Entscheidungsdatum
09.04.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
L527 2230166-1/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian Aufreiter, LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria alias Haiti, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2020, Zahl XXXX , und gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG in Verbindung mit § 22a Abs 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab XXXX 2020 für rechtmäßig erklärt.
II. Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG in Verbindung mit § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer (BF) am 24.05.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen der Asylgerichtshof nach mehreren Verfahrensgängen schließlich im Rechtsmittelweg mit Erkenntnis vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abwies. Zugleich bestätigte der Asylgerichtshof die mit dem angefochtenen Bescheid vom Bundesasylamt gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Ausweisung nach Nigeria. Auf Grundlage mehrerer Gutachten gelangte der Asylgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer - entgegen seinen Behauptungen - (schon zum Zeitpunkt der Antragstellung) volljährig (gewesen) und Staatsangehöriger von Nigeria sei.
Der Beschwerdeführer hielt und hält sich weiterhin im Bundesgebiet auf.
Mit Beschluss vom 15.07.2014, XXXX , wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das vom Beschwerdeführer gegen das von der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt verhängte unbefristete Rückkehrverbot (Bescheid vom 22.11.2010, Zahl XXXX ) erhobene Rechtsmittel rechtskräftig als verspätet zurück.
Österreichische Gerichte verurteilten den Beschwerdeführer insgesamt vier Mal wegen Delikten nach dem SMG rechtskräftig zu Freiheitsstrafen. Die erste Verurteilung ist vom 22.09.2010, die letzte vom 15.10.2019. Aus der letzten gerichtlichen Strafhaft wurde der Beschwerdeführer am XXXX 2020 bedingt entlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde/BFA) führt ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer. So vernahm sie ihn am 28.11.2018 ein; Gegenstand der Einvernahme war die Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers. Auf Veranlassung der Behörde fanden am 13.12.2019 und 28.02.2020 Termine u. a. mit dem Beschwerdeführer und einer Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde in XXXX zum Zweck der Identitätsfeststellung statt.
Mit Schreiben vom 19.03.2020 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verhängung der Schubhaft/des gelinderen Mittels und richtete schriftlich zahlreiche Fragen an ihn. Der Beschwerdeführer weigerte sich, die Übernahme des betreffenden Schriftstücks mit seiner Unterschrift zu bestätigen, und erstattete keine Stellungnahme.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.03.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am XXXX 2020 wurde der Beschwerdeführer am selben Tag in Schubhaft genommen. Der Beschwerdeführer befindet sich nach wie vor in Schubhaft.
Mit Schriftsatz vom 01.04.2020 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Schubhaftbeschwerde. Die Beschwerde langte am 06.04.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde am selben Tag der Gerichtsabteilung L527 zugewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht forderte von der belangten Behörde die Akten an und sowohl die Behörde als auch den Beschwerdeführer zur Mitwirkung im Verfahren auf. Die belangte Behörde übermittelte eine Gegenschrift sowie eine Stellungnahme anlässlich der Vorlage von Akten(teilen). Der Beschwerdeführer übermittelte ebenfalls eine Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: OZ: Ordnungszahl(en); AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Im rechtskräftigen Erkenntnis vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, stellte der Asylgerichtshof die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers mit Nigeria fest und es ist begründeterweise davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria ist (z. B. AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, insbesondere S 2, 4, 8; OZ 12 [Sprachgutachten im Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz]; AS 27 VA-Schubhaft [VA-SCH]). Der Beschwerdeführer behauptet davon abweichend, Staatsangehöriger der Republik Haiti zu sein (z. B. AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, insbesondere S 3 f; OZ 12 [Niederschriften im Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz]). Er legte bislang keine (unbedenklichen) von seinem Herkunftsstaat ausgestellten Identitätsdokumente vor. Seine Identität steht nicht fest. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er ist volljährig und gesund, namentlich auch haftfähig (AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, S 4; AS 5 VA-SCH; OZ 1, OZ 18 [Anhalteprotokoll polizeiamtsärztliches Gutachten]).
