TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 I405 2231293-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2231293-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIk!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2020, Zl. 536058608-191271993,

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 13.11.2010 unter einem anderen Namen und Geburtsdatum sowie als Staatsangehöriger von Sierrra Leone einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass seine Stiefmutter ihn nach dem Tod seines Vaters umbringen hätte wollen.

2.       Eine in der Folge durchgeführte Sprachanalyse ergab, dass der BF mit sehr hoher Sicherheit aus Nigeria stamme. Der BF beharrte jedoch auf seine Staatsangehörigkeit von Sierra Leone.

3.       Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.09.2011, Zl. 10 10.644-BAE wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und er nach Nigeria ausgewiesen.

4.       Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.09.2013, Zl. D3 421246-1/2011/18E, als unbegründet abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft.

5.       Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 17.12.2011, Zl. III-1310660/FrB/11, wurde aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen des BF gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

6.       Am 16.04.2014 stellte der BF im Zuge einer beabsichtigten Abschiebung aus der Haft einen weiteren (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Er betonte dabei ausdrücklich, nicht aus Nigeria zu stammen, verwies auf seine alten Fluchtgründe und gab an, dass er wegen dieser Gründe nicht nach Sierra Leone zurückkehren könne. Nach seiner Entlassung aus der Schubhaft begab sich der BF unbekannten Aufenthaltes.

7.       Am 09.07.2018 wurde der BF nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in der Schweiz nach der Dublin III VO nach Österreich rücküberstellt. Dort führte er die Identität XXXX , StA Nigeria.

8.       In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 25.09.2018 bestätigte er, dass er aus Nigeria stamme und XXXX heiße. Er habe Nigeria verlassen, weil sein Bruder XXXX seine Eltern, einen Bruder und drei Schwestern von ihm umgebracht habe und er der nächste gewesen wäre, weshalb er nach Sierra Leone geflohen sei. Auszugsweise gab er in dieser Einvernahme an: „Er (gemeint: sein Bruder) will mich umbringen, damit er Geld für mein Blut bekommt. Sein Bruder hat Leute geschickt, damit mich diese töten. Ich hatte aber eine Medizin, sodass mich die Hiebe ihrer Messer nicht verletzen konnten. Ich habe die Medizin 2003 bekommen und diese Medizin wirkt ewig. Diese Medizin wurde in meinem Körper implantiert mit einer Rasierklinge. Es ist natürlich auch möglich die Wirkung dieser Medizin zu zerstören. Nachgefragt gebe ich an, dass das der Fall wäre, wenn ich Beischlaf mit einer Frau während ihrer Menstruation vollführe“.

9.       In seiner Stellungnahme vom 08.02.2019 legte er eine gerichtlich beeidete Erklärung eines Bruders von ihm in Kopie vor, dass sein älterer Bruder XXXX Mitglied einer Voodoo-Gruppe sei und bereits mehrere Mitglieder seine Familie umgebracht habe.

10.      Mit Bescheid des BFA vom 01.10.2019 wurde auch der (zweite) Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.). sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.) Gemäß Art. 11 der Statusrichtlinie wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.) und festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 28.04.2014 verloren habe (Spruchpunkt IX.). Abschließend wurde dem BF aufgetragen von 25.09.2018 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt X.).

11. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2019, Zl. I408 1421246-3/3E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass dem BF die Persönliche Glaubwürdigkeit und auch jene hinsichtlich des Fluchtvorbringens abzusprechen sei. Selbst bei Wahrunterstellung seines nunmehrigen Fluchtvorbringens handle es sich dabei um eine private Verfolgung, wogegen seine heimatstaatlichen Behörden wirksamen Schutz bieten können. Außerdem könne der BF der behaupteten Verfolgung durch eine Relokation entgehen.

12. Am 12.12.2019 stellte der BF den gegenständlichen (zweiten) Folgeantrag auf internationalen Schutz, wiederum unter dem Namen XXXX , jedoch als Staatsnagehöriger von Nigeria und mit dem Geburtsdatum XXXX .

