TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/2 I421 2231291-1

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Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I421 2231291-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SERBIEN, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 26.02.2020, Zl. 1261704503-200215620,

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. und V. wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als das Einreiseverbot auf ein Jahr herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 25.2.2020 von Beamten der LPD in Wien XXXX einer Personenkontrolle unterzogen, wobei sich der Beschwerdeführer mit einem gültigem serbischen Reisepass und einer serbischen ID Karte ausweisen konnte.

Der zeitlich letzte Einreisestempel im Reisepass des Beschwerdeführers in den Schengenraum datiert vom 19.1.2020. Der Beschwerdeführer war und ist im Bundesgebiet nicht gemeldet und nicht versichert.

Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 120 FPG zur Anzeige gebracht, festgenommen und von der belangten Behörde am 25.2.2020 niederschriftlich unter Beiziehung eines Dolmetschs einvernommen.

Bei dieser Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer auf die Frage, was er zuletzt im Bundesgebiet gearbeitet hätte, er hätte alles was sich ergeben habe gemacht, zuletzt bei XXXX und würde er Euro 10 pro Stunde erhalten.

Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 25.2.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 26.2.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz nicht erteilt (Spruchpunkt I), gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehr Entscheidung erlassen (Spruchpunkt II), festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V) und gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein Einreise Verbot auf die Dauer von drei Jahren befristet erlassen (Spruchpunkt VI).

Der Beschwerdeführer wurde am 5.3.2020 abgeschoben.

Mit der mit 8.5.2020 datierten Beschwerde, eingebracht am 11.5.2020, bekämpft der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Bescheid ausdrücklich im Umfang der Spruchpunkte IV bis VI, sodass die Spruchpunkte I bis III in Rechtskraft erwachsen sind. In der Beschwerde wird beantragt, es mögen die bekämpften Spruchpunkte ersatzlos behoben werden. Hilfsweise wird beantragt die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen. Die Beschwerde ist rechtzeitig.

Die belangte Behörde hat den Behördenakt mit Beschwerdevorlage vom 25.5.2020 samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langte dieser am 28. Mai 2020 in der Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichtes in Innsbruck ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zu Feststellungen erhoben.

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsbürger. Er lebt in Serbien im Elternhaus mit seiner Lebensgefährtin und einem gemeinsamen Kind.

Ein maßgebliches Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer reiste nach Österreich ein, um im Bundesgebiet zu arbeiten, ohne über die erforderlichen Bewilligungen zu verfügen. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich auch während der Zeit seines Aufenthaltes im Schengenraum seit 19.1.2020 als Arbeiter zum Stundenlohn von Euro 10 betätigt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich ohne legales Einkommen und vermögenslos.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Behördenakt.

Die Feststellung der Einreise des Beschwerdeführers in den Schengenraum, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich illegal zum Stundenlohn von Euro zehn gearbeitet hat, ergebe sich widerspruchsfrei aus den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner schriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde. Daraus ergibt sich auch, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über kein Privat- und Familienleben verfügt und vermögenslos ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht gemeldet war, ergibt sich aus dem zentralen Melderegister, dessen Abfrage von amtswegen durchgeführt wurde.

Festzuhalten ist, dass dieser Fachsachverhalt in der Beschwerde auch nicht substantiiert bestritten wird.

Zwar wird in der Beschwerde unter Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgebracht, die Muttersprache des Beschwerdeführers sei albanisch, dieser war würde nur schlecht serbisch verstehen, weshalb bei der Einvernahme Verständigungsschwierigkeiten vorgelegen hätten, sodass es zu Fehlern bei der Sachverhaltsfeststellung gekommen sei. Als einziger Fehler wird tatsächlich aber konkret angesprochen, dass der Beschwerdeführer keinen Sohn in Serbien habe. Dazu ist anzumerken, dass im Einvernahmeprotokoll bei der belangten Behörde festgehalten ist, dass sich die Einvernahme schwierig gestaltet (Aktenseite 14), der Beschwerdeführer aber auf die Frage zu Angehörigen außerhalb Österreichs erklärt hat, dass sei seine Familie in Serbien, seine Lebensgefährtin, sein Kind, seine Eltern und zwei Brüder. Im Protokoll ist nicht angeführt, dass der Beschwerdeführer in Serbien einen Sohn hätte, was auch im bekämpften Bescheid so nicht festgestellt worden ist, zudem ist es für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtssache ohnehin nicht von Belang, ob der Beschwerdeführer in Serbien einen Sohn, eine Tochter oder überhaupt keine Kinder hat. Eine konkrete Mangelhaftigkeit des Verfahrens konnte daher in der Beschwerde nicht dargestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die Beschwerde bekämpft konkret die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und nicht Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt genau zu bezeichnen.

Derartige Ausführungen enthält die Beschwerde aber nicht. In der Beschwerde wird ausgeführt, es sei vom Primat der freiwilligen Rückkehr auszugehen. Es würde bekämpften Bescheid die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließlich mit dem illegalen Aufenthalt aufgrund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und das Fehlen einer behördlichen Meldung zugrundegelegt werden. Dies entspricht aber nicht den Tatsachen. Wie festgestellt wurde, hat sich der Beschwerdeführer legal in Österreich aufgehalten, ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner Einkommenssituation mittellos und ist der Beschwerdeführer insbesondere, wie er in seiner Einvernahme selbst eingeräumt hat, unzulässigerweise Arbeiten nachgegangen, ohne die erforderliche Bewilligung hierfür zu haben. Die Missachtung der Einreisebestimmungen, der Meldebestimmungen und der unzulässigen Beschäftigung stellen in Zusammenschau jedenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung im Bundesgebiet dar, sodass die Ausreise des Drittstaatangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich war (§ 18 Abs. 2 Z. 1 bfa-Verfahrensgesetz). Die Beschwerde ist in diesem Punkt nicht berechtigt und ergibt sich aus dem Gesetz, dass bei Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen ist (§ 55 Abs. 4 FPG), was in der Beschwerde zurecht weiter nicht bestritten wird.

Im weiteren bekämpft die Beschwerde, das gegen den Beschwerdeführer auf die Dauer von drei Jahren erlassene befristete Einreiseverbot.

Die festgestellte Mittellosigkeit des Beschwerdeführers wird substantiiert gar nicht bestritten. Faktum ist aber, dass aufgrund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers von einer hohen Wiederholungsgefahr in Bezug auf unerlaubte Beschäftigung und illegale Einreise in das Bundesgebiet auszugehen ist. Der Beschwerdeführer hat in der Einvernahme selbst eingeräumt, dass er zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist ist und auch einer Beschäftigung nachgegangen ist. Ein Einreiseverbot ist zum Schutz und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung grundsätzlich geboten, da der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften ein hoher Stellenwert zukommt. Die Dauer des Einreiseverbotes wurde im bekämpften Bescheid aber überverhältnismäßig lange mit drei Jahren bemessen. Berücksichtigt man, dass die maximal mögliche Dauer des Einreiseverbotes im konkreten mit fünf Jahren gesetzlich begrenzt ist, ist beim gegenständlichen Sachverhalt und der einzelfallbezogenen Gefährdungsprognose, wie sie auch die belangte Behörde vorgenommen hat, mit einem befristeten Einreiseverbot in der Dauer von einem Jahr das Auslangen zu finden. Daher war der Beschwerde der in diesem Punkt teilweise Folge zu geben und das befristete Einreiseverbot mit einem Jahr festzusetzen (VwGH vom 27.03.2020, Ra 2020/20/0073).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 27.03.2020, Ra 2020/20/0073). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2231291.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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