TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/20 L527 2194251-5

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Veröffentlicht am 20.05.2020
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Entscheidungsdatum

20.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L527 2194251-5/2Z

Teilerkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Pakistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Thomas Loos, Schönauerstraße 7, 4400 Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG und § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG wird der Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids richtet, stattgegeben, Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben und der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 09.03.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) mit Bescheid vom 01.03.2018, Zahl XXXX , sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abwies (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV). Seinen Antrag auf internationalen Schutz hatte der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründet, dass er als Angehöriger der islamischen Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan näher genannte Probleme gehabt habe.

Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10.07.2018, W242 2194251-1/4E, als verspätet zurück. Einen vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.04.2019, W242 2194251-3/2E, im Rechtsmittelweg ab.

Mit Bescheid vom 20.12.2019 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan fest (Spruchpunkt III), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55 Abs 4 FPG; Spruchpunkt IV), verhängte gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16.01.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Beschluss vom 05.02.2020 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG statt, behob den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer abermals keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan fest (Spruchpunkt III), gewährte eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise (§ 55 Abs 1 bis 3 FPG; Spruchpunkt IV), verhängte gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gestützt auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI).

Die Beschwerde langte samt Akt am 13.05.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (Wien) ein und wurde der Gerichtsabteilung L527 am selben Tag zugewiesen. Bis zur Genehmigung der vorliegenden Entscheidung langte der Originalakt nicht bei der Gerichtsabteilung L527, Außenstelle Linz, ein. Der Gerichtsabteilung L527 steht der vom Bundesverwaltungsgericht (Wien) erstellte Scan des Originalakts zur Verfügung (OZ 1).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: OZ: Ordnungszahl(en); AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid vom 20.12.2019, XXXX , soweit aus dessen Spruch ersichtlich, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan fest (Spruchpunkt III), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55 Abs 4 FPG; Spruchpunkt IV), verhängte gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gestützt auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI).

1.2. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG statt und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

1.2.1. Unter Punkt 1.6. stellte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss fest:

"1.6.1 Seinen bereits rechtskräftig abgewiesenen Antrag auf internationalen Schutz vom 09.03.2016 hatte der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründet, dass er als Angehöriger der islamischen Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan näher genannte Probleme gehabt habe (Verwaltungsverfahrensakt zum Antrag auf internationalen Schutz [VA-Schutz] AS 9, 90, 241 ff, 439; BVwG 10.07.2018, Zahl W242 2194251-1/4E, BVwG 23.04.2019, Zahl W242 2194251-3/2E). Die belangte Behörde hatte zwar festgestellt, dass der Beschwerdeführer dem religiösen Bekenntnis der Ahmadiyya angehöre, es habe aber nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer in Pakistan von staatlicher oder von privater Seite asylrelevante Verfolgung drohe (VA-Schutz AS 254).

1.6.2. Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren brachte der Beschwerdeführer mehrfach und unter Vorlage von Unterlagen zur Situation im Herkunftsstaat vor, dass sich die Lage für Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan massiv verschlechtert habe. Als Ahmadi wäre der Beschwerdeführer Folter oder unmenschlichen Handlungen ausgesetzt (AS 24 f, 102 ff).

1.6.3. Unter ?C) Feststellungen' ?Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:' führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid u. a. aus:

?Sofern die rechtsfreundliche Vertretung in der Stellungnahme vom 17.12.2019 ausführt im Fall des XXXX [Anmerkung: Beschwerdeführers] wäre die Aufenthaltsbeendigung unzulässig, da ihm im Heimatlande politische Verfolgung im Sinne der GFK drohe und sich seit der negativen Asylentscheidung vom 11.04.2018 die Situation der Ahmida deutlich verschlechtert hätte, sodass eine neuerliche Beurteilung der Verfolgungssituation erforderlich sei, kann dem nicht in der Form entsprochen werden, dass in Österreich ein weiteres Asylverfahren geführt wird.

Für die Asylantragstellung im Inland ist der Nachweis zu erbringen, dass der Fremde tatsächlich im Inland aufhältig ist.