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 24.05.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen wies der Asylgerichtshof nach mehreren Verfahrensgängen schließlich im Rechtsmittelweg mit Erkenntnis vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig ab. Zugleich bestätigte der Asylgerichtshof die mit dem vor ihm angefochtenen Bescheid vom Bundesasylamt gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Ausweisung nach Nigeria. (AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E)
1.2. Zur über den Beschwerdeführer verhängten Schubhaft:
Mit Schreiben vom 19.03.2020, Zahl XXXX , (AS 3 ff VA-SCH) verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verhängung der Schubhaft/des gelinderen Mittels und richtete schriftlich zahlreiche Fragen an ihn. Der Beschwerdeführer weigerte sich, die Übernahme des betreffenden Schriftstücks mit seiner Unterschrift zu bestätigen, und erstattete keine Stellungnahme und auch keine anderweitige Eingabe (AS 11, 26 VA-SCH; OZ 1).
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.03.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft (AS 23 ff VA-SCH). Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am XXXX 2020 wurde der Beschwerdeführer am selben Tag in Schubhaft genommen. Der Beschwerdeführer befindet sich nach wie vor in Schubhaft. (OZ 26 [Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung])
1.3. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen zur Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:
1.3.1. Der Beschwerdeführer leistete der vom Asylgerichthof mit Erkenntnis vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, ausgesprochenen Ausweisung nach Nigeria nicht Folge und hält sich bis heute unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer ist auch nicht gewillt, der Ausweisung Folge zu leisten. Er hat keine von seinem Herkunftsstaat ausgestellten Identitätsdokumente und auch keine Reisedokumente, sich nicht um solche bemüht und wirkte auch nicht an den von der belangten Behörde gesetzten Schritten zur Erlangung derartiger Dokumente bzw. Feststellung seiner Identität mit. Der Beschwerdeführer versuchte wiederholt seine Identität zu verschleiern. Er verhält sich gegenüber Organen der Republik Österreich höchst unkooperativ und ist nicht vertrauenswürdig. (AS 4, 27 f, 31, 80 ff VA-SCH; OZ 1, OZ 10 [Bericht Identitätsfeststellung 28.02.2020], OZ 12 [Stellungnahme anlässlich Aktenvorlage BFA; Bericht Identitätsfeststellung 28.02.2020], OZ 18 [Anhalteprotokoll polizeiamtsärztliches Gutachten], OZ 22 [Bericht Identitätsfeststellung 13.12.2019; Niederschrift der behördlichen Einvernahme vom 28.11.2018], OZ 24 [Stellungnahme BF])
1.3.2. Österreichische Gerichte verurteilten den Beschwerdeführer insgesamt vier Mal wegen Delikten nach dem SMG rechtskräftig zu Freiheitsstrafen (AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, S 3; AS 4, 83 ff VA-SCH; OZ 1, OZ 7 [Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich], OZ 12 [Stellungnahme anlässlich Aktenvorlage BFA; Landesgericht XXXX 15.10.2019, XXXX ], OZ 24 [Stellungnahme BF]):
Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 22.09.2010, XXXX , rechtskräftig wegen § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall und Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren.
Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil 29.04.2011, XXXX , unter gleichzeitiger Verlängerung der zuvor ausgesprochenen Probezeit auf fünf Jahre, rechtskräftig wegen §§ 15 StGB in Verbindung mit 27 Abs 1 Z 1 8. Fall und Abs 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten.
Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil 19.03.2013, XXXX , unter gleichzeitigem Widerruf der zuvor ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht, rechtskräftig wegen § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG und § 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten.
Das Landesgericht XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 15.10.2019, XXXX , rechtskräftig wegen § 28 Abs 1 1. Satz SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr. Aus dieser Strafhaft wurde der Beschwerdeführer am XXXX 2020 bedingt, Probezeit drei Jahre, entlassen. Das Landesgericht erkannte den Beschwerdeführer für schuldig, von einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis zum XXXX 2019 in XXXX vorschriftswidrig näher genanntes Suchtgift in einer die Grenzmenge um das Neunfache übersteigenden Mengen mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, erworben und besessen zu haben. Das Landesgericht erkannte keine mildernden Strafumstände und wertete die drei einschlägigen Vorstrafen als erschwerend.
