TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/5 L510 2144119-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2020
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Entscheidungsdatum

05.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L510 2144119-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2016, Zl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.12.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 20.05.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge ihrer Erstbefragung am 22.05.2015 gab die bP zum Fluchtgrund an, dass sich die Lage im Irak in letzter Zeit sehr verschlechtert habe. Zudem sei sie Sunnit und werde von den schiitischen Milizen bedroht. Dies seien ihre Fluchtgründe.

Die niederschriftliche Einvernahme beim BFA am 30.11.2015 gestaltete sich im Wesentlichen folgend:

"...

F: Bis wann vor Ihrer Ausreise aus dem Irak war es Ihnen möglich Ihrer Arbeit nachzugehen?

A: Mein letzter Arbeitstag war im Juni 2013.

F: Ausgereist sind Sie im August 2014. Was machten Sie in dieser Zeit?

A: Ich heiße XXXX , alleine schon deswegen wurde ich von schiitischen Milizen bedroht. Ich bin nervös, bringe alles etwas durcheinander. Am 02.07.2013 ging zur Arbeit.

F: Bitte nur kurz was Sie beruflich gemacht haben in dieser Zeit!

A: Ich war nur zuhause. Ich hatte Angst. Nachgefragt gebe ich an, von meinem Vater finanziell unterstützt worden zu sein.

Sonstige Qualifikationen: keine

Finanzielle Situation: zwischen 30 - 40 Dollar täglich, es war ausreichend

Politische Gruppierung/Partei: nein

...

F: An wie vielen unterschiedlichen Adressen lebten Sie in Ihrem Herkunftsstaat?

A: Zuerst lebten wir an einer Adresse. Wir flüchteten dann woanders hin.

F: Wer ist wir und wann war das?

A: 2012 verließen wir das Haus.

F: Wer ist wir?

A: Ich und die ganze Familie.

F: Von wo nach wo sind Sie gezogen?

A: Von XXXX , Bagdad nach XXXX , Bagdad.

F: Wie weit ist das entfernt?

A: 1 Stunde ca mit dem Auto.

F: Beschreiben Sie den Umzug ein wenig? Wie kamen Sie an eine Wohnung dort? Wie lief das ab?

A: Wir wohnten bei einer Tante.

F: Dort lebten Sie bis zur Ausreise?

A: Ja, bis zu meiner Ausreise.

F: Kennen Sie noch Ihre letzte Adresse in Ihrem Herkunftsstaat?

A: XXXX , Bagdad, XXXX

F: Was passierte mit dem alten Haus?

A: In unserem alten Gebiet lebten nur Schiiten, wir sind Sunniten. Wir mussten flüchten, die Milizen hatten das Sagen.

F: Wissen Sie ob es das Haus noch gibt?

A: Nein, ich weiß es nicht. Wir waren nie wieder dort. Ich würde getötet werden, würde ich dort wieder zurückgehen.

F: Wer lebte alles unter dieser Adresse?

A: Meine Tante ist Witwe, Ihr Mann wurde getötet. Meine Eltern, 3 Geschwister.

F: Beschreiben Sie die Wohnverhältnisse!

A: Ca 70 - 80 m². 2 Schlafzimmer, 1 Wohnzimmer ca. Das war ein Mietshaus.

F: Gibt es das Haus heute noch?

A: Ja.

F: Woher wissen Sie das?

A: Meine Eltern erzählen mir das. Sie wohnen noch dort. In XXXX .

F: Also zogen Sie in ein sunnitisches Gebiet?

A: Nein das nicht, es war gemischt dort.

F: Dort war das Leben dann in Ordnung?

A: Nicht ganz, wir lebten immer in Angst.

Gesundheitszustand

H: Haben Sie irgendwelche Krankheiten? Sind Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie Medikamente ein?

A: Ich bin gesund.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass Anfragen über Ihren Gesundheitszustand bei medizinischen Einrichtungen bzw. behandelnden Ärzten eingeholt werden?

A: Ja natürlich.

Sie werden darauf hingewiesen dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

Dokumente

F: Haben Sie gültige Ausweispapiere?

A: Ja.

1. PA in Kopie

2. Meldekarte in Kopie

3. Lebensmittelkarte in Kopie

4. Staatsbürgerschaftsnachweis im Original

5. PA im Original

F: Dürfen wir die Originale behalten?

A: Ja, ich benötige es nicht.

F: Wo haben Sie heute vorgelegte Dokumente her?

A: Ein Freund von mir hält sich in Villach auf. Er hat einen Freund in der Türkei, dieser schickte das meinem Freund nach Villach. Er schickte es dann mir.

F: Wann war das?

A: Vor 3 Monaten wurde es nach Villach geschickt. Vor 1 Woche habe ich es erhalten.

F: Warum auf diese Art und Weise und warum waren die Papiere überhaupt in der Türkei?

A: Mein Freund reiste aus dem Irak in die Türkei. Er nahm es mit. Er schickte das nach Villach, ich erhielt es vor ca 1 Woche.

F: Wie kommt denn dieser Freund Ihres Freundes in Villach überhaupt an Ihre Dokumente?

A: Ich kenne diese Person in der Türkei. Das ist mein Freund. Diese Person, die sich in Villach aufhält, lernte ich hier kennen. Deswegen hat er alle Unterlagen auf seine Adresse geschickt, ich hatte keine. Ich war noch im Lager.

F: Warum hat Ihr Freund Ihre Papiere mit in die Türkei?

A: Meine Eltern sind alle krank. Er sagte meinen Eltern, er würde die Unterlagen mit in die Türkei nehmen.

F: Warum hatten Sie die Papiere nicht dabei?

A: Ich hatte meinen RP dabei. Ich verlor ihn im Meer.

F: Haben Sie sich irgendwo in Europa mit anderer Identität ausgegeben?

A: Nein.

F: Verfügen Sie über einen Social Media Account?

A: Facebook.

F: Geben Sie uns Ihren Benutzernamen?

A: Ja. XXXX . Ich kann ihnen auch das Passwort geben.

Familie im Herkunftsstaat

Vater: XXXX , ca 50 Jahre alt

Mutter: XXXX , ca 41 Jahre

Brüder: XXXX , ca. 33 Jahre; XXXX , ca 30 Jahre; XXXX , ich weiß nicht wie alt

Schwester: XXXX , ich weiß nicht wie alt; XXXX , Alter unbekannt; XXXX , Alter unbekannt; XXXX , Alter unbekannt

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

A: Mit meiner Mutter am Meisten. Sie haben nicht immer eine Internetverbindung.

