TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/25 W243 2230986-1

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Veröffentlicht am 25.05.2020
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Entscheidungsdatum

25.05.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W243 2230986-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2020, Zl. 1260981705-200189467, zu Recht erkannt:
A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, brachte nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.02.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Eine EURODAC-Abfrage zu ihrer Person ergab Treffermeldungen im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Behandlungen nach illegaler Einreise am 16.12.2019 in Griechenland sowie nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am 25.01.2020 in den Niederlanden.

2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 18.02.2020 brachte die Beschwerdeführerin vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden. Während ihr Vater bereits verstorben und ihr leiblicher Bruder verschollen seien, befänden sich sowohl ihre Mutter als auch ihr Stiefvater und ihre vier Stiefgeschwister in Österreich.

Befragt zu ihrem Reiseweg, gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, sie habe ihren Herkunftsstaat im Winter 2016 verlassen und sei zunächst über den Iran in die Türkei gelangt, wo sie sich bis zum Jahr 2019 aufgehalten habe. Über Griechenland sei sie weiter in die Niederlande gereist und schließlich über Deutschland nach Österreich gelangt. Sie habe ihre Mutter seit dem Jahr 2014 nicht mehr gesehen, ihr Ziel sei es jedoch gewesen, nach Österreich zu kommen, um sie zu sehen.

Als Fluchtgrund führte die Beschwerdeführerin an, sie habe ihre Heimat wegen den Taliban verlassen, die bereits ihren Bruder umgebracht hätten und ihren Stiefbruder entführt sowie für den Selbstmord vorbereitet hätten.

3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am 20.02.2020 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), gestütztes – die Beschwerdeführerin betreffendes – Wiederaufnahmegesuch an die Niederlande.

Mit Schreiben vom 03.03.2020 stimmte die niederländische Dublin-Behörde der Rückübernahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu.

4. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 12.03.2020 gab die Beschwerdeführerin im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung und unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu zu Protokoll, geistig und körperlich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu sein. Sie leide seit der Ausreise ihrer Mutter an Depressionen und Migräne, weshalb sie bereits in der Türkei in Behandlung gewesen sei. Medizinische Unterlagen habe sie keine, sie sei aber in Österreich zwei oder dreimal bei einer Ärztin gewesen, welche ihr Tabletten gegen Kopfschmerzen gegeben habe. Wegen ihren Depressionen müsse sie zu einem anderen Arzt. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, künftige medizinische Unterlagen selbstständig der Behörde vorzulegen.

Befragt zu etwaigen Familienangehörigen, führte die Beschwerdeführerin an, dass sich ihre Mutter, ihr Stiefvater, eine Stiefschwester sowie drei Brüder in Österreich aufhielten. Ihre asylberechtigte Mutter lebe seit dem Jahr 2014 im Bundesgebiet; seit ihrer Ankunft sei sie von ihrer Mutter zweimal besucht worden. Davor hätten sie telefonischen Kontakt gehabt. Von ihrer Mutter sei die Beschwerdeführerin finanziell nicht unterstützt worden, sondern habe die Beschwerdeführerin in der Türkei als Dolmetscherin gearbeitet. Ebendort habe sie zunächst gemeinsam mit ihrem Stiefvater und ihren Stiefgeschwistern gelebt. Nachdem diese jedoch ein österreichisches Visum erhalten hätten, sie selbst jedoch aufgrund ihrer mittlerweile eingetretenen Volljährigkeit nicht, habe sie bei ihrer Großmutter in der Türkei gelebt.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und ihre Außerlandesbringung in die Niederlande zu veranlassen, führte die Beschwerdeführerin an, dass sie von Anfang nach Österreich gewollte habe, um bei ihrer Familie zu sein. Nachdem ihre Mutter weggegangen sei, habe sie ihre Geschwister großgezogen. Konkrete Vorfälle hätte es in den Niederlanden nicht gegeben.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Niederlande gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Niederlande zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Das BFA stellte nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges fest, dass sich die Niederlande mit Schreiben vom 03.03.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Führung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin für zuständig erklärt habe. Die Beschwerdeführerin leide an keinen lebensbedrohenden oder überstellungshinderlichen Krankheiten. In Österreich würden ihre asylberechtigte Mutter, ihr Stiefvater sowie ihre vier Stiefgeschwister leben.