13. Er wurde hierzu am selben Tag einer niederschriftlichen Erstbefragung unterzogen. Als Fluchtgrund wiederholte er seine im zweiten Asylverfahren geltend gemachten Angaben und fügte hinzu, dass er unlängst drei Anrufe aus Nigeria erhalten habe, denen zufolge er im Falle seiner Rückkehr vom Gouverneur von Delta State und vom King seiner Gemeinde getötet werden würde. Der Grund dafür sei, dass er von Österreich aus seine Schwester und seinen Bruder Abel kontaktiert habe, damit diese ihren Bruder XXXX beseitigen, da Letzterer ihre Eltern und auch die anderen Geschwister und sogar ihn töten lassen wolle. Nachdem die Behörden bzw. die Polizei nichts gegen den Genannten unternommen hätten, habe er diesen Schritt gehen müssen. XXXX sei sehr wohlhabend und glaube, dass die „Götter“ ihm diesen Reichtum geschenkt haben und er ihnen daher menschliche Opfer (seine Familienangehörige) erbringen müsse. Am 26.04.2019 habe XXXX seine Stiefmutter töten lassen. Den Zeitungsartikel darüber habe er auf seinem Tablett. Da XXXX reich sei, habe er sogar den Gouverneur bestochen, sodass die Behörden nichts unternehmen. XXXX arbeite nicht alleine, er habe viele Mitarbeiter, die für ihn die Schmutzarbeit machen. Die Behörden hätten nur seine Mitarbeiter festgenommen und gemeint, dass XXXX nicht festgenommen werden dürfe, weil er ein guter Steuerzahler sei. Im Falle seiner Rückkehr würde ihn XXXX töten lassen, als Rache und als Gabe für die Götter.

14. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 13.01.2020 durch das BFA machte der BF folgende Angaben: Er habe einen Anruf aus Nigeria bekommen. Seine Familie habe mit ihm gesprochen. Jetzt da sein Asylverfahren beendet sei, müsse er nach Nigeria zurückkehren. Er werde aber im Falle seiner Rückkehr von seinem Bruder XXXX , dem Gouverneur und dem König getötet. Er habe versucht eine Petition an die Regierung zu schreiben, damit sein Bruder XXXX wegen der Morde verhaftet werde. Voriges Jahr am 26.04.2019 habe dieser seine Stiefmutter getötet. Er habe ihn am Telefon erwischt und habe ihn gebeten, sie nicht zu töten. Er habe es aber trotzdem getan. Daraufhin habe er diesem am Telefon gesagt, dass er dafür bezahlen müsse. Er habe Ihm eine Nachricht geschrieben, welche im Protokoll festgehalten ist. Auf Vorhalt, dass in seiner Beschwerde vom 29.10.2019 dieser Sachverhalt nicht erwähnt worden sei, obwohl er ihm bekannt gewesen sei, entgegnete der BF, dass er seinem Anwalt davon nichts berichtet habe, da dieser keine Zeit gehabt habe. Befragt, ob nach dem 12.11.2019 etwas geschehen sei, gab der BF an, mit seiner Familie telefoniert zu haben. Dabei habe sie ihm gesagt, dass die Regierung gesagt habe, dass sie hinter ihm her sei und nach ihm suche. Dies sei bei dem Anruf gewesen, den er am 30.11.2019 von seiner Familie bekommen habe. Der BF verwies auf zwei Zeitungsartikel, in denen berichtet werde, dass XXXX , seine Frau und ein Handlanger festgenommen worden wären. Auf Nachfrage gab der BF dazu an, dass XXXX zwar festgenommen worden sei, aber der König und die Regierung ihn wieder rausgeholt hätten. Zwischenzeitig habe er, der BF, drei Jungs festnehmen lassen. Er habe seine Schwester und seine Brüder angerufen, welche dann einen Anwalt genommen und eine Petition geschrieben hätten. Die Polizei sei dann nach Agbor gekommen und habe die drei Jungs festgenommen. XXXX habe dann 70 Millionen Naira, das seien ungefähr 130000 Euro, an die Regierung gezahlt. Die Regierung habe dann diese Jungs frei gelassen. Dies sei im September geschehen, im November sei XXXX festgenommen worden. Abschließend gab der BF auf Nachfrage an, er wisse, dass Österreich ihm keinen positiven Bescheid geben könne, aber man möge ihm erlauben, dass er hierbleiben könne, bis er mit XXXX fertig sei. Dann könne er gehen.

15. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 24.03.2020 wies die belangte Behörde den zweiten Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

16. Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des rechtsfreundlichen Vertreters des BF 20.05.2020.

