Entscheidungsdatum
08.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W129 2229233-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 12.12.2019, Zl. 10/03-18/19, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 11.02.2020, Zl. B/06-19/20, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gem. Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin ist als ordentliche Studierende zum Interdisziplinären Masterstudium Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte an der Universität Wien zugelassen.
2. Im Sommersemester 2019 besuchte die Beschwerdeführerin unter anderem die beiden prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen "(070146) KU Methodological course - Tools and Techniques for Digital Humanities" sowie "(070116) AR Methodological Workshop - DH Methods: Historical Inquiries with R", beide beim Lehrveranstaltungsleiter XXXX PhD.
3. Mit Mail vom 28.05.2019 teilte die Beschwerdeführerin dem Lehrveranstaltungsleiter mit, dass sie aufgrund der aus ihrer Sicht eingeschränkten didaktischen Fähigkeiten und Methoden des Lehrveranstaltungsleiters beide Lehrveranstaltungen nicht mehr fortsetzen werde.
Der Lehrveranstaltungsleiter antwortete mit Mail vom 29.05.2019, dass die Frist zum vorzeitigen Abbruch einer Lehrveranstaltung bereits abgelaufen sei. Die Beschwerdeführerin könne ohne einen zwingenden Grund nicht von der Lehrveranstaltung abgemeldet werden. Im Fall eines Abbruchs werde der Beschwerdeführerin auf Basis der bereits erbrachten Teilleistungen beurteilt, dies könne zu einer negativen Note führen.
Die Beschwerdeführerin erwiderte mit Mail vom 29.05.2019, dass der zwingende Grund für den Abbruch jener sei, dass der Lehrveranstaltungsleiter eine bestimmte Reihe an Methoden verwende, für welche sie keine Zeit mehr investieren wolle.
4. Mit Mail vom 03.06.2019 teilte ein Mitarbeiter des Studienprogrammleiters der Studienrichtung Geschichte der Beschwerdeführerin mit, dass ein Abbruch der Lehrveranstaltung nur aus wichtigem Grund (wie beispielsweise eine ärztlich bestätigte Erkrankung) erfolgen könne. Da ein solcher Grund offenbar nicht vorliege, werde eine Benotung vorgenommen.
5. Mit Mail vom 04.06.2019 teilte die Beschwerdeführerin der Studienprogrammleitung mit, dass sie die Lehrgänge für ihr Studium nicht relevant und didaktisch katastrophal finde. Die Studierenden müssten sich praktisch alles selbst erarbeiten und keineswegs eine Sprache gelehrt bekommen. Der erforderliche Zeitaufwand stehe in keiner Relation zu den festgelegten ECTS. Außerdem werden sehr leistungsfähige und teure eigene Privatcomputer praktisch vorausgesetzt, was an einer Universität mit freiem Hochschulzugang nicht erwartet werden könne. Bei R-Programming würden nicht Grundlagen gelehrt werden, sondern spezielle Ausformungen dieser Programmiersprache, in welcher sich der Vortragende vermutlich profilieren wolle. Fehlerhafte worksheets würden außerdem nicht dazu beitragen, die Studierenden freundlich in diese Thematik einzuführen.
6. Der Lehrveranstaltungsleiter beurteilte die Beschwerdeführerin am 01.09.2019 in beiden prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen mit der Note "nicht genügend".
7. Mit Mail vom 14.09.2019, gerichtet an den Studienpräses der Universität Wien, "erhob" die Beschwerdeführerin "gegen die Beurteilung mit Nicht genügend (...) Einspruch". Sie habe die Lehrveranstaltung während des Semesters abgebrochen und ihre Gründe - große Unzufriedenheit mit dem Inhalt und der Durchführung der Lehrveranstaltung - mitgeteilt.
8. Mit Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 12.12.2019, Zl. 10/03-18/19, wurde festgestellt, dass kein wichtiger Grund für einen Abbruch der beiden verfahrensgegenständlichen Lehrveranstaltungen vorliege. Die Beurteilung sei zu Recht erfolgt.
