TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/18 W122 2230283-1

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Veröffentlicht am 18.04.2020
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Entscheidungsdatum

18.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
ZDG §12
ZDG §21
ZDG §8a Abs6

Spruch

W122 2230283-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft KOLARZ und AUGUSTIN in 2000 Stockerau, Schießstattgasse 21, gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 23.03.2020, Zl. 488082/18/ZD/0320, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

I. Verfahrensgang:

1. Bisherige behördliche Verfahren

Nach Feststellung der Tauglichkeit, Abgabe einer Zivildiensterklärung und Feststellung des Eintrittes der Zivildienstpflicht wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes für den Zeitraum vom 01.07.2019 bis zum 31.03.2020 zugewiesen.

2. Bescheid

Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 23.03.2020, Zl. 488082/18/ZD/0320 wurde der Beschwerdeführer zu einem außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG iVm § 21 Abs. 1 ZDG zugewiesen. Die aufschiebende Wirkung wurde ausgeschlossen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass aufgrund der Covid-19 Pandemie der Einsatz des Beschwerdeführers erforderlich sei.

3. Beschwerde

Mit rechtzeitig eingebrachter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er im Familienbetrieb arbeiten müsse, keine Notsituation herrsche, er zum Sachverhalt keine Stellungnahme abgeben habe können, der Bescheid nicht ausreichend begründet wäre und verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verletzt wären.

4. Beschwerdeverfahren

Die belangte Behörde legte die gegenständliche Beschwerde samt Bescheid und dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde zum Wehrdienst für tauglich befunden, ist zivildienstpflichtig und wurde über die Zeit des ordentlichen Zivildienstes hinaus mit dem gegenständlichen Bescheid einer genannten Einrichtung für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 zur Leistung eines außerordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Der Beschwerdeführer hat diesen Zivildienst angetreten.

Er hat sein 50. Lebensjahr noch nicht vollendet und wurde nicht von der Leistung des Zivildienstes befreit. Der Beschwerdeführer war im Zuweisungszeitpunkt weder in Haft noch dienstunfähig aufgrund von Krankheit mit unabsehbarer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit.

Aufgrund der aktuellen Covid-19 Pandemie steht das gesamte österreichische Gesundheitssystem vor substantiellen Einschränkungen. Diese betreffen auch die oben genannte Einrichtung. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der genannten Einrichtung dient der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsversorgung.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage sowie aus den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde ermittelte den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im behördlichen Verfahren hinreichend und stellte in der beschwerdegegenständlichen Bescheidbegründung diesen nachvollziehbar fest.

Es gibt keinen Grund, an der Feststellung der belangten Behörde, wonach die Zuweisung erforderlich ist und keine Zuweisungshindernisse vorliegen, zu zweifeln. Der Beschwerdeführer brachte zum Sachverhalt nur vor, dass er im Familienbetrieb arbeiten müsse. Damit ist er weder der festgestellten Zivildienstpflicht noch seiner Dienstfähigkeit oder der Erforderlichkeit des außerordentlichen Zivildienstes substantiiert entgegengetreten.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, es würde kein Elementarereignis vorliegen, widerspricht er der allgemein bekannten, von der Weltgesundheitsorganisation und vom österreichischen Gesundheitsministerium bestätigten Covid-19 Pandemie, die das Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenzen bringt.

Während der Beschwerdeführer in seinem Verweis auf den Entscheidungszeitpunkt der Behörde noch von 1.000 infizierten Personen in Österreich ausgeht, kommt durch die aktuelle Zahl von 14.595 an bestätigten Fällen (18.04.2020, 8:00 Uhr) die exponentielle Steigerung zum Ausdruck. Bereits 12 Tage nach dem Beschwerdedatum ist die Argumentation des Beschwerdeführers mit Infektionszahlen bereits ad absurdum geführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da für den hier vorliegenden Fall im maßgeblichen Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) keine Senatsbestimmungen vorgesehen sind, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Letzteres ist hier der Fall. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und lediglich eine einfache Rechtsfrage vorliegt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A)

Gem. § 8a Abs. 6 ZDG ist der weitere Einsatz von der Zivildienstserviceagentur bescheidmäßig zu verfügen, sofern ein Einsatz nach Abs. 1 über die bescheidmäßig verfügte Dauer des ordentlichen Zivildienstes (§ 8 Abs. 1 ZDG) hinaus erforderlich wird. Dies gilt als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG.

Die Zivildienstserviceagentur hat Zivildienstpflichtige gem. § 21 Abs. 1 ZDG bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen (insbesondere in Zeiten, in denen Wehrpflichtige zur Leistung des Einsatzpräsenzdienstes einberufen werden) im personell und zeitlich notwendigen Ausmaß zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten.

