TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 W212 2017713-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art3
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W212 2017714-3/19E

W212 2017715-3/20E

W212 2017713-3/27E

W212 2159010-2/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA. Ukraine, gegen die Spruchpunkte II. bis VI. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2018, 1.) Zl. 1021711609/171412894-EASt-Ost, 2.) Zl. 1021711707/171412886-EASt-Ost, 3.) Zl. 1021711500/171412851-EASt-Ost, 4.) Zl. 1101167210/171412860-East-Ost, zu Recht erkannt:

A) Den Beschwerden wird stattgegeben und die Spruchpunkte II. bis VI. der angefochtenen Bescheide gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG iVm § 68 Abs. 1 AVG sowie § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erste Anträge auf internationalen Schutz:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), stellten für sich und ihren minderjährigen Sohn, den Drittbeschwerdeführer (BF3) am 20.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Begründend führten sie aus, dass der Stiefvater der BF2 aufgrund seiner Tätigkeit als Polizeibeamter verfolgt werde. Unbekannte Personen hätten die BF2 kontaktiert und bedroht, um an Informationen über den Aufenthaltsort des Stiefvaters zu gelangen. Aus diesen Grund hätten die BF die Ukraine verlassen.

1.2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2015 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, gem. § 8 Abs. 1 AsylG die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen und gem. § 10 Abs. 1 AsylG eine Rückkehrentscheidung erlassen.

1.3. Die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2015 W226 2017714-1/11E, W226 2017715-1/11E, W226 2017713-1/10E gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen.

1.4. Die Viertbeschwerdeführerin (BF4) wurde am 21.10.2015 im Bundesgebiet geboren.

2. Zweite Anträge auf internationalen Schutz:

2.1. Am 04.06.2016 stellten die BF (nunmehr auch für die BF4) erneut Anträge auf internationalen Schutz.

Begründend gab der BF1 im Zuge der Erstbefragung an, dass die BF nunmehr vom „rechten Sektor“ gesucht würden. Er selbst habe durch seine Mutter auch eine Ladung zum Militärkommissariat erhalten, wonach er Ende Dezember dort erscheinen müsse. Diese Ladung wurde vom BF1 vorgelegt.

Im Rahmen der Einvernahme gab der BF1 an, dass er nunmehr von Militärs verfolgt würde. Er habe den Grundwehrdienst nicht abgeleistet, weil er untauglich gewesen sei. Es werde ihnen unterstellt, dass sie Gelder veruntreut hätten und Agenten für Russland seien. Er vermute, dass die Ladung ihn in die Ukraine locken solle.

Die BF2 gab an, dass sie in der Heimat als pro-russisch abgestempelt seien und man ihnen Diebstahl unterstelle. Die Nachbarn hätten bestätigt, dass das Militär nach ihnen frage.

2.2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2017 (BF1), 25.04.2017 (BF2) und 27.04.2017 (BF3 und BF4) wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, gem. § 8 Abs. 1 AsylG die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen und gem. § 10 Abs. 1 AsylG eine Rückkehrentscheidung erlassen.

2.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2017, W226 2017714-2/4E, W226 2017715-2/4E, W226 2017713-2/4E, W226 2159010-1/4E, wurden die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen der BF aufgrund widersprüchlicher Angaben und ihres Vorbringens im ersten Asylverfahren nicht glaubhaft sei. Aus der Vorlage einer Ladung zwecks Tauglichkeitsüberprüfung des BF1 könne kein asylrelevanter Sachverhalt erkannt werden. Die rechtliche Beurteilung enthielt Ausführungen zur Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung und es wurde festgestellt, dass dem diesbezüglichen Vorbringen des BF1 keine Asylrelevanz zukomme.

3. Gegenständliche (dritte) Anträge auf internationalen Schutz:

3.1. Am 21.12.2017 stellten die BF die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am 21.12.2017 gab der BF1 an, seine bisherigen Fluchtgründe würden aufrecht bleiben. Er habe eine Ladung erhalten, wonach er in der Ostukraine in die Armee einrücken müsse. Außerdem brauche sein Sohn medizinische Versorgung.

Die BF2 gab ebenfalls an, dass ihre alten Fluchtgründe aufrecht seien. Eine Nachbarin habe ihr mitgeteilt, dass ihr Mann zur Armee einrücken müsse. Ihre Wohnung sei von Armeeangehörigen verkauft worden. Die Armee habe ihren Mann auch an seinem Arbeitsplatz gesucht. Ihr Sohn sei krank und sie seien deshalb oft in verschiedenen Krankenhäusern.

3.2. In einer Einvernahme durch das BFA am 09.01.2018 gab der BF1 an, dass er 2015 und 2017 Einberufungsbefehle zum Wehrdienst erhalten habe. Laut seinem letzten Einberufungsbefehl solle er in den Krieg geschickt werden. Aufgrund eines Magengeschwürs und anderer Krankheiten habe er den Wehrdienst bisher nicht abgeleistet. Er sei unbefristet untauglich.