Gem. § 3 AsylG 2005 (1) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Der Aufenthalt Ihrer Person in Österreich ist nicht nachweisbar - hier darf auf den Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 04.12.2019 und Bericht der PI XXXX vom XXXX hingewiesen werden.' (AS 252; Orthografie und Grammatik im Original)

Die Beweiswürdigung zu den Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich besteht allein aus folgendem Satz:

?Die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt resultieren aus dem Akteninhalt und Anfragen aus dem BMI-Webanwendungen (Anfrageplattform für Strafregister (SA), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), Zentrales Melderegister (ZMR), Sozialversicherungsanfrage und andere),' (AS 361; Orthografie und Grammatik im Original)

Derartige (aktuelle) Auszüge enthält der Verwaltungsakt zum angefochtenen Bescheid nicht.

In der rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt III, womit sie die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan für zulässig befand, abseits der Wiedergabe von Gesetzestext (§ 52 Abs 9, § 46 Abs 1, § 50 FPG) aus:

?Weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus Ihrem Vorbringen ergibt sich eine derartige Gefährdung [Anmerkung: Gefährdung im Sinne des § 50 Abs 1 FPG]:

Gem. § 50 Abs. 2 FPG ist eine Abschiebung auch dann unzulässig, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukommen sollte. Sie haben keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, und derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich.

Gem. § 50 Abs. 3 FPG ist eine Abschiebung schließlich unzulässig, wenn die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihr entgegenstehe. Eine solche vorläufige Maßnahme wurde in Ihrem Fall nicht empfohlen.

Es ist somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen Ihre Abschiebung nach Mazedonien zulässig ist.' (AS 369; Orthografie und Grammatik im Original, Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht)"

Daran anknüpfend führte das Bundesverwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung im Beschluss vom 05.02.2020 (Punkt 3.3.2.) - zusammengefasst - aus, dass die belangte Behörde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Pakistan, Gesamtaktualisierung am 16.05.2019, letzte Kurzinformation eingefügt am 09.08.2019, in das Verfahren eingebracht, dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt und in den angefochtenen Bescheid - sichtlich wahllos - eingefügt habe. Abgesehen davon habe die Behörde den zur Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung relevanten Sachverhalt aber nicht (weiter) ermittelt und sich auch ansonsten mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass und weshalb seine Abschiebung unzulässig sei, nicht auseinandergesetzt. Unter Bedachtnahme auf VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234, und den Inhalt des Bescheids vom 20.12.2019 erschien dem Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt und deshalb die notwendigen Ermittlungen zur Feststellung des zur Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung relevanten Sachverhalts unterlassen habe.

1.2.2. Hinsichtlich der von der Behörde unter Spruchpunkt VI des Bescheids vom 20.12.2019 unter Berufung auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ausgesprochenen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung stellte das Bundesverwaltungsgericht unter Punkt 1.9. des Beschlusses vom 05.02.2020 fest, dass die Behörde dazu nach der Wiedergabe des Gesetzestextes in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt habe:

"'Wie oben ausgeführt, liegt Ziffer 1 in Ihrem Fall vor.

Wie bereits in Spruchpunkt IV ausführlich erörtert, rechtfertigt die Missachtung der Ausreiseverpflichtung die Annahme, dass sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellen.' (AS 375; Orthografie und Grammatik im Original)"

Weiters stellte das Bundesverwaltungsgericht unter Punkt 1.9. des Beschlusses vom 05.02.2020 fest:

"Auf Grundlage welcher Ermittlungen und Ermittlungsergebnisse sowie Erwägungen die Behörde zu der Auffassung gelangte, dass die Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen habe, ist weder dem Bescheid noch dem übrigen von der Behörde vorgelegten Akt zu entnehmen."