Zur Lage in den Niederlanden traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

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Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2017; vgl. GoN o.D.a, IND o.D.a für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        GoN – Government of the Netherlands (o.D.a): Asylum policy, https://www.government.nl/topics/asylum-policy, Zugriff 16.02.2018

-        IND – Immigration and Naturalisation Service (o.D.a): Asylum, https://ind.nl/en/asylum, Zugriff 16.02.2018

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren (allgemeines und erweitertes Verfahren) vor der niederländischen Einwanderungsbehörde (Immigratie-en Naturalisatiedienst – IND). Im Falle eines „take back“-Verfahrens kann der Asylwerber einen Folgeantrag stellen, der neue Elemente enthalten muss. Dieser wird wie der Folgeantrag eines Nicht-Dublin-Rückkehrers behandelt In „take charge“-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

Non-Refoulement

Das Gesetz sieht die Freizügigkeit im Inland, die Reisefreiheit, das Recht auf Emigration und Wiedereinbürgerung vor, und die Regierung respektiert generell diese Rechte. Der Staat arbeitet mit dem Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 3.3.2017).
Nach einer endgültigen Ablehnung des Asylantrags ist eine Folgeantragsstellung möglich. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen des Non-Refoulement-Prinzips der Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Netherland, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394769.html, Zugriff 16.02.2018

Versorgung

Gemäß Gesetz haben alle mittellosen Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und materielle Versorgung ab Antragstellung (AIDA 2.2017). Die Zentralstelle für die Aufnahme von Asylwerbern (COA) ist für die Unterbringung und Versorgung der grundlegenden Bedürfnisse von Asylwerbern während ihres Asylverfahrens verantwortlich (COA o.D.b; vgl. AIDA 2.2017).
Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 296,24 Euro. Das wöchentliche Taschengeld variiert jedoch je nach Art der Unterbringung. Die Versorgung deckt die folgenden Leistungen und Kosten: Unterkunft; wöchentlicher Zuschuss für Nahrung, Kleidung und persönliche Ausgaben; Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Besuch des Anwalts; Freizeitangebot und Bildungsaktivitäten (z.B. Vorbereitung für die Integrationsprüfung); Krankenversicherung; Haftpflichtversicherung; Sonderkosten (AIDA 2.2017).
Der Asylwerber darf für 24 Wochen im Jahr arbeiten. Daneben ist es für sie möglich, verschiedene Arbeiten in ihrer Unterbringung (z.B. Wartungs- und Reinigungsarbeiten) gegen wöchentliche Bezahlung in der Höhe von 14 Euro zu verrichten. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit außerhalb des Unterbringungszentrums ist auch erlaubt (AIDA 2.2017; vgl. CAO o.D.c).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        COA – Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.b): Asylum seekers, https://www.coa.nl/en/asylum-seekers, Zugriff 16.02.2018

-        CAO – Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.c): Work and education, https://www.coa.nl/en/asylum-seekers/work-and-education, Zugriff 16.02.2018

Unterbringung

Es gibt in den Niederlanden insgesamt 106 Unterbringungszentren, mit 26.185 Plätzen. Es handelt sich dabei um:

?        Antragszentrum in Schipol (Aanmeldcentrum – AC): geschlossenes Zentrum im Grenzverfahren.

?        Zentrales Auffanglager Ter Apel (Centraal Opvanglocatie – COL): wo Asylanträge zu stellen sind. Aufenthalt max. 3 Tage.

?        4 Verfahrenszentren (Proces Opvanglocatie – POL): dient der Ruhe- und Vorbereitungsphase. Bei allgemeinem Verfahren bleibt der Asylwerber im POL.

?        Asylwerberzentren (Asielzoekerscentrum – AZC): hier werden erweiterte Verfahren geführt, aber auch Schutzberechtigte untergebracht, bis sie eine Wohnmöglichkeit finden.

?        Freiheitsbeschränkende Unterbringung (Vrijheidsbeperkende locatie – VBL): bis zwölf Wochen Unterbringung möglich, wenn der Fremde bei Organisation der Heimreise kooperiert; keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung.

?        8 Familienzentren (Gezinslocatie – GL): für Familien, die das Unterbringungsrecht verloren haben, da Kinder immer unterzubringen sind. Fokus liegt auf Rückkehr. keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung (AIDA 2.2017; vgl. CAO o.D.d).
Die Familienzentren wurden vom niederländischen Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) kritisiert, da der eingeschränkte Zugang zu Versorgung mit den Regelungen über Kinderrechte nicht übereinstimmen (AIDA 2.2017).
Die zeitlich begrenzte und bedingte Unterstützung der niederländischen Regierung für abgelehnte Asylwerber gab weiterhin Anlass zur Besorgnis. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisiert das Gesetz, welches die medizinische Versorgung, Bildung und Sozialhilfe für Asylwerber mit einem negativen Bescheid von deren Bereitschaft zur Rückkehr in das Herkunftsland abhängig macht (HRW 18.1.2018).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        CAO – Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.d): Types of reception centres, https://www.coa.nl/en/reception-centres/types-of-reception-centres, Zugriff 16.02.2018

