Entscheidungsdatum
18.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2221402-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 28.01.2019 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11681086010, nach Vorlageantrag vom 21.05.2019 nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2019, AZ II/4-DZ/18-13063075010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , XXXX , XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) war im Antragsjahr 2018 Bewirtschafterin des Betriebes mit der BNr. XXXX und stellte am 04.04.2018 einen Mehrfachflächen-Antrag (MFA) für das Antragsjahr 2018.
2. Die Beschwerdeführerin war im Antragsjahr 2018 auch Auftreiberin auf die Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ), auf die Gemeinschaftsweide mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ), auf die Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ) und die Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ). Von den Bewirtschaftern dieser Gemeinschaftsweide bzw. Almen wurden ebenfalls rechtzeitig MFAs gestellt und Direktzahlungen beantragt.
3. Auf der XXXX fand am 12.07.2018 eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) statt, bei der eine Flächenabweichung mit einem Ausmaß von 1,5179 ha festgestellt wurde. Da – so die AMA – die Beschwerdeführerin in einer Erklärung glaubhaftgemacht habe, dass für die Beschwerdeführerin keine Umstände erkennbar gewesen wären, die die Beschwerdeführerin an der Zuverlässigkeit der antragstellenden Bewirtschafterin zweifeln hätte lassen können, wurde von der AMA unter Berücksichtigung von § 8i MOG diese Flächenabweichung als sanktionsfrei qualifiziert.
4. Am 08.08.2018 fand auf der XXXX ebenfalls eine VOK statt, bei der anstelle einer beantragten Fläche mit einem Ausmaß von 9,1071 ha lediglich eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 2,8302 ha vorgefunden wurde. Unter Berücksichtigung von 1,20 RGVE vom BF von insgesamt 11,20 RGVE aufgetriebenen Tieren wurde dabei für den BF eine sanktionsrelevante anteilige Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,6725 ha, sowie eine sanktionsfreie Abweichung mit einem Ausmaß von 0,5421 ha festgestellt. Diese Fläche war sanktionsfrei, weil die Tiere mit den Ohrmarken AT 934090822, AT 934077222, AT 934082822 und AT 934078322 bei der VOK vorgefunden wurden, aber nicht beantragt waren.
5. Ebenfalls am 08.08.2018 fand auch auf der XXXX eine VOK statt. Dabei wurde jedoch keine sanktionsrelevante Flächenabweichung festgestellt.
6. Am 08.08.2018 fand auch auf dem XXXX eine VOK statt. Dabei wurden sowohl die im MFA für das Antragsjahr 2015 vom Bewirtschafter dieser Alm beantragten Almfutterflächen als auch die Alpung von Rindern auf dieser Alm kontrolliert. Dabei wurde statt einer beantragten beihilfefähigen Almfutterfläche mit einem Ausmaß von 219,5138 ha eine solche mit einem Ausmaß von 219,0068 ha festgestellt. Unter Berücksichtigung von 13,00 RGVE vom BF von insgesamt 155,80 RGVE auf diese Alm aufgetriebenen Tieren wurde dabei für den BF eine sanktionsrelevante anteilige Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,0420 ha festgestellt. Bei dieser VOK wurden fehlende Alm-/Weidemeldungen der Rinder mit den Ohrenmarken AT 934077222, AT 934078322, AT 934082822 und AT 934090822 beanstandet. Der Auftrieb dieser Tiere erfolgte bereits am 02.06.2018. Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 08.08.2018 lag allerdings noch keine Alm-/Weidemeldung vor.
7. Auch auf dem Heimbetrieb der Beschwerdeführerin fand am 27.08.2018 eine VOK statt. Es wurde anstelle der im MFA 2015 beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 18,1466 ha nur eine solche mit einem Ausmaß von 18,0725 ha und somit eine zu sanktionierende Differenzfläche am Heimbetrieb mit einem Ausmaß von 0,4149 ha festgestellt.
8. Die Ergebnisse der VOKs wurden den jeweiligen Bewirtschaftern mit Schreiben der AMA zum Parteiengehör übermittelt. Weder die Beschwerdeführerin noch irgendein Bewirtschafter einer betroffenen Alm haben jedoch eine Stellungnahme abgegeben.
9. Mit Bescheid der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11681086010, wies diese der BF für das Antragsjahr 2018 24,8507 ZA zu und gewährte ihr Direktzahlungen mit einem Ausmaß von EUR 7.958,50, wobei von der Beschwerdeführerin 46,3198 ha beantragt, aber die Ergebnisse der VOKs berücksichtigend nur eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 44,6158 ha und eine sanktionsrelevante Flächenabweichung mit einem Ausmaß von 1,1615 ha festgestellt wurde.