In der rechtlichen Beurteilung (Punkt 3.1.3. und 3.3.3.) seines Beschlusses vom 05.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Verweis auf VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, und VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007, aus, dass die belangte Behörde gestützt auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt habe, ohne dass sie besondere Umstände, die die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise begründen könnten, ermittelt oder das Vorliegen derartiger Umstände ansonsten dargetan hätte. Insofern habe sie den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht ermittelt bzw., sollte die Behörde davon ausgegangen sein, derartige Umstände seien nicht entscheidungserheblich, die Rechtslage verkannt. In jedem Fall erweise sich der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gegenständlich als rechtswidrig.

1.2.3. Unter Punkt 3.5. des Beschlusses vom 05.02.2020 hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Behörde im fortgesetzten Verfahren ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren zu führen und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu ermitteln habe. Dazu zähle unter anderen, dass, sollte sich im fortgesetzten verwaltungsbehördlichen Verfahren ergeben, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers zu prüfen sei (§ 52 Abs 9 FPG), was von der von der Behörde zu klärenden Frage, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des FPG handle, abhänge, die Behörde insofern den Sachverhalt vollständig und ordnungsgemäß zu ermitteln haben werde. Dazu bedürfe es insbesondere Sachverhaltsermittlungen bzw. einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Unzulässigkeit einer Abschiebung nach Pakistan. Die Behörde werde davon Abstand zu nehmen haben, sich auf den Standpunkt zurückzuziehen, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht in der Form entsprochen werden könne, dass in Österreich ein weiteres Asylverfahren geführt werde, mag der Beschwerdeführer auch keinen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz mehr stellen.

Ferner hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Behörde vor einer allfälligen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine allfällige Rückkehrentscheidung überdies den insofern entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln hätte, was im Hinblick auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG bedeute, dass sie namentlich jene besonderen Umstände zu ermitteln hätte, die die Erforderlichkeit der sofortigen Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zu begründen vermögen.

1.3. Der von der belangen Behörde vorgelegte Verwaltungsakt enthält auf den AS 241 bis 377 den Bescheid vom 20.12.2019, XXXX , auf AS 413 bis 414 die dagegen erhobene Beschwerde, auf AS 421 bis 446 den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, auf AS 447 bis 449 eine Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts an die belangte Behörde und - unmittelbar daran anschließend - auf AS 451 bis 578 den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.04.2020. Dass die Behörde zwischen der Zustellung des Beschlusses 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, und der Erlassung des angefochtenen Bescheids Ermittlungsschritte gesetzt hätte, ist dem Akt nicht zu entnehmen (vgl. nicht zuletzt die Darstellung des Verfahrensgangs und die Darstellung der von der Behörde herangezogenen Beweismittel im angefochtenen Bescheid, AS 461 f).

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer abermals keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan fest (Spruchpunkt III), gewährte eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise (§ 55 Abs 1 bis 3 FPG; Spruchpunkt IV), verhängte gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI).

1.4.1. Unter den Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich findet sich im Bescheid unter anderem folgende Passage:

"Sofern die rechtsfreundliche Vertretung in der Stellungnahme vom 17.12.2019 ausführt im Fall des XXXX [Anmerkung: Beschwerdeführers] wäre die Aufenthaltsbeendigung unzulässig, da ihm im Heimatlande politische Verfolgung im Sinne der GFK drohe und sich seit der negativen Asylentscheidung vom 11.04.2018 die Situation der Ahmida deutlich verschlechtert hätte, sodass eine neuerliche Beurteilung der Verfolgungssituation erforderlich sei, kann dem nicht in der Form entsprochen werden, dass in Österreich ein weiteres Asylverfahren geführt wird.

Für die Asylantragstellung im Inland ist der Nachweis zu erbringen, dass der Fremde tatsächlich im Inland aufhältig ist.

Gem. § 3 AsylG 2005 (1) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Der Aufenthalt Ihrer Person in Österreich ist nicht nachweisbar - hier darf auf den Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 04.12.2019 und Bericht der PI XXXX vom XXXX und den aktuellen ZMR-Auszug hingewiesen werden." (AS 463 f; Orthografie und Grammatik im Original)

In der rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheids unter anderem aus, dass zahlreiche näher genannte Angehörige des Beschwerdeführers, die Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya seien, im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers leben (AS 566 f; vgl. auch AS 465 f). Worauf, also insbesondere auf welche unbedenklichen und hinreichend aktuellen Ermittlungsschritte, die Behörde den ihrer Entscheidung insofern zugrunde gelegten Sachverhalt stützt, erschließt sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht (vgl. AS 461 f, 554).