17.      Mit Schriftsatz vom 25.05.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.05.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hält sich seit (mindestens) 13.11.2010 im Bundesgebiet auf. Trotz der aufrechten Rückkehrentscheidung ist der BF seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht freiwillig nachgekommen, sondern stellte stattdessen bereits seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Er hält sich somit weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, obwohl gegen ihn BF im zweiten Asylverfahren zusätzlich ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren erlassen wurde.

Zuletzt hat der BF in Nigeria in einem Casino gearbeitet. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der BF leidet an keinen derartigen physischen und psychischen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen, und ist arbeitsfähig. In Nigeria verfügt er aber über Verwandte, unter anderem seine Geschwister.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des BF:

In seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 13.11.2010, den er unter einem anderen Namen und Geburtsdatum sowie als Staatsangehöriger von Sierra Leone stellte, machte der BF als Fluchtgrund geltend, dass seine Stiefmutter ihn nach dem Tod seines Vaters umbringen hätte wollen. Trotz eines eingeholten Sprachgutachtens beharrte der BF darauf, Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein. Nachdem dieser erste Antrag auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.09.2013, Z. D3 421246-1/2011/18E, mangels Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens des BF rechtskräftig abgewiesen wurde, stellte der BF am 16.04.2014 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, erneut mit derselben Identität wie im Erstverfahren. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe verwies er auf seine alten Fluchtgründe und gab an, dass er wegen dieser Gründe nicht nach Sierra Leone zurückkehren könne. Erst nachdem er aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt wurde, wo er unter der Identität XXXX , StA. Nigeria, einen Asylantrag gestellt hatte, korrigierte der BF seine Identitätsangaben in Österreich und erklärte, er habe Nigeria verlassen, weil sein Bruder XXXX seine Eltern, einen Bruder und drei Schwestern von ihm umgebracht habe und er der Nächste gewesen wäre, weshalb er nach Sierra Leone geflohen sei.

Auch dieser erste Folgeantrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2019, Zl. I408 1421246-3/3E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass dem BF die Persönliche Glaubwürdigkeit und auch jene hinsichtlich des Fluchtvorbringens abzusprechen sei. Selbst bei Wahrunterstellung seines nunmehrigen Fluchtvorbringens handle es sich dabei um eine private Verfolgung, wogegen seine heimatstaatlichen Behörden wirksamen Schutz bieten können. Außerdem könne der BF der behaupteten Verfolgung auch durch eine Relokation entgehen.

Am 12.12.2019 stellte der BF den gegenständlichen (zweiten) Folgeantrag, und zwar wiederum unter dem Namen XXXX , jedoch als Staatsnagehöriger von Nigeria und mit dem Geburtsdatum XXXX . Hinsichtlich seiner Fluchtgründe stützte er sich erneut auf jene aus dem Zweitverfahren und fügte hinzu, dass er mehrere Anrufe von seiner Familie bekommen habe, wonach er im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria weiterhin von seinem Bruder, dem Gouverneur, dem König und der Regierung getötet werden würde. Er habe auch Zeitungsartikel, denen zufolge sein Bruder festgenommen, dann jedoch wieder freigelassen worden sei.

Der Folgeantrag wurde mit Bescheid des BFA vom 24.003.2020 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des gegenständlichen Folgeantrages ergab, dass das nunmehrige Fluchtvorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens bestanden hat und keinen glaubhaften Kern aufweist. Somit wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht. Die individuelle Situation für der BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich auch nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria auf Stand 18.12.2019 zitiert. Im Beschwerdeverfahren wurden keine für die Entscheidung relevanten Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente behauptet oder bekannt.

Im gegebenen Zusammenhang sind die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.3.1 Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien (AA 10.12.2018). Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt; sowie Spannungen im Nigerdelta (AA 10.12.2018; vgl. EASO 11.2018a) und eskalierende Gewalt im Bundesstaat Zamfara (EASO 11.2018a). Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten, (EASO 11.2018a; vgl. AA 10.12.2018), sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen (EASO 11.2018a). Die 2017 deutlich angespannte Lage im Südosten des Landes („Biafra“) hat sich mit dem Eingriff des Militärs und der mutmaßlichen Flucht des Anführers der stärksten separatistischen Gruppe IPOB derzeit wieder beruhigt (AA 10.12.2018). […]

