Entscheidungsdatum
13.05.2020Norm
AVG §68Spruch
L507 2219298-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RAe Dr. Peter Lechenauer - Dr. Margit Swozil, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2019, Zl. 593753801 - 190207162 / BMI-BFA_TIROL_RD, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer brachte am 15.06.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich ein. Begründend wurde ausgeführt, dass der türkische Reisepass des Beschwerdeführers abgelaufen sei und nicht verlängert werden könne, ein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer in der Türkei vorliege und der Beschwerdeführer den Fremdenpass für die Durchführung seiner Arbeit bzw. Mobilität in der EU benötige.
2. Mit Schreiben vom 19.06.2018 ersuchte das BFA den Beschwerdeführer eine Kopie des türkischen Reisepasses sowie einen Nachweis über den Haftbefehl in der Türkei vorzulegen. Darüber hinaus hielt das BFA den Beschwerdeführer an, binnen einer Frist von zwei Wochen den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich gelegen sei und bekannt zu geben, unter welchen Voraussetzungen des
§ 88 FPG der Beschwerdeführer seinen Antrag gestellt habe.
3. Mit Schreiben vom 28.06.2018 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 2012 in Österreich als Seelsorger beim XXXX arbeite und aufgrund dessen jeweils für ein Jahr befristet den Aufenthaltstitel "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" erhalte. Sein Ziel sei es aber gewesen nach drei bis vier Jahren in die Türkei zurückzukehren. Der Beschwerdeführer sei Beamter der Religionsbehörde XXXX gewesen und als Gülen-Sympathisant in der Bewegung ehrenamtlich tätig gewesen, weshalb nach dem Putsch in der Türkei ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden sei. Eine Rückkehr sei unter diesen Umständen nicht möglich, weshalb der Beschwerdeführer beschlossen habe, seinen Lebensmittelpunkt langfristig nach Österreich zu verlegen. Der türkische Reisepass des Beschwerdeführers sei abgelaufen, könne aufgrund des Haftbefehls aber bei der Botschaft nicht verlängert werden. Neben seiner Seelsorgertätigkeit in Österreich organisiere der Beschwerdeführer mit dem Vereinsvorstand Reisen und Ausflüge im In- und Ausland und nehme ehrenamtlich bei Vorträgen und Seminaren teil. Um seine Tätigkeit weiterhin im Verein erfolgreich führen zu können, sei die Ausstellung eines Fremdenpasses daher zielführend. Sein Fall sei wie unter Punkt 3. des Schreibens des BFA (§ 88 Abs 1 Z 3 FPG) zu berücksichtigen.
4. Mit Bescheid des BFA vom 19.10.2018, Zl. 13-593753801/180558367, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs 1 Z 3 und Abs 2 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht unter den in
§ 88 Abs 1 Z 1-5 FPG taxativ aufgezählten Personenkreis falle und auch keine "öffentlichen Interessen" iSd § 88 Abs. 1 FPG vorlägen.
5. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 31.10.2018 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt. Da vom Beschwerdeführer innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Rechtsmittel ergriffen wurde, erwuchs der Bescheid des BFA am 29.11.2018 in Rechtskraft.
6. Am 28.02.2019 brachte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich gemäß § 88 Abs 1 Z 4 FPG ein. Im Antrag wurde angemerkt, dass der Reisepass des Beschwerdeführers abgelaufen sei; eine weitere Begründend wurde nicht angeführt.