F: Wann das letzte Mal?

A: Kurz bevor ich hierher gekommen bin.

F: Wie geht es Ihrer Familie?

A: Halb halb. Sie haben viel Angst.

F: Gibt es eine konkrete Gefahr für Ihre Familie?

A: Die Milizen sind rundherum. Sie haben Angst, entführt zu werden.

Reiseweg

F: Halten Sie Ihre Angaben, die Sie bei der Erstbefragung Ihren Reiseweg betreffend gemacht haben, vollinhaltlich aufrecht?

A: Ich konnte nicht alles erzählen. Ich war damals sehr müde.

F: Wie viel mussten Sie für die Verbringung nach Österreich insgesamt bezahlen?

A: 5000 Euro.

F: Woher hatten Sie das Geld?

A: Meine Eltern haben von Bekannten Geld ausgeliehen und auch Dinge verkauft.

Grund des Verlassens des Herkunftsstaates

F: Haben Sie irgendwelche Schriftstücke, Dokumente, Beweismittel dabei, die Ihr Fluchtvorbringen betreffen und irgendetwas beweisen würden?

A: Dabei habe ich nichts.

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme aufgrund Ihrer Religion oder Volksgruppe?

A: Es hängt mit meinem Namen zusammen.

F: Wurden Sie durch staatliche Einrichtungen aufgegriffen aufgrund Ihrer Religion bzw. Volksgruppe?

A: Das hat mit den schiitischen Milizen zu tun. Die erkennen das sofort an meinem PA.

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit der Polizei bzw. Polizisten in Ihrem Heimatland?

A: Nein.

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit den Behörden oder Gerichten in Ihrem Heimatland?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals irgendwo in Haft?

A: Nein.

F: Schildern Sie detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben. Sie werden auch aufgefordert, die Zeiten und die Orte zu nennen, wann diese Vorfälle stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren sowie zu schildern, was sich genau ereignet hat und gesprochen wurde. Vermerk: Dem AW wird die Aufforderung eingehend erklärt.

A: Im Juli 2013 ging ich mit einem Freund zur Arbeit. Wir haben die Schnellstraße genommen, die Milizen hielten sich dort auf. Die Milizen sind gekleidet wie Polizisten oder in Zivil wie normale Menschen. Sie hielten uns auf. Es waren mehrere Autos hintereinander. Es wurden unsere Ausweise verlangt. Es war ca 07 oder 07.30 in der Früh. Er las meinen Namen XXXX . Er bat mich auszusteigen. Er sagte, mir dass ich aufgrund meines Namens auf der Seite bleiben solle. Er fragte mich nach meiner Adresse, ich sagte in XXXX . Alle Autos fuhren weiter, sogar mein Freund. Ich war ca 1 Stunde im Auto, sie fesselten meine Hände. Sie sagten ich solle warten. Er stülpte mir einen Nylonsack über meinen Kopf. Das Auto fuhr mit uns ca 1 Stunde. Sie haben uns für 5 Tage in einem Haus festgehalten. Sie beschimpften unsere Religion.

F: Was war das für ein Haus?

A: Ein normales Haus. Sie hatten alle Gewehre dabei.

F: Versuchen Sie die Räumlichkeiten zu beschreiben?

A: Ich habe nichts gesehen. Nachts war es dunkel und in der Früh haben sie uns sofort wieder die Nylonsäcke übergestülpt. Immer und immer wieder beschimpft und geschlagen. 5 Tage lang. Dann riefen sie meine Eltern an und drohten ihnen damit mich zu töten. Aufgrund dessen bekam meine Mutter einen Schlaganfall. Sie haben immer von meinen Eltern Geld verlangt. Der liebe Gott hat mir geholfen, ich bin auf freien Fuß gekommen.

F: Wie?

A: Meine Eltern bezahlten Geld dafür. Ca 6000 US-Dollar. Ich war 5 Monate zuhause, ich hatte Angst, verließ das Haus nicht. Ich konnte nicht arbeiten, mich nicht frei bewegen. Mein Vater besorgte das Essen. In diesen 5 Monaten haben sie meinen Cousin getötet, er heißt auch XXXX . Mein Onkel wurde auch getötet. Die Nachbarn erzählten immer, XXXX getötet wurden. Am 01.08. verließ ich das Land in Richtung Türkei.

F: Was hat es mit diesem Namen auf sich?

A: Egal welcher XXXX es ist, er wird getötet. Das erkennt man am Personalausweis.

F: Hatten Sie da schon öfters Probleme aufgrund Ihres Namens?

A: Die Milizen halten sich um Bagdad auf. Wo hätte ich hingehen sollen.

F: Nochmal, hatten Sie zuvor auch schon Probleme aufgrund Ihres Namens?

A: Ich bekam Probleme, als das angefangen hatte. Vorher gab es keine Probleme. Im Irak kann jederzeit etwas passieren. Man ist nie sicher. Ich möchte in Frieden leben.

F: Wann genau begann das mit den Milizen?

A: 2007.

F: Was hat sich ab dort geändert für Sie? Sie blieben ja doch noch einige Jahre dort?

A: Ca 2010 hat das dann begonnen. Allgemein bekamen diese Leute Probleme.

F: Erzählen Sie detailliert und lebensnah was Sie über besagte Vorfälle mit Leuten namens XXXX wissen?

A: Meine Nachbarn haben es meiner Mutter erzählt und meine Mutter erzählte es mir.

F: Was hat Ihre Mutter gesagt?

A: Ich solle das Haus nicht verlassen, sonst würde ich auch getötet werden.

F: Was hat Sie über Vorfälle mit besagten XXXX gesagt?

A: Zuerst binden sie einem die Augen zu, oder sie werden mit einem Kabel erwürgt. Mein Cousin wurde bspw. getötet. Er wurde mit Schraubenziehern gequält bis er starb.

F: Woher wissen Sie das?

A: Von den Verwandten, sie haben die Leiche gesehen. Er wurde zu einer ärztlichen Untersuchung gebracht. Dort haben Sie es gesehen.

F: Bis zu diesem Vorfall im Juli 2013, wie oft erzählte Ihnen Ihre Mutter von Übergriffen auf Leute mit angeführten Namen?

A: Zuerst steckten sie eine ganze Moschee in Brand, danach wurden viele Leute getötet. Man hatte sogar Angst vor Autobomben, überall konnte so etwas passieren.

F: Nochmal, wie oft bis zum Vorfall im Juli 2013 passierten laut Ihrer Mutter Angriffe auf Personen mit angeführten Namen?