-        HRW – Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 – European Union, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422356.html, Zugriff 16.02.2018

Medizinische Versorgung

Asylwerber sind versichert und haben Anspruch auf medizinische Versorgung (GoN o.D.b). Die allgemeine medizinische Behandlung ist, soweit möglich, dieselbe wie für niederländische Bürger, erweitert um besonderes Augenmerk auf sprachliche und kulturelle Unterschiede, die Lebenssituation von Asylwerbern, das Asylverfahren und deren besondere Bedürfnisse (AIDA 2.2017; vgl. GZA o.D.a). Das Gesundheitszentrum für Asylwerber (GZA) ist die erste Anlaufstelle für Asylwerber in Gesundheitsangelegenheiten. Das GZA verfügt über zahlreiche Standorte in oder in der Nähe fast jedes Asylwerbezentrums. Ein Allgemeinmediziner, eine Krankenschwester und ein psychologischer Berater oder medizinischer Assistent stehen dort zur Verfügung (GZA o.D.b). Außerdem gibt es eine Telefon-Hotline, wo Fragen gestellt, Termine ausgemacht und Dolmetscher für die Untersuchungen bestellt werden können. Die Hotline steht rund um die Uhr bei Notfällen auch zur Verfügung (GZA o.D.c). Bei der Ankunft in Unterbringungszentrum wird eine medizinische Eingangsuntersuchung angeboten, um Behandlungserfordernisse frühzeitig zu erfassen (IND 8.2015). Eine Tuberkulosekontrolle ist jedoch für alle Asylwerber obligatorisch (COA o.D.e).
Asylwerber haben Zugang zu medizinischer Basisversorgung, darunter Zugang zu Allgemeinmedizin, Spitälern, Psychologen, Zahnmedizin (in extremen Fällen) und auf Tagesbasis Zugang zu psychiatrischen Kliniken. Es gibt eine Reihe spezialisierter Institutionen zur Behandlung von Asylwerbern mit psychischen Problemen (z.B. Phoenix). Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber in POL, COL, VBL und für Erwachsene in GL ist nur in Notfällen gewährleistet. Gesundheitsdienstleister bekommen Leistungen für irreguläre Migranten bei einer speziellen Stiftung ersetzt. Nach einer Untersuchung rief der Ombudsmann den Gesundheitsminister auf, den Zugang zu medizinischer Versorgung auch für Menschen ohne Aufenthaltstitel zu gewährleisten (AIDA 2.2017).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        CAO – Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.e): Asylum seeker, https://ind.nl/en/asylum/Pages/Asylum-seeker.aspx, Zugriff 16.02.2018

-        GoN – Government of the Netherlands (o.D.b): Health insurance and residence permit, https://www.government.nl/topics/health-insurance/health-insurance-and-residence-permit, Zugriff 16.02.2018

-        GZA – Gzasielzoekers (o.D.a): I am asylum seeker, https://www.gzasielzoekers.nl/en, Zugriff 16.02.2018

-        GZA – Gzasielzoekers (o.D.b): About GZA, https://www.gzasielzoekers.nl/en/iamasylumseeker/aboutgza, Zugriff 16.02.2018

-        GZA – Gzasielzoekers (o.D.c): Going to the doctor, https://www.gzasielzoekers.nl/en/iamasylumseeker/goingtothedoctor, Zugriff 16.02.2018