Er sei in Österreich in einer Firma geringfügig beschäftigt gewesen und spreche Deutsch auf Niveau B1. Am besten spreche er Ukrainisch und Russisch. Zu seinen Angehörigen in der Ukraine (Mutter, Großmutter, Halbgeschwister) habe er keinen Kontakt.

Die Fluchtgründe aus dem Vorverfahren seien aufrecht, er könne nicht angeben, ob sich diesbezüglich etwas geändert habe, da sie schon lange in Österreich seien. Außerdem hätten sie neue Probleme mit ihrem Sohn. Er leide an atopischer Dermatitis und psychischen Problemen. In der Ukraine würde er eine sogenannte „gelbe Karte“ erhalten und dürfe nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen. Er spreche besser Deutsch als Russisch, Ukrainisch spreche er gar nicht. Derzeit gehe er nicht in den Kindergarten.

Die BF2 gab in ihrer Einvernahme am selben Tag an, dass sie einen Einberufungsbefehl ihres Mannes und Fotos von den Personen, die sie verfolgten, vorlegen könne. Es handle sich um Angehörige der Polizei oder des Militärs. Ihre Wohnung sei verkauft worden, sie wisse aber nicht von wem; vermutlich von ihrer Mutter, diese sei die Eigentümerin der Wohnung gewesen.

Ihr Sohn leide an einer Hauterkrankung und habe dadurch auch psychische Probleme. Es bestehe die Möglichkeit, dass er autistisch sei. Derzeit bekomme er nur eine Salbe, aber keine Medikamente. Sie hätten demnächst einen Termin zur psychologischen Beratung. In der Ukraine habe ihr Sohn nur an einem Ausschlag gelitten und habe Salben und einmal eine Infusion bekommen. Ihr Sohn spreche kein Ukrainisch, nur Englisch und Deutsch. Im psychologischen Befund stehe wahrscheinlich, dass er Ukrainisch spreche, aber das sei ein Missverständnis, sie habe während der Untersuchung mit ihrem Mann Russisch gesprochen und die Ärztin habe das falsch verstanden.

Die BF legten folgende Unterlagen vor:

Laborbefund des BF3 vom 07.07.2016

Anamnese des BF3 vom 09.08.2016

psychologischer Befund des BF3 vom 20.11.2017

ärztliche Bestätigung für BF3 vom 04.12.2017

Befundbericht des BF3 vom 30.05.2017

Liste der Allergien des BF3 vom 03.05.2017

Einstellungszusage für BF2

Studienbestätigung Vorstudienlehrgang der BF2

abweisender Bescheid der Universität Wien vom 09.03.2016 über den Antrag der BF2 auf Zulassung zum Studium

Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit der BF2 beim Diakonie Flüchtlingsdienst

Prüfungsbestätigung B1 der BF2

Schreiben des Magistrats Wien über die Anmeldung des BF3 in einem Integrationskindergarten

Fotos eines Militärangehörigen vor einer Wohnungstür

Fotos der Hauterkrankung des BF3

Gehaltabrechnungen des BF1

Prüfungsbestätigung B1 des BF1

zwei Einstellungszusagen des BF1

drei Ladungen, adressiert an den BF1

diverse Artikel in ukrainischer Sprache

3.3. In einer Stellungnahme vom 17.01.2018 wurde auf die Integration der BF in Österreich hingewiesen. Der BF3 leide an einer Entwicklungsstörung und einer Hauterkrankung und benötige weitere Therapien. Die BF2 leide ebenfalls an psychischen Problemen.
Anbei wurden ein Bescheid über die Zulassung des BF1 zum Studium (unter der Voraussetzung der Vorlage der Originaldokumente und der Ergänzungsprüfung Deutsch) und ein Befundbericht des BF3 vom 11.01.2018 übermittelt.

3.4. Am 22.01.2018 wurde ein fachärztlicher Befundbericht der BF2 (Diagnose längerdauernde depressive Reaktion) und ein Befundbericht des BF3 vom 17.01.2018 vorgelegt.

3.5. Am 30.01.2018 wurden der BF1, die BF2 und die BF3 von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin und gerichtlich beeideter Sachverständiger untersucht. Aus der gutachterlichen Stellungnahme geht hervor, dass beim BF1 keine krankheitswertige psychische Störung vorliegt. Die BF2 leide an einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion. Zum BF3 wurde festgehalten, dass die ärztliche Beurteilung vom November 2017 zutreffend sei. Der BF3 leide an einer Aufmerksamkeitsstörung, einer Störung der Interaktion, einer Sprachentwicklungsstörung und es bestehe der Verdacht auf eine Bindungsstörung.

3.6. Bei einer Einvernahme am 09.03.2018 gab die BF2 an, dass sie mit den Gutachten einverstanden sei. Sie sei regelmäßig in psychologischer Behandlung und nehme Antidepressiva bzw. Beruhigungsmittel. Der BF3 sei in psychiatrischer Behandlung.
Der BF1 gab in seiner Einvernahme am selben Tag an, dass er die Ladung von 2015 von seinen Eltern erhalten habe. Die späteren Ladungen habe er von seinen Arbeitskollegen erhalten. Diese hätten sie einem Mann mitgegeben, der nach Österreich gereist sei. Er kenne den Namen des Mannes nicht, er habe ihn in Wien getroffen. Der Einberufungsbefehl sei seinen früheren Arbeitskollegen ausgehändigt worden.