A: Sie sagte viele Leute seien entführt worden. Man hat die Nachrichten verfolgt. Dort wurde gesagt, dass viele Leute entführt wurden. Mein Nachbar, ca 200 m von unserem Haus entfernt, wurde entführt. Keiner weiß was mit ihm los ist. Wenn ich so etwas höre oder sehe, kann ich mich dort nicht mehr aufhalten.

F: Wann wurde Ihr Nachbar entführt?

A: Das Datum weiß ich nicht. 2013 sicher. Vielleicht im Mai. Keiner weiß wo er sich aufhält. Deshalb wollte ich das Land verlassen. Im Krieg ist alles möglich.

F: Vor besagtem Vorfall im Juli 2013 hatten Sie nie persönlichen Kontakt mit diesen Milizen?

A: Nein. Ich persönlich nicht. Ich hatte aber immer Angst aus dem Haus zu gehen. Es war immer unsicher.

F: Warum blieben Sie noch so lange im Irak?

A: Ich hatte kein Geld.

F: Schildern Sie detailliert wie sich angeführte Entführung abspielte?

A: Ich wollte zur Arbeit. Es wurden mehrere Autos angehalten, dann ich. Sie verlangten meinen Ausweis. Sie sagten ich solle aussteigen. Er schaute meinen Ausweis an. Er sagte, ich solle auf die Seite.

F: Wie haben diese Autos ausgesehen und diese Männer?

A: Die Autos waren Polizeiautos, die Männer waren auch wie Polizisten gekleidet. Es waren jedoch Milizen. Ca 1 Stunde wurde ich im Auto festgehalten. Danach wurde mir ein Nylonsack über den Kopf gestülpt.

F: Was haben die Männer gesagt?

A: Sie haben über meine Religion geschimpft.

F: Was genau?

A: Ich kann das nicht sagen, ich kann nicht über meine eigene Religion schimpfen.

F: Wenn ich Ihnen sage, dass das der Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens dient?

A: Es war allgemeine Dinge. Es ist nichts Gutes, wenn man über die Religion schimpft.

F: Haben Sie abseits der Religion noch etwas gesagt? Sie waren über eine Stunde im Auto?

A: Nur über Religion.

F: Sie waren dann 1 Stunde im Auto, waren 1 Stunde zu besagtem Unterschlupf gebracht, können Sie dahingehend lebensnahere und glaubhaftere Angaben machen?

A: Sie stülpten mir einen Nylonsack über den Kopf fesselten mich. Sie haben viel miteinander gesprochen, viel was ich nicht verstehen konnte, es waren so Geheimwörter.

F: Wann wurde Ihnen Nylonsack über den Kopf gestülpt?

A: Im Auto bereits. Darf ich weiter erzählen?

F: Bitte?

A: Ich war 5 Tage dort, sie hätten mich jederzeit töten können. Dann telefonierten sie mit meinen Eltern. Als meine Mutter das gehört hat, bekam sie einen Schlaganfall. Sie sagten dann zu meinen Eltern, sie müssten ihnen Geld bezahlen. Ansonsten würde ich getötet werden. Sie haben das mit meinen Eltern ausgemacht. Sie bekamen das Geld. Nachts, so gegen 22 Uhr, wurde ich mit dem Auto irgendwo hingebracht. Nylonsack hatte ich über meinem Kopf. Ich habe ein Taxi gesehen, ich hatte kein Geld. Er brachte mich nach Hause, ich

bezahlte mit dem Geld meiner Eltern. Danach bin ich nie wieder außer Haus gegangen. Mein Vater sorgte in Folge für uns alle.

F: Mehr gibt es über diese 5 Tage nicht zu sagen?

A: Nein.

F: Sie sprechen über 5 Tage in 5 Sätzen. Mir fällt schwer Ihnen Glaube zu schenken. Nehmen Sie kurz Stellung!

A: Es waren nur 5 Tage.

F: Sie wurden geschlagen, schildern Sie ein wenig wie das ablief?

A: Ich wurde mit der flachen Hand geschlagen.

F: Essen, trinken mussten Sie auch? Wo verrichteten Sie Ihr Geschäft?

A: Ich musste in die Hose machen.

F: Essen, trinken?

A: Ich bekam 1x am Tag etwas Brot, Suppe die nicht gut geschmeckt hat. Es wäre ein Geschenk für Gott, wenn ich getötet werden würde.

F: Waren Sie allein gefangen?

A: Wir waren zu 3. Ich hörte die Schreie, jeder war in seinem Zimmer. Gesehen habe ich niemand.

F: Sie riefen Ihre Eltern an, wie lief das ab?

A: Sie telefonierten mit meinem Handy.

F: Haben Sie Verletzungen davon getragen?

A: Nein, ich bekam nur Watschen. Es ging nur ums Geld.

F: Das Geld haben Sie bekommen, also hat es sich für Sie erledig?

A: Ja, sie bezahlten um 9 Uhr in der Früh, am Abend wurde ich freigelassen.

F: Dann geht von diesen Männern keine Gefahr für Sie mehr aus oder?

A: Ich bin ja dann 5 Monate zuhause geblieben und ging nicht mehr hinaus.

F: Es ging ihnen ja nur ums Geld, wie Sie sagten. Die Gefahr hat sich mit der Lösegeldzahlung erledigt oder nicht?

A: Es geht um meinen Namen.

F: Hat in Folge noch einmal jemand nach Ihnen gesucht?

A: Sie wussten meine Adresse nicht, wenn sie das gewusst hätten, hätten sie mich sicher entführt. Danach verließ ich ja das Land.

F: Beschreiben Sie Ihre Ankunft zuhause nach besagten 5 Tagen?

A: Ich habe gleich gesehen, dass Mama einen Schlaganfall hatte. Was hätte ich sonst machen sollen? Ich brach zusammen, nachdem ich meine Mutter gesehen hatte. Ich blieb zuhause. Ich habe mich immer zuhause aufgehalten. Mein Vater sorgte für alles. Ich floh dann in die Türkei.

F: Ihre Tante war auch zuhause?

A: Ja, auch ihr Mann wurde getötet. Kinder hat sie keine.

F: Was wissen Sie noch vom Tod Ihres Mannes?

A: Weil er Sunnite ist wurde er 2007 getötet.

F: Wissen Sie sonst noch etwas über seinen Tod?

A: Nein.

F: Können Sie weitere konkret Ihre Person betreffende Angaben machen?

