TE Bvwg Beschluss 2020/4/29 W270 2177588-1

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

VwGG §30 Abs2

Spruch

W270 2177588-1/25E
BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. GRASSL über den Antrag von XXXX , geb. am XXXX , StA. XXXX , vertreten durch die XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.12.2019, Zl. W270 2177588-1/14E, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl):

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Text


BEGRÜNDUNG:

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom XXXX , Zl. W270 2177588-1/14E, wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2017 erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2. Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 29.01.2020, E316/2020, erkannte der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu. Mit Beschluss vom 25.02.2020, E316/2020, lehnte er die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof ab.

3. Mit Schriftsatz vom 22.04.2020 brachte die revisionswerbende Partei eine außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.12.2019 ein.

4. Der belangten Behörde wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Antrag zu äußern. Von dieser Möglichkeit machte sie keinen Gebrauch.

5. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer
Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht ist sowohl bei einer ordentlichen Revision auch im Fall einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung der Revision zuständig und zur Entscheidung verpflichtet (vgl. etwa VwGH 05.11.2019, Ra 2019/20/0470, Rz. 11, m.w.N.).

6. In seiner Begründung für den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen verweist der Revisionswerber zunächst darauf, dass bereits der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Es sei

eine ungeklärte Rechtsfrage, inwieweit die vom Verfassungsgerichtshof zuerkannte aufschiebende Wirkung jedenfalls weiterbestehe, bis der Verwaltungsgerichtshof über die Revision entschieden habe. Der Revisionswerber verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Bestimmung des § 61 Abs. 7 VwGG, wonach eine vom Verfassungsgerichtshof gewährte Verfahrenshilfe im Falle der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Ablehnung von deren Behandlung fortbestehe.

7. Mit diesem Argument ist für den Revisionswerber nichts gewonnen: Zwar lauten die §§ 85 VfGG und 35 VwGG im Wesentlichen gleich. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof vor ihrem Hintergrund bereits ausgesprochen, dass sich aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs, einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Bindungswirkung für die Beurteilung nach § 30 Abs. 2 VwGG ergebe (VwGH 09.12.1977, 2432/77, mit Hinweis auf das Schrifttum. Die Entscheidung erging noch vor dem VwGG 1965, dies in der Fassung BGBl 1976/316, allerdings hat sich die materielle Rechtslage seither nicht ersichtlich geändert). Dies wird nunmehr auch für die zunächst von dem Verwaltungsgericht, bei welchem die Revision samt Zuerkennungsantrag eingebracht wurden, zu treffende Entscheidung zu gelten haben, auch wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert sein sollte. Auch der Hinweis des Revisionswerbers auf § 61 Abs. 7 VfGG geht ins Leere. Hier hat der Gesetzgeber eine – ausdrückliche – Anordnung zur Weitergeltung der gewährten Verfahrenshilfe getroffen. Eine (planwidrige) Lücke betreffend eine mögliche Weitergeltung auch der zuerkannten aufschiebenden Wirkung bei unverändertem Sachverhalt ist nicht im Ansatz erkennbar.

8. Jedenfalls hat der Revisionswerber – unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung. Ferner ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu prüfen (vgl. etwa VwGH 30.01.2020, Ra 2019/06/0269, Rz. 7, m.w.N.).

9. Der Revisionswerber begründet seinen Antrag nunmehr auch damit, dass er seit beinahe vier Jahren völlig unbescholten in Österreich lebe und „bestens integriert“ sei. Er spreche gut Deutsch und sei auch in die Gemeinschaft der kleinen Gemeinde XXXX , in der jeder jeden kenne, sehr gut integriert. Er genieße die Unterstützung der Gemeinde XXXX . Zahlreiche Personen unterstützen seine Bemühungen um Integration und haben sich für seinen Verbleib ausgesprochen. Der Revisionswerber sei auch sehr an der österreichischen Kultur interessiert und nehme regelmäßig an verschiedenen Veranstaltungen in XXXX und Bludenz teil (wie etwa dem Sommerfest, Volleyball, Flurreinigung). Der Revisionswerber legte seinem Antrag auch eine Reihe von Bestätigungen zu seiner Integration in Österreich bei.

10. Der Revisionswerber hat durch seine Antragsbegründung wie auch die beigelegten Unterlagen ausreichend konkretisiert dargelegt, dass und durch welche Maßnahmen und Handlungen er sich um eine Integration in Österreich und die österreichische Gesellschaft bemüht. Durch den Vollzug des Abschiebetitels käme es zu einem sofortigen Abbruch dieser Bemühungen. Wägt man nun die gesetzten integrativen Schritte mit dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ab, so überwiegen für das Bundesverwaltungsgericht erstere. Eine sofortige Außerlandesbringung wäre sohin unverhältnismäßig (vgl. dazu etwa VwGH 02.05.2017, Ra 2017/18/0070).

11. Zwingende öffentliche Interesse, die eine sofortige Exekution des Abschiebetitels dennoch erfordern würden, sind weder ersichtlich noch wurden solche vorgebracht.

12. Dem Antrag war daher stattzugeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung außerordentliche Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W270.2177588.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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