Zu Entführungen und Raubüberfällen kommt es im Nigerdelta und einigen nördlichen Bundesstaaten. Betroffen sind: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bauchi, Bayelsa, Cross River, Delta, Ebonyi, Enugu, Imo, Jigawa, Kaduna, Kano, Katsina, Kogi, Nasarawa, Plateau, Rivers und Zamfara. Für die erwähnten nordöstlichen und nördlichen Bundesstaaten sowie jenen im Nigerdelta gelegenen gilt seitens des österreichischen Außenministeriums eine partielle Reisewarnung; Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) in den übrigen Landesteilen (BMEIA 12.4.2019). […]

Nordnigeria – Boko Haram

„Boko Haram“ ist seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge mit Tausenden von Todesopfern verantwortlich (AA 9.2018a). Dem Konflikt fielen unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Menschen zum Opfer (AA 9.2018a; vgl. HRW 18.1.2018; EASO 11.2018a). Im August 2016 spaltete sich Boko Haram als Folge eines Führungsstreits in Islamic State West Africa (ISIS-WA) und Jama’atu Ahlis Sunna Lidda’awati wal-Jihad (JAS) auf (EASO 11.2018a). Diese Gruppen waren weiterhin für Tötungen, Bombenanschläge und Angriffe auf militärische und zivile Ziele in Nordnigeria verantwortlich. Diese Aktivitäten forderten tausende Todesopfer und Verletzte und verursachten bedeutende Zerstörung von Eigentum (USDOS 19.9.2018).

In den ersten eineinhalb Jahren Amtszeit hatte es Präsident Buhari geschafft, die Bedrohung durch Boko Haram weitgehend einzudämmen (AA 9.2018a). Die von Boko Haram betroffenen Staaten haben sich im Februar 2015 auf die Aufstellung einer 8.700 Mann starken Multinational Joint Task Force (MNJTF) zur gemeinsamen Bekämpfung von Boko Haram verständigt (AA 9.2018a). Im Vorfeld der Wahlen 2015 wurde die Militärkampagne gegen die Islamisten auf Druck und unter Beteiligung der Nachbarstaaten Kamerun, Niger und Tschad intensiviert und hat nach dem Amtsantritt von Staatspräsident Buhari zu einem von der Regierung behaupteten „technischen Sieg“ geführt (ÖB 10.2018). Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram aus allen von ihr kontrollierten Städten und aus fast allen Landkreisen im Nordosten Nigerias vertrieben werden, ohne dass es den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, diese Gebiete dann auch abzusichern und vor weiteren Angriffen der Islamisten zu schützen (AA 9.2018a; vgl. AA 1.12.2018). Nach dem Rückzug in unwegsames Gelände und dem Treueeid einer Splittergruppe gegenüber dem sogenannten „Islamischen Staat“ ist Boko Haram mittlerweile zu seiner ursprünglichen Guerillataktik von Überfällen auf entlegenere Dörfer und Selbstmordanschlägen – oft auch durch Attentäterinnen – zurückgekehrt (ÖB 10.2018). Mit Selbstmordanschlägen auf Streitkräfte, Vertriebenenlager, Moscheen in ländlichen Bereich oder in Einzugsgebieten von größeren Städten im Nordosten, besonders Maiduguri, sowie Entführungen bleiben die Islamisten weiterhin regional aktiv (AA 9.2018a). Die seit 2015 erzielten Fortschritte im Kampf gegen Boko Haram nutzen sich langsam ab (erhöhte Anschlagsaktivitäten, insbesondere auf nigerianische Streitkräfte). Die nigerianischen Streitkräfte beschränken sich auf das Verteidigen einiger urbaner Zentren im Bundesstaat Borno (AA 10.12.2018). Die Zahl und Qualität der Anschläge, insbesondere auf nigerianische Streitkräfte und Polizei, hat 2018 wieder zugenommen (AA 9.2018a). Boko Haram verübte 2017 mindestens 65 Angriffe, bei denen insgesamt 411 Zivilpersonen getötet wurden. Außerdem entführte die Gruppe mindestens 73 Menschen (AI 22.2.2018). Im Jahr 2018 kamen zumindest 1.200 Personen durch Boko Haram ums Leben, knapp 200.000 Personen wurden intern vertrieben (HRW 17.1.2019).