1.3.3. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich und befindet sich hier in keiner Lebensgemeinschaft. Er ging und geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und hat auch kein geregeltes legales Einkommen. Allfällige soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Bekannten-/Freundeskreises konnten den Beschwerdeführer bislang nicht davon abhalten, wiederholt gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz. Er war während seines bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet ca. viereinhalb Jahre obdachlos gemeldet, darüber hinaus geraume Zeit in Haft (zuletzt von XXXX 2019 bis XXXX 2020 in Untersuchungs-/Strafhaft) und bisweilen auch überhaupt nicht aufrecht gemeldet. (AS 3 ff, 27 f, 83 f VA-SCH; OZ 1, OZ 7 [Auszug aus dem Zentralen Melderegister], OZ 12 [Stellungnahme anlässlich Aktenvorlage BFA], OZ 22 [Niederschrift der behördlichen Einvernahme vom 28.11.2018], OZ 24 [Stellungnahme BF])
1.3.4. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer wurde bislang nicht erlangt. Die belangte Behörde setzte und setzt laufend Maßnahmen, um die Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers, dessen Identifikation durch den Herkunftsstaat und die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu bewirken. Sie verfolgt diese Maßnahmen sowohl in Bezug auf Nigeria als auch auf Haiti. So vernahm die Behörde den Beschwerdeführer am 28.11.2018 ein; Gegenstand der Einvernahme war die Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers. Auf Veranlassung der Behörde fanden am 13.12.2019 und 28.02.2020 Termine u. a. mit dem Beschwerdeführer und einer Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde in XXXX zum Zweck der Identitätsfeststellung statt. Beim Termin am 13.12.2019 beharrte der Beschwerdeführer, dass er Staatsangehöriger von Haiti sei, weigerte sich, Englisch zu sprechen, sprach in deutscher Sprache, brach das Gespräch ab und verließ den Raum. Beim Termin am 28.02.2020 begann der Beschwerdeführer das Gespräch in einer unverständlichen Sprache und setzte es erst nach ausdrücklicher Aufforderung in Englisch fort. Er beharrte abermals darauf, dass er aus Haiti komme, und verweigerte jegliche weitere Aussage. Die Behörde legte das im Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz eingeholte Sprachgutachten vor. Sofern der Beschwerdeführer von der Vertretung Haitis als kein Staatsangehöriger von Haiti identifiziert wird, ist die Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die nigerianische Vertretungsbehörde zu erwarten. Für 10.03.2020 war eine Videokonferenz mit der in Genf ansässigen Vertretung Haitis geplant, die jedoch - ohne dass dies von der Behörde oder vom Beschwerdeführer zu verantworten wäre - nicht zustande kam. Zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Nigeria wurde ein Rückübernahmeabkommen geschlossen (BGBl III 116/2012). Die nigerianische Vertretungsbehörde stellt grundsätzlich Heimreisezertifikate aus und nigerianische Staatsangehörige werden auch tatsächlich in ihren Herkunftsstaat abgeschoben. Die Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer erscheint möglich. (AS 4, 26, 31 f, 81 f, OZ 1, OZ 10 [Bericht Identitätsfeststellung 28.02.2020], OZ 12 [Stellungnahme anlässlich Aktenvorlage BFA; Bericht Identitätsfeststellung 28.02.2020], OZ 22 [Aktenbestandteile DEF-Verfahren und HRZ-Verfahren], OZ 24 [Stellungnahme BF])
1.3.5. Aufgrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie bzw. jener Maßnahmen, die getroffen werden, um die Ausbreitung zu verhindern sowie die Zahl der Infizierten möglichst gering zu halten, ist das öffentliche und private Leben in Österreich und zahlreichen anderen Staaten gegenwärtig erheblichen Beschränkungen/Einschränkungen, etwa beim Reisen, unterworfen. So sind etwa alle Flughäfen Nigerias bis 23.04.2020 gesperrt und Gesundheitsbehörden führen verstärkt Einreisekontrollen durch (AS 76, 79 ff VA-SCH; OZ 24 [Stellungnahme BF]). Die Annahme der Aufhebung oder zumindest Verringerung der weltweiten Flugreisebeschränkungen binnen weniger Wochen ist nicht unvertretbar. In Österreich ist eine sukzessive Verringerung der Beschränkungen/Einschränkungen ab 14.04.2020 zu erwarten. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020 idF BGBl II 108/2020, die unter anderem das Betreten öffentlicher Orte in vielfacher Hinsicht verbietet und die Benutzung von Massenbeförderungsmitteln einschränkt, tritt mit Ablauf des 13.04.2020 außer Kraft, mag einer Verlängerung bis ca. Ende April 2020 auch erwogen werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Sachverhaltsfeststellungen waren auf Grundlage des von der belangten Behörde - nach Aktenanforderung durch das Bundesverwaltungsgericht (OZ 2) - vorgelegten Verwaltungsverfahrensakts zur Erlassung des angefochtenen Bescheids (VA-Schubhaft [VA-SCH]), der - nach weiteren Aufforderungen/Urgenzen (OZ 8, 24, 27) - von der Behörde vorgelegten Aktenbestandteile aus Verwaltungsverfahrensakten zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, zur Durchsetzung und Effektuierung der Ausreiseentscheidung (DEF) und zur Beschaffung eines Heimreisezertifikats (HRZ), der rechtskräftigen Entscheidung des Asylgerichtshofs vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, samt Akt, sowie des zur Zahl 2230166-1 geführten Akts des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen. Im Sinne der einfacheren Zuordnung, zumal innerhalb der zur Verfügung stehenden Entscheidungsfrist nicht sämtliche verwaltungsbehördlichen Akte im Original in Papierform beigeschafft werden konnten, sind die jeweiligen Aktenbestandteile bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Geschäftszahlen, Aktenseiten, Seiten oder Ordnungszahlen angegeben. Vor diesem Hintergrund sind die von der Behörde vorgelegten Aktenbestandteile aus Verwaltungsverfahrensakten zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, zur Durchsetzung und Effektuierung der Ausreiseentscheidung (DEF) und zur Beschaffung eines Heimreisezertifikats (HRZ) mit der Ordnungszahl angegeben, mit der sie zum Akt des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl 2230166-1 protokolliert wurden.
