 5 und 24 SchPflG verpflichtet, im Schuljahr 2019/20 für die Erfüllung der Schulpflicht von XXXX , geboren am XXXX , iSd Spruchpunktes 2 zu sorgen."

In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Überprüfung der Deutschkenntnisse habe ergeben, dass der mj. Erstbeschwerdeführer über "ungenügende bzw. mangelhafte" Kenntnisse der deutschen Unterrichtssprache verfüge. Aus diesem Grund habe der mj. Erstbeschwerdeführer "eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd § 5 SchPflG zu besuchen". In der Begründung des Bescheides hieß es weiter, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG werde ausgeschlossen.

Für die Zweitbeschwerdeführerin wurde - naturgemäß unter Nennung ihres Namens und Geburtsdatums in den drei Spruchpunkten - der entsprechend gleiche Bescheid (zur Zahl 003.103/0106-Präs3a1/2019) erlassen.

5. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachten zusammengefasst vor, sie würden prinzipiell schon sehr gut Deutsch sprechen, seien aber anlässlich der Befragung eingeschüchtert gewesen und hätten nur stockend gesprochen. Zur Beweisaufnahme sei das Parteiengehör nicht erfolgt. Auch sei es aufgrund der kurzen Beschwerdefrist nicht möglich gewesen, den Gegenbeweis anzutreten. Das Kind lerne sehr gut Deutsch; Deutsch sei auch die generelle Unterrichtssprache an der besuchten Schule.

6. Mit Schreiben vom 28.10.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2019, übermittelte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

7. Am 25.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. An dieser nahmen eine Vertreterin der belangten Behörde sowie der rechtsfreundliche Vertreter der beiden Beschwerdeführer teil, nicht aber die Beschwerdeführer selbst, welche unentschuldigt fernblieben, obwohl in der Ladung auf die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens (in Begleitung einer erziehungsberechtigten Person) hingewiesen wurde.

In der Verhandlung wurden insbesondere jene beiden Gutachterinnen zeugenschaftlich befragt, welche die oben angeführte MICA-D-Testung der beiden Beschwerdeführer durchgeführt hatten. Beide Gutachterinnen erläuterten ausführlich die Durchführung der MICA-D-Testung im allgemeinen sowie in Bezug auf die beiden Beschwerdeführer im besonderen.

8. Mit Schreiben vom 11.12.2019 übermittelte die rechtsfreundliche Vertretung eine Bestätigung der " XXXX ", wonach an dieser Schule ausnahmslos Deutsch als Unterrichtssprache verwendet werde. Der Erstbeschwerdeführer bzw. die Zweitbeschwerdeführerin könnten problemlos dem Unterricht folgen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer ist am 14.09.2006 geboren und schulpflichtig.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist am 08.04.2012 geboren und schulpflichtig.

Die Mutter der beiden Beschwerdeführer zeigte die Teilnahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Schuljahr 2019/2020 am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht an.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin verfügen über mangelhafte Deutschkenntnisse, ihre Deutschkenntnisse sind jedoch nicht ungenügend.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, dem Vorbringen in der Beschwerde und der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

Insbesondere ergibt sich aus der im Akt befindlichen Unterlage über die bei der Bildungsdirektion für Wien durchgeführte standardisierte Testung (MIKA-D), dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen.

Die im Rahmen einer standardisierten Testung (MIKA-D) erfolgte Überprüfung der Deutschkenntnisse durch die Bildungsdirektion für Wien stellt ein Gutachten über die Sprachkenntnisse bzw. Leistungen eines Schülers dar (vgl. Jonak-Kövesi, Das österreichische Schulrecht14, Anm. 1 zu § 18, Seite 568). Zwei zur Beurteilung der in Rede stehenden Deutschkenntnisse fachlich unbestreitbar in Frage kommende Pädagoginnen haben die Überprüfung der Deutschkenntnisse durchgeführt und eine entsprechende Beurteilung erstellt. Die Beschwerdeführer traten den Feststellungen der belangten Behörde auch nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegen, bestritten das Ergebnis der ihm Rahmen der standardisierten Testung (MIKA-D) erfolgten Überprüfung der Deutschkenntnisse lediglich beinahe inhaltsleer (vgl. VwGH 16.5.2001, 99/09/0187; VwGH 25.5.2005, 2004/09/0033) und entkräfteten die Feststellungen der belangten Behörde insofern nicht.