Sinngemäß und auf das Wesentlichste zusammengefasst wurde dies damit begründet, dass nach dem studienrechtlichen Teil der Satzung der Universität Wien eine Abmeldung bis zum 31.03.2019 ermöglicht hätte. Die jeweils dritte Einheit der beiden Lehrveranstaltungen habe am 26.03.2019 stattgefunden, somit hätte sich die Beschwerdeführerin bei Unzufriedenheit abmelden können. Es könne kein wichtiger Grund für den Abbruch der Lehrveranstaltung festgestellt werden.
9. Die Beschwerdeführerin erhob mit Schriftsatz vom 05.01.2020 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Sie monierte insbesondere, dass sie immer erst eine Woche vor einer Einheit erfahren habe, welcher Lehrstoff durchgenommen werde. So habe sie nicht in den ersten drei Wochen entscheiden können, ob die Lehrinhalte relevant und in Bezug auf die Leistungsanforderungen an den Computer zumutbar gewesen seien.
10. Mit Gutachten des Senates vom 24.01.2020 (beschlossen in der Sitzung vom 23.01.2020) wurde - hier sinngemäß und auf das Wesentlichste zusammengefasst - ausgeführt, dass die Unzufriedenheit der Beschwerdeführerin erst nach 3/4 der zu absolvierenden Lehrveranstaltungseinheiten vorgebracht worden sei. Dies sei nicht als wichtiger Grund für einen Abbruch der beiden Lehrveranstaltungen zu werten.
11. Mit Beschwerdevorentscheidung des Studienpräses der Universität Wien vom 11.02.2020, Zl. B/06-19/20, wurde die Beschwerde in Anlehnung an das Gutachten des Senates der Universität Wien als unbegründet abgewiesen.
12. Mit Schriftsatz vom 26.02.2020 "erhob" die Beschwerdeführerin "gegen die Beschwerdevorentscheidung Einspruch".
Sie habe bis zum 31.03.2019 nicht wissen können, wieviel Speicher- und Arbeitsprozesskapazität die Softwareprogramme, die im Mai 2019 auf den Privatcomputer heruntergeladen und ausgeführt werden sollten, einnehmen werden. Die Damen und Herren im Senat seien eingeladen, dies an ihren Privatgeräten selbst zu versuchen.
Auch wehre sie sich gegen eine Gesetzesauslegung, welche die Freiheit der Lehre garantiere, aber dem Studierenden keine Freiheit biete, die Lehre aus Qualitätsgründen zu jedem selbstgewählten Zeitpunkt abzulehnen. Die Möglichkeit eines plötzlichen Absackens der Qualität der Lehre nach der Probezeit habe der Gesetzgeber nicht bedacht. Dieses System bringe keine selbständig denkenden und urteilenden Absolventen hervor, sondern stupide Befehlsempfänger. Das Bundesverwaltungsgericht möge alle Menschen in Österreich vor so einer Entwicklung bewahren.
13. Mit Begleitschreiben vom 02.03.2020 legte die belangte Behörde den Vorlageantrag sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die Beschwerdeführerin ist als ordentliche Studierende zum Interdisziplinären Masterstudium Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte an der Universität Wien zugelassen.
Im Sommersemester 2019 besuchte die Beschwerdeführerin unter anderem die beiden prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen "(070146) KU Methodological course - Tools and Techniques for Digital Humanities" sowie "(070116) AR Methodological Workshop - DH Methods: Historical Inquiries with R", beide beim Lehrveranstaltungsleiter XXXX PhD.
Beide Lehrveranstaltungen sind als englischsprachige Lehrveranstaltungen im elektronischen Lehrveranstaltungsverzeichnis der Universität Wien aufgenommen und in Bezug auf Ziele, Inhalte und Methoden beschrieben (in englischer Sprache).
Für eine etwaige Abmeldung von den beiden Lehrveranstaltungen war der 31.03.2019 als spätestmöglicher Abmeldetermin festgelegt.
Mit Mail vom 28.05.2019 teilte die Beschwerdeführerin dem Lehrveranstaltungsleiter mit, dass sie aufgrund der aus ihrer Sicht eingeschränkten didaktischen Fähigkeiten und Methoden des Lehrveranstaltungsleiters beide Lehrveranstaltungen nicht mehr fortsetzen werde.