Ferner hält die Behörde zu Spruchpunkt III des Bescheids unter anderem fest, dass gemäß § 50 Abs 2 FPG eine Abschiebung auch dann unzulässig sei, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukommen sollte. Der Beschwerdeführer habe keinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt und derartige Gründe seien auch nicht ersichtlich (AS 568).

1.4.2. Zu Spruchpunkt IV des Bescheids (Frist für die freiwillige Ausreise) führt die Behörde in der rechtlichen Beurteilung aus:

"Gem. § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wird, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

In Ihrem Fall konnten solche Gründe nicht festgestellt werden.

Das bedeutet, dass Sie ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sind.

Unter den in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen, z.B. wenn Sie Ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise nicht zeitgerecht nachkommen, können Sie zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung).

Diese Rückkehrentscheidung wird nach ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist oder - im Falle der rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde - mit Zustellung eines abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig." (AS 568 f; Orthografie und Grammatik im Original)

1.4.3. Zu Spruchpunkt VI des Bescheids (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) führt die Behörde in der rechtlichen Beurteilung nach der Wiedergabe von Gesetzestext aus:

"Wie oben ausgeführt, liegt Ziffer 1 in Ihrem Fall vor.

Wie bereits in Spruchpunkt V ausführlich erörtert, rechtfertigt die Missachtung der Ausreiseverpflichtung die Annahme, dass sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellen.

Seit 17.12.2019 verfügen Sie über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ist nicht nachweisbar. Ihre rechtsfreundliche Vertretung kennt Ihren Aufenthaltsort nicht. Ihrer Ehefrau konnte aufgrund der vorliegenden Tatsachen (Scheinmeldung bei der Firma Kayahan M. KG) keine Anmeldebescheinigung ausgestellt werden. Ihre Ehefrau war im Zeitraum 02.01.2019 bis 30.01.2019 in Österreich aufrecht gemeldet.

Bis dato haben Sie in Österreich weder gearbeitet, noch besitzen oder besaßen Sie (außerhalb des vorläufigen Aufenthaltsrechts aus dem Asylverfahren) in Österrreich ein Aufenthaltsrecht nach irgendeinem Gesetz außer eben - wie erwähnt der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG.

Laut Bericht der PI XXXX vom XXXX wurden am 15.10. 2018 aus der betreffenden Wohnung zwangsdelogiert und sind seither unbekannt verzogen. Ihr Aufenthaltsort ist der Behörde unbekannt. Sie haben der Behörde Ihren Aufenthaltsort nicht bekanntgegeben, obwohl Ihnen bekannt ist, dass aufenthalsbeendendes Verfahren läuft. Auch Ihre rechtsfreundliche Vertretung konnte der Behörde Ihren Aufenhaltsort nicht bekanntgeben (Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 04.12.2019). Sie blieben Ihre Mitwirkung schuldig.

Der Aufenthalt Ihrer Person in Österreich ist nicht nachweisbar - hier darf auf den Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 04.12.2019, den Bericht der PI XXXX vom XXXX und den aktuellen ZMR-Auszug hingewiesen werden.

Sie haben keinerlei Mittel zu Ihrem Unterhalt. Sie sind nicht versichert. Ihre Ehefrau gab in der zeugenschaftlichen Einvernahm vom 05.09.2019 zu Protokoll, dass Sie davon leben würden, dass Sie sich von Freunden Geld ausborgten und mittlerweile hohe Schulden hätten. Sie gab auch an, dass Sie beschäftigungslos wären.

Letztlich haben Sie einen unbegründeten Asylantrag gestellt.

