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21/03 GesmbH-Recht;Norm
GewO 1994 §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des L in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, P-Platz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. Februar 1997, Zl. 3/16-3/1996, betreffend Übertretung des WRG 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 22. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft zumindest vom 14. September 1995 bis 27. November 1995 in N. Wasser aus dem S.-Bach an einem näher bezeichneten Ort im Bereich der bestehenden Wehranlage L. zum Betrieb einer Wasserkraftanlage in N. entnommen wurde, ohne im Besitz der dafür erforderlichen
1. wasserrechtlichen Bewilligung und 2. naturschutzrechtlichen Bewilligung zu sein. Es wurde über ihn je eine Geldstrafe von
S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 20 Tagen) verhängt. Die nach dem WRG 1959 vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde auf § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 Abs. 3 lit. a WRG 1959 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG gestützt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 1997 gab die belangte Behörde hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des WRG 1959 insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe auf S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) herabgesetzt wurde. In der Begründung wird von der belangten Behörde u.a. ausgeführt, daß sich im Wasserbuch unter jeweils näher bezeichneter Postzahl ein Recht zum Betrieb der Oberstufe bzw. der Unterstufe einer Wasserkraftanlage am S.-Bach finde. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom 31. August 1951 sei das entsprechende Wasserrecht für den Betrieb der Oberstufe befristet bis 31. Dezember 1990 und mit Bescheid der BH Innsbruck vom 23. Juni 1949 zum Betrieb der Unterstufe bis 11. Juli 1989 erteilt worden.
Mit Bescheid vom 1. August 1995 habe der LH zu Spruchpunkt I nach § 29 Abs. 1 WRG festgestellt, daß diese Wasserrechte nach § 27 Abs. 1 lit. c leg. cit. durch Ablauf der Zeit erloschen seien. Der Berufung gegen diesen Bescheid sei mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Mai 1996 hinsichtlich des Spruchpunktes I keine Folge gegeben worden. Die näher genannte Gesellschaft m.b.H., deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, habe im Zeitraum vom 14. September 1995 bis 27. November 1995 an einem näher genannten Ort Wasser aus einem öffentlichen Gewässer, nämlich dem S.-Bach, zum Betrieb ihrer Wasserkraftanlage entnommen, ohne im Besitz der dafür erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung zu sein.
Es sei unbestritten, daß der S.-Bach ein öffentliches Gewässer sei. Der Beschwerdeführer habe auch eingeräumt, daß die Wasserrechte zum Betrieb von Wasserkraftanlagen am S.-Bach bis 11. Juli 1989 bzw. 31. Dezember 1990 befristet gewesen seien. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Feststellung der Wasserrechtsbehörde (Bescheid vom 1. August 1995), daß diese Wasserrechte erloschen seien, sei nicht rechtskräftig, treffe wegen des bereits angeführten Bescheides des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Mai 1996 nicht zu. Gegen den zuletzt genannten Bescheid sei keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden.
Da die angeführten Wasserrechte durch Zeitablauf erloschen seien (§ 27 Abs. 1 lit. c WRG), erweise sich die Wasserentnahme zum Zwecke der Stromgewinnung als konsenslos. Es stehe aufgrund mehrerer Mitteilungen der T.-AG fest, daß die näher genannte Gesellschaft m.b.H. in der Zeit vom 14. September 1995 bis 27. November 1995 aus dem S.-Bach zum Betrieb einer näher bezeichneten Wasserkraftanlage Wasser entnommen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde teilte im Zuge des eingeleiteten Vorverfahrens mit, daß sie infolge Aktenvorlage an den Verfassungsgerichtshof von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nehme und die diesbezüglichen Akten nicht vorlegen könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalls wird auf die hg.
Erkenntnisse vom 23. Mai 1995, Zl. 94/07/0006, vom 25. April 1996, Zl. 95/07/0114, vom 12. Dezember 1996, Zl. 96/07/0090, und vom 20. Februar 1997, Zl. 96/07/0080, verwiesen.
Gemäß § 137 Abs. 3 lit. a WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer (lit. a) ohne gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt.
