TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/25 W212 2206971-1

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Veröffentlicht am 25.05.2020
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Entscheidungsdatum

25.05.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W212 2206969-1/28E

W212 2206971-1/26E

W212 2206966-1/27E

W212 2206963-1/27E

W212 2206965-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 31.08.2018, Zl. Ankara-ÖB/KONS/1065/2018, aufgrund des Vorlageantrags von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Ankara vom 17.07.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführer, laut eigenen Angaben Staatsangehörige Syriens, stellten am 13.03.2017 elektronisch bei der Österreichischen Botschaft Ankara (im Folgenden: „ÖB Ankara“) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führten sie aus, der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, habe im Bundesgebiet am 21.12.2016 Asyl erhalten. Den Anträgen lagen Kopien des Familienbuches, des Personalausweises der Erstbeschwerdeführerin und Familienfotos bei.

I.2. Mit Schreiben vom 16.01.2017 wurden die Beschwerdeführer zur persönlichen Vorsprache an der Botschaft aufgefordert und ihnen dafür eine Frist von einem Monat gewährt.

I.3. Nach Fristverlängerung auf sechs Monate wurden die Anträge ohne persönliche Vorsprache der Beschwerdeführer an das BFA weitergeleitet.

I.4. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 26.06.2018 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die Beschwerdeführerinnen die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachgewiesen worden seien, die vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen, und das Vorbringen zum behaupteten Familienangehörigenverhältnis mangels Vorsprache an der ÖB nicht habe festgestellt werden können.

I.5. Mit Schreiben vom 03.07.2018 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachgewiesen worden seien, die vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen, und das Vorbringen zum behaupteten Familienangehörigenverhältnis mangels Vorsprache an der ÖB nicht habe festgestellt werden können. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

I.6. In einer Stellungnahme vom 10.07.2018 brachten die Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass ihnen die Einreise in die Türkei bisher nicht möglich gewesen sei. Aufgrund fristgerechter Antragstellung seien die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht zu erfüllen. Die Familienangehörigeneigenschaft sei durch das vorgelegte Familienbuch nachgewiesen. Hierzu wurde auch auf die Möglichkeit einer DNA-Analyse verwiesen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die persönliche Vorsprache für die Überprüfung der Angehörigeneigenschaft notwendig sei. Weiters wurde moniert, dass die Aufforderung zur Stellungnahme nicht ausreichend begründet sei.

I.7. In einer weiteren Stellungnahme des BFA vom 16.07.2018 wurde festgehalten, dass die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung nicht vorliegen würden, da die Beschwerdeführer die Anträge trotz Aufforderung nicht mittels des entsprechenden Befragungsformulars eingebracht hätten und somit der maßgebliche Sachverhalt nicht festgestellt werden könne. Zudem sei die Anregung, sich an die ÖB Amman zu wenden, nicht umgesetzt worden.

I.8. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 17.07.2018 verweigerte die ÖB Ankara die Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachgewiesen worden seien. Die Beschwerdeführer hätten trotz Aufforderung die Anträge nicht mittels des entsprechenden Befragungsformulars eingebracht, weshalb der maßgebliche Sachverhalt nicht habe festgestellt werden können. Die Anregung, sich der Einfachheit halber an die ÖB Amman zu wenden, sei nicht umgesetzt worden.

I.9. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 07.08.2018, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen in der Stellungnahme vom 10.07.2018 wiederholt und der ÖB ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und Verletzung des Parteiengehörs vorgeworfen wurde.

I.10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.08.2018 wies die ÖB Ankara die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Es sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer bis dato nicht bei der ÖB vorgesprochen hätten. Auch ausgefüllte Befragungsformulare lägen nicht vor. Es sei somit der Beurteilung des BFA zu folgen, dass der maßgebliche Sachverhalt nicht habe festgestellt werden können.

I.11. Am 12.09.2018 wurde bei der ÖB Ankara ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

I.12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019, wurde die fristgerecht erhobene Beschwerde gem. § 15 Abs. 1 FPG abgewiesen, da die Beschwerdeführer im Verfahren keine Reisepässe vorgelegt hatten und die Einreise bzw. Visumerteilung daher nicht möglich sei.

I.13. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Beschwerdeführer außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

I.14. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.01.2020, Ra 2019/19/0124 – 0128-15, wurde die angefochtenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt:

„16 Voraussetzung für die Erteilung eines Visums gemäß § 35 AsylG ist u.a. das Vorliegen des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten der Bezugsperson, die Familieneigenschaft eines Antragstellers zu dieser Person und eine positive Prognose des BFA.

17 Gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 hat das BFA der Vertretungsbehörde mitzuteilen, ob die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist.

18 Bei einer solchen Mitteilung handelt es sich um keinen Bescheid. Es ist zwar die Vertretungsbehörde im Ausland an die Mitteilung des Bundesamts über die Prognose einer Asylgewährung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz gebunden, und zwar sowohl an eine negative als auch an eine positive Mitteilung. Allerdings steht es dem BVwG offen, auch die Einschätzung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (VwGH 1.3.2016, Ro 2015/18/0002 bis 0007).