7. Mit Schriftsatz vom 01.03.2019 erstatteten die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers einen Antrag auf Heilung eines Mangels iSd § 4 AsylG-DV und § 19 Abs. 8 Z 2 NAG. Darin wurde ausgeführt, dass seitens des türkischen Konsulates in Salzburg dem Beschwerdeführer gegenüber mündlich erklärt worden sei, dass er weder eine Bestätigung über die Antragstellung eines neuen Reisepasses erhalte, noch eine Bestätigung sonstiger Art. Dies liege daran, dass der Beschwerdeführer und seine Familie in der Türkei gesucht werden würden. Die türkischen Behörden würden vermuten, dass der Beschwerdeführer ein Gegner Erdogans sei. Nachdem die Rechtsvertretung ergebnislos um die Mitteilung des Verfahrensstandes beim Konsulat ersucht habe und der Beschwerdeführer nachweislich mehrfach erfolglos bei der türkischen Botschaft/Konsulat versucht habe, einen Reisepass zu verlängern, werde um die Heilung dieses Mangels ersucht, zumal die Beschaffung eines neuen türkischen Reisepasses nachweislich nicht möglich gewesen sei. Aus diesem Grunde sei auch der Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers entsprechend verlängert worden. Die türkische Vertretung habe auch keine näheren Auskünfte erteilt, weshalb der Beschwerdeführer künftig mangels formaler Ausweismöglichkeit quasi staatenlosen Status innehabe. Der Beschwerdeführer habe auch in diesem Jahr versucht, einen Termin beim türkischen Konsulat zu erhalten, könne aber mittlerweile nicht einmal online einen Termin vereinbaren, weil die Homepage der türkischen Vertretung die alte Reisepassnummer nicht akzeptiere.
8. Mit Schreiben vom 05.03.2019 ersuchte das BFA den Beschwerdeführer erneut binnen einer Frist von zwei Wochen den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich gelegen sei und bekannt zu geben, unter welchen Voraussetzungen des § 88 FPG der Beschwerdeführer seinen Antrag gestellt hat.
9. Mit Schriftsatz vom 21.03.2019 teilte die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers mit, dass der Beschwerdeführer mehrfach vergebens versucht habe, einen neuen türkischen Reisepass zu beantragen. Es handle sich bei dem Beschwerdeführer quasi um einen Staatenlosen, weil er kein gültiges Reisedokument erhalten könne. Im Weiteren wurde auf die Stellungnahme vom 01.03.2019 und die darin geschilderten Kontakte zum türkischen Konsulat verwiesen. Im Übrigen liege es im Interesse der Republik Österreich, dass der Beschwerdeführer als Religionslehrer die westlichen Werte seinen Schülern vermittle, weshalb er als Erdogan Gegner in der Türkei gesucht werde.
10. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 17.04.2019, Zl. 593753801 - 190207162 / BMI-BFA_TIROL_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 28.02.2019 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass beim maßgeblichen Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt im Vergleich mit jenem Zeitpunkt, an dem über den Antrag letztmalig inhaltlich entschieden wurde, weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine relevante Änderung eingetreten sei.
11. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 17.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
12. Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 23.04.2019 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 21.05.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner speziellen Position bzw. Tätigkeit als Lehrer bzw. Seelsorger für die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich und dem gemeinnützigen Kulturzentrum eine wichtige Funktion in Österreich vertrete. Der Beschwerdeführer lehre seinen Schülern nicht nur die friedliche Islamlehre, sondern auch die damit verbundenen westlich österreichischen Werte, wie Gleichstellung von Mann und Frau, Demokratie oder Religions- und Meinungsfreiheit. Der Beschwerdeführer repräsentiere regelmäßig bei internationalen Konferenzen (u. a. Amerika und Deutschland) in seiner Funktion als Religionslehrer und Seelsorger ausschließlich Österreich sowie die genannten Werte und gelte in der Türkei daher als Staatsfeind der Erdogan Regierung. Dem Beschwerdeführer würde daher zweifellos eine Asylberechtigung zustehen. Dem Beschwerdeführer stünde im Übrigen auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" zu. Wie bereits nachgewiesen, sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich ein Reisedokument oder ein anderes Dokument von der türkischen Vertretung zu erhalten bzw. zu beantragen. Vom BFA werde aber nicht hinterfragt, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer keine Dokumente erhalten könne und welche Folgen damit verbunden seien. Der Beschwerdeführer werde in der Praxis tatsächlich als Staatenloser behandelt und könne seiner Tätigkeit als Religionslehrer sowie Seelsorger im Sinne Österreichs nicht hundertprozentig nachkommen. Der Beschwerdeführer habe u. a. in Deutschland bereits gleichwertige Stellenangebote erhalten, weshalb er ernsthafte Pläne habe, auszuwandern. Zudem falle der Beschwerdeführer in den Anwendungsbereich des Assoziationsrechtes EWG/Türkei und komme ihm auch aus diesem Grunde ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zu.