Gemäß § 27 Abs. 1 lit. c leg. cit. erlischt u.a. ein Wasserbenutzungsrecht durch Ablauf der Zeit bei befristeten Rechten.
Gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, die belangte Behörde übersehe bei der Annahme, daß die der Ges.m.b.H zustehenden Wasserrechte durch Zeitablauf gemäß § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 erloschen seien und sich daher die Wasserentnahme zum Zwecke der Stromgewinnung als konsenslos erweise, daß diese Bestimmung mit jener des § 29 WRG 1959 in Zusammenhang stehe. Nach herrschender Lehre und Judikatur sei es selbst für den Fall, daß das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes kraft Gesetzes eintrete, zusätzlich erforderlich, daß das Erlöschen mit rechtskräftigem Feststellungsbescheid gemäß § 29 WRG 1959 ausgesprochen werde. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheid sei diese Voraussetzung nicht erfüllt gewesen, weil noch keine rechtskräftige Feststellung der Wasserrechtsbehörde über das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes vorgelegen sei. Dies deshalb, weil vom Beschwerdeführer innerhalb offener Frist gegen den im Instanzenzug vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erlassenen Bescheid vom 23. Mai 1996 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben worden sei. Mit dieser Beschwerde sei auch eine solche an den Verwaltungsgerichtshof verbunden gewesen, weil hilfsweise die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt worden sei. Es sei daher keine rechtskräftige Entscheidung über das Erlöschen des dem Beschwerdeführer "zustehenden Wasserbenützungsrechtes" vorgelegen, sodaß dieses Recht gemäß § 27 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 29 WRG 1959 nicht als im Sinne des § 137 Abs. 3 lit. a WRG 1959 als erloschen anzusehen gewesen sei. Es sei daher eine entsprechende Bewilligung nach § 9 WRG 1959 zur Nutzung der Gewässer durch die vom Beschwerdeführer betriebene Anlage vorgelegen.
In der auch vom Beschwerdeführer zitierten Lehrmeinung (Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz. 2 zu § 27 WRG 1959) wird zunächst darauf hingewiesen, daß das Erlöschen des Wasserrechts kraft Gesetzes oder durch rechtsgestaltenden Bescheid eintrete. Ferner wird in diesem Kommentar zu § 27 (siehe Rz. 2) unbeschadet der Notwendigkeit einer "Feststellung" des kraft Gesetzes wirkenden Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes auch die - vom Beschwerdeführer jedoch nicht zitierte - Meinung vertreten, daß "eine fortgesetzte Ausübung einer früheren Berechtigung ab dem Eintritt des Erlöschenstatbestandes objektiv konsenslos" sei, "was zumindest im Hinblick auf § 137 von Bedeutung" sei.
Das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes durch Ablauf der Zeit bei befristeten Rechten tritt gemäß § 27 Abs. 1 lit. c WRG unmittelbar kraft Gesetzes ein. Vom Beschwerdeführer wird auch nicht behauptet, daß eine allfällige Fristverlängerung aufgrund eines zeitgerecht gestellten Ansuchens auf Wiederverleihung nach § 21 Abs. 3 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990 im Beschwerdefall noch zu beachten gewesen wäre. Es wird in diesem Zusammenhang auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, Zl. 94/07/0006, verwiesen, mit dem eine Beschwerde jener Ges.m.b.H., deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen wurde, die eine im Instanzenzug erfolgte Abweisung der Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes für das E-Werk I betraf. Überdies lag für die belangte Behörde - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung - auch ein rechtskräftiger letztinstanzlicher Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Mai 1996 betreffend die Feststellung des Erlöschens der in Rede stehenden Wasserbenutzungsrechte vor (vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Rz. 455, zur Frage der formellen Rechtskraft von letztinstanzlichen Bescheiden und die dort zitierte Judikatur).