3.7. Am 25.06.2018 wurde eine weitere Einstellungszusage des BF1 vorgelegt.

3.8. Mit Bescheiden des BFA vom 07.08.2018 wurden die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz der BF gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Den BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte VI. und V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die BF keine neuen Fluchtgründe vorgebracht hätten und sich auch kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellen habe lassen. Aufgrund der Steigerung des Vorbringens in den bisherigen drei Asylverfahren und mehrerer Widersprüche sei den BF die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Darüber hinaus sei die letzte Mobilisierungswelle in der Ukraine im Oktober 2016 abgeschlossen worden und würden Wehrpflichtige ausschließlich auf freiwilliger Basis und nach Abschluss der Grundausbildung in Kriegsgebiet eingesetzt. Der BF3 leide an einer emotionalen Störung des Kindesalters, einer Sprachentwicklungsverzögerung und einer atopischen Dermatitis. Die medizinische Versorgung in der Ukraine sei in der Regel kostenlos und flächendeckend. Sowohl auf Bezirks- als auch auf Landesebene existierten Möglichkeiten einer psychologischen als auch psychotherapeutischen Behandlung.

3.9. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, worin im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass es keine Krankenversicherung in der Ukraine gebe und die Kosten für Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen seien. Es sei davon auszugehen, dass die Kosten für die psychiatrische Behandlung der BF2 und des BF3 und die Behandlung der Hauterkrankung des BF3 die Leistungsfähigkeit der BF übersteigen würden. Ein Abbruch der Behandlung des BF3 werde aus psychiatrischer Sicht als unvertretbar eingeschätzt. Der BF3 spreche kein Ukrainisch, sondern nur Deutsch und Russisch. Die Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen dahingehend anzustellen, ob der BF3 in der Ukraine tatsächlich behandelt werden könne und inwiefern sich sein Gesundheitszustand im Falle einer Rückführung verschlechtern würde. Der BF3 leide an körperlichen und psychischen Beschwerden, der VfGH qualifiziere solche Personen als besonders vulnerabel. Es liege keine entschiedene Sache vor, da die BF einen neuen Sachverhalt, nämlich den Gesundheitszustand ihres Sohnes, vorgebracht hätten. Es wäre daher ein inhaltliches Verfahren zu führen gewesen. Da eine Abschiebung des BF3 seine Rechte nach Art. 3 EMRK verletzen würde, wäre ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Der BF1 und die BF2 sprächen auf fortgeschrittenem Niveau Deutsch, die BF2 studiere Soziologie, der BF1 sei im Rahmen seiner Möglichkeiten berufstätig und bemühe sich um Selbsterhaltungsfähigkeit. Sie würden mit dem BF3 hauptsächlich Deutsch und teilweise Russisch sprechen. Abschließend wurden die aufschiebende Wirkung der Beschwerde und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Der Beschwerde lagen ein kinderpsychiatrischer Befundbericht vom 16.08.2018, eine ärztliche Bestätigung vom 28.08.2018, eine Vereinbarung über gemeinnützige Tätigkeit und Gehaltsabrechnungen des BF1 bei.

3.10. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2018, Zln. W212 2017714-3/2E, W212 2017715-3/3E, W212 2017713-3/3E und Zl. W212 2159010-2/4E, wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2018 als unbegründet abgewiesen und es wurde ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei.

3.11. Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.01.2019, Zln. Ra 2018/01/0451 bis 0454-8, wurden gegen die dargestellten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts eingebrachte außerordentliche Revisionen zurückgewiesen.

3.12. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 25.02.2019, Zl. E 4141-4144/2018-17, wurde ausgesprochen, dass die BF durch die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2018, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und gegen den Ausspruch, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht, abgewiesen wurde, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art. I Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973) verletzt worden seien. Die Erkenntnisse wurden insoweit aufgehoben. Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe sich in seiner rechtlichen Beurteilung einerseits nicht mit dem im Falle des BF3 diagnostizierten Verdacht auf eine "Autismus-Spektrum-Störung" auseinandergesetzt – erkennbar vor dem Hintergrund seiner Feststellungen, wonach sich dieser Verdacht bisher nicht bestätigt habe, während sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht zur Stützung seiner Feststellungen herangezogenen Unterlagen ergeben würde, dass sich dieser Verdacht "immer mehr erhärtet." Andererseits habe das Bundesverwaltungsgericht zwar die Vorlage eines kinderpsychiatrischen Befundberichts vom 16.08.2018 erwähnt, sei jedoch stillschweigend über dessen Inhalt hinweggegangen, wonach die Rückkehr des BF3 in die Ukraine und somit der Abbruch seiner Behandlung hierorts aus kinderpsychiatrischer Sicht nicht vertretbar erscheinen würden.