Aufgrund dieser Tatsachen ist, unter Bedachtnahme auf Ihr Gesamtverhalten, d.h. im Hinblick darauf, wie Sie Ihr Leben in Österreich insgesamt gestalten, davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass Sie eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, gerechtfertigt." (AS 575; Orthografie und Grammatik im Original)

Dass die Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen habe, legte die Behörde nicht (nachvollziehbar) dar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten (vgl. auch die Ausführungen zum Verfahrensgang). Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Geschäftszahlen, Aktenseiten oder Ordnungszahlen angegeben.

Der Sachverhalt ist somit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung von Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

3.1. Zur Rechtslage:

3.1.1. Gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z 1) oder der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2) oder Fluchtgefahr besteht (Z 3).

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass es zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden nicht genügt, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Vgl. mwN VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, sowie zum Kriterium der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise nach § 52 Abs 6 FPG VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007.

3.1.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs 5 BFA-VG steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (Abs 6 leg cit).

In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 Satz 1 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs 5 VwGVG - nur so zu verstehen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen; vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014. Nunmehr hat der Gesetzgeber entsprechend festgelegt, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter den Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche von Amts wegen zu erfolgen hat; der Beschwerdeführer kann eine Entscheidung (in beide Richtungen) aber nach Ablauf dieser Frist mittels eines Fristsetzungsantrags herbeiführen (vgl. § 18 Abs 5 letzter Satz BFA-VG).

3.2. Aus dieser Rechtslage folgt für den gegenständlichen Fall:

3.2.1. Vorweg ist Folgendes festzuhalten: Bei der auf § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG gestützten Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung an die Behörde, wie sie das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, aussprach, ist die Behörde an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind die Verwaltungsbehörden, die Verwaltungsgerichte und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an die die Aufhebung tragenden Gründe und die für die Behebung maßgebliche Rechtsansicht - sofern nicht eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist - gebunden; vgl. mwN VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0034; VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0169. Die schon vor der Erlassung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft der Entscheidung erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört; vgl. z. B. VwGH 19.09.2017, Ra 2017/20/0045, zu § 28 Abs 5 VwGVG.

Ob die belangte Behörde diesen Vorgaben mit dem angefochtenen Bescheid entsprach, beurteilt das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Teilerkenntnis nicht (abschließend). Die vermeintlich auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich auf jeden Fall als rechtswidrig. Es kann daher - für das gegenständliche Teilerkenntnis - dahingestellt bleiben, ob die Behörde den Sachverhalt im Sinne des Gesetzes und des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, ermittelte und (nunmehr) etwa zu Recht davon ausgehen konnte, der Beschwerdeführer sei Drittstaatsangehöriger und kein begünstigter Drittstaatsangehöriger. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Teilerkenntnis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, als Ahmadi wäre er in seinem Herkunftsstaat Folter oder unmenschlichen Handlungen ausgesetzt (AS 24 f, 102 ff, 611 ff), Bedacht nimmt, geschieht dies angesichts des § 18 Abs 5 BFA-VG und bedeutet insbesondere keine abschließende Beurteilung der Entscheidung der Behörde, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig sei. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in seiner diesem Teilerkenntnis nachgelagerten weiteren Prüfung, also bei der Beurteilung der Spruchpunkte I, II, III, IV und V des angefochtenen Bescheids, zu dem Ergebnis kommen, dass die belangte Behörde in Missachtung der Rechtswirkungen des Beschlusses vom 05.02.2020, L527 2194251-4/5E, entschieden habe, steht das einer (neuerlichen) Behebung des Bescheids nicht entgegen.

3.2.2. In Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtslage (3.1.2.) stellte der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, der nach der zitierten Rechtsprechung zurückzuweisen wäre, sondern führte aus, weshalb aus seiner Sicht die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig sei (AS 610 ff). Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in Abspruch über die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des Bescheids darüber zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vorliegen bzw. ob der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist oder nicht.