A: Nein.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

A: Ich bin zufrieden. Danke.

Situation bei Rückkehr

F: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes zu leben?

A: Nein. Wo soll ich hingehen? Wenn ich zu den Sunniten gehe, wäre dort der IS. Überall herrscht Krieg.

F: Wären Sie bereit freiwillig in Ihr Heimatland zurückzukehren?

A: Nein. Ganz sicher nicht.

F: Wären Sie abgesehen von der behaupteten Bedrohung wirtschaftlich in der Lage, sich im Irak Ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten?

A: Ich könnte weiterarbeiten.

F: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen und Überprüfungen bezüglich Ihrer Person und Ihrer Angaben vor Ort in Ihrem Heimatland, eventuell durch einen Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft, einverstanden?

A: Ja. Ich habe kein Problem damit.

Belehrung: Sie haben die Möglichkeit, Einsichtnahme in die Feststellungen des Bundesamtes zur Lage in Ihrem Heimatland Irak zu nehmen. Möchten Sie davon Gebrauch machen und dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich brauche diese Informationen nicht.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Das ist alles was ich habe.

F: Gab es jemals bis zu den besagten Vorfällen auf Sie irgendwelche Übergriffe oder ist an Sie persönlich jemals irgendwer herangetreten?

A: Nein.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Getötet zu werden.

Bezugspersonen in Österreich

Familie/Bezugspersonen in Österreich: nein

Familie/Bezugspersonen in EU-Raum: nein

Integration

Deutschkurs: ich bin angemeldet, noch habe ich keinen Termin für einen offiziellen Deutschkurs, heute anwesende Vertrauensperson gibt mir ehrenamtlich Deutschunterricht

Bestätigung: wird nachgereicht

Mitgliedschaft Verein: ich spiele Dienstag und Donnerstag Fußball, im Fitnessstudio kann ich mich erst nächstes Jahr anmelden, ich würde gerne arbeiten und Leuten helfen wenn es möglich ist

Beruf: keine

Situation im Herkunftsstaat

F: Haben Sie Ihr Heimatland legal oder illegal verlassen?

A: Legal mit dem Flugzeug.

Leben in Österreich

F: Was hatten Sie sich für dieses Land vorgenommen, was hatten Sie in diesem Land vor?

A: Ich würde gerne arbeiten, Deutsch lernen. Ich mag es nicht zuhause zu bleiben, ich möchte lieber arbeiten.

F: Wie verbringen Sie Ihren Tag in Österreich?

A: Ich helfe der Caritas. Verrichte Putzarbeiten in Schulen und Kirchen. Ich bringe mir auch mit Youtube selber Deutsch bei. Ich möchte mich immer beschäftigen.

F: Welche Arbeiten würden Sie annehmen und verrichten in Österreich?

A: Als Maler wenn es geht. Das ist mein erlernter Beruf.

F: Aus welchen Mitteln bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

A: Von der Grundversorgung.

F: Erhalten Sie sonst von jemandem Unterstützung?

A: Nein.

F: Verfügen Sie selbst über Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes?

A: Nein. Ich helfe nur bei der Caritas aus.

...

F: Hatten Sie während dieser Befragung irgendwelche Probleme?

A: Nein.

F: Haben Sie alles verstanden bzw. konnten Sie der Vernehmung ohne Probleme folgen?

A: Ja.

F: Konnten Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen?

A: Ja.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?

A: Ja.

F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?

A: Nein.

..."

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom BFA gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.).

Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde der bP ein Rechtsberater von Amts wegen zur Seite gestellt.

Das BFA gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen.

2. Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde das Ermittlungsverfahren des BFA moniert. Die bP sei gefoltert worden, man habe sie widerholt geschlagen, getreten und beleidigt. Hätte das BFA die bP entsprechend befragt, dann wäre es zu dem Schluss gekommen, um welche Miliz es sich gehandelt habe. Es gebe 4 Nachfolger des Propheten: Abu Bakr, Omar, Osman und Ali. Diese Namen würden symbolisch für die sunnitische Religion stehen. Es wurden umfangreiche Länderfeststellungen der Beschwerde beigelegt. Die Lage für Rückkehrer sei schwierig und gefährlich. Die Beweiswürdigung des BFA wurde bemängelt. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe nicht zur Verfügung. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

3. Am 06.12.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters und eines namhaft gemachten Zeugen eine Verhandlung durch. Das BFA blieb entschuldigt fern.

Mit der Ladung wurde die beschwerdeführende Partei auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönlichen Fluchtgründe und sonstigen Rückkehrbefürchtungen durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine demonstrative Aufzählung von grundsätzlich als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte.

Zugleich mit der Ladung wurden der beschwerdeführenden Partei ergänzend Berichte zur aktuellen Lage im Irak übermittelt bzw. namhaft gemacht, welche das BVwG in die Entscheidung ergänzend miteinbezieht. Eine schriftliche Stellungnahmefrist bis zum Verhandlungstermin oder eine Stellungnahmemöglichkeit in der Verhandlung wurden dazu eingeräumt. Eine schriftliche Stellungnahme wurde nicht abgegeben, ebenso wenig eine Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung.

4. In einer Stellungnahme vom 17.12.2019 teilte das BFA mit, dass es auch davon ausgeht, dass die Identität der bP feststeht.

5. Mit Telefax vom 20.01.2020 übermittelte die Vertretung der bP noch diverse Unterlagen dahingehend, dass versucht worden sei für die bP Beschäftigungsbewilligungen zu erlangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das dort angeführte Geburtsdatum.

Die bP ist Staatsangehörige des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist muslimisch sunnitischen Glaubens.

Sie kommt aus Bagdad und lebte zuerst mit ihrer Familie im Ortsteil XXXX im Haus des Großvaters. Seit 2013 lebte sie gemeinsam mit ihrer gesamten Familie bis zu ihrer Ausreise im Ortsteil XXXX in einem Miethaus ihrer Tante. Die Familie umfasste die Eltern, 6 Schwestern und drei Brüder. Zwischenzeitig ist der Vater der bP verstorben, ihre Mutter, eine Schwester und ein Bruder leben seit August 2016 in der Türkei. Die anderen Geschwister leben nach wie vor in Bagdad, XXXX , wo sie eigene Häuser gemietet haben. Zwei Brüder arbeiten auf Baustellen, die Schwestern sind verheiratet und leben mit ihren Männern zusammen, welche alle arbeiten gehen. Die bP war in Bagdad seit ihrem 13. Lebensjahr als Maler tätig und war in der Lage, so ihr Leben zu finanzieren.