In dieser Entscheidung wurde ein „Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen, 1%“ verfügt und damit ein Betrag in Höhe von EUR XXXX (EUR XXXX im Bereich der Basisprämie, EUR XXXX im Bereich der Greeningprämie und EUR XXXX im Bereich der gekoppelten Stützung für Kühe bzw. EUR XXXX für die gekoppelte Stützung für sonstige Rinder). Aus dem Anhang “Cross Compliance-Berechnung zum Berechnungsdatum vom 31.10.2018“, AZ II/4/23/DZ/18-11737023010, kann entnommen werden, dass im Zuge einer VOK am 27.08.2018, am Betrieb der BF ein Verstoß im Bereich „Rinder: Meldung Gesundheit“ festgestellt worden sei. Aufgrund dieses Verstoßes ergebe sich ein Kürzungsprozentsatz von insgesamt einem Prozentpunkt.
Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 17.01.2019 zugestellt.
10. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin am 28.01.2019 Beschwerde. In ihrer Beschwerde wendet sich die BF gegen den verfügten CC-Abzug und führte aus, dass sie rechtzeitig die Alm-/Weidemeldung ausgefüllt habe und dem Obmann der bewirtschaftenden Weidegemeinschaft unterschrieben und übermittelt habe. Offensichtlich habe der Obmann der die XXXX bewirtschaftenden Weidegemeinschaft die Meldung nicht rechtzeitig an die AMA übermittelt. Sie habe bisher keine Veranlassung gehabt davon auszugehen, dass dieser die Alm-/Weidemeldung nicht rechtzeitig an die AMA übermittle. Daher sei ihr kein Verschulden anzulasten.
11. Aufgrund einer Erhöhung der ZA aufgrund der Zuteilung von ZA für historische Hutweidenflächen im Antragsjahr 2017 erhöhten sich die der BF im Antragsjahr 2018 zuzuweisenden ZA von 24,8507 ZA auf 24,9922 ZA. Im Zuge der Berechnung der Direktzahlungen im April 2019 erfolgte die Zuteilung von ZA für jene Hutweideflächen, welche entweder im AJ 2013 oder im AJ 2015 als solche festgestellt (nach Verwaltungskontrolle oder Vor-Ort-Kontrolle) wurden und im AJ 2017 nicht mehr als Hutweide berücksichtigt wurden (bereits mit anderer Nutzung beantragt oder bei einer Vor-Ort-Kontrolle für das AJ 2017 nicht als Hutweide ermittelt). Flächen welche im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle nicht beihilfefähig ermittelt werden konnten, wurden für die ZA-Zuteilung nicht berücksichtigt. Somit wurden der BF weitere 0,1415 ZA zugeteilt.
Daher wurde mit Abänderungsbescheid der AMA vom 14.05.2019, AZ II/4-DZ/18-13063075010, im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung der Bescheid der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11681086010, abgeändert. Der BF wurden für das Antragsjahr 2018 24,9922 ZA zugewiesen und darauf aufbauend für das Antragsjahr 2018 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Es wurde nur mehr eine Differenzfläche mit einem Ausmaß von 0,4890 festgestellt. Eine Flächensanktion wurde weiterhin nicht verfügt. Der Cross Compliance Abzug mit einem Ausmaß von einem Prozentpunkt wurde jedoch weiterhin verhängt, da der festgestellte Meldeverstoß nicht als nicht geschehen anerkannt werden konnte.
12. Die Beschwerdeführerin stellte am 21.05.2019 einen Vorlageantrag, wies dabei auf § 8i MOG hin und vertrag offensichtlich die Meinung, dass durch die Vorlage einer § 8i MOG-Erklärung auch ein CC-Abzug infolge eines festgestellten Meldeverstoßes aufzuheben wäre.
13. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 17.07.2017 die Beschwerde, den Vorlageantrag und die Verfahrensunterlagen zur Entscheidung vor.
14. Gemäß einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 19.03.2020 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit mit 24.03.2020 der Gerichtsabteilung W114 (Mag. Bernhard DITZ) zur Erledigung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Bei einer am 08.08.2018 auf dem XXXX bzw. einer am 27.08.2018 auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin in ihrer Anwesenheit durchgeführten VOK wurde festgestellt, dass bei vier auf den XXXX aufgetriebenen Rindern der Beschwerdeführerin keine erforderliche Alm-/Weidemeldung an die AMA übermittelt wurde.