Auch wenn die zivile Bürgerwehr Civilian Joint Task Force stellenweise recht effektiv gegen Boko Haram vorging, begeht diese Gruppe häufig selbst Menschenrechtsverletzungen oder denunziert willkürlich persönliche Feinde bei den Sicherheitsorganen (AA 10.12.2018).

In Lagos gibt es keine Fälle von Tötungen durch Boko Haram. Die Terroristen sind nicht in der Lage, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren. Wenn sich Menschen von Boko Haram bedroht fühlen, dann können sie im Land umsiedeln (VA1 16.11.2015). Zwar gibt es im Süden Schläferzellen der Boko Haram. Trotzdem können z.B. Deserteure der Boko Haram in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind (VA2 16.11.2015).

1.3.2 Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als „lead nation“ (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im „Decree 33“ nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets „overstay“ angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

1.3.3 Dokumente

Aufgrund des nicht vorhandenen Meldewesens, verbreiteter Korruption in den Passbehörden sowie Falschangaben der Antragsteller ist es ohne weiteres möglich, einen nigerianischen Reisepass zu erhalten, der zwar echt, aber inhaltlich falsch ist. Der „Nigerian Passport Act“ stellt jede unbefugte Veränderung des Dokuments unter Strafe (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr). Mit der Einführung des elektronischen Passes (mit elektronisch gespeicherten Fingerabdrücken) im Jahr 2007 haben die Behörden einen wichtigen Schritt unternommen, die Dokumentensicherheit zu erhöhen. Es sind auch so gut wie keine gefälschten nigerianischen Pässe im Umlauf, da wie bereits beschrieben, es keinerlei Problem darstellt, einen echten Pass unter Vorlage gefälschter Dokumente zu erhalten (AA 10.12.2018). Mangels eines geordneten staatlichen Personenstandswesens ist die Überprüfung der Echtheit von Dokumenten durch nigerianische Behörden folglich kaum möglich (ÖB 10.2018).

Auf den ersten Blick nicht als Fälschungen erkennbare, gefälschte Dokumente (Geburts- und Heiratsurkunden, Zeugnisse von Schulen und Universitäten etc.) sind in Lagos und anderen Städten ohne Schwierigkeiten zu erwerben. Sie sind professionell gemacht und von echten Dokumenten kaum zu unterscheiden. Inhaltlich unwahre, aber von den zuständigen Behörden ausgestellte (Gefälligkeits-)Bescheinigungen sowie Gefälligkeitsurteile in Familiensachen kommen vor. Vorgelegte angebliche Fahndungsersuchen nigerianischer Sicherheitsbehörden sind in der Form oft fehlerhaft oder enthalten falsche Darstellungen behördlicher Zuständigkeiten und waren dadurch als Fälschungen zu erkennen. Aufrufe von Kirchengemeinden – z. B. genannten Asylbewerbern Zuflucht und Schutz zu gewähren – sind oft gefälscht (AA 10.12.2018).

Die Verfassung knüpft die Staatsangehörigkeit an die Geburt in Nigeria oder – im Ausland – an die Abstammung von einem nigerianischen Elternteil (Art. 25). Mit Dekret 69/92 vom 14.12.1992 wurde die Registrierung von Geburten der Nationalen Bevölkerungskommission (National Population Commission, NPC) übertragen. Die Registrierungspraxis ist landesweit unterschiedlich und weist zum Teil erhebliche Lücken auf (AA 10.12.2018), und es gibt keine Vorschrift zur Registrierung von Geburten. Der Großteil der Geburten wird nicht registriert (USDOS 13.3.2019), landesweit wird nur jede dritte Geburt ordnungsgemäß registriert. Ein Verzicht auf die nigerianische Staatsangehörigkeit ist theoretisch möglich (Art. 29 der Verfassung), jedoch nur nach Registrierung durch den Präsidenten wirksam. Praktisch macht diese Durchführungsvorschrift den Verzicht unmöglich, da der Präsident die Registrierung nicht vornimmt und eine Delegierung auf eine andere staatliche Stelle nicht vorgesehen ist (AA 10.12.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das Zentralen Melderegister und das Strafregister der Republik Österreich sowie in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria und der Sprachanalyse des Institutes XXXX vom 24.02.2011.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen und hat der BF den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert bestritten, sodass das Bundesveraltungsgericht den maßgeblichen Sachverhaltes als ausreichend ermittelt und somit als entscheidungsreif ansieht und sich der vorgenommenen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand, seiner Religion, seinen Lebensumständen, seiner Schulbildung und seiner Arbeitsfähigkeit und -erfahrung gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen.