Sie verfügt im Herkunftsstaat noch über ein familiäres bzw. verwandtschaftliches Netz. Die bP ist gesund.

In Österreich lebte die bP seit ihrer Einreise bis Juni 2019 von der Grundversorgung. Von 27.05.2019 bis 03.11.2019 war die bP als Saisonkraft tätig. Gegenwertig lebt sie wieder von der Grundversorgung. Die bP war ca. 3 1/2 Jahre lang bei der Gemeinde gemeinnützig tätig, wobei sie 27 Stunden pro Monat bei Gärtnertätigkeiten und bei der Schneeräumung geholfen hat. Die bP hat keine Angehörigen oder Familienmitglieder in Österreich. Sie geht mit Freunden aus. Die bP kann sich sehr gut auf Deutsch verständigen. Strafrechtliche Verurteilungen liegen in Österreich nicht vor. Ein Strafverfahren gegen die bP wegen Körperverletzung wurde eingestellt.

1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Die von der bP vorgebrachten Fluchtgründe werden den Feststellungen nicht zugrunde gelegt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret ihre Herkunftsregion Bagdad, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer glaubhaften, asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus.

Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt.

Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser.

97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus.

Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Doura, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status.

Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Es garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabäer-Mandäer.

Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt.

Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.

Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt.

Das US-Außenministerium und internationale Menschenrechtsgruppen berichten von regierungsnahen Streitkräften, die sunnitische Männer anzugreifen versuchen, die aus IS-kontrollierten Gebieten fliehen und verhindern, dass Sunniten die von der Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden.

Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem mäßigen Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen (Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018).

Im Irak ging die Zahl der Sicherheitsvorfälle (zB Schießereien, IED's, Angriffe auf Checkpoints, Entführungen, Selbstmordattentate, Autobomben) von Jänner bis Dezember 2018 um etwa 60% zurück. Zu Beginn des Jahres waren es 224 Vorfälle. Im März gab es einen Anstieg der Vorfälle, die sich vor allem in Anbar, Diyala, Kirkuk und Salahaddin ereigneten. Im April sanken sie auf 139. Von Juni bis Oktober gab es Schwankungen, beginnend in Diyala und Kirkuk, danach in Ninewa und schließlich in Anbar, Bagdad, Kirkuk und Ninewa. Seit dem Rückzug des sog. Islamischen Staates gab es in den letzten beiden Monaten des Jahres die wenigsten Vorfälle, die jemals im Land verzeichnet wurden.

Auch Bagdad, das früher ein Hauptangriffsziel war, entwickelte sich zu einem Nebenschauplatz. Im Jänner gab es 71 Vorfälle. Diese Zahl sank kontinuierlich und lag bei 13 Vorfällen im Juni. Danach erfolgte wieder ein Anstieg und es gab im September 47 Vorfälle. Seither kam es wieder zu einem Rückgang und 13 Vorfällen im November 2018. Bei fast allen Angriffen handelte es sich um kleinere Vorfälle wie Schießereien und IED's. Die meisten Vorfälle ereigneten sich auch in Städten im äußern Norden (Joel Wing, Musings on Iraq, 15.01.2019).

Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basra 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in Bagdad wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Sala ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018).

In der ersten Juliwoche 2019 wurden 20 Vorfälle registriert. In der Provinz Diyala passierten die meisten Vorfälle, nämlich acht. In der Provinz Bagdad gab es zwei sicherheitsrelevante Vorfälle (Musings on Iraq, 09.07.2019).

In der zweiten Juliwoche 2019 wurden 13 Vorfälle registriert. In Bagdad gab es vier Vorfälle, bei denen drei Personen getötet wurden (Musings on Iraq, 17.07.2019).

In der zweiten Septemberwoche 2019 ereigneten sich weniger Vorfälle als in der Vorwoche, nämlich insgesamt 30. Zwei dieser Vorfälle waren Leichenfunde. Diese Woche ereigneten sich die meisten Vorfälle, nämlich elf, in Kirkuk. In Diyala waren es neun Vorfälle. Ein Vorfall war in Anbar. Dabei handelt es sich um den Fund eines Massengrabs mit 15 Toten. Jeweils drei Vorfälle entfielen auf Bagdad, Ninewa und Salah al-Din. Einer der drei Vorfälle in Ninewa betraf den Fund von neun Leichen in der Altstadt von West-Mossul. Bei den anderen zwei Vorfällen handelte es sich um Sprengfallen im Gebiet Hamam al-Alil, 27 Kilometer südlich von Mossul. Von den drei Vorfälle in Salah al-Din war einer eine Schießerei, die zur Folge hatte, dass die Autobahn von Tuz Kurmatu nach Bagdad kurze Zeit gesperrt war. Während es in der ersten Septemberwoche in Bagdad eine Reihe von Sprengfallen gab, kehrte in der zweiten Septemberwoche wieder Normalität ein, mit nur drei Schießereien im Norden und Westen (Musings on Iraq, 23.09.2019).

Nach einem Anstieg der Angriffe Anfang September 2019 sind diese Mitte des Monats wieder auf einen Mittelwert zurückgegangen. Während es im August außerhalb von Diyala kaum Angriffe gab, fanden im September im gesamten Zentralirak welche statt. Es gab in der dritten Septemberwoche 2019 28 sicherheitsrelevante Vorfälle im gesamten Irak. Acht Vorfälle in Bagdad, fünf in Kirkuk, vier in Diyala. Zwei Vorfälle fanden in Ninewa statt und jeweils ein Vorfall in Anbar, Babil, Kerbala und Salah al-Din. Jener Vorfall in Kerbala war eine der selten vorkommenden Autobomben. Dabei gab es zwölf Tote und fünf Verletzte. Ninewa und Salah al-Din, die früher die Hauptfronten des IS waren, sind jetzt nur noch zweitrangig. Im Vergleich dazu sind die Vorfälle in Diyala und Kirkuk weiterhin hoch (Musings on Iraq, 01.10.2019).

Die meisten der Schutzmauern, die in den letzten zehn Jahren errichtet wurden, um öffentliche und private Gebäude zu sichern, wurden abgerissen. Stattdessen finden sich dort jetzt Parks und Grünflächen. Im Zuge der Veränderungen wurde in Bagdad auch das erste Frauencafé eröffnet. Dort können sich Frauen ohne Begleitung von Männern treffen und ihre Kopftücher und die lange Abaya ablegen, die auf den Straßen so verbreitet sind.