Soweit eine Bestätigung von der Schulleitung vorgelegt wurde, wonach beide Beschwerdeführer problemlos dem Unterricht folgen könnten, vermag diese im Kern aus acht Wörtern bestehende Bestätigung nicht einmal ansatzweise die vorliegenden Fachgutachten in Zweifel zu ziehen, zumal auch keine Äußerung der die Beschwerdeführer unterrichtenden Fachlehrkräfte im Pflichtgegenstand Deutsch eingeholt wurde.

Umgekehrt erläuterten die beiden Fachgutachterinnen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung umfassend und schlüssig die beiden vorliegenden Gutachten und deren Zustandekommen, sodass keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels entsprechender gegenteiliger Rechtsgrundlage somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl. Nr. 76/1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2019, lauten:

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§ 11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann - unbeschadet des § 12 - auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule - ausgenommen die Polytechnische Schule - mindestens gleichwertig ist.

(2a) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für Schülerinnen und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes zu besuchen haben. Diese Schülerinnen und Schüler haben ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.

(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Die Bildungsdirektion kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist oder wenn gemäß Abs. 2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist.

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich vor Schulschluß durch eine Prüfung an einer im § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat die Bildungsdirektion anzuordnen, daß das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat.

[...]

Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Schulpflicht und Strafbestimmungen

§ 24. (1) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Minderjährige Schulpflichtige treten, sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich dieser Pflichten neben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten. Sofern es sich um volljährige Berufsschulpflichtige handelt, treffen sie diese Pflichten selbst.

(2) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten eines der allgemeinen Schulpflicht unterliegenden Kindes sind weiters nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, das Kind für den Schulbesuch in gehöriger Weise, insbesondere auch mit den notwendigen Schulbüchern, Lern- und Arbeitsmitteln, soweit diese nicht von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beigestellt werden, auszustatten. Ferner sind sie verpflichtet, die zur Führung der Schulpflichtmatrik (§ 16) erforderlichen Anzeigen und Auskünfte zu erstatten.

(3) Berufsschulpflichtige sind vom Lehrberechtigten (vom Leiter des Ausbildungsbetriebes) bei der Leitung der Berufsschule binnen zwei Wochen ab Beginn oder Beendigung des Lehrverhältnisses oder des Ausbildungsverhältnisses an- bzw. abzumelden. Sofern der Berufsschulpflichtige minderjährig ist und im Haushalt des Lehrberechtigten wohnt, tritt dieser hinsichtlich der im Abs. 1 genannten Pflichten an die Stelle der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten. Inwieweit der Lehrberechtigte oder der Inhaber einer Ausbildungseinrichtung ansonsten für die Erfüllung der Berufsschulpflicht verantwortlich ist, richtet sich nach dem Berufsausbildungsgesetz.

(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertigtem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 ? bis zu 440 ?, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.

[...]

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Schulorganisation (Schulorganisationsgesetz - SchOG), BGBl. Nr. 242/1962, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2019, lauten:

Deutschförderklassen und Deutschförderkurse

§ 8h. (1) Schülerinnen und Schülern von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren und höheren Schulen, die gemäß § 4 Abs. 2 lit. a oder Abs. 5 des Schulunterrichtsgesetzes wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schülerinnen oder Schüler aufgenommen wurden, sind nach Maßgabe der Testergebnisse gemäß den §§ 4 Abs. 2a und 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schulstufe zu folgen.