Abgesehen von allfälligen bedingt durch das Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren zu treffenden Feststellungen entsprechen die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im Übrigen inhaltlich den (allenfalls dislozierten) Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Diesen Feststellungen trat der Beschwerdeführer in der gegenständlichen Beschwerde (OZ 1) und in seiner nach Aufforderung zur Mitwirkung/Einräumung von Stellungnahmemöglichkeit/Fristerstreckung (OZ 9, 13, 15, 16, 25) erstatteten Stellungnahme (OZ 24) weitestgehend nicht entgegen. Der Sachverhalt, den die Behörde dem angefochtenen Bescheid und - damit im Wesentlichen übereinstimmend - das Bundesverwaltungsgericht der vorliegenden Entscheidung zugrunde legt(e), ist somit weitestgehend unstrittig. Der Beschwerdeführer wandte sich im Beschwerdeverfahren nur insoweit gegen den von der Behörde festgestellten Sachverhalt, als er behauptete, er könne bei einem Freund in XXXX wohnen und dass wegen der wegen der weltweiten Lage infolge der Corona Pandemie nicht gesagt werden könne, wann die Erlangung eines Heimreisezertifikats und die Abschiebung möglich seien. Die Zulässigkeit des Vorbringens im konkreten Stadium ist angesichts von § 20 BFA-VG zweifelhaft. Es erweist sich aber jedenfalls als unsubstantiiert, sodass zweifelsfrei zu erkennen war, dass es nicht den Tatsachen entspricht (siehe 2.2.3.).
Die Gegenschrift der Behörde (AS 79 ff VA-SCH) und die mit der Vorlage weiterer Aktenbestandteile eingebrachte Stellungnahme (OZ 12) brachte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit der Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, zur Kenntnis (OZ 9, 15).
Die belangte Behörde gelangte zu den Feststellungen aufgrund folgender Ausführungen: "Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. IFA XXXX befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahmeprotokolle herangezogen und gewürdigt." (AS 27 VA-SCH) "Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes Zl. XXXX ." (AS 29 VA-SCH) Diese Ausführungen gestalten sich zwar oberflächlich, sie sind aber im Ergebnis zutreffend, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der von der Behörde - wenn auch erst nach mehrmaliger - Aufforderung vorgelegten Akten(bestandteile) selbst ein Bild verschaffen konnte. Hinzukommt, dass, wie bereits erwogen, der Sachverhalt zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ohnedies weitestgehend unstrittig ist.
2.2. Im Einzelnen sei noch hervorgehoben:
2.2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Dass begründeterweise davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria ist, folgt aus dem rechtskräftigen Erkenntnis vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, und dem diesem Erkenntnis vorangegangenen Verfahren zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer hatte zwar mehrfach bis zuletzt (z. B. bei den Terminen mit einer Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde in XXXX , siehe 1.3.4.) behauptet, Staatsangehöriger von Haiti zu sein, er legte dafür aber keine Bescheinigungsmittel vor und seine Angaben erwiesen sich als nicht glaubhaft. Demgegenüber hatte das Bundesasylamt zwei Sprachgutachten eingeholt, wobei zufolge des Gutachtens des XXXX vom 20.10.2012 eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Dominica oder in Haiti mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werde eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Nigeria festgestellt. Vgl. AsylGH 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, S 8.