Das Bundesverwaltungsgericht habe sich damit weder im Rahmen der Beweiswürdigung noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung mit dem – einen Aspekt des multiplen psychischen Krankheitsbildes darstellenden – sich erhärtenden Verdacht einer "Autismus-Spektrum-Störung" des BF3, noch mit der Unvertretbarkeit eines Abbruchs seiner kontinuierlichen Behandlung aus kinderpsychiatrischer Sicht, auseinandergesetzt (zur Ermittlungspflicht bezüglich des Verdachts auf Krankheiten und ihrer Behandelbarkeit vgl. zB VfGH 16.9.2013, U 496/2013; 5.3.2014, U 95/2013 ua.; 30.6.2016, E 381/2016 ua.; 24.11.2016, E 1085/2016 ua.; vgl. auch zu den Anforderungen an ein Folgeantragsverfahren VfGH 9.10.2018, E 1297/2018 ua. mwH). Indem das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich jede nähere Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen und der Aktenlage vermissen ließe, habe es hinsichtlich der Situation des BF3 in einem wesentlichen Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Dieser Mangel schlage gemäß § 34 Abs. 4 AsylG auf die Entscheidung betreffend die übrigen BF durch.

3.13. Einem im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Gutachten eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom 20.11.2019 lässt sich entnehmen, dass beim minderjährigen BF3 psychische Störungen vorliegen würden; es handle sich dabei insgesamt um ein Krankheitsbild, welches sowohl Symptome einer emotionalen Störung des Kindesalters als auch – im gewissen Ausmaß – Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung beinhalte. Unter „Autismus“ werde heute eine ab Geburt dispositiv bestehende, tiefgreifende Beeinträchtigung der sozialen Interaktion und Kommunikation charakterisiert, welche sich allerdings in verschiedenen Phasen der Entwicklung unterschiedlich darstelle. Der Begriff der „Autismus-Spektrum-Störung“ wiederum meine, dass die einzelnen Symptome individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Betrachte man nun charakteristische Symptome in der Entwicklung des Kindes und setze diese mit dem aktuellen Verhaltensrepertoire des BF3 in Beziehung, so würden sich für den Sachverständigen doch deutliche Hinweise darauf ergeben, dass die genannten Symptome mit hoher Wahrscheinlichkeit von Geburt an bestanden hätten, aber eben als autistische Symptome nicht sicher ausgemacht werden konnten, da sie nicht in einem solchen für eine eindeutige Diagnostizierung des Krankheitsbildes erforderlichen Ausmaß vorgelegen hätten. Aus diesem Grund werde auch jetzt noch lediglich von einem Verdacht auf eine tiefgreifende Entwicklungsstörung gesprochen, da der Begriff der tiefgreifenden Entwicklungsstörung gemäß Klassifikationsschema der ICD-10 lediglich zwei umschriebene Störungsbilder umfasse, nämlich auf der einen Seite das sogenannte „Asperger-Syndrom“ und auf der anderen Seite den sogenannten „Frühkindlichen Autismus.“ Die nun international vertretene Konzeption, dass es bei einer Reihe von Kindern nur zu einer gewissen autistischen Symptomatik komme, welche sich eben vor allem in der Gestaltung des Sozialverhaltens, aber auch in der Kommunikation mit der Umgebung äußere, habe zur Entwicklung spezieller Therapieprogramme geführt, die diesen „leichteren Anzeichen an Symptomen“ frühzeitig entgegenwirken würden. In diesem Sinne sei auch beim BF3 davon auszugehen, dass die bisher angewandten Therapieangebote seinen Gesamtstatus verbessert hätten. Weiterhin bestehe beim Kind jedoch eine besondere Beeinträchtigung im sprachlichen Austausch, weswegen diesbezüglich auch in Zukunft gezielte Förderungsmaßnahmen erforderlich seien, welche die Tatsache berücksichtigen, dass das Kind ab dem ersten Lebensjahr sowohl in deutscher als auch in ukrainischer Sprache betreut und gebildet worden sei. Zusätzlich zu den genannten Symptomen, die das Kind in seiner sozio-emotionalen Kompetenz einschränken würden, bestehe eine kognitive Beeinträchtigung, welche einer spezifischen sonderpädagogischen Förderung bedürfe. Aus Sicht des Sachverständigen sei vom Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung auszugehen. Für einen stabilen Gesundheitszustand des Kindes seien – weiterhin – insbesondere nicht medikamentöse Maßnahmen erforderlich, insbesondere eine spezifische Psychotherapie, daneben eine ergotherapeutische und logopädische Förderung. Mitunter könnten in schwierigen Entwicklungsphasen ergänzend – rein symptomorientiert – Psychopharmaka eingesetzt werden. Sollten die genannten Therapien bzw. Förderungen nicht erfolgen, sei eine höhergradige Hemmung der weiteren Entwicklung zu befürchten. Dies hätte zur Folge, dass das Kind in seinen Kompetenzen im Austausch mit anderen Menschen, aber auch in seiner Bindungsfähigkeit, deutlich mehr eingeschränkt wäre, als dies bei adäquater Therapie der Fall wäre. Für den Sachverständigen wäre jedenfalls unabdingbar, dass Förder- und Therapieangebote die spezifische Sprachproblematik des BF3 berücksichtigen, die darin bestehe, dass er bislang sowohl in deutscher als auch ukrainischer Sprache betreut und gefördert worden sei und zusätzliche autistische Züge aufweise. Ein plötzlicher Wegfall der Angebote in deutscher Sprache würde für das Kind nach Auffassung des Sachverständigen ein weiteres Entwicklungsrisiko darstellen. Speziell erforderlich wären Psychotherapie, Ergotherapie sowie ergänzend sonder- und heilpädagogische Maßnahmen, besonders in schulischer Hinsicht. Darüber hinaus wäre ein Förderprogramm angezeigt, das das Vorhandensein autismusspezifischer Symptome berücksichtige. Bezogen auf das Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei festzuhalten, dass eine Überstellung des BF3 (gemeinsam mit den Eltern) in die Ukraine ohne Zweifel beträchtliche Folgen hätte und eine solche abrupte Veränderung nicht nur der Wohnsituation, sondern der gesamten Lebensumgebung zu einer massiven Irritation des Kindes führen und somit sein psychisches Befinden verschlechtern würde. Die Möglichkeit, die durch die Überstellung ausgelösten Folgen durch eine psychiatrische Behandlung in der Ukraine geeignet aufzufangen, erscheine dem Sachverständigen als sehr gering, zumal zu berücksichtigen sei, dass es sich durchwegs um Behandlungsmethoden handle, welche die Etablierung einer intensiven therapeutischen Beziehung beinhalten würden, deren Aufbau binnen kurzer Zeit in einer fremden Umgebung schwierig erscheine.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund jener der Entscheidung zugrunde liegenden Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1.1. Die BF sind Staatsangehörige der Ukraine, ihre Muttersprache ist Ukrainisch. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Eltern und gesetzliche Vertreter des minderjährigen Drittbeschwerdeführers und der (im Jahr 2015 im Bundesgebiet geborenen) minderjährigen Viertbeschwerdeführerin.