(2) Deutschförderklassen sind vom Schulleiter oder von der Schulleiterin jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülerinnen und Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie weder als ordentliche Schüler aufgenommen werden können noch über jene Kenntnisse verfügen, die eine besondere Förderung in Deutschförderkursen erlauben. Sie dauern ein Semester und sind so oft, längstens jedoch vier Mal, zu besuchen, bis auf Grund der Testergebnisse gemäß § 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes eine Sprachförderung in Deutschförderkursen erfolgen kann oder der Unterricht ohne besondere Sprachförderung besucht werden kann. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Klasse grundsätzlich integrativ nach dem Deutschförderplan, sechs Wochenstunden jedoch parallel zum Unterricht in der Klasse zu unterrichten.

(3) Deutschförderkurse sind vom Schulleiter oder von der Schulleiterin jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülerinnen und Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie zwar nicht als ordentliche Schüler aufgenommen werden können, aber keine besondere Förderung in Deutschförderklassen benötigen. Sie dauern ein oder höchstens zwei Unterrichtsjahre und können nach Erreichen der erforderlichen Sprachkompetenz gemäß § 18 Abs. 15 des Schulunterrichtsgesetzes durch die Schülerin oder den Schüler auch nach kürzerer Dauer beendet werden. In Deutschförderkursen ist im Ausmaß von sechs Wochenstunden parallel zum Unterricht von Pflichtgegenständen nach dem im betreffenden Lehrplan verordneten Pflichtgegenstand Deutsch (gegebenenfalls mit den Schwerpunkten oder Lehrplan-Zusätzen "für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache" oder "Deutsch als Zweitsprache") zu unterrichten. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Klasse integrativ zu unterrichten.

(4) Bei der Durchführung von Deutschförderklassen und Deutschförderkursen sind im Sinne der Qualitätssicherung und -entwicklung verpflichtend Diagnoseinstrumente einzusetzen, auf deren Grundlage individuelle Förderpläne zu erstellen sind. Der Einsatz von Förderinstrumenten und das Erreichen der Förderziele sind zu dokumentieren.

(5) Abs. 1, 3 und 4 gelten für Berufsschulen mit der Maßgabe, dass

1. Deutschförderkurse auch für Schülerinnen und Schüler, die als ordentliche oder gemäß § 4 Abs. 5 des Schulunterrichtsgesetzes als außerordentliche Schülerinnen und Schüler aufgenommen wurden, eingerichtet werden können und

2. das Ausmaß der Deutschförderkurse höchstens vier Wochenstunden umfasst.

(6) (Grundsatzbestimmung) Die Abs. 1 bis 3 und 5 gelten hinsichtlich der Regelungen der äußeren Organisation an öffentlichen Pflichtschulen (ausgenommen Praxisschulen und die in Art. V Z 1 und 2 der 5. SchOG-Novelle, BGBl. Nr. 323/1975, genannten öffentlichen Schulen) als Grundsatzbestimmungen.

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2019, lauten:

Aufnahme als außerordentlicher Schüler

§ 4. (1) Voraussetzung für die Aufnahme als außerordentlicher Schüler ist, daß der Aufnahmsbewerber nach Alter und geistiger Reife zur Teilnahme am Unterricht der betreffenden Schulstufe geeignet ist und wichtige in seiner Person liegende Gründe die Aufnahme rechtfertigen. In Berufsschulen können bei Erfüllung dieser Voraussetzungen auch Personen, die nicht schulpflichtig sind, als außerordentliche Schüler aufgenommen werden.

(2) Der allgemeinen Schulpflicht unterliegende Kinder sind nur dann als außerordentliche Schüler aufzunehmen, wenn

a) nach Maßgabe der Testung gemäß Abs. 2a ihre Aufnahme als ordentliche Schüler wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache nicht zulässig ist (§ 3 Abs. 1 lit. b) oder

b) der Schüler zur Ablegung einer Einstufungsprüfung zugelassen wird (§ 3 Abs. 6).