Die Beschwerdeführerin brachte mit Mail vom 29.05.2019 vor, dass der zwingende Grund für den Abbruch jener sei, dass der Lehrveranstaltungsleiter eine bestimmte Reihe an Methoden verwende, für welche sie keine Zeit mehr investieren wolle.
Mit Mail vom 04.06.2019 teilte die Beschwerdeführerin der Studienprogrammleitung mit, dass sie die Lehrgänge für ihr Studium nicht relevant und didaktisch katastrophal finde. Die Studierenden müssten sich praktisch alles selbst erarbeiten und keineswegs eine Sprache gelehrt bekommen. Der erforderliche Zeitaufwand stehe in keiner Relation zu den festgelegten ECTS. Außerdem werden sehr leistungsfähige und teure eigene Privatcomputer praktisch vorausgesetzt, was an einer Universität mit freiem Hochschulzugang nicht erwartet werden könne. Bei R-Programming würden nicht Grundlagen gelehrt werden, sondern spezielle Ausformungen dieser Programmiersprache, in welcher sich der Vortragende vermutlich profilieren wolle. Fehlerhafte worksheets würden außerdem nicht dazu beitragen, die Studierenden freundlich in diese Thematik einzuführen.
Der Lehrveranstaltungsleiter beurteilte die Beschwerdeführerin am 01.09.2019 in beiden prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen mit der Note "nicht genügend".
Die Beschwerdeführerin brachte am 14.09.2019 ein gegen die negative Beurteilung gerichtetes Rechtsmittel ein.
Mit Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 12.12.2019, Zl. 10/03-18/19, wurde festgestellt, dass kein wichtiger Grund für einen Abbruch der beiden verfahrensgegenständlichen Lehrveranstaltungen vorliege. Die Beurteilung sei zurecht erfolgt.
Mit Gutachten des Senates vom 24.01.2020 (beschlossen in der Sitzung vom 23.01.2020) wurde insbesondere ausgeführt, dass eine (erst) nach 3/4 der zu absolvierenden Lehrveranstaltungseinheiten geäußerte Unzufriedenheit keinen wichtigen Grund für einen Abbruch einer Lehrveranstaltung darstelle.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Studienpräses der Universität Wien vom 11.02.2020, Zl. B/06-19/20, wurde die Beschwerde in Anlehnung an das Gutachten des Senates der Universität Wien als unbegründet abgewiesen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen basieren auf dem diesbezüglich unstrittigen und unbedenklichen Akteninhalt.
Dass seitens der Studienprogrammleitung Geschichte für das Sommersemester 2019 der 31.03.2019 als spätestmöglicher Abmeldetermin für Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung festgelegt wurde, ergibt sich aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen in den Akten des Verwaltungsverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung
Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A):
3.1. Gemäß § 79 Abs 1 UG gilt:
Rechtsschutz bei Prüfungen
§ 79. (1) Gegen die Beurteilung einer Prüfung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wenn die Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung einen schweren Mangel aufweist, hat das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ diese Prüfung auf Antrag der oder des Studierenden mit Bescheid aufzuheben. Die oder der Studierende hat den Antrag innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe der Beurteilung einzubringen und den schweren Mangel glaubhaft zu machen. Der Antritt zu der Prüfung, die aufgehoben wurde, ist nicht auf die zulässige Zahl der Prüfungsantritte anzurechnen.
[...]
Gemäß § 10 des Satzungsteiles Studienrecht der Universität Wien (MBl. 03.12.2014, 6. Stück, Nr. 29 idF MBl 31.01.2019, 10. Stück, Nr. 59) gilt für prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen:
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen
§ 10. (1) Die prüfungsimmanente Lehrveranstaltung stellt einen Prüfungsvorgang dar, der sich über die gesamte Dauer der Lehrveranstaltung erstreckt und mindestens zwei mündlich oder schriftlich zu erbringende Teilleistungen beinhaltet.
(2) Eine Regelung über das Ausmaß der Anwesenheitspflicht darf von den Leiterinnen und Leitern der prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung als Mindestanforderung an die Studierenden für eine positive Beurteilung festgelegt werden. Machen die Studierenden glaubhaft, dass sie aus einem wichtigen Grund nicht teilnehmen können, so können sie von der Leiterin oder dem Leiter der Lehrveranstaltung für einzelne Termine von der Anwesenheitspflicht entbunden werden.