Die BF1, BF2 und BF3 stellten am 20.06.2014 die ersten Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des BFA vom 09.01.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2015, W226 2017714-1/11E, W226 2017715-1/11E, W226 2017713-1/10E, wurden die dagegen erhobenen Beschwerden rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Die BF stellten am 04.06.2016 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des BFA vom 20.04.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2017, W226 2017714-2/4E, W226 2017715-2/4E, W226 2017713-2/4E, W226 2159010-1/4E, wurden die dagegen erhobenen Beschwerden rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Die BF stellten am 21.12.2017 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz und stützten diese auf die gleichen Fluchtgründe, die sie bereits im vorigen Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz geltend gemacht hatten sowie auf den schlechten Gesundheitszustand des BF3. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 07.08.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jene Folgeanträge unter dem gleichzeitigen Ausspruch von Rückkehrentscheidungen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden wurden im ersten Rechtsgang mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2018 als unbegründet abgewiesen.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 25.02.2019, Zl. E 4141-4144/2018-17, wurde ausgesprochen, dass die BF durch die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2018, soweit damit ihre Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und gegen den Ausspruch, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht, abgewiesen wurde, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden seien. Die Erkenntnisse wurden insoweit aufgehoben. Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde (im Umfang der Zurückweisung der Anträge im Hinblick auf den Status der Asylberechtigten) abgelehnt.

Begründend wurde auf den sich aus den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen ergebenden, im Verfahren unzureichend berücksichtigten, Verdacht auf eine beim minderjährigen BF3 vorliegende Autismus-Spektrum-Störung verwiesen.

1.2. Beim minderjährigen BF3 liegt eine psychische Störung in Form eines Krankheitsbildes, welches sowohl Symptome einer emotionalen Störung des Kindesalters als auch – in gewissem Ausmaß – Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung beinhaltet, vor. Für einen stabilen Gesundheitszustand des Kindes sind laut Einschätzung eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie weiterhin insbesondere eine spezifische Psychotherapie sowie eine ergotherapeutische und logopädische Förderung erforderlich. Aus Sicht des Facharztes hätte eine Überstellung des BF3 (gemeinsam mit den Eltern) in die Ukraine beträchtliche Folgen und es würde eine solche abrupte Veränderung nicht nur der Wohnsituation, sondern der gesamten Lebensumgebung, zu einer massiven Irritation des Kindes und somit einer Verschlechterung seines psychischen Befindens führen. Zudem leidet der BF3 an atopischer Dermatitis und diversen Allergien.

In Bezug auf die individuelle Lage des minderjährigen BF3 im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat besteht eine, in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation.

1.3. Der BF1 hat im Herkunftsstaat ein Studium der Rechtswissenschaften absolviert und in diesem Bereich gearbeitet. Die BF2 hat in der Ukraine ein Wirtschaftsstudium absolviert. Mutter, Großmutter und Halbgeschwister des BF1 sowie die Eltern der BF2 halten sich weiterhin in der Ukraine auf.

Die BF halten sich seit Juni 2014 ununterbrochen im Bundesgebiet auf.