1.2. Weder in der Entscheidung der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11681086010, noch in der Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 14.05.2019, AZ II/4-DZ/18-13063075010, wurde eine Flächensanktion im Sinne des Art. 19a VO(EU) 640/2014 verfügt. In beiden Entscheidungen wurde jedoch ein CC-Abzug mit einem Ausmaß von einem Prozent infolge des Unterlassens der rechtzeitigen Meldung des Auftriebes von vier Rindern der Beschwerdeführerin am 02.06.2018 auf den XXXX verhängt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens. Widersprüchlichkeiten traten dabei nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
3.2. Zum Anfechtungsgegenstand:
Die AMA hat den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11681086010, mit Abänderungsbescheid vom 14.05.2019, AZ II/4-DZ/18-13063075010, abgeändert. Aus der Rechtsmittelbelehrung des Abänderungsbescheides, in der auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ergibt sich, dass die AMA eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat.
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG i.V.m. § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde nach der Rechtslage ab 01.01.2014 frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren2 (1918) § 15 Anm. 9 oder Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019), Rz 774). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid zur Gänze (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Ra 2015/09/0025).
3.3. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:
„Artikel 91
Allgemeiner Grundsatz
(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.
(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:
a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;
b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.
[…].“
„Artikel 92
Betroffene Begünstigte
Artikel 91 gilt für Begünstigte, die Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Zahlungen gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die jährlichen Prämien gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie den Artikeln 28 bis 31, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 erhalten.
[…].“
„Artikel 93
Cross-Compliance-Vorschriften
(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:
a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,
b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,
c) Tierschutz.
(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.
[…].“
„Artikel 99
Berechnung der Verwaltungssanktion
(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.
Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt.
(2) Bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit beträgt die Kürzung höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %.
[…]
Verstöße, die eine direkte Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier bedeuten, werden jedoch immer mit einer Kürzung oder einem Ausschluss geahndet.
[…].“
Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.07.2000, im Folgenden VO (EU) 1760/2000, lautet auszugsweise:
„(1) Tierhalter - mit Ausnahme der Transporteure – müssen folgende Anforderungen erfüllen:
sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,
sie teilen der zuständigen Behörde ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Datenbank voll betriebsfähig ist, die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mit. Die Kommission kann jedoch auf Antrag eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Artikels 23 Absatz 2 festlegen, unter welchen Umständen die Mitgliedstaaten die Höchstfrist verlängern können, und spezifische Regeln für die Bewegungen von Rindern vorsehen, die im Sommer an verschiedenen Orten in den Bergen weiden sollen.
(2) Die Tierhalter ergänzen gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 6 die Pässe unmittelbar nach jedem Zugang von Tieren in den Betrieb und unmittelbar vor jedem Abgang von Tieren aus dem Betrieb und tragen dafür Sorge, dass der Pass das betreffende Tier stets begleitet.
(3) Die Tierhalter legen der zuständigen Behörde auf Anfrage alle Informationen über Herkunft, Kennzeichnung und gegebenenfalls Bestimmung von Tieren vor, die sie besessen, gehalten, befördert, vermarktet oder geschlachtet haben.
(4) Das Register erhält die von der zuständigen Behörde genehmigte Form, wird manuell oder digital auf dem neuesten Stand gehalten und ist der zuständigen Behörde für einen von ihr festzulegenden Zeitraum, zumindest jedoch für drei Jahre, auf ihr Verlangen hin jederzeit zur Einsicht offen zu legen.“
Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, im Weiteren: VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:
„Art. 19a
Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete
(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.
Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.
[...].“
„Artikel 38
Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße
(1) „Wiederholtes Auftreten“ eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21. Dezember 2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.
(2) Das „Ausmaß“ eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.
(3) Die „Schwere“ eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.
(4) Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.
(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als „festgestellt“, sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.“
„Artikel 39
Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit
(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 % des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 % dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.
[…].“
§ 6 Abs. 1 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 201/2008 i.d.F. BGBl. II Nr. 66/2010, lautet:
„Meldungen durch den Tierhalter
(1) Innerhalb von sieben Tagen sind zu melden:
1. Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von kennzeichnungspflichtigen Tieren sowie Umsetzungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
2. Umsetzungen von Tieren zwischen Betrieben eines Tierhalters in verschiedenen Gemeinden unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
3. der Auftrieb auf Almen/Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,
4. der Auftrieb auf Almen/Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, in der jeweils geltenden Fassung, vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Sammelantrag gemäß der INVEKOS-CC-V 2010, BGBl. II Nr. 492/2009 anderer Bewirtschafter enthalten sind.“
§ 8i Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgFd BGBl. I Nr. 89/2015 lautet:
„Regelung für Auftreiber auf gemeinschaftlich genutzte Futterflächen
§ 8i. (1) Betriebsinhabern, die auf gemeinschaftlich genutzte Almen und Weiden Tiere auftreiben, wird die beihilfefähige Fläche entsprechend dem Anteil der von ihnen jeweils aufgetriebenen Tiere zugerechnet. Gemäß Art. 73 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. Nr. L 316 vom 30.11.2009 S. 1, finden Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn für den auftreibenden Betriebsinhaber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können.“
3.4. rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. „Greening-prämie“), abgelöst. Darüber hinaus kann seither eine gekoppelte Stützung gewährt werden.