-        IND – Immigration and Naturalisation Service (8.2015): Before your asylum procedure begins, https://ind.nl/documents/rvt_engels.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten von IND eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung für 5 Jahre. Für beide Schutzformen gelten die gleichen materiellen Rechte (AIDA 2.2017). Nach 5 Jahren besteht die Möglichkeit, eine Daueraufenthaltserlaubnis zu beantragen, wenn gewisse Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind (IND o.D.b).
Wer eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat, wird in Unterkünften untergebracht, die von den jeweiligen Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Innerhalb von 14 Wochen müssen die Aufenthaltsberechtigten das Aufnahmezentrum verlassen und in die neue Unterkunft umziehen. COA unterstützt und berät dabei in persönlichen Beratungsgesprächen hinsichtlich Informationen über die holländische Gesellschaft und bietet Sprachkurse an (COA o.D.f). Liegt ein entsprechendes Angebot des COA vor, muss der Betreffende dieses annehmen, weil damit das Recht auf Unterbringung im Zentrum endet (AIDA 2.2017).
Nach Auskunft der niederländischen Einwanderungsbehörde (IND), haben anerkannte Flüchtlinge und Begünstigte bezüglich eines internationalen Schutzes vollen Zugang zum niederländischen Wohlfahrtssystem (medizinische, soziale und finanzielle Zuwendungen) (IND 12.8.2014). Personen mit einem Schutzstatus haben Anspruch auf die gleiche Gesundheitsversorgung wie niederländische Bürger (AIDA 2.2017).
Schutzberechtigte haben zwar vollen Zugang zu Beschäftigung, Studien zufolge sind sie auf dem Arbeitsmarkt mit zahlreichen Problemen (fehlende Sprachkenntnisse, Ausbildung, physische und psychische Belastungen etc.) konfrontiert (AIDA 2.2017).
Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: Netherlands, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.v_final.pdf, Zugriff 16.02.2018

-        CAO – Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.f): Accomodation for residence permit holders, https://www.coa.nl/en/asylum-seekers/accommodation-for-residence-permit-holders, Zugriff 16.02.2018

-        IND – Immigration and Naturalisation Service (o.D.b): Permanent asylum residence permit, https://ind.nl/en/permanent-residence/Pages/permanent-residence-permit-asylum.aspx, Zugriff 16.02.2018

-        IND – Immigration and Naturalisation Service (12.8.2014): Auskunft des IND, per Email”

Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass die Identität der Beschwerdeführerin mangels vorliegender unbedenklicher Dokumente nicht feststehe. Dass die Beschwerdeführerin an schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leide, habe sie weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Aufgrund der Zustimmung der niederländischen Behörden, denen mitgeteilt worden sei, dass sich ihre asylberechtigte Mutter und ihr Stiefvater sowie ihre Stiefgeschwister in Österreich aufhielten, stehe fest, dass Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO erfüllt sei. Die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen in den Niederlanden würden ausgehend von den Angaben der Beschwerdeführerin und den vorliegenden Länderfeststellungen eingehalten.

In der rechtlichen Beurteilung wurde festgehalten, dass Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt sei. Die Anordnung der Außerlandesbringung würde nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führen. Zwar läge ein familiäres Band zwischen Mutter und Tochter vor, jedoch deute nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführerin im Speziellen von ihrer Mutter abhängig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführerin ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidungen gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

6. Gegen den zitierten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 13.05.2020 binnen offener Frist die vorliegende Beschwerde, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Darin wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig und nicht aktuell seien. Insbesondere fänden sich keinerlei Informationen zu den Auswirkungen des Coronavirus auf die Situation von Asylwerbern in den Niederlanden, obwohl es dort mit Stand 12.02.2010 bereits 614 bestätigte Fälle von COVID-19 gegeben habe. Die aktuellen Zahlen würden außerdem zeigen, dass die Ansteckungsgefahr um ein Vielfaches höher sein dürfte als etwa in Österreich. Zudem habe die Behörde auch jegliche weitere Ermittlungstätigkeit zum Verhältnis der Beschwerdeführerin zu ihren Geschwistern unterlassen. Im Falle einer Abschiebung wäre das Kindeswohl der minderjährigen Geschwister der Beschwerdeführerin gefährdet, da diese erneut eine wichtige Bezugsperson verlieren würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die volljährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Afghanistan, reiste illegal aus dem Iran und der Türkei kommend ursprünglich über Griechenland, wo sie sich etwas über einen Monat aufhielt, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. In der Folge reiste die Beschwerdeführerin weiter in die Niederlande, wo sie am 25.01.2020 um Gewährung internationalen Schutzes ansuchte. Ohne den Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten, verließ sie die Niederlande und begab sie sich in weiterer Folge nach Österreich, wo sie am 18.02.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Die Beschwerdeführerin hat nach ihrer Einreise in Griechenland das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht wieder für mehr als drei Monate verlassen.

Das BFA richtete am 20.02.2020 ein Wiederaufnahmegesuch an die Niederlande, dem die niederländischen Behörden mit Schreiben vom 03.03.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zugestimmt haben. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit der Niederlande wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Niederlande an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung in die Niederlande Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 22.05.2020, 16.275 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 633 Todesfälle; in den Niederlanden wurden zu diesem Zeitpunkt 44.447 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 5.748 Todesfälle bestätigt (WHO, 22.05.2020).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Die Beschwerdeführerin gab im Verfahren an, an Depressionen und Migräne zu leiden. Nicht festgestellt werden konnte, dass es sich bei den behaupteten Erkrankungen der Beschwerdeführerin um schwerwiegende oder gar lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen handelt. Die Beschwerdeführerin benötigt keine stationäre Behandlung.