(3) Die einzelnen Teilleistungen sind von den Leiterinnen und Leitern der Lehrveranstaltung in einem sachlich angemessenen, fairen und nachvollziehbaren Ausmaß für die Beurteilung heranzuziehen. Die Leiterin oder der Leiter der Lehrveranstaltung hat folgende Festlegungen rechtzeitig vor dem Beginn der Anmeldefrist im Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien bekannt zu geben und dabei die Bestimmungen des Curriculums, insbesondere hinsichtlich des Studierendenaufwandes (ECTS-Punkte), zu beachten:
a. die Ziele und die Inhalte der Lehrveranstaltung;
b. die Methoden der Vermittlung der Studienziele;
c. die Sprache, in der die Lehrveranstaltung abgehalten wird;
d. die Art der Leistungskontrolle (schriftlich/mündlich) und erlaubte Hilfsmittel pro Teilleistung;
e. die Mindestanforderungen an die Studierenden für eine positive Beurteilung (Beurteilungskriterien einschließlich der Regelungen zur Anwesenheit);
f. den Beitrag der einzelnen Teilleistungen zur Beurteilung der prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung (Beurteilungsmaßstab).
(4) Die Leiterin oder der Leiter der prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung ist berechtigt, das Nachreichen eines schriftlichen Beitrages bei Lehrveranstaltungen des Wintersemesters bis zum folgenden 30. April, bei Lehrveranstaltungen des Sommersemesters bis zum folgenden 30. September zu gestatten. Bei Blocklehrveranstaltungen, die ausschließlich in der lehrveranstaltungsfreien Zeit stattfinden, beträgt diese Frist maximal drei Monate, beginnend mit der letzten Lehrveranstaltungseinheit.
(5) Die Anmeldung zu prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen erfolgt nach einem von der Studienprogrammleiterin oder dem Studienprogrammleiter im Einvernehmen mit dem Rektorat festzulegenden Verfahren, das die zweckmäßige Verteilung von Lehrveranstaltungsplätzen und die Kontrolle der Einhaltung der Voraussetzungen für die Anmeldung zu den Lehrveranstaltungen sicherstellt. Dieses ist im Mitteilungsblatt rechtzeitig kundzumachen. Die Studienprogrammleiterin oder der Studienprogrammleiter gibt die Regelungen des Anmeldeverfahrens einschließlich der An- und Abmeldefristen vor dem Beginn des Semesters bekannt und entscheidet nach Überprüfung der Erfüllung der curricularen Bedingungen über die Vergabe der Lehrveranstaltungsplätze. Der Studienprogrammleiter oder die Studienprogrammleiterin ist berechtigt, die im Curriculum festgesetzte Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern für prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen unter Berücksichtigung des didaktischen Konzepts der Lehrenden, nach Maßgabe der räumlichen Möglichkeiten und der Sicherheitsbestimmungen nach Anhörung der oder des Lehrenden angemessen zu erhöhen, wenn Studierenden eine Verzögerung der Studienzeit droht und das zur Verfügung stehende Lehrbudget nicht ausreicht, um weitere Parallellehrveranstaltungen anzubieten.
(6) Angemeldete Studierende, die in der ersten Lehrveranstaltungseinheit ohne Angabe eines wichtigen Grundes nicht erschienen sind, werden von der Lehrveranstaltungsleiterin oder dem Lehrveranstaltungsleiter abgemeldet. Die freiwerdenden Plätze werden nach Maßgabe des Verfahrens gemäß Abs. 5 vergeben. Alle Studierende, die einen Lehrveranstaltungsplatz erhalten haben, sind zu beurteilen, sofern sie sich nicht zeitgerecht abgemeldet haben (Abs. 5) oder unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses einen wichtigen Grund für die Nichtdurchführung der Abmeldung glaubhaft machen. Studierende, die einen wichtigen Grund für den Abbruch der gesamten prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung glaubhaft machen, sind nicht zu beurteilen. Wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht wegen Offensichtlichkeit unmittelbar durch die Lehrveranstaltungsleiterin oder den Lehrveranstaltungsleiter bejaht, hat die bzw. der Studienpräses auf Antrag der Studierenden mit Bescheid festzustellen, ob ein wichtiger Grund gegeben ist. Der Antrag ist unverzüglich, längstens binnen vierzehn Tagen ab dem Abbruch einzubringen.
