TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/19 L524 2143018-2

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Veröffentlicht am 19.05.2020
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Entscheidungsdatum

19.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §57 Abs1
VwGVG §13 Abs2

Spruch

L524 2143018-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2020, Zl. XXXX , wegen Anordnung einer Wohnsitzauflage, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.09.2019, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, bis zur Ausreise durchgängig in der Betreuungseinrichtung XXXX , Unterkunft zu nehmen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Vorstellung.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben des BFA vom 14.11.2019 vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, die an ihn gerichteten Fragen zu beantworten. Dem kam der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme nach.

Mit Bescheid des BFA vom 14.04.2020, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig in der Betreuungseinrichtung XXXX , Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

II. Feststellungen:

Am 03.10.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 02.12.2016, Zl. XXXX , abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.2019, G313 2143018-1/17E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 06.06.2019 zugestellt und erwuchs damit in Rechtskraft.

Die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichthofes vom 14.08.2019, Ra 2019/18/0302, zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat Österreich nicht verlassen.

Am 06.06.2019 erfolgte ein Rückkehrberatungsgespräch. Der Beschwerdeführer zeigte sich dabei nicht rückkehrwillig.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 27.09.2019, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, in der Betreuungseinrichtung XXXX Unterkunft zu nehmen. Dem kam der Beschwerdeführer nicht nach, da er Angst hatte, von dort aus abgeschoben zu werden.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer Anfang Juni 2019 bei der irakischen Botschaft zwecks Ausstellung eines Reisepasses war.

Es leben keine Familienangehörige des Beschwerdeführers in Österreich. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat Freunde in Österreich. Der Beschwerdeführer ist nicht berufstätig. Er ist gesund und gehört keiner Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung an.

Der Beschwerdeführer wohnt seit 29.11.2019 bei seiner Freundin in XXXX . Der Beschwerdeführer möchte seine Freundin heiraten und mit ihr eine Familie gründen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2019 hatte der Beschwerdeführer diese Freundin noch nicht. Die Beziehung zu seiner Freundin besteht nicht seit April 2018 und es bestehen keine Heiratsabsichten seit November 2018.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Bescheid des BFA vom 02.12.2016, Zl. XXXX und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.2019, G313 2143018-1/17E. Die Feststellung, dass das Erkenntnis am 06.06.2019 in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich aus dem Zustellnachweis.

Die Zurückweisung der Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichthofes vom 14.08.2019, Ra 2019/18/0302.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer bei dem Rückkehrberatungsgespräch am 06.06.2019 nicht rückkehrwillig zeigte, ergibt sich aus einer Rückmeldung des VMÖ, bei dem das Gespräch stattfand (OZ 3).

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, in der Betreuungseinrichtung XXXX , Unterkunft zu nehmen, ergibt sich aus dem Mandatsbescheid des BFA vom 27.09.2019, Zl. XXXX . Aus seinen Angaben in der Stellungnahme ergibt sich, dass der Beschwerdeführer dem nicht nachkam, da er Angst hatte, von dort aus abgeschoben zu werden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Anfang Juni 2019 bei der irakischen Botschaft zwecks Ausstellung eines Reisepasses war, da er keine diesbezügliche Bestätigung vorlegte und erklärte, eine solche Bestätigung auch nicht zu haben.

Die Feststellungen, dass keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich leben, er keine Kinder hat und er in Österreich Freunden hat, ergeben sich aus seinen Angaben in der Stellungnahme.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist und keiner Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung angehört, ergibt sich aus seiner Stellungnahme und der Beschwerde, in der die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe nicht vorgebracht wurde.

Dass der Beschwerdeführer seit 29.11.2019 bei seiner Freundin in XXXX wohnt, ergibt sich aus dem von ihm vorgelegten Meldezettel. Der Beschwerdeführer behauptet zwar in seiner Stellungnahme, dass er diese Freundin seit April 2018 hat und dass seit November 2018 Heiratsabsichten bestünden, doch geht aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2019 hervor, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Freundin hatte (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 15.02.2019 im Verfahren 2143018-1, OZ 12). Es wurde daher die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seine derzeitige Freundin noch nicht hatte, die Beziehung nicht seit April 2018 besteht und auch keine Heiratsabsichten seit November 2018 bestehen. Dass der Beschwerdeführer nun seine Freundin heiraten und mit ihr eine Familie gründen möchte, ergibt sich aus seiner Stellungnahme und seiner Beschwerde im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht berufstätig ist, ergibt sich aus seinen Angaben in der Stellungnahme. Dass der Beschwerdeführer Österreich nicht verlassen hat, ist unstrittig.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Zum Mandatsbescheid vom 27.09.2019, Zl. XXXX :

Mit Mandatsbescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.09.2019, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, bis zur Ausreise durchgängig in der Betreuungseinrichtung XXXX , Unterkunft zu nehmen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Vorstellung.