Die BF2 leidet an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion. Der BF1 und die BF4 sind gesund.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die Feststellungen über den aktuellen Gesundheitszustand und Therapiebedarf des BF3 ergeben sich aus dem in Auftrag gegebenen Gutachten eines Sachverständigen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 20.11.2019 in Zusammenschau mit den weiteren in Vorlage gebrachten ärztlichen Unterlagen über seinen bisherigen Behandlungsverlauf in Österreich. Nach Einschätzung des Sachverständigen liegt im Falle des minderjährigen BF3 eine Autismus-Spektrum-Störung vor (vgl. Seiten 22 f des Gutachtens), wobei davon auszugehen ist, dass diese von Geburt an und sohin zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits bestanden hat. Angesichts der im angeführten Sachverständigen-Gutachten erfolgten Präzisierung des beim minderjährigen BF3 vorliegenden Krankheitsbildes ergibt sich in Zusammenschau mit den Erwägungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25.02.2019 das Vorliegen eines potentiell für die Beurteilung der Voraussetzungen subsidiären Schutzes relevanten neuen Sachverhaltes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Behebung der angefochtenen Bescheide:

3.1. Zu den Spruchpunkten II. der angefochtenen Bescheide:

3.1.1. Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der "Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde" von der Beschränkung des Prüfungsumfanges auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG ausgenommen, dh. vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 6 Rz 19 mwN). Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache - nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende" - ergehen; sie wäre inhaltlich rechtswidrig und würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 20 mwN).
Gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 steht die Zulassung des Verfahrens einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9. 9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (zweiten) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd. § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. zB VwGH 4.5.2000, 99/20/0192; 21.9.2000, 98/20/0564; 24.8.2004, 2003/01/0431; 4.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identischem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183 mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431).

Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung - dies kann auch eine solche einer Verwaltungsbehörde sein - auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens bilden. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt. Auf dem Boden der Rechtsprechung hat auch das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. auch dazu VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN).

Wurde ein Folgeantrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen, liegt eine ausschließlich verfahrensrechtliche Erledigung vor, mit der (nur) die Entscheidung in der Sache deshalb abgelehnt wurde, weil eine relevante Änderung des vorgebrachten Sachverhaltes im maßgeblichen Zeitraum nicht habe festgestellt werden können (vgl. VwGH 21.1.2020, Ra 2019/01/0393 mwN).

Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/18/0376 mwN).

3.1.2. Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz „in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen“, so ist einem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, „wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen zuletzt VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153; 26.6.2019, Ra 2019/20/0050, jeweils mwN).

Überdies hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN; sowie EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff; EGMR 1.10.2019, 57467/15, Savran gegen Dänemark, Rz 44 ff ).

3.1.3. In jenem Fall, in dem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den verfahrenseinleitenden Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, ist "Sache des Beschwerdeverfahrens" vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesfalls zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen früheren Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (vgl. zum Ganzen zuletzt VwGH 18.12.2019, Ro 2019/14/0006; 28.11.2019, Ra 2019/19/0329, jeweils mwN).

3.1.4. Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien – fallgegenständlich im noch offenen Umfang des Status der subsidiär Schutzberechtigten – gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Das Verwaltungsgericht darf hierbei nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Behörde zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder – im Falle des Vorliegens entschiedener Sache – das Rechtsmittel abzuweisen oder – im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung – den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2 1433 mwH; VwGH 18.12.2019, Ro 2019/14/0006). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025 mwN).

3.1.5. Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Bei § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG handelt es sich um eine von § 28 Abs. 3 erster und zweiter Satz VwGVG abweichende Regelung, die auf die Besonderheiten des asylrechtlichen Zulassungsverfahrens Bedacht nimmt, indem die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung zur Fällung einer zurückverweisenden Entscheidung im Fall einer Beschwerde gegen einen im asylrechtlichen Zulassungsverfahren erlassenen Bescheid allein an die in § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG genannten Voraussetzungen geknüpft ist. Diese Sonderbestimmung gelangt für sämtliche Beschwerden im Zulassungsverfahren, wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählt, zur Anwendung (vgl. VwGH 21.3.2018, Ro 2018/18/0001).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass immer dann, wenn der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch das BFA Ermittlungsmängel anhaften, die nicht vom BVwG in der für die Erledigung gebotenen Eile beseitigt werden können, der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattzugeben ist. Ist hingegen davon auszugehen, dass das BVwG die Ermittlungsmängel rasch und ohne größeren Aufwand selbst beseitigen kann, hat es von einer Beschwerdestattgebung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG Abstand zu nehmen und die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens (samt der Feststellung allfällig fehlenden Sachverhaltes) selbst vorzunehmen. Dabei hat es sich bei der Beurteilung gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG im Rahmen der Ermessensübung, ob eine Verhandlung durchzuführen ist, auch davon leiten zu lassen, ob die vorhandenen Ermittlungsmängel zweckmäßigerweise durch im Rahmen der Verhandlung vorzunehmende Beweisaufnahmen beseitigt werden können (etwa wenn es gilt, allein die Glaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers einer näheren Beurteilung zu unterwerfen; siehe z. B. VwGH 19.10.2017, Ra 2017/20/0144, mwN).

Kommt das BVwG, ohne dass es dafür weiterer Ermittlungsschritte bedürfte, zu dem Schluss, dass sich die Zurückweisung des Folgeantrages als rechtswidrig erwiese, ist der Bescheid im Rahmen einer Sachentscheidung aufzuheben (vgl. VwGH 14.1.2020 Ra 2019/18/0311).