19 Gegenstand der Überprüfung durch das BVwG ist, ob die Prognose des BFA hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an die Antragsteller im Rahmen eines (späteren) Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 zutreffend erfolgt ist und die sonstigen Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 erfüllt sind.

20 Das BVwG hätte daher die Richtigkeit der vorgenommenen Prognose des BFA unter der Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens überprüfen müssen. Das BVwG führt dazu aus, dass die Prognose des BFA im Ergebnis zutreffend sei, weil die Beschwerdeführer über keine gültigen Reisedokumente verfügten und damit gemäß § 15 FPG gar keine Einreise in das österreichische Bundesgebiet möglich wäre. Auch eine Visumerteilung wäre faktisch nicht möglich, weil die Visumsmarke im Reisedokument angebracht werden müsste. Eine Visumerteilung wäre daher unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ausgeschlossen.

21 Hier verkennt das BVwG jedoch die Rechtslage. § 15 FPG regelt die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit einer Einreise in das Bundesgebiet, welche von der (vorgelagerten) Frage der Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 iVm § 26 FPG zu unterscheiden ist. Gegenstand der Prognoseentscheidung des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 ist allein, ob unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Gewährung von internationalem Schutz im Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 wahrscheinlich ist.

22 § 35 AsylG 2005 sieht nicht vor, dass für die Erteilung eines Einreisetitels nach dieser Bestimmung bzw. nach § 26 FPG Reisedokumente iSd § 15 FPG vorliegen müssen. Für eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose allein wegen des Fehlens gültiger Reisepässe findet sich keine gesetzliche Grundlage (vgl. hiezu auch § 21 Abs. 1 FPG, wonach die Voraussetzung der Z 1 leg. cit. für Visa nach § 20 Abs. 1 Z 6 FPG nicht gilt).

23 Die gegenständliche Prüfung der Richtigkeit der Prognose des BFA hätte fallbezogen insbesondere die Prüfung der Angehörigeneigenschaft der Revisionswerber sowie der Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 35 AsylG 2005 zu beinhalten gehabt. Weil das BVwG in Verkennung der Rechtslage keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat, kann durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Abweisung nicht überprüft werden. Es liegt somit ein sekundärer Feststellungsmangel vor, der das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.“

I.15. Mit Schreiben vom 14.02.2020 wurden elektronisch Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführer übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, laut eigenen Angaben syrische Staatsangehörige, stellten am 13.03.2017 elektronisch bei der ÖB Ankara Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, angegeben, welcher der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer, sei. Dieser habe im Bundesgebiet am 21.12.2016 Asyl erhalten.

Die ÖB Ankara setzt eine sechsmonatige Frist für die persönliche Vorsprache der Beschwerdeführer bis 15.09.2017. Die Beschwerdeführer sprachen bis Bescheiderlassung am 17.07.2018 nicht persönlich bei der ÖB Ankara vor.

Zum Nachweis der behaupteten Familienangehörigeneigenschaft legten die Beschwerdeführer eine Kopie des Personalausweises der Erstbeschwerdeführerin, Kopien der Bestätigungen über die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer durch UNHCR, eine Kopie des Familienbuchs der Beschwerdeführer und der Bezugsperson und diverse Familienfotos vor. Es wurden im Verfahren keine Originaldokumente vorgelegt.

Die Identität der Beschwerdeführer und die behauptete Familienangehörigeneigenschaft konnte nicht festgestellt werden.

Nach Antragstellung wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachgewiesen worden seien, die vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen, und das Vorbringen zum behaupteten Familienangehörigenverhältnis mangels Vorsprache an der ÖB nicht habe festgestellt werden können.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt der ÖB Ankara.

Die Feststellung, dass die Identität der Beschwerdeführer und die behauptete Familienangehörigeneigenschaft nicht nachgewiesen werden konnten, ergibt sich aus der Tatsache, dass im Verfahren nur Kopien von Dokumenten vorgelegt wurden. Diese Dokumente konnten daher nicht auf ihre Echtheit überprüft werden. Die Beschwerdeführer legten im Verfahren weiters keine Lichtbildausweise vor, weshalb nicht festgestellt werden konnte, ob es sich bei den Beschwerdeführern um die in der Kopie des Familienbuches angeführten Personen handelt. Die mit Fotos versehenen Bestätigungen der Flüchtlingseigenschaft wurden ebenfalls nur in Kopie vorgelegt. Kopien von Dokumenten sind nicht fälschungssicher und daher nicht geeignet, die behauptete Identität oder Familienangehörigeneigenschaft ohne Vorlage weiterer Beweismittel nachzuweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

“(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

„(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3.

im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 60 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

„(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.“

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“

§ 11 idF BGBl. I Nr. 145/2017, § 11a idF BGBl. I Nr. 68/2013 und § 26 idF BGBl. I Nr. 145/2017 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

[…]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:

Nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 hat das Bundesamt der Vertretungsbehörde nach Prüfung des Antrages mitzuteilen, ob die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Die Behörde hat also vorab zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 und des § 34 AsylG 2005 vorliegen. Das Bundesamt kam im gegenständlichen Fall zu dem Schluss, dass die Angehörigeneigenschaft auf Basis der vorgelegten Dokumente nicht festgestellt werden konnte.