(7) Eine negativ beurteilte prüfungsimmanente Lehrveranstaltung ist durch neuerliche Absolvierung einer prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung, die demselben Prüfungszweck dient, zu wiederholen. Eine kommissionelle Beurteilung ist unzulässig.
3.2. Nach § 79 Abs 1 erster Satz UG ist gegen die Beurteilung einer Prüfung kein Rechtsmittel zulässig.
Somit erweist sich der verfahrenseinleitende Antrag vom Wortlaut her ("Einspruch gegen die Beurteilung") zwar als unzulässig, doch kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an. Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem Geist des AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen im Sinne des § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist (VwGH 09.09.2015, 2013/03/0120 mwN).
3.3. Zweifelsfrei vertritt die Beschwerdeführerin den Standpunkt der Unzulässigkeit der (negativen) Beurteilung der beiden verfahrensgegenständlichen Lehrveranstaltungen aufgrund des während des Semesters erfolgten Abbruchs der Lehrveranstaltungsteilnahme.
Zu prüfen ist daher die Feststellung eines wichtigen Grundes des Abbruchs der Lehrveranstaltungsteilnahme nach § 10 Abs 6 des studienrechtlichen Satzungsteiles der Universität Wien bzw. die damit verbundene Unzulässigkeit einer Beurteilung (arg "...sind nicht zu beurteilen").
3.4. Der Begriff "wichtiger Grund" iSd § 10 Abs 6 des studienrechtlichen Satzungsteiles stellt einen unbestimmten Normbegriff dar, dessen Inhalt soweit bestimmbar zu sein hat, dass Rechtsunterworfene ihr Verhalten danach einrichten und die Anwendung solcher unbestimmter Rechtsbegriffe überprüft werden können. Dabei ist der Begriff auf seine Übereinstimmung mit der Rechtsnorm zu überprüfen, wobei nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ein dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquater Determinierungsgrad verlangt wird. Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung. Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen (VfGH 10.10.2018, G 49/2017 = VfSlg 20288, mwN).
3.5. Der Senat der Universität Wien - dessen Stellungnahme die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung folgt - führt in seinem Gutachten wörtlich aus: "Die große Anzahl an Studierenden erfordert eine straffe und strikte Studienorganisation. Daher ist die Abmeldung von prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen befristet. Den Studierenden ist aber die Möglichkeit eingeräumt, sich bis Ende März sanktionslos von Lehrveranstaltungen, die nicht ihren Vorstellungen und Erwartungen entsprechen, da dies erfahrungsgemäß nach drei (bis vier() Lehrveranstaltungseinheiten feststellbar ist."
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen schlüssigen Überlegungen an und teilt die Ansicht, dass eine grundsätzliche Beliebigkeit, Lehrveranstaltungen zu beginnen und mitten im Semester abzubrechen, einer "straffen und strikten Studienorganisation" zuwider läuft und erhebliche Ressourcen der Universitäten bindet.
Als wichtiger Grund sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher insbesondere solche unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse zu erachten, wenn die Studierende oder den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft (so die Legaldefinition zu "wichtige Gründe" in § 19 Abs 2 Z 3 StudFG).
3.6. Nach diesem Maßstab vermögen die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente für den Abbruch der beiden Lehrveranstaltungen nicht zu überzeugen.
Es wird nicht verkannt, dass die Unzufriedenheit mit dem Vortragsstil oder den Methoden des Lehrveranstaltungsleiters noch am ehesten als unvorhergesehen bzw. unabwendbar erachtet werden mag. Angesichts dessen, dass es der Beschwerdeführerin frei gestanden wäre, sich sanktionslos bis zum 31.03.2019 (somit nach der jeweils dritten Einheit der beiden besuchtem Lehrveranstaltungen) abzumelden, erachtet das Bundesverwaltungsgericht den Grund der Unzufriedenheit als nicht nachvollziehbar und unglaubwürdig. Vergleichbares gilt für das Vorbringen im Vorlageantrag in Bezug auf die "Möglichkeit eines plötzlichen Absackens der Qualität der Lehre nach Probezeit": weder hat die Beschwerdeführerin dargelegt, dass es tatsächlich zu einem solchen Absacken gekommen ist, noch wurde substantiiert ausgeführt, aus welchen Gründen eine solche rapide Verschlechterung eingetreten sein soll. Insgesamt erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin daher als nicht lebensnahe und nicht nachvollziehbar.