Der Beschwerdeführer legte bislang - trotz Aufforderung, zuletzt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren (vgl. OZ 9) - keine unbedenklichen Identitäts-/Reisedokumente seines Herkunftsstaats vor, sodass seine Identität (nach wie vor) nicht feststeht.
Gesundheitliche Probleme brachte der Beschwerdeführer weder gegenüber der belangten Behörde noch gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht vor. Auch aus dem polizeiamtsärztlichen Gutachten (OZ 18) ergeben sich keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme oder gar eine schwere oder lebensbedrohliche physische oder psychische Erkrankung; das Gutachten bestätigt die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers.
2.2.2. Zu den Feststellungen zur über den Beschwerdeführer verhängten Schubhaft:
Die Feststellungen ergeben sich völlig unzweifelhaft aus den angegebenen Akten(bestandteilen).
2.2.3. Zu den Feststellungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen zur Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:
Zu den Feststellungen unter 1.3.1. ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde und auch sonst im Beschwerdeverfahren nicht im Geringsten entgegentrat. Im Hinblick auf die fehlende Kooperation(sbereitschaft) weist das Bundesverwaltungsgericht im Besonderen auf die Feststellungen unter 1.3.4. zu den Terminen mit einer Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde und die bei den Feststellungen genannten Aktenbestandteile hin. Dass der Beschwerdeführer generell nicht gewillt ist, mit Organen der Republik Österreich zu kooperieren, und er insofern vertrauensunwürdig ist, zeigt sich etwa auch daran, dass er an der polizeiamtsärztlichen Untersuchung nicht mitwirkte (OZ 18) und sich weigerte, die Übernahme der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (AS 11 VA-SCH) und des angefochtenen Bescheids (AS 55 VA-SCH) mit seiner Unterschrift zu bestätigen. Zur Verschleierung der Identität ist zu bemerken, dass, wie dem Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, S 4, zu entnehmen ist, das Bundesasylamt berechtigte Zweifel an den vom Beschwerdeführer gemachten Altersangaben hatte. Den vom Beschwerdeführer im Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz gemachten Angaben folgend, wäre dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht volljährig gewesen. Dies erwies sich anhand von Gutachten eindeutig als unzutreffend. In ihrer Stellungnahme vom 07.04.2020, OZ 12, wies die belangte Behörde zuletzt auf diesen Umstand hin. Der Beschwerdeführer hatte dem nichts entgegenzusetzen (OZ 24).
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen (1.3.2.) ergeben sich völlig unzweifelhaft aus den angegebenen Akten(bestandteilen). Der Beschwerdeführer bestreitet die Verurteilungen nicht.
Jenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die den vom Bundesverwaltungsgericht unter 1.3.3. getroffenen Feststellungen entsprechen, trat der Beschwerdeführer nur insoweit entgegen, als er behauptete, er könne bei einem Freund in XXXX wohnen. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme unter anderem dazu befragte, wo er beabsichtige, nach der Haftentlassung Unterkunft zu nehmen (AS 5 VA-SCH). Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin keine Stellungnahme und beantwortete somit auch diese Frage nicht. Gründe, dass er nicht dazu in dazu in der Lage gewesen wäre, sich zu äußern, brachte er nicht vor und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich; vgl. etwa OZ 22 [Niederschrift der in deutscher Sprache geführten behördlichen Einvernahme vom 28.11.2018]. Das Vorbringen in der Beschwerde ist somit "nachgeschoben", es ist zudem unsubstantiiert, zumal der Beschwerdeführer keine näheren Angaben zum Freund, bei dem er angeblich wohnen könnte, machte. Trotz dezidierter Aufforderung zur Mitwirkung, namentlich Vorlage von Bescheinigungsmitteln, und des Hinweises auf die Rechtsfolgen bei unterlassener Mitwirkung (OZ 9), erstattete der Beschwerdeführer insofern kein weiteres Vorbringen, konkretisierte seine Angaben nicht und legte auch keine Bescheinigungsmittel vor (OZ 24). Dem Vorbringen fehlt es daher an jeglicher Tatsachensubstanz, infolge der fehlenden Mitwirkung fehlt es an Bescheinigungsmitteln und es waren, jedenfalls unter Bedachtnahme auf die zur Verfügung stehende Entscheidungsfrist (§ 22a Abs 2 BFA-VG) keine weiteren Ermittlungsschritte vom Bundesverwaltungsgericht zu setzen; vgl. mit weiteren Nachweisen Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at) sowie dazu, dass zur Glaubhaftmachung des Vorbringens nur "parate Bescheinigungsmittel" in Frage kommen, Hinweis OGH 23.3.1999, 4 Ob 26/99y, = ÖBl 1999, 240, sowie OGH 23.9.1997, 4 Ob 251/97h, = ÖBl 1998, 225, VwGH 25.6.2003, 2000/04/0092. Dass der Beschwerdeführer über keinen gesicherten Wohnsitz verfüge, traf (zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids) und trifft zu.