(2a) Zur Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß Abs. 2 lit. a sind standardisierte Testverfahren zur Verfügung zu stellen, die vom Schulleiter oder auf Anordnung der zuständigen Schulbehörde von dieser durchzuführen sind. Die Testverfahren sind so zu gestalten, dass sie Rückschlüsse für die Aufnahme

1. als ordentlicher Schüler oder

2. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes oder

3. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderklassen gemäß § 8h Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes

geben.

(3) Die Aufnahme als außerordentlicher Schüler im Sinne des Abs. 2 ist höchstens für die Dauer von zwölf Monaten zulässig, wobei im Falle einer Aufnahme während des zweiten Semesters diese Frist erst mit dem folgenden 1. September zu laufen beginnt. Im Falle des Abs. 2 lit. a kann die Aufnahme als außerordentlicher Schüler für höchstens weitere zwölf Monate erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme weiter vorliegen und die ausreichende Erlernung der Unterrichtssprache ohne Verschulden des Schülers nicht möglich war; nach Beendigung des außerordentlichen Schulbesuches ist der Schüler ohne Rücksicht auf § 3 Abs. 1 lit. b als ordentlicher Schüler aufzunehmen.

(4) Gemäß Abs. 2 lit. a aufgenommene schulpflichtige außerordentliche Schüler haben - außer während des Besuchs einer Deutschförderklasse gemäß Abs. 2a Z 3 in Verbindung mit § 8h Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes oder eines Deutschförderkurses gemäß Abs. 2a Z 2 in Verbindung mit § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes - alle Pflichtgegenstände der betreffenden Schulstufe zu besuchen. Das gleiche gilt für schulpflichtige außerordentliche Schüler, die nach Abs. 2 lit. b aufgenommen worden sind; auf ihr Ansuchen können sie jedoch vom Besuch einzelner Pflichtgegenstände befreit werden, wenn sie dem Unterricht in diesen Pflichtgegenständen mangels entsprechender Vorkenntnisse nicht zu folgen vermögen. Alle anderen außerordentlichen Schüler können zum Besuch aller oder einzelner Unterrichtsgegenstände einer oder mehrerer Schulstufen aufgenommen werden.

(5) Die Aufnahme eines nicht schulpflichtigen Aufnahmsbewerbers als außerordentlicher Schüler ist nur dann zulässig, wenn alle als ordentliche Schüler in Betracht kommenden Aufnahmsbewerber aufgenommen worden sind. Zum Besuch einzelner Unterrichtsgegenstände dürfen außerordentliche Schüler nur dann aufgenommen werden, wenn dadurch keine Klassenteilung erforderlich ist. Dieser Absatz gilt nicht für die Privatschulen.

(6) Aufnahmsbewerber, die eine Schulstufe als ordentliche Schüler ohne Erfolg besucht haben, dürfen in eine höhere Schulstufe der gleichen Schulart nicht als außerordentliche Schüler aufgenommen werden.

(7) Dieses Bundesgesetz ist auf schulpflichtige außerordentliche Schüler sinngemäß, auf die übrigen außerordentlichen Schüler nur insoweit anzuwenden, als dies darin ausdrücklich bestimmt ist.

Zu A) I. Abweisung der Beschwerde

3.5. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6.3.2019, G 377/2018, festhielt, dass der Gesetzgeber mit § 11 Abs. 2a und 3 SchPflG (und wohl auch mit den damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen des § 8h SchOG und § 4 Abs. 2a SchUG) das Ziel verfolgt, den frühzeitigen Spracherwerb als Grundlage weiterer Bildung sicherzustellen. Schulpflichtige Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderungsbedarf sollen befähigt werden, dem Unterricht in der deutschen Sprache zu folgen (RV 107 BlgNR 26. GP, 1 und 11). Die Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern ist daher der Kern dieser Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund sah der Verfassungsgerichtshof keine Verfassungswidrigkeit der bei ihm angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen.

Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist keine Rechtswidrigkeit darin zu erblicken, dass die belangte Behörde, nachdem die Mutter die Teilnahme ihrer beiden Kinder für das Schuljahr 2019/2020 am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht anzeigte, zur Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 SchUG die standardisierte Testung (MIKA-D) durchführte und das Ergebnis, nämlich, dass die beiden Beschwerdeführer über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen, den beiden angefochtenen Bescheiden zugrunde legte.

Jedoch ergibt sich aus der durchgeführten standardisierten Testung (MIKA-D), dass die beiden Beschwerdeführer über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen und daher ihre allgemeine Schulpflicht gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen haben. Dabei haben sie einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 SchOG zu besuchen. Beide Beschwerdeführer benötigen jedoch nach dem Ergebnis der durchgeführten standardisierten Testung (MIKA-D) keine besondere Förderung in einer Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 SchOG, weil ihre Deutschkenntnisse nicht ungenügend sind.

Aus diesem Grund war der Spruch der beiden angefochtenen Bescheide entsprechend abzuändern, denn die Fälle des § 8h Abs. 2 SchOG (Deutschförderklasse) und des § 8h Abs. 3 SchOG (Deutschförderkurs) schließen einander aus und können sohin nicht gleichzeitig auf einen einzelnen Schüler zutreffen bzw. angewendet werden.

Die beiden Beschwerdeführer haben sohin als außerordentliche Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß § 8h Abs. 3 SchOG ihre Schulpflicht gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.

Zu A) II. Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

3.6. Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Der Spruch des Bescheides ist der Kern des Bescheides, also die individuelle Norm. Der Spruch des Bescheides gibt den Inhalt der mit dem Bescheid erlassenen Norm wieder und ist somit der wichtigste Bestandteil des Bescheides. Nur der Spruch erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit), und er kann daher allenfalls rechtsverletzend sein. Nur die im Spruch angeordnete Rechtsfolge ist gegebenenfalls vollstreckbar; sie muss daher entsprechend bestimmt sein (vgl. VwGH 23.11.1989, 89/09/0103; 11.9.2008, 2007/08/0157).

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht im Spruch, also im normativen Teil des Bescheides, angeordnet hat, sondern nur in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt, dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG ausgeschlossen werde, erlangte diese Anordnung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde keine rechtliche Geltung bzw. Rechtsverbindlichkeit. Aus diesem Grund konnte sie die Beschwerdeführer auch nicht in Rechten verletzen und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich als unzulässig.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

3.7. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des § 11 Abs. 2a SchPflG iVm § 8h Abs. 2 und 3 SchOG iVm § 4 Abs. 2 und Abs. 2a SchUG fehlt.

Soweit ersichtlich fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den genannten Bestimmungen - unter anderem auch dahingehend, ob die Behörde im Rahmen der standardisierten Testung festzustellen hat, ob mangelhafte oder ungenügende Deutschkenntnisse eines Schülers vorliegen, weil die Fälle des § 8h Abs. 2 SchOG (Deutschförderklasse) und des § 8h Abs. 3 SchOG (Deutschförderkurs) einander ausschließen und sohin nicht gleichzeitig auf einen einzelnen Schüler zutreffen bzw. angewendet werden können. Sohin soll geklärt werden, ob die Behörde nach dem Ergebnis der standardisierten Testung den Besuch des jeweiligen Schülers eines Deutschförderkurses gemäß § 8h Abs. 3 SchOG bzw. einer Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 SchOG normativ festzulegen hat.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Deutschförderklasse Deutschförderkurs Deutschkenntnisse Maßgabe öffentliche Schule Öffentlichkeitsrecht Privatschule rechtliche Existenz Rechtsverletzung Revision zulässig Schulpflicht Spruchpunkt - Abänderung Untersagung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2224881.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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