3.2.3. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde Umstände an, die aus ihrer Sicht die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Obwohl sie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Beschluss vom 05.02.2020 darauf hingewiesen hatte, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG nur zulässig sei, wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen habe, legt die Behörde nicht dar, dass, inwieweit und aus welchen (vom Gesetz gedeckten und nachvollziehbaren) Erwägungen sie vom Vorliegen derartiger Umstände ausgehe. Das Vorliegen derartiger Umstände erschließt sich auch keineswegs bei gesamtheitlicher Betrachtung des Bescheids, im Gegenteil. Indem die Behörde zum einen nicht einmal dezidiert ausspricht und nachvollziehbar begründet, dass derartige Umstände vorlägen, zum anderen dem Beschwerdeführer sogar ausdrücklich eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise einräumt, gibt die Behörde zu erkennen, dass nicht einmal sie selbst die sofortige Aufenthaltsbeendigung für erforderlich hält.

Mangels Vorliegens besonderer Umstände, die die sofortige Aufenthaltsbeendigung erforderlich machen, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG nicht erfüllt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte daher der Beschwerde stattzugeben und Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben (§ 28 Abs 2 VwGVG). Schon deshalb kommt der Beschwerde nunmehr die aufschiebende Wirkung zu.

3.2.4. Darüber hinaus ist angesichts der vom Bundesverwaltungsgericht unter 1.2.1., 1.2.3., 1.3. und 1.4.1. getroffenen Feststellungen im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan festzuhalten, dass im Rahmen der nach § 18 Abs 5 BFA-VG durchzuführenden Prüfung gegenwärtig nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK bedeuten würde:

Das Bundesverwaltungsgericht erinnert daran, dass der Beschwerdeführer mehrfach und unter Vorlage von Unterlagen zur Situation im Herkunftsstaat vorbrachte, dass sich die Lage für Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan massiv verschlechtert habe und ihm als Ahmadi Folter oder unmenschlichen Handlungen drohten. Dieses Vorbringen hält der Beschwerdeführer in der gegenständlichen Beschwerde ausdrücklich aufrecht (AS 612 f).

Das Bundesverwaltungsgericht behob den Bescheid vom 20.12.2019 nicht zuletzt deshalb, weil die Behörde - unbeschadet der Frage, ob der Beschwerdeführer überhaupt Drittstaatsangehöriger sei, wovon die Behörde ausgegangen war - den für die Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung maßgeblichen Sachverhalt für sich genommen nicht vollständig und ordnungsgemäß ermittelt hatte.

In Anbetracht des Inhalts des angefochtenen Bescheids, insbesondere der Darstellung des Verfahrensgangs, der herangezogenen Beweismittel und der Ausführungen zur (angeblichen) Zulässigkeit der Abschiebung, kann ohne eingehende Prüfung, die gegenständlich im Rahmen des § 18 Abs 5 BFA-VG und der dort vorgesehenen Zeit nicht zu leisten ist, keineswegs mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Behörde ihrer aus dem Gesetz in Verbindung mit dem Beschluss vom 05.02.2020 folgenden Verpflichtung zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung nunmehr nachgekommen ist. Davon ausgehend kann gegenwärtig eine Verletzung von Art 2, 3 EMRK für den Fall der Abschiebung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Der Beschwerde war daher auch vor diesem Hintergrund die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (§ 18 Abs 5 BFA-VG).

3.3. Der Vollständigkeit halber weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die vorliegende Entscheidung keinen Abspruch über die (Begründetheit der) Beschwerde, soweit sie sich auch gegen die Spruchpunkte I bis V des angefochtenen Bescheids richtet, bedeutet und diesen auch in keiner Weise vorwegnimmt. Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 17 VwGVG iVm § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VI spruchreif war und die Trennung - wegen der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführer - auch zweckmäßig erscheint. Über die Beschwerde gegen die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids wird das Bundesverwaltungsgericht gesondert entscheiden.

3.4. Ungeachtet dessen, ob die Voraussetzungen für den Entfall der mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs 7 BFA-VG vorlagen, konnte das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nach § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG (es stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheids aufzuheben ist) und § 21 Abs 6a BFA-VG (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese vom Bundesamt aberkannt wurde) ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; vgl. die oben zitierten Entscheidungen, insbesondere VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Spruchpunktbehebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2194251.5.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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