Die zentralen Aussagen der Feststellungen unter 1.3.4., nämlich die von der Behörde gesetzten Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikats und wie sich der Beschwerdeführer dabei verhält, finden sich bereits, wie aus den bei den Feststellungen angegebenen Akten(bestandteilen) folgt, in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme sowie im angefochtenen Bescheid und sind vom Akteninhalt gedeckt. Weder in der Beschwerde (OZ 1) noch in der im Beschwerdeverfahren erstatteten Stellungnahme (OZ 24) zieht der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde unternommenen Maßnahmen und die Richtigkeit der sein Verhalten betreffenden Aussagen in Zweifel. Ebenso wenig zieht der Beschwerdeführer in Zweifel, dass, wie die Behörde in ihrer Stellungnahme vom 07.04.2020, OZ 12, darlegte, von der nigerianischen Vertretungsbehörde Heimreisezertifikate ausgestellt werden und die Abschiebung nigerianischer Staatsangehöriger tatsächlich möglich ist. Bemerkenswert ist, dass der Beschwerdeführer angesichts des Inhalts seiner Stellungnahme vom 08.04.2020, OZ 24, nunmehr selbst nur noch eine Abschiebung nach Nigeria in Betracht zu ziehen scheint. Auch dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, für ihn ein Heimreisezertifikat zu erlangen, stellt der Beschwerdeführer keineswegs in Abrede. Vielmehr bestreitet der Beschwerdeführer, dies allerdings keineswegs substantiiert, dass eine Ausstellung eines Heimreisezertifikats und die Abschiebung zeitnah erfolgen können. So führt er in der Stellungnahme vom 08.04.2020, OZ 24, zwar aus, dass "begründet anzunehmen sei", dass die Schließung der nigerianischen Flughäfen, die - unstrittig - bis 23.04.2020 besteht, verlängert werde, führt aber tatsächlich keine Begründung für seine Annahme an. Auch im Übrigen sind die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde und in der Stellungnahme spekulativ; der Beschwerdeführer legte keine Bescheinigungsmittel vor, die seine Ausführungen stützen würden. Demgegenüber folgenden die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 1.3.5. den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die derzeitigen Beschränkungen zeitlich begrenzt sind (AS 32 VA-SCH), gründen sich auf den Inhalt geltenden Rechts (vgl. die bei den Feststellungen genannte Verordnung), auf - infolge der allgemeinen medialen Berichterstattung (vgl. statt vieler https://www.derstandard.at/story/2000116573591/geschaeftsoeffnung-maskenpflicht-und-matura-die-massnahmen-der-regierung-im-ueberblick [09.04.2020]) - jedenfalls in Österreich als allgemein bekannt anzusehenden Tatsachen und auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Nach VwGH 01.04.2020, Ra 2020/21/0116, scheine nämlich die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, es wäre mit einer Aufhebung der weltweit geltenden Flugreisebeschränkungen binnen weniger Wochen und mit einer baldigen Abschiebung zu rechnen, nicht unvertretbar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Rechtsgrundlagen:
3.1.1. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG und des Art5 Abs 1 lit f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig; vgl. VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647, VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043.