3.1.6. Festzuhalten ist zunächst, dass im Hinblick auf die Folgeanträge der BF, soweit sie sich auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten richteten, rechtskräftig zurückweisende Entscheidungen vorliegen, sodass das Vorbringen zu ihren Fluchtgründen und damit einhergehenden Rückkehrbefürchtungen nicht Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist.

Auch darüber hinaus haben die BF1, BF2 und BF4 im gegenständlichen Verfahren kein Vorbringen erstattet, welches einen neu entstandenen, im Hinblick auf die Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung subsidiären Schutzes potentiell relevanten, Sachverhalt bilden könnte. Beim BF1 und der BF2 handelt es sich jeweils um volljährige Personen, welche an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leiden, mit den sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten ihres Herkunftsstaates vertraut sind, über qualifizierte Ausbildung und Berufserfahrung verfügen und die demnach im Falle einer Rückkehr, wie bereits im vorangegangenen Verfahren festgestellt, grundsätzlich dazu in der Lage sein werden, den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder durch Teilnahme am Erwerbsleben eigenständig zu erwirtschaften. Auch im Hinblick auf die allgemeine Sicherheits- und Menschenrechtslage in der Ukraine, einem gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG in Verbindung mit § 1 Z 14 Herkunftsstaaten-Verordnung sicheren Herkunftsstaat, sind verglichen mit dem Zeitpunkt der vorangegangen inhaltlichen Entscheidung vom 11.09.2017 keine maßgeblichen Verschlechterungen eingetreten, vor deren Hintergrund eine inhaltliche Neubewertung der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes geboten wäre.

Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens seiner gesetzlichen Vertreter der psychische Gesundheitszustand des minderjährigen BF3 als neu entstandener Sachverhalt ins Treffen geführt. Hierzu wurden diverse nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des vorangegangenen Verfahrens verfasste ärztliche Unterlagen in Vorlage gebracht, welchen sich u.a. der (zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide noch nicht bestätigte) Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung entnehmen ließ. Das Bundesverwaltungsgericht ging in der im ersten Rechtsgang ergangenen abweisenden Beschwerdeentscheidung im Ergebnis davon aus, dass das laut Aktenlage vorliegende Krankheitsbild des Minderjährigen angesichts der in der Ukraine laut den im angefochtenen Bescheid zitierten Länderberichten bestehenden Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen und mangels eines entsprechenden Schweregrades im Sinne näher dargestellter Judikatur des EGMR keinen potentiell „außergewöhnliche Umstand“ bilde, welcher geeignet wäre, im Hinblick auf die Beurteilung subsidiären Schutzes zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 25.02.2019, E 4141-4144/2018-17, jenes im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit damit die gegenständlichen Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und gegen den Ausspruch, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht, abgewiesen wurde, aufgehoben und dies im Wesentlichen mit einer unzureichenden Berücksichtigung der im Falle des minderjährigen BF3 ins gegenständliche Verfahren (erstmals) eingebrachten medizinischen Unterlagen, aus welchen sich ein Verdacht auf das Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung ergebe, begründet.

Der Verfassungsgerichtshof erblickte demnach in der (möglicherweise) vorliegenden psychischen Störung des minderjährigen BF3, welche den Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung beinhaltete, einen potentiell für die Beurteilung subsidiären Schutzes entscheidungsrelevanten neuen Sachverhalt.

Zur näheren Abklärung, ob im Falle des minderjährigen BF3 tatsächlich eine psychische Störung vorliegt, welche potentiell dazu geeignet ist, eine anderslautende Sachentscheidung im Hinblick auf die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes herbeizuführen, wurde durch das Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren ein Gutachten eines Sachverständigen für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Auftrag gegeben. Der Sachverständige kam in seinem am 20.11.2019 erstatteten Gutachten im Wesentlichen zum Ergebnis, dass im Fall des minderjährigen BF3 ein Krankheitsbild im psychischen Bereich vorliege, welches sowohl Symptome einer emotionalen Störung des Kindesalters als auch – in gewissem Ausmaß – Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung beinhalte. Aus Sicht des Sachverständigen sei vom Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung auszugehen. Für einen stabilen Gesundheitszustand des Kindes seien – weiterhin – insbesondere nicht medikamentöse Maßnahmen erforderlich, insbesondere eine spezifische Psychotherapie, daneben eine ergotherapeutische und logopädische Förderung. Bezogen auf das Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie wurde vom Sachverständigen festgehalten, dass eine Überstellung des BF3 (gemeinsam mit den Eltern) in die Ukraine ohne Zweifel beträchtliche Folgen hätte und eine solche abrupte Veränderung nicht nur der Wohnsituation, sondern der gesamten Lebensumgebung zu einer massiven Irritation des Kindes führen und somit sein psychisches Befinden verschlechtern würde.