Die Zivildienstpflichtigen sind anerkannten Einrichtungen (§ 4 Abs. 1 ZDG) zuzuweisen, die in besonderem Maße geeignet sind, die Erfüllung des Zweckes dieses außerordentlichen Zivildienstes zu gewährleisten. Hinsichtlich der Zuweisung von Zivildienstleistenden an Rechtsträger sowie die Anweisung Zivildienstleistender durch Rechtsträger gilt § 8a ZDG sinngemäß.

Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu Folgendes aus: "Es ist zwischen der Zivildienstpflicht und der Ableistung des ordentlichen oder gegebenenfalls auch des außerordentlichen Zivildienstes zu unterscheiden. Gemäß § 1 Abs 4 des ZDG 1986 wird mit Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig. Die Zivildienstpflicht tritt damit an die Stelle der Wehrpflicht, welche gemäß § 10 Abs 1 WehrG 2001 - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - mit Vollendung des 50. Lebensjahres endet.

Dass die Zivildienstpflicht auch nach Ableistung des ordentlichen Zivildienstes fortbesteht, zeigt auch § 21 Abs 1 ZDG 1986, wonach die Zivildienstserviceagentur Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten hat." (Verwaltungsgerichtshof, 27.05.2010, 2008/03/0028).

Gemäß § 12 ZDG sind nur jene Zivildienstpflichtigen von einer Zuweisung ausgeschlossen, über die eine Freiheitsstrafe verhängt worden ist und die einen Strafaufschub oder eine Strafunterbrechung bewilligt erhielten, für die Dauer dieses Aufschubes oder dieser Unterbrechung, sowie Personen, die sich in Haft befinden oder sonst auf behördliche Anordnung angehalten werden, für die Dauer dieser Haft oder dieser Anhaltung, sowie Zivildienstpflichtige, die geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst dauernd oder vorübergehend unfähig sind und bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Ein solches Zuweisungshindernis liegt im vorliegenden Fall nicht vor und wurde auch nicht behauptet.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf wirtschaftliche Gründe verweist, die der Verlängerung des Zivildienstes entgegenstehen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Gründe in einem Befreiungsantrag nach § 13 ZDG geltend zu machen sind. Hinsichtlich der oben zitierten Rechtsgrundlage des Zivildienstgesetzes waren die Sachverhaltsfeststellungen ausreichend und ein Parteiengehör hätte zu den relevanten Sachverhaltsmerkmalen kein anderes Ergebnis bringen können.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich Gleichheitssatz und Erwerbsfreiheit können aufgrund der hinreichenden Begründung des Bescheides und aufgrund der begründeten Differenzierung des Gesetzes nicht geteilt werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hindert ein Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes [hier: Zivildienst] oder auf Aufschub eine Einberufung nicht, sondern wird gemäß § 26 Abs. 4 WG 2001 erst mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes unwirksam. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt erst ein rechtskräftiger Ausspruch betreffend die Befreiung von der Präsenzdienstpflicht ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages auf Befreiung hindert demnach ebenso wenig die Einberufung zum Grundwehrdienst wie die Erhebung einer Berufung [nunmehr Beschwerde] gegen den einen Befreiungsantrag abweisenden Bescheid (vgl. VwGH 23.05.2013, 2013/11/0102 mwN).

Da der Einsatz des tauglichen Beschwerdeführers als Zivildienstleistender aufgrund der aktuellen Situation zur pandemiebedingten Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung erforderlich ist, keine Zuweisungshindernisse vorliegen und der Beschwerdeführer nicht von der Leistung des Zivildienstes befreit wurde, ist die Beschwerde abzuweisen.

Ein separater Abspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konnte entfallen, da mit der gegenständlichen Entscheidung unverzüglich über die Hauptsache entschieden wurde und damit das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers über diesen Spruchpunkt weggefallen ist (vgl. VwGH 07.04.2016, Ro 2015/03/0046).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben dargestellte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt zudem, dass die für den gegenständlichen Fall maßgebliche Rechtsfrage, nämlich des Fortbestandes der Zivildienstpflicht auch über die Ableistung des ordentlichen Zivildienstes hinaus, von dieser eindeutig beantwortet wird.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf eine einfache Rechtslage stützen.

Schlagworte

notwendige Maßnahme Pandemie Zivildiener Zivildienst Zivildienst - Gesamtdauer Zivildiensteinrichtung Zivildienstserviceagentur

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2230283.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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