Entscheidungsdatum
12.05.2020Norm
AVG §68 Abs1Spruch
L504 2210003-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Dr. POFERL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.02.2020, Zl. 733092208-191118737, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gem. § 68 Abs 1 AVG, §§ 94, 92 FPG, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP), ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach Einreise in das Bundesgebiet am 09.10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.04.2011 wurde der bP gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Am 11.05.2015 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der bP antragsgemäß einen bis 11.05.2017 gültigen Konventionsreisepass aus.
Wegen Ablauf der zeitlichen Gültigkeit des Dokumentes beantragte die bP am 11.05.2017 beim BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, die Ausstellung eines weiteren Konventionsreisepasses für Asylberechtigte iSd § 94 Abs. 1 FPG.
Mit Bescheid des BFA vom 11.10.2018 wurde der Antrag der bP vom 11.05.2017 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 4 FPG abgewiesen.
Mit Erkenntnis vom 02.01.2019, GZ L502 2210003-1/2E, hat das BVwG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft. Zusammengefasst hat das BVwG bestätigt, dass gegenständlich an der Verhinderung der Schlepperei - die bP wurde in Deutschland zudem wegen Schlepperei mit Bereicherungsabsicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt - ein großes öffentliches Interesse besteht und daher Versagungsgründe für die Ausstellung des Dokumentes vorliegen.
Am 04.11.2019 brachte die bP beim Bundesamt neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses ein.
Mit Schreiben vom 09.01.2020 hat das Bundesamt die bP unter Vorhalt dessen, dass diese bereits am 11.05.2017 einen solchen Antrag gestellt habe und dieser abweisliche Bescheid - im Zusammenhang mit ihrer Verurteilung in Deutschland - sei vom BVwG nach Erhebung einer Beschwerde am 02.01.2019 bestätigt worden, zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.
Nach Bekanntgabe der Bevollmächtigung eines Rechtsfreundes wurde dem Antrag auf Fristverlängerung zur Stellungnahme stattgegeben und erging eine solche mit Schriftsatz vom 29.01.2020.
Übermittelt wurde in der Stellungnahme der Beschluss vom Landgericht XXXX über die Erlassung der Strafe wegen Ablauf der Bewährungszeit. Weiters wurde nach Wiedergabe des Inhaltes des Beschlusses angeführt, dass die bP nunmehr genug Zeit zur Einsicht des Fehlverhaltens und der Folgen gehabt habe, sodass zukünftig von einem Wohlverhalten auszugehen sei. Sie sei seit 2003 in Österreich, hier aufrecht gemeldet und in Österreich gerichtlich unbescholten. Es lägen somit aktuell die notwendigen Voraussetzungen für die Ausstellung des Konventionsreisepasses vor.
Mit gegenständlichem Bescheid vom 10.02.2020 hat das Bundesamt den Antrag wegen entschiedener Sache gem. § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen.
Dagegen hat die bP durch ihren Rechtsfreund Beschwerde erhoben. Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen gegen die rechtliche Beurteilung. Moniert wurde ohne nähere Konkretisierung auch, dass die Behörde keine hinreichenden Ermittlungen getätigt und Beweise aufgenommen habe.
Beantragt wurde 1. den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben und in der Sache selbst entscheiden, 2. in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben und zurückverweisen an die Erstbeörde zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung.
Beweis- bzw. Bescheinigungsmittel oder konkrete Beweisanbote enthält der Beschwerdeschriftsatz nicht.
Eine Verhandlung wurde weder von der bP noch vom Bundesamt beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der bP wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.04.2011 in Österreich der Flüchtlingsstatus zuerkannt.
Sie ist seit Oktober 2003 bis dato in Österreich aufrecht mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Der bP wurde vom Bundesamt am 12.05.2012 ein Konventionsreisepass, gültig bis zum 11.05.2017, ausgestellt.
Am 11.05.2017 beantragte sie wegen Ablauf der zeitlichen Gültigkeit die Ausstellung eines weiteren Konventionsreisepasses.
Mit Bescheid des BFA vom 11.10.2018 wurde der Antrag der bP vom 11.05.2017 auf Ausstellung eines weiteren Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 4 FPG wegen Vorliegen eines Passversagungsgrundes abgewiesen.
Mit Erkenntnis vom 02.01.2019, GZ L502 2210003-1/2E, hat das BVwG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.
Am 04.11.2019 brachte die bP beim Bundesamt neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses ein.
Mit Bescheid vom 10.02.2020 hat das Bundesamt diesen Antrag wegen entschiedener Sache gem. § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen.