Angesichts der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 25.02.2019, E 4141-4144/2018-17, in Zusammenschau mit den nunmehrigen Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie ergibt sich, dass beim minderjährigen BF3 angesichts seiner (bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegenen) gesundheitlichen Situation und dem vor diesem Hintergrund nunmehr bestehenden Therapiebedarf eine Änderung in seinen persönlichen Umständen eingetreten ist, welche eine andere Beurteilung im Hinblick auf die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheinen lässt, sodass jener Sachverhalt nicht von der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2017, mit welchem ein Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes im Falle des BF3 letztmalig einer inhaltlichen Beurteilung zugeführt worden ist, umfasst ist. Es liegt demnach ein neu entstandener Sachverhalt vor, welcher nach den oben dargestellten Leitlinien der Höchstgerichte im Rahmen eines inhaltlichen Verfahrens im Hinblick auf seine Maßgeblichkeit zur Begründung eines Hindernisses für eine Abschiebung in die Ukraine zu beurteilen sein wird.

3.1.7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich demnach im zugelassenen Verfahren insbesondere inhaltlich mit der Frage befassen zu haben, wie sich eine Abschiebung in die Ukraine angesichts des psychischen Gesundheitszustandes des BF3 auswirken würde und ob vor deren Hintergrund allenfalls ein in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK reichender „außergewöhnlicher Umstand“ zu erblicken sei.

Hierbei wird maßgeblich zu berücksichtigen sein, ob der Minderjährige in der Ukraine Zugang zu den im Gutachten vom 20.11.2019 angeführten erforderlichen Therapie- und Förderungsangeboten haben wird, wobei auch die allenfalls privat zu tragenden Kosten sowie die Wartezeit für die Aufnahme einer entsprechenden Behandlung Relevanz haben werden. Gleichermaßen wird zu berücksichtigen sein, ob der Minderjährige vor dem Hintergrund der vorliegenden psychischen Störung in der Ukraine Zugang zu (sonderpädagogischen) Bildungseinrichtungen haben wird oder – als Kind mit den vorliegenden Beeinträchtigungen im psychischen Bereich – mit maßgeblichen Diskriminierungen im Gesellschaftsleben und im Bildungsbereich zu rechnen hätte.

Neue Umstände oder Tatsachen, denen über das bisherige Vorbringen hinaus ein für die Begründung einer neuen Sache erforderlicher „glaubhafter Kern“ zukommen würde und die im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid dargelegten Erwägungen allenfalls geeignet gewesen wären, eine andere als die von der belangten Behörde vertretene Beurteilung herbeizuführen, sind vom minderjährigen BF3 somit hinsichtlich der Frage der Zuerkennung subsidiären Schutzes vorgebracht worden. Das bedeutet nicht, dass die neue Sachentscheidung zu einem von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen muss, doch kommt diesem geänderten Sachverhalt grundsätzlich Entscheidungsrelevanz zu (vgl. z.B. VwGH 31.8.2017, Ra 2016/21/0296). Aufgrund der dargestellten Beschränkung des Verfahrensgegenstandes auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Zurückweisung des Folgeantrages wegen entschiedener Sache, ist es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, die entspreche Beurteilung selbst vorzunehmen.

3.1.8. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Behandlung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz (im Umfang der Beurteilung subsidiären Schutzes) im Falle des BF3 das Prozesshinderns der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben war. Dieser Mangel schlägt gemäß § 34 Abs. 4 AsylG auf die Entscheidung betreffend die übrigen BF durch (siehe VfSlg. 19.855/2014), weshalb die in Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide erfolgten Aussprüche hinsichtlich aller BF aufzuheben sind.

Die Verfahren sind damit in diesem Umfang gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 BFA-VG zugelassen.

3.2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. der angefochtenen Bescheide:

Da der Spruchteil über die Zurückweisung der Folgeanträge auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten zu beheben und die Verfahren insoweit vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur inhaltlichen Behandlung zuzulassen sind, können die darauf aufbauenden Aussprüche über die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen sowie die Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keinen Bestand haben und waren daher ebenfalls zu beheben.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

Die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren – wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen – folgt den oben unter Punkt 3.1.5. dargestellten besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG, folgt (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2018/14/0293, mwN).

Im vorliegenden Beschwerdefall ergab sich unter Bindung an die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25.02.2019 dargelegte Rechtansicht und nach ergänzenden Ermittlungen zwecks näherer Abklärung des (angesichts der Befundlage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig geklärten) psychischen Gesundheitszustandes des minderjährigen BF3 durch Einholung eines kinder- und jugendpsychiatrischen Sachverständigen-Gutachtens das Vorliegen eines neuen im Hinblick auf die Beurteilung subsidiären Schutzes potentiell entscheidungsrelevanten Sachverhaltes. Da die Zurückweisung des Folgeantrages des minderjährigen Drittbeschwerdeführers wegen entschiedener Sache daher im Hinblick auf die Gewährung subsidiären Schutz nicht zu Recht erfolgt ist und diese Entscheidung auf die übrigen Familienmitglieder durchschlägt, waren die angefochtenen Bescheide zu beheben und die Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuzulassen (vgl. nochmals VwGH 14.1.2020 Ra 2019/18/0311). Ein Bedarf an einer weiteren mündlichen Erörterung bestand in diesem Zusammenhang nicht, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht he

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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