Im Café "La Femme" werden Wasserpfeifen angeboten und von einer Frau zubereitet. Es werden alkoholfreie Champagnercocktails, Softgetränke und Snacks serviert. Bisher haben sich noch keine Männer in dieses weibliche Heiligtum gewagt - obwohl sich das Café in einem Hochhaus zusammen mit anderen Restaurants, einer Sporthalle für Männer und nur einem Aufzug befindet. Der Kundenkreis von Adel-Abid umfasst vor allem Frauen aus der Mittel- und Oberschicht. Für ihre jungen Kundinnen organisiert sie reine Frauenfeste zu Geburtstagen, Verlobungen und Abschlussfeiern. Die ältere Generation trinkt lieber Kaffee und hört den alten irakischen Sängern zu, die auf der Musikanlage bevorzugt gespielt werden.

Frauen können jetzt Unternehmen führen. Da der "Islamische Staat" verdrängt und die gegenwärtige politische Stabilität zu spüren ist, fordern irakische Frauen immer mehr ihren Anteil am öffentlichen Raum der Stadt. In Mansour, dem Stadtviertel, in dem sich "La Femme" befindet, sind die meisten Cafés und Restaurants heute gemischt, und auch Frauen rauchen dort Wasserpfeife.

Der frische Wind des Wandels hat auch das Straßenbild verändert. Frauen kleiden sich wieder bunter, anstatt sich hinter schwarzen Schleiern zu verstecken. Die Entwicklung geht so weit, dass junge Frauen sich immer seltener ein Kopftuch umbinden.

Ehen zwischen Sunniten und Schiiten erleben ein Comeback im Irak; unter den Jugendlichen in Bagdad sind sie sogar zum neuen Standard geworden. So wie bei Merry al-Khafaji, die kürzlich Mustafa al-Ani geheiratet hat. Gemeinsam sitzen die beiden Mittzwanziger bei einer Wasserpfeife in einem beliebten Bagdader Garten, sie trägt ihr dunkles Haar offen und ein grünes T-Shirt mit Jeans. Traditionell wählen Eltern die Partner ihrer Kinder, aber Merry al-Khafaji und Mustafa al-Ani lernten sich in dem Telekommunikationsunternehmen kennen, für das sie beide arbeiten. Mittlerweile entwickeln sich immer mehr Liebesbeziehungen bei der Arbeit, im Studium oder in Workshops.

Auch soziale Medien haben eine starke Wirkung. Sie eröffnen jungen Menschen einen neuen Weg, neue Freunde in der konservativen irakischen Gesellschaft zu finden (Die neuen Freiheiten von Bagdad, qantara.de 01.07.2019).

Mitglieder rivalisierender irakischer Motorrad-Clubs, die in Leder mit Nieten und schwarzen Baskenmützen gekleidet waren, tanzten Breakdance und ließen mit ihren tätowierten Armen Neon-Leuchtstäbe kreisen. Der Tanzkreis des Mongols Motorcycle Club war einer von mehreren bei der ?Riot Gear Summer Rush', einer Automobilshow samt Konzert in einem Sportstadion im Herzen von Bagdad. Die Szene hatte etwas ganz anderes als jene Bilder, die üblicherweise aus der Stadt der Gewalt und des Chaos ausgestrahlt wurden. Aber fast zwei Jahre, nachdem der Irak den islamischen Staat besiegte, hat die Hauptstadt ihr Image stillschweigend verändert. Seit die Explosionsschutzwände - ein Merkmal der Hauptstadt seit der US-geführten Invasion im Jahr 2003, bei der Saddam Hussein gestürzt wurde - gefallen sind, hat sich eine weniger restriktive Lebensweise etabliert. "Wir haben diese Party veranstaltet, damit die Leute sehen können, dass der Irak auch über diese Art von Kultur verfügt und dass diese Menschen das Leben und die Musik lieben", sagte Arshad Haybat, ein 30-jähriger Filmregisseur, der die Riot Gear Events Company gründete. Riot Gear hat bereits zuvor ähnliche Partys im Irak veranstaltet, aber dies war die erste, die für die Öffentlichkeit zugänglich war. Der Tag begann damit, dass junge Männer importierte Musclecars und Motorräder vorführten. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde die Show zu einer lebhaften Veranstaltung für elektronische Tanzmusik (EDM). Das irakische Hip-Hop-Kollektiv "Tribe of Monsters" spielte eine Mischung aus EDM- und Trap-Musik, während junge Männer Verdampfer in ihren Händen hielten und neben Blitzlichter und Rauchmaschinen tanzten, während sie ihre Bewegungen live auf Snapchat und Instagram übertrugen. Es war eine berauschende Mischung aus Bagdads aufkeimenden Subkulturen: Biker, Gamer und EDM-Enthusiasten. Was die meisten gemeinsam hatten, war, dass sie im Irak noch nie einer solchen Veranstaltung beigewohnt hatten. Obwohl von jungen Männern dominiert, nahmen auch viele Frauen an der Veranstaltung teil. Einige von ihnen tanzten in der Nähe der Hauptbühne. Die Veranstalter stellten jedoch sicher, dass eine "Familiensektion" zur Verfügung stand, damit Frauen, Familien und Liebespaare auch abseits der wilden Menschenmenge tanzen konnten (Tanzpartys kehren nach Bagdad zurück, mena-watch, 22.08.2019).

Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich. Zum 30.06.2019 wurden 1,6 Millionen IDPs (267.858 Familien), verteilt auf 18 Gouvernements und 106 Distrikte identifiziert. Die Zahl der IDPs sinkt kontinuierlich in einem stetig langsamen Tempo. Im Mai und Juni wurde ein Rückgang von 57.960 IDPs, mit den drei größten Gouvernements Ninewa (-22.674), Salah al-Din (-11.856) und Sulaymaniyah (-7.104), verzeichnet. Die Zahl der Rückkehrer liegt bei 4,3 Millionen (717.523 Familien) in 8 Gouvernements und 38 Distrikten. Im Mai und Juni 2019 kehrten die meisten nach Ninewa (17.502 Personen), Anbar (2.136) und Salah al-Din (14.778) zurück. Während der letzten sechs Monate wurde ein Rückgang an IDPs von 195.684 Personen verzeichnet. Die meisten davon in Ninewa (-97.392, -17%), Salah al-Din (-32.262, -23%) und Anbar (-11.598, -19%). Im selben Zeitraum wurde ein Anstieg von 139.818 Rückkehrern dokumentiert. Die größten Anstiege wurden in Ninewa (63.762, 4%), Salah al-Din (44.742, 8%) und Anbar (14.850, 1%) verzeichnet. Nahezu alle Familien (95%, 4.105.140 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (71.010) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (128.988) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude). Von den zuletzt Genannten leben die meisten in den Distrikten Mossul (29.658), Tikrit (9.462) und Tal Afar (9.222). Seit Dezember 2018 wird ein Rückgang der in kritischen Unterkünften lebenden Rückkehrer (-3.786) in allen Gouvernements, außer Anbar und Kirkuk, verzeichnet (Displacement Tracking Matrix, Round 110, Juli 2019).