Der Beschwerdeführer habe in seinem ersten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs 1 FPG keine Ziffer angekreuzt, weshalb die Zurückweisung des zweiten Antrages sachlich nicht nachvollziehbar sei. Der Beschwerdeführer ist auch davon ausgegangen, dass das BFA wisse, dass er nicht grundlos seit etwa 7 Jahren die "Niederlassungsbewilligung für Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" innehabe. Diese Art von Niederlassungsbewilligung sei eigens für besondere Tätigkeiten im Interesse der Republik gesetzlich geschaffen worden. Die Republik Österreich habe entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH auch zu bedenken, dass dem Fremden bei einer Ausstellung eines Fremdenpasses Reisen in andere Länder ermöglicht werden und die Republik damit gegenüber diesen Staaten auch eine gewissen Verpflichtung übernehme, wie der österreichische Staat es auch gegenüber eigenen Staatsbürgern habe. Es liege im Interesse Österreichs, dass engagierte Menschen wie der Beschwerdeführer wie inländische Bürger gleichbehandelt werden, zumal er sich stark für Frieden und Freiheit einsetze. Insgesamt seien daher die Vorrausetzungen des § 88 Abs. 1 Z 3 bis 4 FPG und das Interesse der Republik Österreich gegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei, hält sich seit Oktober 2012 in Österreich auf und ist seit 05.10.2020 beim Verein XXXX , einem Fachverein der Islamischen Glaubensgemeinschaft, als Seelsorger (Imam) tätig.
Der Beschwerdeführer verfügte für Österreich über einen bis zum 04.04.2020 gültigen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit (Seelsorger)" und stellte am 03.04.2020 einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels.
Der Beschwerdeführer hält sich rechtmäßig in Österreich auf.
Der türkische Reisepass des Beschwerdeführers war bis 02.04.2018 gültig.
1.2. Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers
Die in § 88 FPG genannten Voraussetzungen für die Ausstellung von Fremdenpässen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.
Eine Änderung der Rechtslage oder des wesentlichen Sachverhaltes seit der Erlassung des Bescheides des BFA vom 19.10.2018, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgewiesen wurde, konnte nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf den Akteninhalt im Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid und der gegenständlichen Beschwerde.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über ein befristetes Aufenthaltsrecht für Österreich verfügte und einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels stellte, geht aus dem zentralen Fremdenregister hervor.
Auf Grund des vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellten Verlängerungsantrages hält sich der Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs 1 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Dass der türkische Reisepass des Beschwerdeführers abgelaufen ist, geht aus der im Akt befindlichen Kopie des Reisepasses mit der Nummer XXXX hervor.
Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Seelsorger geht aus dem Auszug der Sozialversicherung sowie den Bestätigungsschreiben des Vereines XXXX hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
3.2. Abweisung der Beschwerde gemäß § 68 AVG:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).
Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (wie im gegenständlichen Fall das Begehren auf Ausstellung eines Fremdenpasses), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne Belang. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst.
Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.04.2007, 2004/20/0100, ausführte, ist eine neue Sachentscheidung, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).
"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob das BFA zu Recht den neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
§ 88 Abs. 1, 2 und 2a FPG hat (unter der Überschrift "Ausstellung von Fremdenpässen") folgenden Wortlaut:
"§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen."