Auch die behauptete mangelnde Relevanz der beiden Lehrveranstaltungen kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nachvollzogen werden. Die Einrichtung und Erstellung eines Curriculums erfolgt im Zusammenspiel gleich zweier oberster Organe einer Universität - konkret Rektorat und Senat - und unter Einbindung aller Gruppen der Universitätsangehörigen und unter Beachtung international anerkannter wissenschaftlicher Kriterien. Soweit die Beschwerdeführerin die mangelnde Relevanz der beiden Lehrveranstaltungen behauptet, bleibt sie auch hier jede substantiierte Erklärung schuldig, inwiefern die beiden Lehrveranstaltungen irrelevant für das Interdisziplinäre Masterstudium Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte sein sollen.
Auch das dritte Argument - erhebliche Bindung und Beeinträchtigung von Computerressourcen der Beschwerdeführerin - kann nicht nachvollzogen werden. Zunächst ist es als geradezu lebensfremd einzustufen, dass die Beschwerdeführerin während des Besuches von Lehrveranstaltungen zu Programmiersprachen, Software Tools und sonstigen Datenbank-Analyseprogrammen davon überrascht gewesen sein soll, dass dafür eine geeignete EDV-Ausstattung notwendig ist. Auch bleibt sie jede substantiierte Ausführung dahingehend schuldig, inwiefern die in den Lehrveranstaltungen gelehrten Programme und Datenbank-Instrumente nicht mit einer durchschnittlichen EDV-Ausstattung bewältigbar wären, zumal die Beschwerdeführerin bis zum Abbruch der Lehrveranstaltungen in der Lage war, die erteilten Arbeitsaufträge zu erledigen.
3.7. Im Gesamtbild teilt das Bundesverwaltungsgericht daher die Auffassung der belangten Behörde, dass kein wichtiger Grund zum Abbruch der Lehrveranstaltung durch die Beschwerdeführerin geführt hat.
3.8. Abgesehen vom Abbruch der Lehrveranstaltung wurde seitens der Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen kein weiterer Grund für die Unzulässigkeit der negativen Beurteilung und auch kein schwerer Durchführungsmangel iSd § 79 Abs 1 zweiter Satz UG vorgebracht. Auch lässt sich kein solcher Grund bzw. auch kein schwerer Durchführungsmangel aus den vorliegenden Unterlagen des Verwaltungsverfahrens ableiten.
Somit die belangte Behörde zu Recht mit Bescheid festgestellt, dass kein wichtiger Grund für einen Abbruch der beiden verfahrensgegenständlichen Lehrveranstaltungen vorliegt und dass die (negativen) Beurteilungen in diesen beiden Lehrveranstaltungen zu Recht erfolgten.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.9. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Daran ändert auch ein in der Beschwerde gestellter Antrag nichts, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
Zu Spruchpunkt B) Zulässigkeit der Revision
3.10 Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit ersichtlich liegt keine Rechtsprechung zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes "wichtiger Grund" im Falle eines Abbruches einer prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung aus wichtigem Grund vor. Die zur vergleichbaren früheren Rechtslage (§ 57 Abs 8 UniStG) ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2001, Zl. 99/12/0336, bezieht sich auf den Abbruch einer Prüfung aufgrund des Wegfalls der Prüfungsfähigkeit eines Kandidaten und konnte zur Lösung des gegenständlichen Falles nicht herangezogen werden.
Schlagworte
Abmeldung Beschwerdevorentscheidung Frist kein Mangel Lehrveranstaltung Lehrveranstaltungsprüfung negative Beurteilung prüfungsimmanente Lehrveranstaltung schwerer Mangel Universität Universitätssatzung Vorlageantrag wichtiger GrundEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2229233.1.00Im RIS seit
29.09.2020Zuletzt aktualisiert am
29.09.2020