3.1.2. Einfachgesetzlich sind die §§ 76 ff FPG einschlägig. Die relevanten Bestimmungen lauten:
Schubhaft und gelinderes Mittel
Schubhaft
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Gelinderes Mittel
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Dauer der Schubhaft
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
3.1.3. Zur Auslegung dieser Bestimmungen ist auf folgende Judikatur hinzuweisen:
Schubhaft erfordert keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könne. Sie muss sich nach Lage des Falles "bloß" mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen; vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021, VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047. Steht allerdings von Vornherein fest, dass die Abschiebung nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG 2005 idF FrÄG 2011 ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Diesen Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann; vgl. mwN VwGH 11.06.2013, 2013/21/0024. Ergibt sich, dass Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später ergibt - umgehend zu beenden; vgl. mwN VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014, VwGH 12.09.2013, 2013/21/0110. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die tatsächliche Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates schon feststeht; dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl muss vielmehr grundsätzlich zugestanden werden, Versuche in diese Richtung zu starten, soweit diese nicht von vornherein aussichtslos erscheinen, etwa weil für die betreffende Person bereits mehrfach erfolglos ein Heimreisezertifikat beantragt wurde und die Vertretungsbehörde auch auf aktuelle Urgenzen nicht reagiert oder die Vertretungsbehörde in vergleichbaren Fällen standardgemäß die Ausstellung eines Heimreisezertifikates verweigert; vgl. VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144. Die Behauptung einer mangelnden Reisefähigkeit des Fremden aus gesundheitlichen Gründen ist aus rechtlicher Sicht so zu qualifizieren, dass ein tauglicher Sicherungszweck sowie die Verhältnismäßigkeit von Schubhaft in Abrede gestellt werden; vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021.
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist; vgl. VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138.
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, vermag die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, das heißt das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann; vgl. VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301, VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280.
Nach VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, ist die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel im Sinne des § 77 Abs 1 FPG eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt allerdings das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss. Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen. Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008, VwGH 17.10.2013, 2013/21/0041, VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0022.
Ob die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaftverhängung ausreichend begründet wurde, hängt nach VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das ist insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, der Fall und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Reihenfolge der Anführung der einzelnen Begründungselemente an, weil die Fragen der Notwendigkeit von Schubhaft und des Genügens von gelinderen Mitteln in einem wechselseitigen Verhältnis stehen und ihre Beantwortung letztlich immer das Ergebnis der einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen ist. Es muss sich nur aus der Begründung des Schubhaftbescheides nachvollziehbar ergeben, dass nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen die Verhängung von Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen; vgl. VwGH 05.07.2011, 2008/21/0080 mwN. Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen; vgl. VwGH 23.09.2010, 2007/21/0432 mwN.
Mit Beschluss vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116, wies der Beschwerdeführer den Antrag der gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem dieses unter anderem feststellte, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab. Der Verwaltungsgerichtshof führte darin im Lichte der aktuellen COVID-19-Pandemie aus: Bei einer auf § 76 Abs 6 FPG gestützten Anhaltung stehe die Sicherung des "Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme", somit die Verfahrenssicherung, im Vordergrund. Der Einwand in der Antragsbegründung, aufgrund der derzeitigen weltweiten Flugreisebeschränkungen wäre eine Abschiebung ohnehin nicht möglich, gehe daher - jedenfalls in diesem Stadium - ins Leere, zumal die diesbezügliche Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, es wäre mit einer Aufhebung dieser Maßnahmen binnen weniger Wochen und mit einer baldigen Abschiebung des Revisionswerbers nach Abschluss des Asylverfahrens zu rechnen, nicht unvertretbar scheine und ihr in der Revision auch nicht konkret entgegen getreten wird. Freilich werde die diesbezügliche weitere Entwicklung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft zu berücksichtigen sein, weil die Schubhaft ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn das zu sichernde Verfahren letztlich auch in eine Abschiebung münden kann.
3.1.4. Der Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft ist in § 22a BFA-VG geregelt:
Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
3.2. Aufgrund des Beschwerdeschriftsatzes (vgl. insbesondere die gestellten Anträge), weil sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Schubhaft befindet und gemäß § 22a BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht gegenständlich über die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheids, der bisherigen Anhaltung und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft abzusprechen.
3.3. Abweisung der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die bisherige Anhaltung in Schubhaft:
3.3.1. Der Beschwerdeführer ist, da er nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, Fremder im Sinne des § 2 Abs 4 Z 1 FPG. Es ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Somit kann - bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen - grundsätzlich die Schubhaft über ihn verhängt werden.