Bezogen auf das gegenständliche Verfahren:
Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses damit, dass sein türkischer Reisepass abgelaufen sei, er diesen aber nicht verlängern könne und er deshalb einen Fremdenpass für die Mobilität in der Europäischen Union (EU) zur Durchführung seiner Arbeit benötige. Konkret organisiere er mit dem Vereinsvorstand Reisen sowie Ausflüge und nehme im In- und Ausland ehrenamtlich an Vorträgen und Seminaren teil.
Im Zuge der zweiten Antragstellung auf Ausstellung eines Fremdenpasses kreuzte der Beschwerdeführer im entsprechenden Antragsformular an, dass es sich bei seiner Person um einen ausländischen Staatsangehörigen handle, der nicht in der Lage sei, sich ein für die Auswanderung erforderliches Reisedokument zu beschaffen (§ 88 Abs. 1 Z 4 FPG). Im Weiteren wurde erklärt, dass dem Beschwerdeführer eine Verlängerung seines Reispasses nicht möglich sei und es sich bei ihm daher um eine "quasi" staatenlose Person handle (§ 88 Abs. 1 Z 1 FPG).
Allfällige Änderungen seiner bisherigen Antragsgründe bestehen somit lediglich in der Behauptung, dass (nunmehr) die Voraussetzung "Staatenlosigkeit" vorliegen würde bzw. der Beschwerdeführer auswandern wolle.
Zu den Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5, Abs. 2 und Abs. 2a FPG ist grundsätzlich Folgendes anzumerken:
Vor dem Hintergrund dessen, dass der Beschwerdeführer die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, scheidet im gegenständlichen Fall schon a priori die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z 1 sowie des § 88 Abs. 2 FPG aus, da er weder staatenlos ist noch seine Staatsangehörigkeit ungeklärt ist. Nachweise dafür, dass der Beschwerdeführer nicht mehr über die türkische Staatsangehörigkeit verfügt, wurden nicht vorgelegt und haben sich auch sonst keine Hinweise dafür ergeben.
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes scheidet im gegenständlichen Fall auch die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z 2 und des § 88 Abs. 1 Z 3 FPG aus. Der Beschwerdeführer verfügt über kein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, da er lediglich über einen befristeten Aufenthaltstitel in Form einer bis 04.04.2020 gültigen "Niederlassungsbewilligung Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit (Seelsorger)" verfügte und am 03.04.2020 beim Magistrat der Stadt XXXX neuerlich einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels stellte, über den noch nicht entschieden wurde. Der Beschwerdeführer hat bis dato auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, weshalb ihm - entgegen der Ausführungen in der Beschwerde - auch kein Aufenthaltsrecht iSd AsylG zukommt.
Soweit die Beschwerde im Weiteren darauf hinweist, dass im vorliegenden Fall auch Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des nach dem Assoziierungsabkommen EWG-Türkei gebildeten Assoziationsrates (im Folgenden: ARB Nr. 1/80) zu beachten gewesen wäre, führt auch dieser Einwand nicht zum Erfolg.
Nach Akyürek, Das Assoziationsabkommen EWG-Türkei, S 59 Z8, können sich Seelsorger deshalb nicht auf die den Arbeitnehmern gewisse Rechte einräumende Bestimmung des Art 6 ARB 1/80 berufen, da sie im Rahmen ihrer seelsorgerischen Beschäftigung keine Tätigkeiten des Wirtschaftslebens gemäß Art 2 EG verrichten. Unter den festgestellten Umständen ist hier somit nicht davon auszugehen, dass insbesondere die zweite Voraussetzung des Art 6 Abs. 1 leg cit, also die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt des Aufenthaltsstaates vorliegt, weshalb der Beschwerdeführer für sich kein aus dem Assoziierungsabkommen resultierendes Arbeits- und Aufenthaltsrecht ableiten kann.