Im österreichischen Strafregister scheint keine Vormerkung auf.
Aus einer aktuellen Einsichtnahme vom BVwG in das AJ-WEB Auskunftsverfahren der Sozialversicherung am 08.05.2020 ist zu entnehmen, dass die bP vom 10.04.2017 - 30.04.2019 mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Arbeiter aufscheint. Danach scheint sie vom 01.05.2019 bis 17.09.2019 mit einem Arbeitslosengeldbezug sowie ab 18.09.2019 - laufend mit "Notstandshilfe, Überbrückungshilfe" auf.
In Deutschland wurde die bP mit seit 05.03.2016 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts XXXX wegen "gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
Aus dem Urteil ergibt sich, dass die bP am Abend des 08.11.2015 - während der Gültigkeit des von Österreich ausgestellten Konventionsreisepasses - drei syrische Staatsangehörige in ihrem Pkw mit amtlichem österreichischen Kennzeichen in Österreich aufnahm und mit diesen unerlaubt in Deutschland einreiste. Durch dieses Handeln unterstützte die bP die syrischen Staatsangehörigen dabei unerlaubt und ohne dass diese die erforderlichen Reisepässe und Aufenthaltstitel für Deutschland besitzen dort einzureisen.
Für die Fahrt erhielt die bP einen Vorschuss von 900 Euro und sollte sie dann noch einmal 900 Euro erhalten.
Am 09.11.2015 wurde die bP mit den drei geschleusten Personen in Deutschland polizeilich kontrolliert und wurde dadurch die Tat bekannt.
Die bP war bei Gericht geständig. Es war ihr bekannt, dass die Syrer nicht über die für Deutschland erforderlichen Reisepässe und Aufenthaltstitel verfügten.
Das Gericht stellte rk. fest, dass die bP in der Absicht, sich durch die wiederholte Begehung von Schleusungstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und Dauer verschaffen wollte. Darüber hinaus handelte die bP zugunsten mehrerer ausländischer Staatsangehöriger.
Begründend führt das Urteil weiter aus, dass die bP auf Grund Krankheit zu 50 % erwerbsgemindert ist und von 900 Euro Sozialhilfe lebt. Sie hat zunächst zwei Angebote auf Schleusung abgelehnt, hat sich aber dann auf Grund der beengten finanziellen Verhältnisse entschlossen die Tat zu begehen. Sie hat eingestanden, dass dies aus Geldgier erfolgte.
Aus dem Urteil geht weiters hervor, dass die bP in Deutschland zuvor schon wiederholt fremdenrechtliche Delikte begangen hat und sie Strafen nicht vor weiterer Begehung abhalten konnten.
So wurde sie zuvor schon in Deutschland rechtskräftig vom Amtsgericht XXXX am 13.04.2006 wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung und unerlaubter Aufenthalt ohne Pass zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten mit Bewährung bis 12.04.2009 verurteilt. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 06.05.2009 erlassen.
Mit rechtskräftigem Urteil vom Amtsgericht XXXX wurde die bP am 15.01.2013 abermals wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10 Euro bestraft.
Das Amtsgericht XXXX hat die oa. Verurteilungen aus dem Jahr 2006 und 2013 bei der Strafbemessung zu Lasten der bP gewertet. Die bP hat sich demnach trotz einer Bewährungsstrafe, welche zwar schon lange zurückliegt, nicht von weiteren gleichgelagerten Straftaten abhalten lassen und weder die Bewährungsstrafe noch eine später erfolgte Geldstrafe hat die bP von erneuten Straftaten abhalten können.
Das Amtsgericht fand keine besonderen Umstände in der Person der bP, die eine Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 StGB rechtfertigen könnten.
Mit nachfolgendem Beschluss vom 27.09.2016 hat das Landgericht XXXX die Strafe auf Bewährung ausgesetzt und mit rk. Beschluss vom 04.12.2019 hat dieses die ausgesetzte Strafe erlassen, da sich die bP bewährt hat und die Bewährungszeit abgelaufen ist.
Die bP erachtet die Mitteilung des Landgerichtes XXXX über die Erlassung der auf Bewährung ausgesetzten Strafe mit Beschluss vom 04.12.2019 sowie das Wohlverhalten nach der Verurteilung als wesentliche Änderung des Sachverhaltes seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 02.01.2019.
2. Beweiswürdigung
Das BVwG hat auf Grund des vorliegenden Verwaltungsaktes des Bundesamtes einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben. Ergänzend wurde betreffend der bP Einsicht in die Datenbank der Sozialversicherung genommen.