Anfang Oktober 2019 kam es in zahlreichen Städten und Provinzen im Irak zu Demonstrationen, die sich gegen Korruption und Misswirtschaft richten. Die Proteste gingen nicht von einer bestimmten politischen Gruppe aus. Die zumeist jungen Demonstranten wiesen jede politische Vereinnahmung von sich. Angesichts der gewaltsamen Proteste versucht die irakische Regierung, die Protestierenden mit einem sozialen Maßnahmenpaket zu beruhigen. Unter anderem sollen im ganzen Land 100.000 neue Wohnungen gebaut werden, wie Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi nach einer Sitzung des Kabinetts am 06.10.2019 sagte. Zudem sollen 150.000 arbeitslose Irakerinnen und Iraker in Weiterbildungsprogrammen gefördert werden (Über hundert Menschen sterben bei Protesten gegen die Regierung Zeit.de, 06.10.2019).

Ende Oktober 2019 kam es erneut zu Protesten, wobei acht Menschen in Bagdad starben, als Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen Demonstranten in der Nähe des Regierungsviertels vorgingen. In Bagdad hatten am 25.10.2019 Tausende Demonstranten versucht, in die besonders geschützte Grüne Zone zu gelangen. Dort liegen viele der Regierungsgebäude und Botschaften. Die Lage hatte sich am folgenden Tag zunächst beruhigt. Auf dem zentralen Tahrir-Platz errichteten jedoch Hunderte Demonstrierende Zelte, um weiter zu protestieren (42 Tote bei erneuten regierungskritischen Protesten, Zeit.de, 25.10.2019).

In Bezug auf den Namen XXXX (bzw. gegenständlich XXXX ):

Gemäß Al-Monitor, einer US-amerikanischen Website mit Sitz in Washington, DC, die sich auf Berichte und Analysen zum Thema Naher Osten spezialisiert, ist das Problem von konfessionell konnotierten Namen im Irak nicht neu. Das Phänomen der Namensänderungen aufgrund von Verfolgung und Angst von Sunniten hat sich jedoch seit den Eroberungen des IS in 2014, vor allem der Stadt Mosul und der Vertreibungen, die ihnen folgten, weit verbreitet. Das gegenwärtige "Spiel der Namen" ist offensichtlich ein Resultat des konfessionellen und politischen Konflikts, der seit der US-amerikanischen Invasion des Landes in 2003 eskaliert hat.

Al-Monitor (17.6.2015): From XXXX : Why Iraqis are changing their names,

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2015/06/iraq-sectarian-killing-name-changing.html, Zugriff 21.8.2017

Der jüngste Bericht des UK Home Office vom Juni 2017 berichtet unter Bezugnahme auf eine Quelle vom 29.04.2015 (Finnish Immigration Service, 'Security Situation in Baghdad - the Shia militias', 29 April 2015, pp. 16-17,

http://www.migri.fi/download/61225_Security_Situation_in_Baghdad_-_The_Shia_Militias_29.4.2015.pdf?01abe06266acd288, accessed 26 July 2016 ) dazu:

"Allerdings ist es schwer zu wissen, ob eine Person sunnitisch oder schiitisch ist, einfach auf der Grundlage ihres Namens. Im Irak gibt es Sunniten namens Ali und Hussein und Schia namens XXXX , obwohl einige Quellen darauf hindeuten, dass auch weltliche Schia-Eltern ihre Kinder XXXX , Abu Bakri, Othman oder Aisha nicht nennen würden. Traditionelle Namen wie XXXX , Abu Bakr und Yazid sind sunnitische Namen, während Ali, Hassan und Hussein Shia Namen sind. Mohammed und Fatima sind bei Sunniten und Schiiten beliebt. XXXX scheint einer der Namen zu sein, die Schwierigkeiten für Sunniten verursacht.

"Es gab bereits Probleme mit dem Namen XXXX während des Bürgerkriegs im Jahr 2006. Im Juli 2006 fand die Polizei 14 junge Männer in Bagdad tot. Sie waren alle Sunniten, die in den Kopf geschossen worden waren. Alle hatten den gleichen Vornamen, XXXX . Mittlerweile haben Schiiten Berichten zufolge Probleme in den Händen von sunnitischen militanten Gruppen wie ISIS aufgrund ihrer Namen erlebt.

"In diesen Tagen kann es für die Eltern leichter sein, ihrem neugeborenen Kind einen neutralen Namen zu geben, der nicht klar sunnitisch oder schiitisch ist. In Angst vor Konflikten geben einige irakische Eltern ihren Kindern Namen, die keine besondere religiöse Orientierung widerspiegeln. Neutrale Namen sind Muhammed, Abdullah und Mariam. Die Namen Ali und Hussein können als ziemlich neutral betrachtet werden, da sie bei Sunniten und Schiiten beliebt sind. Die Namen Zina, Raneen, Atasi und Safad sind sehr säkular und zeigen daher nicht direkt die religiöse Orientierung einer Person an

Aus der Berichtslage lässt sich zwar entnehmen, dass es in Bezug auf Personen mit dem Vornamen XXXX Problemlagen geben kann. Dass dadurch jedoch nicht generell jede Person mit diesem Vornamen einer realen Gefährdung von Leib und/oder Leben ausgesetzt ist, ergibt alleine die Schilderung der bP. Auch fällt bei der Berichtslage über mögliche Probleme auf, dass diese im Wesentlichen im Jahr 2015 endet. Aktuelle, nach dem Jahr 2019 stammende Berichte über derartige Probleme konnten amtswegig nicht gefunden werden.

Dass dies etwa daraus resultieren würde, weil keine Personen mit dem Vornamen XXXX mehr im Irak leben würden, entspricht auch nicht der Realität, wie sich etwa leicht alleine aus Google-Recherchen ergibt. Lediglich bespielhaft sei etwa der lange im Irak tätige XXXX erwähnt oder ein von UNHCR am XXXX veröffentlichtes Video, in dem UNHCR XXXX berichtet, welches XXXX . Nachdem der Vater vermisst werde, sei XXXX nun quasi das Familienoberhaupt. In diesem Beitrag von UNHCR finden sich keinerlei Anmerkungen von UNHCR auf eine Gefährdungslage für XXXX durch Milizen oder andere Akteure auf Grund seines Vornamens.