Aus dem Schreiben des BFA an den Beschwerdeführer vom 14.11.2019 (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) und dem angefochtenen Bescheid vom 14.04.2020 geht zwar hervor, dass das BFA auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers vom 15.10.2019, eingelangt beim BFA am 16.10.2019, gegen den Mandatsbescheid vom 27.09.2019, das Ermittlungsverfahren am 18.10.2019 eingeleitet hätte, doch finden sich im vorgelegten Verwaltungsakt keinerlei Aufzeichnungen darüber, dass am 18.10.2019 tatsächlich ein Ermittlungsverfahren und in welcher Form dieses eingeleitet worden sei. Auch im nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14.04.2020 wird nicht dargelegt, in welcher Form ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei.

Der erste erkennbare Schritt, den das BFA gesetzt hat, ist das Schreiben des BFA vom 14.11.2019 an den Beschwerdeführer.

Gemäß § 57 Abs. 3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Die Vorstellung ist am 16.10.2019 beim BFA eingelangt. Das BFA hätte spätestens 30.10.2019 das Ermittlungsverfahren einleiten müssen. Dies ist nicht erfolgt, weshalb der Mandatsbescheid vom 27.09.2019 gemäß § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft getreten ist.

Zum gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 14.04.2020, Zl. XXXX :

Mit Schreiben vom 14.11.2019 hat das BFA den Beschwerdeführer vom Ergebnis des Beweisverfahrens in Kenntnis gesetzt. Dazu gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab. Mit "ordentlichem" Bescheid des BFA vom 14.04.2020, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG eine Wohnsitzauflage erteilt.

Die Anordnung einer Wohnsitzauflage nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit "ordentlichem" Bescheid an Stelle eines Mandatsbescheides stellt keine Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers dar und ist daher zulässig (vgl. VwGH 04.04.2019, Ro 2018/21/0008).

§ 57 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

"Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) ...

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit 06.06.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Die Erteilung einer Wohnsitzauflage ist daher gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 FPG zulässig, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist gemäß § 57 Abs. 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen (Z 4).

Bei dem Rückkehrberatungsgespräch am 06.06.2019 zeigte sich der Beschwerdeführer nicht rückkehrwillig. Damit ist § 57 Abs. 2 Z 4 FPG erfüllt.

Da es sich bei § 57 Abs. 2 FPG um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird (vgl. BlgNR 2285/A XXV. GP, S. 63f).

Im vorliegenden Fall ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird. Der Beschwerdeführer erklärte nämlich, dass er der Verpflichtung, in XXXX , Unterkunft zu nehmen, nicht nachkam, da er Angst gehabt habe, von dort aus abgeschoben zu werden. Damit ist klar, dass der Beschwerdeführer nicht in den Irak zurückkehren will.

Außerdem erklärte er, dass er Angst habe, in den Irak zurückzukehren und er brachte auch vor, dass er Probleme im Irak habe und dort verfolgt werde. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass im Verfahren betreffend die Gewährung internationalen Schutzes der Beschwerdeführer seine behaupteten Verfolgungsgründe nicht glaubhaft machen konnte. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.2019, G313 2143018-1/17E, wurde rechtskräftig festgestellt wurde, dass keine Verfolgungsgefahr besteht. Wenn der Beschwerdeführer entgegen dieser Entscheidung weiterhin darauf beharrt, verfolgt zu werden, ist offenkundig, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Schließlich erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine Freundin heiraten möchte und mit ihr eine Familie gründen möchte. Auch daraus lässt sich ableiten, dass der Beschwerdeführer in Österreich bleiben will und nicht in den Irak zurückkehren möchte.

Bei Erlassung einer Wohnsitzauflage ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen (vgl. BlgNR 2285/A XXV. GP, S. 63f).

Der Beschwerdeführer ist nicht berufstätig. Es leben keine Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich und er hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat Freunde in Österreich. Der Beschwerdeführer hat auch eine Freundin, allerdings besteht diese Beziehung erst kurze Zeit. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2019 hatte er diese Freundin jedenfalls noch nicht. Er lebt auch erst seit 29.11.2019 mit seiner Freundin in einem gemeinsamen Haushalt. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Unterkunftnahme in XXXX angeordnet wurde. Dieser Ort und der Wohnort seiner Freundin sind nicht weit voneinander entfernt.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, dass die Unterbringung in einer Unterkunft, in der viele Menschen leben würden, das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus erheblich erhöhen würde und zu einer unnötigen Gefährdung führen würde, ist dazu festzuhalten, dass dies rein spekulativ ist und an Relevanz für den vorliegenden Fall mangelt, da der Beschwerdeführer keiner Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung angehört, zumal er diesbezüglich kein Vorbringen erstattete.

Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Art. 8 EMRK erfolgte die Erlassung der Wohnsitzauflage somit zu Recht.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Außerkrafttreten Ausreiseverpflichtung Ausreisewilligkeit ex lege - Außerkrafttreten Mandatsbescheid Pandemie Rückkehrberatung Rückkehrentscheidung Ultima Ratio Verhältnismäßigkeit Vorstellung Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2143018.2.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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