Der festgestellte Sacherhalt ergibt sich im Wesentlichen unstreitig aus dem vorliegenden Akteninhalt bzw. erfolgen Einwendungen ohne hinreichende Substanz, wie sich aus Nachfolgendem ergibt.
Soweit die bP in der Beschwerde moniert, dass das Bundesamt "keine hinreichenden Ermittlungen getätigt und Beweise aufgenommen hat", unterlässt es die Beschwerde darzulegen, was sie damit konkret meint und drängt sich eine solche Mangelhaftigkeit auch nicht bei Betrachtung des Akteninhaltes und der Entscheidung für das BVwG auf.
Abgesehen davon ist anzumerken, dass es sich hier um ein Antragsverfahren handelt und es in erster Linie der antragstellenden Partei - die zudem im behördlichen Verfahren schon anwaltlich vertreten war - obliegt die für die Antragsbegründung maßgeblichen Sachverhalt ehestmöglich vorzutragen und gegebenenfalls durch Beweismittel zu untermauern. So ergibt sich schon aus § 39 Abs 2a AVG eine konkrete, für sie geltende Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht, wonach jede Partei ihr Vorbringen so rechtzeitig und vollständig zu erstatten, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt werden kann.
Nach der Einbringung des Antragsformulars beim Bundesamt hat die belangte Behörde die anwaltlich vertretenen bP ergänzend ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und - unter Hinweis, dass über einen solchen Antrag bereits vor kurzem abweislich entschieden worden war - noch zur Stellungnahme aufgefordert. Damit hatte die bP jedenfalls die Möglichkeit noch alle Umstände und Beweise vorzutragen, die sie als maßgeblich erachtete oder auch noch konkrete Beweisanträge zu stellen.
Spätestens mit der Ausführung der Beschwerde hätte es der Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht der bP entsprochen, schon darin konkret darzulegen, welche Ermittlungen noch getätigt und welche Beweise noch aufgenommen werden hätten sollen bzw. hätte gegebenenfalls schon die Verpflichtung bestanden, diese initiativ in der Beschwerde darzulegen bzw. Beweismittel zu übersenden und Angaben zu machen, weshalb diese nicht dem Neuerungsverbot unterliegen.
Resümierend gelangt das BVwG zum Ergebnis, dass es hier keine konkreten Hinweise gibt, dass das Bundesamt nicht die erforderlichen Beweise in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren aufgenommen hätte.
3. Rechtliche Beurteilung
Zur Zurückweisung des Antrages gem. § 68 Abs. 1 AVG
Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 68 Abs 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf.
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht.
Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Beschwerde nicht neu geltend gemacht werden oder im Beschwerdeverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A) wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).
Als Vergleichsbescheid ist derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt das in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2019, mit dem letztmalig in der Sache entschieden wurde, den maßgeblichen Vergleichsbescheid dar, worin die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Neuausstellung eines Konventionsreisepasses als unbegründet abgewiesen wurde. Das BVwG bestätigte darin das Vorliegen eines Passversagungsgrundes der zur Nichtausstellung des Konventionsreisepasses führte.
Im nunmehr verfahrensgegenständlichen, am 04.11.2019 beim Bundesamt eingebrachten neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses hat die bP in der vom Rechtsfreund eingebrachten Stellungnahme vom 29.01.2020 im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass durch den vom Landgericht XXXX zwischenzeitig ergangenen Beschluss vom 04.12.2019, womit die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern wegen Zeitablaufes und Bewährung der bP erlassen hat, nunmehr jedenfalls die Voraussetzungen für die Ausstellung des Konventionsreisepasses vorlägen. Weiters, dass nunmehr genug Zeit vergangen wäre und dass die bP das in der Vergangenheit gesetzte Fehlverhalten und dessen Folgen eingesehen hätte. Seit der Tat sei ein entsprechend langer Zeitraum vergangen und sie habe sich seither wohlverhalten. Es würden daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des Konventionsreisepasses vorliegen.
Fraglich ist, ob in den von der bP dargelegten Umständen eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu erblicken ist, der Entscheidungsrelevanz zukommt und damit die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.01.2019 durchbrochen wird.
Konventionsreisepässe
(1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.
(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.
(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.
(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.
Versagung eines Fremdenpasses
(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
[...]
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
(1a) ...
(2) ...
(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.