Wie festgestellt, wurden im Verfahren lediglich Kopien von Dokumenten vorgelegt. Die Dokumente konnten daher nicht auf ihre Echtheit überprüft werden. Die Feststellung der Identität der Beschwerdeführer war auch mangels Vorlage gültiger Lichtbildausweise im Original nicht möglich. Die Bestätigungen der Flüchtlingseigenschaft durch UNHCR stellen keine Lichtbildausweise dar und wurden darüber hinaus ebenfalls nur in Kopien vorgelegt. Anhand der vorgelegten Unterlagen (Kopien des Familienbuchs, Kopien der Bestätigungen der Flüchtlingseigenschaft durch UNHCR, Kopie des Personalausweises der Erstbeschwerdeführerin) war der ÖB Ankara und damit dem BFA eine Feststellung der Identität und Prüfung der Familienangehörigeneigenschaft iSd § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht möglich.

§ 13 Abs. 4 BFA-VG sieht vor, dass einem Fremden, dem es nicht gelingt, durch Vorlage unbedenklicher Urkunden oder sonstiger Beweismittel ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis in einem Verfahren nach § 35 AsylG 2005 nachzuweisen, auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse ermöglicht werden muss. Nach der Rechtsprechung des VwGH, 22.2.2018, Ra 2017/18/0131, ist § 13 Abs 4 BFA-VG ausdrücklich auch in Verfahren nach § 35 AsylG anzuwenden. Eine korrekte Anwendung des § 13 Abs. 4 BFA-VG erfordert eine Belehrung der Fremden über die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse. Dem Antragsteller ist auf deren Verlangen und auf deren Kosten eine solche zu ermöglichen (vgl etwa BVwG W175 2142004-1f vom 17.05.2017; W205 21009987-1f vom 16.06.2016; W192 2009649-1f vom 24.03.2016 und W165 2012710-1 vom 07.01.2019). Laut Judikatur des VwGH kann ist unter „ermöglichen“ die gebotene behördliche organisatorische Hilfestellung, somit eine Anleitung betreffend die Modalitäten der Durchführung einer DNA-Analyse (u.a. Ort, Zeit und Kosten), zu verstehen (vgl auch VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0131).

Im gegenständlichen Fall konnten die Beschwerdeführer die behauptete Angehörigeneigenschaft nicht mittels Dokumenten nachweisen, weshalb sie im Sinne der oben angeführten Judikatur über die Möglichkeit einer DNA-Analyse zu belehren gewesen wären. Im gegenständlichen Fall war den Beschwerdeführern jedoch eine persönliche Vorsprache bei der ÖB Ankara nicht möglich. Die Anträge wurden am 13.03.2017 elektronisch eingebracht und erfolgte bis Bescheiderlassung am 17.07.2018, also ein Jahr und vier Monate später, keine persönliche Vorsprache. Die Vertretung der Beschwerdeführer ersuchte die ÖB Ankara bereits am 24.08.2017 (siehe Korrespondez im Akt) um Weiterleitung der Anträge an die Inlandsbehörde, da eine Einreise der Beschwerdeführer in die Türkei nicht absehbar war. Die Ermöglichung der Durchführung einer DNA-Analyse inklusive der geforderten organisatorischen Hilfestellung wäre für das BFA jedoch nur über die ÖB Ankara und damit in der Türkei möglich gewesen. Die Durchführung einer DNA-Analyse in Syrien und damit am Aufenthaltsort der Beschwerdeführer wäre nicht möglich gewesen und wurde die Durchführbarkeit dieser Alternative von den Beschwerdeführern auch nicht behauptet. Angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführer nicht in die Türkei einreisen konnten, kam daher eine Belehrung über die Möglichkeit einer DNA-Analyse durch das BFA inklusive organisatorischer Hilfestellung durch die ÖB Ankara nicht in Betracht.

Da die Beschwerdeführer die behauptete Angehörigeneigenschaft trotz entsprechender Aufforderung nicht durch Vorlage unbedenklicher Dokumente nachweisen konnten und auch die Durchführung einer DNA-Analyse nicht in Betracht kam, hat die Behörde zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 und des § 34 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Den Beschwerdeführern steht es jedoch frei, neue Anträge zu stellen und dabei neue Beweismittel vorzulegen.

Der Berücksichtigung der mit Schreiben vom 14.02.2020 in Kopie vorgelegten neu ausgestellten Reisepässe der Beschwerdeführer im Verfahren stand das Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft DNA-Daten Einreisetitel Nachweismangel Rechtsanschauung des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2206971.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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