3.3.2. Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX 2019 bis zu seiner bedingten Entlassung am XXXX 2020 durchgehend in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Somit war die Schubhaft gemäß § 76 Abs 4 FPG nicht mittels Mandatsbescheid, sondern mit einem nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erlassenen "ordentlichen" Bescheid anzuordnen. Wesentliches Merkmal eines Ermittlungsverfahrens ist, dass das Ergebnis dieses Verfahrens dem Fremden im Rahmen des ihm zustehenden Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wird, um die rechtzeitige Wahrnehmung seiner Rechtsschutzbehelfe, die ihm nach Erlassung des Bescheides zustehen, nicht zu vereiteln; vgl. VwGH 27.01.2010, 2009/21/0009. Weder nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids noch nach dem übrigen Akteninhalt stützte sich die belangte Behörde gegenständlich auf § 57 AVG; vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 12 f (Stand 1.7.2005, rdb.at). Sie verständigte den Beschwerdeführer, wenn auch erst relativ kurz vor der geplanten bedingten Entlassung aus der Strafhaft, vom Ergebnis der Beweisaufnahme, richtete zugleich Fragen an ihn und räumte ihm die Möglichkeit ein, Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer ließ die Frist gänzlich ungenutzt verstreichen.
Dass die belangte Behörde gegen § 76 Abs 4 FPG verstoßen hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und trat auch sonst nicht zu Tage. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz, er hätte im Zuge einer mündlichen Einvernahme im Hinblick auf das Bestehen von Fluchtgefahr befragt werden müssen, ist zum einen zu entgegnen, dass insofern keine gesetzliche Verpflichtung zu einer Einvernahme besteht. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass - schon nach den Ausführungen des Beschwerdeführers - das einzige Argument, das er in der Einvernahme angeblich vorgebracht hätte, gewesen wäre, dass er bei einem Freund wohnen könnte. Dass der Beschwerdeführer dies nicht in einer schriftlichen Stellungnahme - allenfalls unter Anschluss von Bescheinigungsmitteln, etwa einer Bestätigung des angeblichen Freundes - hätte dartun können, ist nicht ersichtlich und mangels begründeter Angaben des Beschwerdeführers auch nicht plausibel. Im Übrigen verweist das Bundesverwaltungsgericht auf seine Erwägungen unter 2.2.3.: Der Beschwerdeführer brachte bis heute keine Bescheinigungsmittel bei und konkretisierte seine Angaben (etwa Name, Adresse des angeblichen Freundes) trotz dezidierter Aufforderung zur Mitwirkung und Belehrung über die entsprechende Pflicht bzw. Obliegenheit nicht.
3.3.3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.03.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft. Zutreffend ging die Behörde davon aus, dass mit der Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria ein durchsetzbarer Titel für die Außerlandesbringung besteht. Die mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 07.01.2013, A13 420.984-4/2012/4E, ausgesprochene Ausweisung ist formell noch aufrecht und hat auch ihre Wirksamkeit nicht verloren. Sie gilt gemäß § 75 Abs 23 AsylG 2005 als Rückkehrentscheidung, wobei Rückkehrentscheidungen gemäß § 12a Abs 6 AsylG 2005 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrechtbleiben. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet zwischenzeitlich nicht verlassen. Aus den Feststellungen unter 1.3.3. folgt ferner, dass die nach Art 8 EMRK wesentlichen Beurteilungsgrundlagen keine maßgebliche Veränderung erfahren haben, sodass auch die Wirksamkeit der als Rückkehrentscheidung geltenden Ausweisung weiterhin besteht. Vgl. mwN VwGH 20.10.2016, Ra 2015/21/0091; vgl. auch VwGH 25.04.2014, 2013/21/0077.
3.3.4. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass beim Beschwerdeführer Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 3 Z 1, 3 und 9 FPG bestehe. Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein (OZ 1), dass er bei einem Freund in XXXX wohnen könnte und dass "die Straftat, die zur Haftstrafe führte, zwar [...] eine grobe Missachtung der österreichischen Gesetze darstellen mag", dies treffe jedoch keine Aussage darüber, wie der Beschwerdeführer mit der drohenden Abschiebung umgehen werde. Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.
Zutreffend erkannte die Behörde, dass das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers davon zeugt, dass er seine Abschiebung umgehe bzw. behindere. Die Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der gerichtlichen Strafhaft untertauchen bzw. sich nicht für die Abschiebung in seinen Herkunftsstaat und die Erlangung der dafür erforderlichen Voraussetzungen zur Verfügung halten werde. Dafür sind nach den zutreffenden Ausführungen der Behörde ausschlaggebend, dass der Beschwerdeführer versucht, seine Identität zu verschleiern und die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu verhindern. Dies begründete die Behörde mit dem Verhalten des Beschwerdeführers gegenü