Wie sich aus § 94 Abs 5 FPG ergibt, gilt nachfolgend zitierte Rsp des VwGH auch für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses:
Grundvoraussetzung für die Verwirklichung der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände ist, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses "im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik" gelegen sein muss. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber nämlich die Möglichkeit grenzüberschreitend zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den potentiellen Gastländern. Diese an sich nur gegenüber eigenen Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert daher einen restriktiven Maßstab (zB. VwGH 29.01.2008, 2007/18/0601; 15.09.2010, 2010/18/0279; 19.05.2011, 2009/21/0288; 22.01.2014, 2013/21/0043, jeweils mwN).
Demnach ist die Ausstellung eines Konventionsreisepasses gem. § 94 Abs 5 iVm § 92 Abs 1 Z 4 zu versagen, wenn "bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.
Die Schaffung eines speziell auf die Schlepperei abgestellten Versagungstatbestandes in § 92 Abs 1 Z 4 FPG 2005 bedeutet nicht, dass durch den Aufenthalt eines wegen dieses Fehlverhaltens verurteilten Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich nicht gefährdet sein würde. Vielmehr war dem Gesetzgeber des FPG 2005 daran gelegen, durch die Anführung eines eigenen auf die Schlepperei bezogenen Versagungstatbestandes das besonders große Gefährdungspotential dieses Fehlverhaltens für die innere oder äußere Sicherheit Österreichs hervorzuheben (VwGH 17.02.2006, 2006/18/0030).
Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist - ebenso wie bei dessen Entziehung - auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. E 4. Juni 2009, 2006/18/0204). Ein Konventionsreisepass ist zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw zur legalen Arbeitsaufnahme des Fremden in Österreich nicht erforderlich (VwGH 07.11.2012, 2012/18/0024).
Der Umstand, dass ein Fremder bereits in der Vergangenheit Schlepperei begangen hat und deswegen verurteilt wurde, stellt sehr wohl eine Tatsache dar, die grundsätzlich für die Annahme spricht, er wolle den Konventionsreisepass benützen, um (neuerlich) Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Dies gilt umso mehr dann, wenn eine solche Tat, die mit einer Reisebewegung ins Ausland verbunden war, bereits im Besitz eines Konventionsreisepasses begangen wurde, sodass sich die Annahme in der Vergangenheit insofern bereits verwirklicht hat. Hat sich der Fremde an der Wiederholung einer schon einmal misslungenen Schlepperei beteiligt, darf die Behörde dies in ihre Überlegungen einbeziehen Geschäftszahl (VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345).
Selbst an der Verhinderung der Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht besteht ein großes öffentliches Interesse, das die Versagung eines Konventionsreisepasses aus Gründen der öffentlichen Ordnung (vgl. Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention) rechtfertigt (vgl. E 24. Juni 2010, 2009/21/0084; Vater hat mj Tochter in Gebiet der Europäischen Union geschleppt).
Das Bundesamt ist nach wie vor davon ausgegangen, dass seit der rk. Entscheidung des BVwG vom 02.01.2019 keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist und daher von entschiedener Sache auszugehen sei.
Gegenständlich wurde die bP mit am 05.03.2016 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts XXXX wegen am 08.11.2015 begangenen "gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Erschwerend war für das Gericht, dass die bP schon zuvor wiederholt fremdenrechtliche Delikte im Zusammenhang mit illegalen Grenzübertritten gesetzt hatte und sie auch verhängte Strafen vor weiterer Begehung nicht abhalten konnten. Weiters, dass auch ihre prekäre finanzielle Situation und damit in Verbindung stehender "Geldgier" für die Schlepperei ursächlich gewesen ist.
Der Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 Z. 4 FrPolG 2005 setzt nicht voraus, dass der Fremde tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benutzt hat (Hinweis E 7. Juli 2009, 2007/18/0243). Es ist evident, dass ein Reisedokument Tätigkeiten im Zusammenhang mit Schleppungen jedenfalls erleichtert (vgl. VwGH 20. Dezember 2013, 2013/21/0055 zum grenzüberschreitenden Handel mit Suchtgift).
Gegenständlich wurde als erschwerend erachtet, dass die bP den Konventionsreisepass in der Vergangenheit tatsächlich schon dazu benutzt hat gewerbsmäßige Schlepperei zu begehen bzw. wurde dies dadurch zumindest erleichtert wurde. Zwar war der bP zuzugestehen, dass seither keine weiteren Straftaten bekannt wurden bzw. sie sich auch seit der letzten rk. Entscheidung des BVwG vom 02.01.2019 bis zur gegenständlichen Entscheidung des Bundesamtes weiterhin rd. 12 Monate wohlverhalten hat, jedoch ist der Zeitraum seit der Tat und der Entscheidung des BVwG, wie das Bundesamt richtig ausführt, angesichts des sich aus dem Urteil des deutschen Gerichtes ergebenden Fehlverhaltens noch zu kurz, um von einer maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes zu sprechen der Entscheidungsrelevanz zukommt.