Zum Verweis in der Beschwerde, wonach sich der Beschwerdeführer bereits seit knapp sieben Jahren in Österreich aufhalte und ihm daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EU" zustünde ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer zwar gemäß
§ 45 Abs. 1 1. Satz NAG die letzten fünf Jahre ununterbrochen tatsächlich in Österreich niedergelassen war, er jedoch nicht die sonstigen Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 1 und 2 NAG erfüllt. Mangels Vorliegen der in § 88 Abs. 1 Z 3 FPG (kumulativ) genannten Voraussetzungen, wonach ausländische Staatsangehörige, nicht in der Lage sein müssen, sich ein gültiges Reisedokumentes ihres Heimatstaates zu beschaffen und (sämtliche) Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 NAG vorliegen müssen, kann daher auch die im gegenständlichen Verfahren (einzig) gegebene Tatbestandsvoraussetzung des § 45 Abs. 1 erster Satz NAG (Drittstaatsangehörige, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich niedergelassen waren) zu keinem anderem Verfahrensergebnis führen.
Ebenso scheidet die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z 4 und Z 5 FPG aus, da der Beschwerdeführer nicht nachweisen konnte, dass er ein Einwanderungsvisum, verbunden mit einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Deutschland hat, beziehungsweise konnte er nicht nachweisen, dass ihm ein solches zugesichert wird bzw. wurde. In der Beschwerde wurde lediglich ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein Stellenangebot für Deutschland erhalten habe und er überlege bzw. Pläne habe, auszuwandern. Ein Nachweis über das Stellenangebot wurde jedoch nicht erbracht und zeigt auch die Formulierung, dass der Beschwerdeführer lediglich Überlegungen hinsichtlich einer Auswanderung anstellte, dass eine Konkretisierung einer Auswanderung nicht gegeben ist. Zudem hat der Beschwerdeführer keine Erklärung eines Bundesministers oder einer Landesregierung vorgelegt, wonach die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Beschwerdeführer erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
Zumal dem Beschwerdeführer auch nicht der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kann auch § 88 Abs. 2a FPG nicht zur Anwendung gelangen.
Unabhängig von den oben angesprochenen, beim Beschwerdeführer nicht gegebenen Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5 FPG wäre jedenfalls auch ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses an ihn eine weitere Tatbestandsvoraussetzung.
Die Regelung des § 88 Abs. 1 FPG hält an der bisherigen Systematik fest, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht nur im Interesse des Betroffenen liegen muss, sondern vielmehr auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung vorliegen muss (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2009/122 (330 der Beilagen XXIV. GP).
Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (VwGH 22.01.2014, Zl. 2013/21/0043; VwGH 15.09.2010, Zl. 2010/18/0279 und vom 19.05.2011, Zl. 2009/21/0288, jeweils mwN).
Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses damit, dass sein türkischer Reisepass nicht verlängert werde und er innerhalb der EU mobil sein wolle.
Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (vgl. etwa VwGH 29. Jänner 2008, 2007/18/0601; VwGH 6. September 2007, 2005/18/0505).
Dass dem Beschwerdeführer durch die Nichtausstellung eines Fremdenpasses die Möglichkeit einer Reise in das Ausland genommen werde, stellt gerade keinen Grund dar, der ein öffentliches Interesse im Sinne des § 88 Abs. 1 FPG dartun könnte (VwGH 15.09.2010, 2010/18/0279).
Der Beschwerdeführer gab an, dass er regelmäßig (ehrenamtlich) im Ausland an Veranstaltungen, Lesungen und Aktivitäten des interreligiösen und interkulturellen Dialogs teilnehme und die Vereinsmitglieder über diese Ideen und Projekte als Theologe informiere. Dass diese Informationsbeschaffung bzw. die Teilnahme des Beschwerdeführers an diesen Veranstaltungen im öffentlichen Interesse von Österreich liegen, ist jedoch nicht erkennbar. In der Beschwerde wurde begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei diesen Veranstaltungen nicht nur die friedliche Islamlehre, sondern ausschließlich Österreich sowie westliche Werte repräsentiere und sohin jedenfalls ein öffentliches Interesse Österreichs vorliege.