Aus einem Interview mit der deutschen Journalistin S. vom 04.10.2018, welche seit etwa 15 Jahren in Bagdad lebt, ergibt sich eine gewisse Liberalisierung und Tendenz der vorherrschenden jungen Bevölkerung in Bagdad, die auch dahingeht, die Trennung von Schiiten und Sunniten verschwimmen zu lassen und sich in einem Trend und offensichtlich weitgehender Tolerierung von Ehen zwischen Sunniten und Schiiten zeigt.

2. Beweiswürdigung

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der bP, der von ihr vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes, durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und die Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften länderkundlichen aktuelle Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der bP, welche der Rechtsvertretung wie bereits ausgeführt übermittelt wurden.

2.1 Zur Person der beschwerdeführenden Partei

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt einheitlichen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Angaben, sowie ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen, den vorgelegten Bescheinigungsmitteln und des in original vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweises und Personalausweises.

Die Feststellungen wurden gegenständlich nicht bestritten. Auch das BFA ging nach Aufforderung zur Stellungnahme seitens des BVwG mit Schreiben vom 17.12.2019 davon aus, dass die Identität der bP fest steht.

2.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates

Im Verfahren ergaben sich erhebliche Widersprüche im Kernvorbringend der bP, wie folgend zusammengefasst an Beispielen dargelegt wird.

Die bP führte bei ihrer Erstbefragung zum Fluchtgrund aus, dass sich die allgemeine Lage sehr verschlechtert habe. Sie werde als Sunnit von den Schiiten-Milizen bedroht, es gebe keine Sicherheit im Land.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA legte sie dar, dass sie im Juli 2013 durch schiitische Milizen entführt worden sei. Sie sei mit einem Freund zur Arbeit gefahren. Sie seien angehalten worden und es seien ihre Ausweise kontrolliert worden. Die Personen seien als Polizisten bekleidet gewesen, jedoch seien es in Wirklichkeit Milizen gewesen. Aufgrund ihres Namens hätte sie zur Seite gehen sollen. Alle Autos seien weitergefahren, auch ihr Freund. Sie hätten ihre Hände gefesselt und sie sei etwa eine Stunde im Auto gewesen. Sie hätten gesagt sie solle warten. Sie hätten ihr dann einen Nylonsack über den Kopf gestülpt und seien dann etwa 1 Stunde gefahren. Sie hätten viel miteinander gesprochen, was sie jedoch nicht hätte verstehen können, da es Geheimwörter gewesen wären.

Im Zuge der Verhandlung schilderte die bP diesen Vorfall derart, dass sie mit dem Taxi gemeinsam mit 2 Arbeitskollegen unterwegs Richtung Arbeit gewesen sei. Sie seien an einem Check Point von maskierten Personen in Militäruniformen angehalten worden. Diese hätten ihren Ausweis kontrolliert und sie hätte stehen bleiben sollen. Ihre Arbeitskollegen hätten weiterfahren dürfen. Sie hätten ihr einen Sack über den Kopf gestülpt und sie in den Kofferraum gesperrt. Es habe während der Fahrt keinerlei Kommunikation gegeben.

Vor dem BFA erzählte die bP, dass sie 5 Tage lang in einem Haus angehalten worden sei. Sie sei beschimpft worden, jedoch habe sie nur Watschen bekommen, weshalb sie keine Verletzungen davongetragen habe.

In der Verhandlung äußerte sich die bP dahingehend, dass sie eine ganze Woche lang die Hände verbunden gehabt habe. Sie sei geschlagen worden, sie habe Ohrfeigen bekommen und hin und wieder Faustschläge ins Gesicht. Sie sei mit den Füssen gestoßen und getreten worden.

Als Grund für die Entführung führte die bP vor dem BFA aus, dass sie über ihre Religion geschimpft hätten und es um ihren Namen gegangen wäre. Auf konkrete Nachfrage relativierte die bP ihre Angaben jedoch und gab zu Protokoll, dass es nur ums Lösegeld gegangen sei (AS 48).

Im Zuge der Verhandlung erklärte die bP anfangs, dass sie entführt worden sei da sie Sunnit sei und XXXX heiße. An späterer Stelle der Verhandlung gab die bP an, dass es den Entführer um Geld gegangen sei und diese die religiösen Probleme ausgenutzt hätten.

Zudem erläuterte die bP vor dem BFA, dass sie vor der Ausreise von ihrem Vater finanziell unterstützt worden sei, da sie aus Angst nur zu Hause gewesen sei.

In der Verhandlung erzählte die bP demgegenüber, dass sie auch nach Juni 2013 noch gelegentlich gearbeitet habe. Auf konkrete Nachfrage konkretisierte die bP, dass gelegentlich etwa 6 Stunden am Tag bedeutete, manchmal sogar länger. Die Arbeitsplätze seien in der Nähe ihres Wohnortes gewesen, sie habe dorthin zu Fuß gehen können.

Wie an konkreten Beispielen des Vorbringens der bP dargelegt, war somit seitens des BVwG festzustellen, dass die bP in Kernpunkten ihres Fluchtvorbringens völlig widersprüchliche Angaben tätigte, weshalb sie persönlich als nicht glaubwürdig im Verfahren zu würdigen war. Das Fluchtvorbringen war somit unglaubhaft und nicht geeignet, der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt zu werden.

Selbst auf die Frage in der Verhandlung, was aktuell gegen eine Rückkehr in den Irak spreche, gab die bP nur an, dass die Lage nicht gut sei. Sonstige konkrete Befürchtungen wurden selbst durch die bP nicht geäußert.

In Bezug auf die Namensführung XXXX wurden der bP in der Verhandlung nachfolgende Feststellungen übersetzt. Diese wurden auch von der Rechtsvertretung und der Behördenvertretung eingesehen:

Gemäß Al-Monitor, einer US-amerikanischen Website mit Sitz in Washington, DC, die sich auf Berichte und Analysen zum Thema Naher Osten spezialisiert, ist das Problem von konfessionell konnotierten Namen im Irak nicht neu. Das Phänomen der Namensänderungen aufgrund von Verfolgung und Angst von Sunniten hat sich jedoch sei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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