Da der BF zunächst mit einer vorgetäuschten Identität in Österreich aufgetreten ist und entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die im Akt enthaltene Sprachanalyse des Institutes XXXX vom 24.02.2011 und auf seiner "Klarstellung" in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 25.09.2018.

Die während des größten Teiles seiner zwei Asylverfahren aufrecht gehaltenen unwahren Angaben zu seinem behaupteten und durch Sprachanalyse widerlegten Herkunftsstaat zeigen deutlich, dass der BF persönlich unglaubwürdig ist und seine Staatsangehörigkeit zu verschleiern versuchte, wodurch er seine Mitwirkungspflicht gemäß § 15 AsylG verletzt hat.

Ihm wurde mehrmals die Möglichkeit gegeben seine wahre Herkunft darzulegen, doch beharrte er darauf aus Sierra Leone zu stammen. Erst in seiner niederschriftlichen Einvernahme 2018 gab er zu, aus Nigeria zu stammen und Sierra Leone angegeben zu haben, weil ihm davon abgeraten worden wäre, Nigeria als Herkunftsstaat anzugeben.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet und dem und zu seinen bisherigen Asylverfahren ergeben sich aus dem Akt.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen - aus seiner behaupteten Abstammung resultierenden - Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag im Sinne des § 6 Z 3 AsylG 1997 vor (Hinweis E vom 30.11.2000, 99/20/0590, und vom 30.01.2001, 2000/01/0106 sowie 27.09.2001, 2001/20/0393).

Das bedeutet, dass neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat im Asylverfahren eine zentrale Bedeutung zukommt: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.03.2006, Zl. 2003/20/0345). Sowohl der Herkunftsstaat als auch der persönliche Fluchtgrund müssen also vom Asylwerber in seinem Antrag auf internationalen Schutz behauptet und überdies zumindest glaubhaft gemacht werden.

Die hohe Relevanz des behaupteten Herkunftsstaates den ein Asylwerber im Asylverfahren angibt, erschließt sich auch daraus, dass das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative einen Abweisungsgrund für einen Antrag auf internationalen Schutz darstellt (vgl. §§ 3 Abs. 3 Z 1 sowie § 8 Abs. 3 und 6 Asylgesetz 2005). So ordnet die Gesetzesbestimmung des § 11 Abs. 2 Asylgesetz 2005 unmissverständlich an, dass bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, "auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber" abzustellen ist. Tritt ein Asylwerber unter einer Aliasidentität auf oder macht er falsche Angaben zu seinem Herkunftsstaat, läuft diese Prüfung zwangsläufig ins Leere.

Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass der BF trotz Belehrung über die Folgen wider besseren Wissens versuchte die Behörden über seinen wahren Herkunftsstaat zu täuschen. Diese Täuschung hielt er von 2010 bis 2018 aufrecht, obwohl er mehrfach Möglichkeit hatte, dies richtig zu stellen. Stellt aber ein Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz unter Verwendung eines falschen Herkunftsstaates, bedeutet das, dass er, gerade unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Fluchtgründe, versucht sich unzulässigerweise einen asylrelevanten, bzw. subsidiären Schutz betreffenden Vorteil zu verschaffen, den er bei richtiger Angabe seines Herkunftsstaates nicht hätte. Folglich leidet darunter die gesamte Glaubwürdigkeit des BF, da wohl in der Regel nur ein Asylwerber, der bewusst einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt, sich veranlasst sehen wird, die belangte Behörde durch die Angabe eines falschen Herkunftsstaates in die Irre zu leiten. Infolgedessen kann - wie die belangte Behörde ebenfalls folgerichtig ausführte - dem Fluchtvorbringen des BF keine Glaubwürdigkeit geschenkt werden und kann nicht davon ausgegangen werden, dass das übrigen Vorbringen den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, wenn bereits seine Angaben zu seiner Herkunft als unglaubwürdig anzusehen sind.

Diese Ausführungen treffen auf den gegenständlichen Fall zu. So hat auch der BF im gesamten ersten Asylverfahren und auch zum größten Teil des zweiten Asylverfahrens sein Fluchtvorbringen auf seine Staatsangehörigkeit von Sierra Leone gestützt. Erst 2018 bei seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in der Schweiz und seiner Einvernahme am 25.09.2018, gab der BF zu, aus Nigeria zu stammen, und brachte erstmals vor, von seinem Bruder verfolgt und bedroht zu werden.