Dahingehend ist jedoch auf die Entscheidung des VwGH vom 22.01.2014, 2013/21/0043, zu verweisen, wonach auch in der Verbesserung der "Reputation der Republik Österreich" kein Interesse der Republik iSd § 88 Abs. 1 FPG zu sehen sei.
Selbst bei einer weiten Auslegung dieses unbestimmten Begriffs des Interesses lassen sich die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Umstände nicht darunter subsumieren, zumal sie ausschließlich im Privatinteresse des Beschwerdeführers liegen. Dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Arbeit Veranstaltungen besuchen will, welche im Ausland stattfinden, stellt ein ausschließlich privates Interesse dar und wurde bereits in der oben zitieren Entscheidung des VwGH die Reputation Österreichs als nicht relevant eingeschätzt. Auch eine Beeinträchtigung der weiteren beruflichen Entwicklung wurde seitens des Beschwerdeführers lediglich in dem Sinne angekündigt, dass er die Ausstellung des Reisepasses begehre, um weiterhin erfolgreich seine Tätigkeit im Verein führen zu können. Eine solche Beeinträchtigung ist aufgrund der aufrechten Tätigkeit als Seelsorger (Imam) derzeit offensichtlich jedoch nicht eingetreten und wäre als privates Interesse auch nicht von Belang.
Dem BFA kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn es im Wunsch des Beschwerdeführers, geplante Reisen durchzuführen, kein öffentliches Interesse der Republik Österreich sieht.
Auch wenn der Beschwerdeführer im zweiten Verfahren behauptet, den Fremdenpass für eine geplante Auswanderung benötige und er quasi staatenlos sei, kann darin kein öffentliches Interesse der Republik Österreich erkannt werden. Im Bestreben der Schaffung klarer passrechtlicher Verhältnisse oder zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft besteht kein öffentliches Interesse der Republik Österreich (VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070).
Ein öffentliches Interesse wird lediglich anzunehmen sein, wenn die Republik sich zur Ausstellung eines Reisedokuments gemeinschaftsrechtlich verpflichtet hat oder wenn Geschäfts- oder Dienstreisen unternommen werden müssen (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014, § 88 FPG Anm 1 mwN).
Soweit der Beschwerdeführer daher im gegenständlichen Verfahren abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stellt, ohne taugliche Nachweise darüber vorzulegen, dass die Ausstellung im öffentlichen Interesse der Republik Österreich steht und auch die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5; Abs. 2 und Abs 2a FPG nicht gegeben sind , liegt - wie das BFA richtig ausgeführt hat - eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.
Insgesamt gesehen kann dem BFA daher nicht entgegengetreten werden, wenn es ausführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 FPG nicht vorliegen und sich weder die Rechtslage noch der maßgebliche Sachverhalt seit Erlassung des Bescheides des BFA vom 19.10.2018, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgewiesen wurde, nicht geändert hat.
Auch die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit sich die Umstände seit der letzten rechtskräftigen Sachentscheidung über einen gleich lautenden Antrag in einer Weise geändert hätten, dass nach § 88 FPG eine andere Beurteilung der Frage, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses verwirklicht seien, möglich wäre.
Insgesamt gesehen kann daher die Ansicht des BFA, es sei keine eine neuerliche Sachentscheidung rechtfertigende Änderung eingetreten, nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung des Beschwerdeführers über ihre Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Änderung maßgeblicher Umstände Antragszurückweisung entschiedene Sache Fremdenpass Identität der Sache öffentliche Interessen private Interessen Religionslehrer res iudicata Sache des Verfahrens staatenlos Staatsangehörigkeit Staatsbürgerschaft ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L507.2219298.1.00Im RIS seit
01.10.2020Zuletzt aktualisiert am
01.10.2020