Die belangte Behörde war auch an die Rechtskraft der Feststellung des Erlöschens der gegenständlichen Wasserbenutzungsrechte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gebunden. Waren jedoch die entsprechenden Wasserbenutzungsrechte im Tatzeitraum bereits (kraft Gesetzes) erloschen, so ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, hinsichtlich der objektiven Tatseite eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite wendet der Beschwerdeführer ein, es könne ihm kein Verschulden zur Last gelegt werden, weil er sich in bezug auf diese Strafbestimmung in einem Rechtsirrtum befunden habe. Er sei nämlich davon ausgegangen, daß mit Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Mai 1996 (betreffend Feststellung des Erlöschens der Wasserbenutzungsrechte nach § 29 Abs. 1 WRG 1959) das "ihm zustehende Wasserbenutzungsrecht" noch nicht rechtskräftig erloschen sei, ihm daher weiterhin das Recht zum Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage zustehe und er daher auch zur Stromerzeugung berechtigt gewesen sei. Schließlich habe er in diesem Verfahren auch einen Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gestellt. Die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht finde ihre Deckung im § 29 WRG 1959.
Der geltend gemachte Rechtsirrtum vermag den Beschwerdeführer schon deshalb nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG zu entschuldigen, weil es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht (z.B. als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Ges.m.b.H) einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen betreffend die Rechtslage bedarf. Wer dies verabsäumt, trägt daher auch das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 778 f unter E 6b zu § 5 Abs. 2 VStG wiedergegebene hg. Judikatur). Vom Beschwerdeführer wird nicht behauptet, entsprechende Erkundigungen betreffend den Bestand bzw. das Erlöschen des in Rede stehenden Wasserbenutzungsrechtes vor der im Tatzeitraum erfolgten Wasserbenutzung eingeholt zu haben.
Da es hinsichtlich des Eintritts des Erlöschens - wie bereits dargestellt - nicht auf die Frage der Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 ankam, zeigt der Beschwerdeführer mit seiner Rüge betreffend unterlassene behördliche Ermittlungen in bezug auf die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den bereits genannten Bescheid vom 23. Mai 1996 keine Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf.
Hinsichtlich der Angemessenheit der Bestrafung wendet der Beschwerdeführer ein, der Behörde sei bekannt, daß er einkommens- und vermögenslos sei. Die Ges.m.b.H., deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, könne infolge der "nunmehr vorgenommenen gänzlichen Zerstörung der Wehranlage keine Umsätze mehr tätigen". Dies habe den Beschwerdeführer in eine äußerst prekäre Situation gestürzt. Er sei "derzeit" einkommens- und arbeitslos. Die mit S 10.000,-- festgesetzte Höhe der Verwaltungsstrafe würde für das weitere berufliche Fortkommen eine unangemessene Erschwernis mit sich bringen, weshalb die Strafe jedenfalls geringer zu bemessen gewesen wäre.
Wie aus dem angefochtenen Bescheid zu ersehen ist, hat die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Tat- und Schuldangemessenheit die Geldstrafe insbesondere unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer mitgeteilten prekären Einkommens- und Vermögensverhältnisse von S 20.000,-- auf S 10.000,-- herabgesetzt. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof angesichts der nach § 19 VStG insgesamt zu berücksichtigenden Faktoren (wie z.B. längerer Tatzeitraum, keine Wiederverleihung von Wasserbenutzungsrechten) im Beschwerdefall nicht ersichtlich, daß die belangte Behörde den ihr nach § 19 eingeräumten Ermessensspielraum hinsichtlich der Strafbemessung selbst bei ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers überschritten hätte.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente unbestritten feststanden, das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und dies auch nach Art. 6 MRK angesichts der soeben dargelegten Aspekte sowie der selbst vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigten erforderlichen Erörterung von Sachverhaltsfragen und der bereits erfolgten Klärung der gegenständlichen Rechtsfragen durch die dargelegte Vorjudikatur nicht geboten erscheint. Überdies blieb unbestritten, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auf eine Verhandlung vor einem Tribunal (unabhängigen Verwaltungssenat) verzichtet hat, und daß außerdem die Voraussetzungen nach § 51e Abs. 2 VStG für ein Unterbleiben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vorlagen.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070062.X00Im RIS seit
20.11.2000