In der gegenständlichen Angelegenheit hat der Beschwerdeführer sich gegen die in der angefochtenen Entscheidung verfügten rechtlichen Konsequenzen hinsichtlich von Verstößen gegen Meldeverpflichtungen an die Rinderdatenbank beschwert.
Die Verpflichtung zur Meldung von Umsetzungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 wonach Tierhalter ein Register auf dem neuesten Stand führen müssen und der zuständigen Behörde (in Österreich die AMA) jede Umsetzung von Tieren in einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von sieben Tagen (vgl.
§ 6 Abs. 1 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008) gemeldet werden muss.
Mit Art. 2 Abs. 2 Z 4 der Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegung von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten Nr. 2001/672/EG idgF wurde jedoch die Frist für die Meldung der Alpung im Gegensatz zu anderen Bewegungsmeldungen, für die grundsätzlich eine siebentägige Meldefrist gilt, auf 15 Tage nach dem Datum des Auftriebs auf die Alm ausgeweitet. Die VOK auf dem Heimbetrieb der BF fand am 27.08.2018, und somit zu einem Zeitpunkt statt, zu dem auch diese 15-Tagesfrist bereits längst abgelaufen war. Damit liegen Verstöße gegen Meldeverpflichtung vor. Die Beschwerdeführerin hat auch keine nachvollziehbare Rechtfertigung für eine Abstandnahme von der in der angefochtenen Entscheidung ausgesprochenen Cross Compliance-Kürzung vorgebracht.
Da der BF auf Basis der o.a. Feststellungen mangels entsprechender rechtzeitiger Meldung an die Rinderdatenbank gegen § 6 Abs. 1 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 verstoßen hat, nahm die AMA gemäß Art. 91, 92 und 93 VO (EU) 1306/2013 zu Recht eine Kürzung der Direktzahlungen, die dem BF zu gewähren waren, vor. Auch das Ausmaß der Kürzung ist unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, obwohl der Regelsatz nicht 1 %, sondern 3 % beträgt.
Wenn der BF in seiner Beschwerde dazu ausführt, dass er die entsprechende Alm-/Weidemeldung am 02.06.2018, und damit rechtzeitig von ihm unterschrieben an den Obmann der den XXXX bewirtschaftenden Agrargemeinschaft weitergeleitet habe, wird vom erkennenden Gericht unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.06.2009, 2008/17/0224, hingewiesen, dass sich ein Auftreiber eine von einem Bewirtschafter einer Alm bzw. einer Weide, auf die der Auftreiber Tiere aufgetrieben hat, unterlassene Alm-/Weidemeldung zurechnen lassen muss. Der Bewirtschafter der Alm bzw. der Weide handle hinsichtlich der zu tätigenden Alm-/Weidemeldung als auch hinsichtlich der Unterlassung einer fristgerechten Meldung als Erfüllungsgehilfe des Auftreibers. Selbst die Unterlassung einer entsprechenden Alm-/Weidemeldung durch einen Bewirtschafter, der sich bisher – auch über einen längeren Zeitraum – als zuverlässig erwiesen hat und daher ein Bewirtschafter im Vertrauen auf diese Zuverlässigkeit die Durchführung der erforderlichen Meldung nicht kontrolliert hat, führt zu keinem Ausschluss der Zurechnung bzw. eines Verschuldens.
Zum Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 8i MOG wird ausgeführt, dass diese Bestimmung nur Regelungen in Bezug auf die anteilige Futterflächenaufteilung zum Inhalt hatte und daher nicht auf die Sanktion im Rahmen der Cross Compliance Anwendung findet.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).
Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B):
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage der Zurechenbarkeit von Meldungen von Bewirtschaftern existiert – ausgehend vom Erkenntnis des VwGH vom 17.06.2009, 2008/17/0224, eine gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem ist die Rechtslage so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH vom 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.
Schlagworte
Abzug Almmeldung beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Bescheidabänderung Beschwerdevorentscheidung Cross Compliance Direktzahlung Flächenabweichung INVEKOS Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Meldepflicht Meldeverstoß Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rechtzeitigkeit Rückforderung Verschulden Vorlageantrag Weidemeldung ZurechenbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2221402.1.00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020