Gerade die gewerbsmäßige Schlepperei ist wiederholungsgeneigt und war - wie sich aus dem deutschen Urteil ergibt - insbesondere auch die prekäre finanzielle Situation ursächlich für die Tat. Demnach bezog die bP damals rd. 900 Euro "Sozialhilfe".
Aus dem aktuellen Sozialversicherungsauszug ist zu entnehmen, dass die bP nach wie vor bzw. seit längerer Zeit wieder von staatlichen Zuwendungen zur Finanzierung ihres Lebens abhängig ist und daher ungeschmälert dieses Faktum einer prekären wirtschaftlichen Lage gegeben ist, die der allgemeinen Lebenserfahrung nach auch die Wiederholungsgefahr der Begehung einer gewerbsmäßigen Schlepperei zur Verbesserung des wirtschaftlichen Fortkommens in sich trägt.
Dass die bP nunmehr - abgesehen von den staatlichen Zuwendungen - andere legale Einkünfte hätte, die gegen die vom deutschen Gericht festgestellte persönlich schlechte wirtschaftliche Lage sprechen würde, hat die bP weder im Antragsverfahren vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde dargelegt.
Hinsichtlich des seither vergangenen Zeitraumes mit Wohlverhalten und der nach wie vor gegebenen prekären finanziellen Situation der bP ist dem Bundesamt zuzustimmen, dass der Zeitraum noch zu kurz ist, um prognostisch zu beurteilen, dass eine derartige Gefahr, dass der Konventionsreisepass abermals missbräuchlich verwendet werden könnte, nicht mehr gegeben ist.
So führte der VwGH in einem ähnlich gelagerten Fall - erst wesentlich längerer Zeit des Wohlverhaltens - etwa aus:
"Die vom Fremden begangene Schlepperei von vier Landsleuten gegen Zusage eines nicht unbeträchtlichen Entgelts indiziert eine große Wiederholungsgefahr, hat der Fremde die Straftat doch ungeachtet der Asylgewährung durch Österreich und vor allem unter Verwendung des nicht lange davor ausgestellten Konventionsreisepasses verübt. Damit hat sich die maßgebliche Annahme iSd Z 4 des § 92 Abs. 1 FrPolG 2005 bereits verwirklicht (Hinweis E 5. Juli 2012, 2010/21/0345). Liegt jedoch ein Wohlverhalten seit der Tatbegehung von fast acht Jahren vor, so ist zwar richtig, dass die Begehung von Schlepperei mangels Besitzes eines Reisedokumentes in dieser Zeit schwieriger gewesen wäre, sie war aber nicht ausgeschlossen, zumal Mitwirkungshandlungen auch innerhalb Österreichs oder im Rahmen illegaler Grenzübertritte möglich gewesen wären, aber angesichts dieses langen Wohlverhaltens hätte die belBeh dem - offenbar auch sonst tadellosen - Verhalten des Fremden bei der Prognosebeurteilung doch maßgebliche Bedeutung zumessen müssen. Es hätte auch einer näheren Begründung bedurft, weshalb der Fremde ungeachtet seiner mittlerweile erlangten sozialen und wirtschaftlichen Integration noch immer das Risiko der Begehung von Schlepperei eingehen sollte. Dem wird der Hinweis im angefochtenen Bescheid, der Fremde könne die "beruflichen Fähigkeiten auch ohne Konventionsreisepass fortsetzen", nicht gerecht. Mit der bei dieser Deliktsform (infolge guter "Verdienstmöglichkeiten" generell) anzunehmenden großen Wiederholungsgefahr, lässt sich das in einem solchen Fall nicht mehr ausreichend begründen."
Resümierend ist somit dem Bundesamt zuzustimmen, dass sich seit der Entscheidung des BVwG vom 02.01.2020 weder in der maßgeblichen Rechtslage noch in der für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine relevante Änderung eingetreten ist oder das neue Parteibegehren von dem früheren abweichen würde.
Das Bundesamt ging daher zu Recht von entschiedener Sache aus und hat den Antrag zurückgewiesen. § 68 Abs 1 AVG soll die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gegenständlich konnte der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erachtet werden.
Die Verfahrensparteien haben gegenständlich auch keine Verhandlung beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Änderung maßgeblicher Umstände Asylberechtigter ausländische Verurteilung entschiedene Sache Identität der Sache Konventionsreisepass res iudicata Sache des Verfahrens VersagungsgrundEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2210003.2.00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020