Die Beschwerdeführerin hat im Bundesgebiet familiäre Anknüpfungspunkte durch ihre in Österreich aufhältige, asylberechtigte Mutter sowie ihren Stiefvater und vier Stiefgeschwister. Zu diesen Angehörigen besteht weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Es bestand zu keiner Zeit ein gemeinsamer Haushalt.

Auch sonst bestehen die Beschwerdeführerin betreffend keine beachtlichen familiären, privaten oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise der Beschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU über Griechenland sowie der Antragstellung in den Niederlanden ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Erstbefragung und ihrer Einvernahme vor dem BFA im Zusammenhang mit den EURODAC-Treffermeldungen.

Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise nach Griechenland das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder für mehr als 3 Monate verlassen hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Feststellung betreffend das Wiederaufnahmegesuch seitens der österreichischen Dublin-Behörde an die Niederlande und die erfolgte Zustimmung der Niederlande zur Aufnahme der Beschwerdeführerin beruhen auf dem – im Verwaltungsakt dokumentierten – durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der niederländischen Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in den Niederlanden auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das niederländische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in den Niederlanden den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in den Niederlanden hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings - angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 - naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Asylwerbern in den Niederlanden, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben bzw. keine Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus jetziger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Zwar sind die Niederlande stärker von der COVID-19-Pandemie betroffen als Österreich, bei Beobachtung der aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, zeichnet sich aber auch hier ein positiver Trend ab, zumal die Anzahl der Neuerkrankungen rückläufig ist. Es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu den Niederlanden nicht zu beanstanden; aufgrund der Annahme, dass dann - und nur dann - Überstellungen durchgeführt werden, wenn die Niederlande wieder für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren. Soweit die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA angeführt hat, an Depressionen und Migräne zu leiden und deshalb gelegentlich Schmerzmittel zu nehmen, so ist festzuhalten, dass keine medizinischen Unterlagen in Vorlage gebracht wurden, denen ein akuter Behandlungsbedarf zu entnehmen ist. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei Bedarf auch in den Niederlanden notwendige medizinische Leistungen in Anspruch nehmen kann. Dass die Beschwerdeführerin an einer lebensbedrohenden Krankheit leiden würde, hat sie nicht einmal selbst behauptet.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zur namhaft gemachten Familie vermochte die Beschwerdeführerin nicht ins Treffen zu führen. Anhaltspunkte für eine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet haben sich im Verfahren nicht ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

„§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) [...]

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.-5. […]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2)-(3) […]“

3.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

3.3. § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. […]

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

„Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 20 Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3)-(5) [...]

Art. 23 Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat

(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.

(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen.

Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.

(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.

(4) [...]

Art. 25 Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.“

3.5. Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs zur Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit der Niederlande ergibt.

Dies folgt in materieller Hinsicht aus den Regelungen der Art. 13 und 17 Dublin III-VO, da die Beschwerdeführerin aus einem Drittstaat (Iran) kommend und über die Türkei sowie Griechenland reisend, die Landgrenze zu den Niederlanden überschritten, in den Niederlanden auch einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und die Niederlande in das Verfahren eingetreten ist. Die Verpflichtung der Niederlande zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin beruht auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO, da die Beschwerdeführerin die Niederlande vor Entscheidung über ihren dort gestellten Antrag auf internationalen Schutz verlassen hat. Zudem hat die Niederlande der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt.

Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer ursprünglich über Griechenland in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist ist, kommt schon insofern keine Bedeutung zu, da eine Zuständigkeit Griechenlands wegen der dortigen systemischen Mängel im Asylwesen von vornherein nicht in Betracht kommt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Niederlande in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses beziehungsweise zu berücksichtigender humanitärer Gründe nicht die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der Beschwerdeführerin.

Im Hinblick auf Art. 17 Dublin III-VO verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass ein Verbleib der Beschwerdeführerin bei ihrer Mutter sowie Stiefvater und Stiefgeschwistern in Österreich wünschenswert wäre, doch kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es im Rahmen seines Ermessensspielraumes mangels besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründen von der Anwendung dieser Norm Abstand genommen hat.

3.6. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (etwa VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (etwa VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

3.6.1. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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