Zu diesem erstmals im zweiten Asylverfahren geltend gemachten und im nunmehrigen dritten Verfahren aufrechtgehaltenen Fluchtgrund ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens bestanden hat und somit von der Rechtskraft des Erstverfahrens umfasst ist, weshalb nicht von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen war.

Unbeschadet dessen ist dieses Vorbringen im zweiten Verfahren rechtskräftig als unglaubwürdig qualifiziert worden. In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass auch der VwGH davon ausgeht, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 7.6.2000, 2000/01/0250).

Insoweit der BF im nunmehrigen Verfahren behauptet, dass die Verfolgung durch seinen Bruder noch aufrecht sei und dies ihm von seinen Familienangehörigen telefonisch mitgeteilt worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich um eine Fortschreibung des als unglaubwürdig qualifizierten Vorbringens handelt.

Darüber hinaus erweisen sich die diesbezüglichen Angaben des BF nicht als glaubwürdig bzw. weisen keinen glaubhaften Kern auf. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie zum vom BF als einziges Beweismittel angeführten SMS festhält, dass diese Nachricht als Beweismittel ungeeignet ist, da sie lediglich befähigt ist zu beweisen, dass der BF am 28.10.2019 eine Nachricht dieses Wortlauts an die Nummer XXXX versandt hat, nicht jedoch, dass sein behauptetes Fluchtvorbringen der Wahrheit entspricht. Auch ist der belangten Behörde beizutreten, wenn sie ausführt, dass zu erwarten gewesen wäre, dass der BF dieses Vorbringen bereits in seinem zweiten Asylverfahren tätigt, was jedoch nicht geschah und somit gegen die Glaubwürdigkeit des BF spricht. Gleiches gilt für die behaupteten Telefonate des BF mit seiner Familie, wonach er weiterhin bedroht werden würde.

Somit brachte der BF insgesamt eine Weiterführung und Steigerung seines bereits als unglaubhaft erkannten Vorbringens im Vorverfahren vor.

Daher ist der belangten Behörde beizutreten, dass das Fluchtvorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens bestanden hat und keinen glaubhaften Kern aufweist, weshalb sich bei den Fluchtgründen nichts geändert hat und somit auch kein entscheidungsrelevant geänderter Sachverhalt im Sinne von § 68 AVG vorliegt.

Die Beschwerde zeigt konkreten Gründe auf, die für die Rechtswidrigkeit des Ermittlungsverfahrens oder für die Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde sprechen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Zusammengefasst wird daher festgestellt, dass es sich beim Vorbringen bezüglich der behaupteten Verfolgung durch den Bruder des BF, durch den Gouverneur, durch den König sowie durch die Regierung um keinen neuen Fluchtgrund handelt. Der BF konnte somit auch im dritten Rechtsgang keine seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens neu hervorgetretenen Fluchtgründe geltend machen.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Entgegen der in der Beschwerde behaupteten wesentlichen Änderung der Situation in Nigeria konnte aus den getroffenen Feststellungen keine solche wesentliche Änderung erkannt werden und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat den aktuellen Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegen.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus festzuhalten, dass es sich bei BF einen jungen und arbeitsfähigen Mann handelt, die an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit sie nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung der BF nach Nigeria vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entscheidungsrelevante Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1.    Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Die Behörde hat sich bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder – im Falle des Vorliegens entschiedener Sache – das Rechtsmittel abzuweisen oder – im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung – den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.8.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.2.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie oben bereits näher ausgeführt, fehlt es dem Vorbringen des BF an einem „glaubhaften Kern“. Darüber hinaus lag der vom BF vorgebrachte Sachverhalt bereits in seinem ersten Asylverfahren vor.

Da somit weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick sowohl auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der BF gelegen ist, als auch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist – noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch zu entscheiden ist. Die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache erfolgte durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher zu Recht, weshalb Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen war.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen umfasst lediglich Textbausteine, zitiert Rechtsprechung und weist insgesamt keinerlei individuellen Bezug zum gegenständlichen Verfahren auf. Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Nigeria nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Das Beschwerdevorbringen ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylverfahren entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2231293.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten