TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/4 L517 2222165-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2020
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Entscheidungsdatum

04.06.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L517 2222165-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 02.07.2019, Zl. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, iVm § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.

Verfahrensgang:

05.04.2018 – Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge bP) auf Ausstellung eines Ausweises gemäß §29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) und auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. bB)

17.04.2018 – Aufforderung der bB an die bP zur Vorlage aktueller Befunde

16.07.2018 – Erstellung eines Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin, GdB 50 vH, Dauerzustand, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

13.08.2018 – Erstellung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Psychiatrie, GdB 40 vH, Nachuntersuchung 7/2021, da unter weiterführender Therapie eine Änderung des psychischen Zustandes eintreten kann, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ohne Ausschöpfung der therapeutischen Optionen

02.09.2018 – Gesamtbeurteilung eines Arztes für Allgemeinmedizin, GdB 60 vH, Nachuntersuchung 07/2021, Besserung des psychischen Leidens möglich, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ohne Ausschöpfung der therapeutischen Optionen

25.10.2018 – Erstellung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens des Facharztes für Psychiatrie, GdB 40 vH, Nachuntersuchung 7/2021, da unter weiterführender Therapie eine Änderung des psychischen Zustandes eintreten kann, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, keine Ausschöpfung der therapeutischen Optionen

25.10.2018 – Gesamtbeurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin, GdB 60 vH, Nachuntersuchung 07/2021, Besserung des psychischen Leidens möglich, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, keine Ausschöpfung der therapeutischen Optionen

07.11.2018 – Parteiengehör

21.11.2018 – Stellungnahme der bP und Vorlage von Befunden

28.11.2018 – Aufforderung an die bP

zur beglaubigten Übersetzung der eingelangten Befunde von Türkisch auf Deutsch

18.02.2019 – Aufforderung an die bP zur Vorlage der telefonisch angekündigten Befunde bis zum 05.03.2019

03.06.2019 – Erstellung eines Sachverständigengutachtes eines Arztes für Allgemeinmedizin, GdB 70 vH, Nachuntersuchung 07/2021, Besserung des psychischen Leidens möglich, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel,

keine Ausschöpfung der therapeutischen Optionen

02.07.2019 – Bescheid der bB, Abweisung des Antrags vom 05.04.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“

05.08.2019 – Beschwerde der bP und Vorlage von Befunden

06.08.2019 – Aktenvermerk der bB

08.08.2019 – Beschwerdevorlage am BVwG

03.03.2020 – Nachreichung von Unterlagen

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft. Seit 24.10.2016 war die bP im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH und seit 05.04.2018 ist die bP im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 vH, befristet bis 31.07.2021.

Am 05.04.2018 stellte die bP den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) und gleichzeitig auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Mit Schreiben vom 17.04.2018 forderte die bB die bP auf, aktuelle Befunde vorzulegen.

Ein am 16.07.2018 erstelltes Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„…

Anamnese:

Gesamtgutachten Dr. XXXX , 03/2017, Gesamtgrad der Behinderung 50%, Diagnose: insulinpflichtiger DM, GdB 40%, Sehstörung, GdB 30%, Steatosis hepatis, GdB 10%, leichte depressive Störung, GdB 10%;

seit dem Letztgutachten kein stationärer Krankenhausaufenthalt;

Derzeitige Beschwerden:

1.: "Ich kann die Finger der linken Hand nicht zur Faust machen. Es geht nicht. Die Finger 4 und 5 links sind auch taub, das geht bis zur Handfläche hinauf und bis zum Handgelenk."

2.: "Seit ich damals beim Erdbeben verschüttet wurde, kann ich nicht mehr in ein öffentliches Verkehrsmittel einsteigen, da bekomme ich Angst- und Panikzustände, deshalb fahre ich auch nicht mit dem Zug, Bus oder Flugzeug ... bekomme dann Atemnot. In Menschenmengen fange ich zu zittern an, bekomme Herzklopfen und einen Schweißausbruch und Atemnot."

3.: "In der Ferne sehe ich nicht scharf."

4.: "Ich habe auch ein taubes Gefühl am linken Oberschenkel."

Die Gehdauer gibt er mit ca. 20 Minuten an, ebenerdig, wenn er langsam geht;

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Janumet, Folsan, Pantoprazol, Novorapid 2x täglich 10 IE, Levemir 2x täglich 60 IE, Jardiance, Legalon, Trittico, Ixell;

Alkohol und Nikotin negiert;

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Dr. XXXX , FÄ für Psychiatrie, 04/2018, Diagnose:

DM2, Fettleber, Insomnie, Angststörung, Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion, begleitet mit Angstsymptomatik; die Medikation mit Trittico wurde bei Schlafproblemen empfohlen, sowie eine psychotherapeutische Behandlung bei Ängsten, wobei es sicherlich empfehlenswert wäre, wenn sich die Konflikte beruhigen würden, sodass die ganze Familie XXXX zur Ruhe kommen kann;

der Patient berichtet über Schlaflosigkeit und Angst vor geschlossenen Räumen, daher kann er nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren; zudem schwitzt er sehr stark, ist müde, antriebslos und leicht zornig;

Gutachten Dr. XXXX , Unfallchirurgin, 10/2017, für die XXXX Versicherung betreffend Vorfall 04/2014:

unfallkausale Dauerinvalidität beträgt 0%;

Stellungnahme zur Unfallkausalität: gemessen an den objektiven Befundunterlagen des Klinikum XXXX und XXXX hat der Versicherte bei diesem tätlichen Angriff eine Prellung am Kopf und im Gesicht erlitten; reflektorisch kann es durch Kontraktion der Hals-/Nackenmuskulatur zum Auftreten von Schmerzen in diesem Bereich gekommen sein; dieses Beschwerdebild ist als Nackenmuskelzerrung zu werten - eine Pathologie, die innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen abklingt; für eine eingetretene Verletzung an der HWS, die als Zerrung interpretiert werden könnte, habe ich keinen gesicherten Anhaltspunkt, außerdem kann es durch diesen überraschenden tätlichen Angriff zu einer vorübergehenden, gewissen psychischen Alteration gekommen sein, hat aber kein Ausmaß erreicht, welches irgendeine fachspezifische Behandlung nach sich gezogen hat;

Bestätigung Dr. XXXX , Hausärztin, 05/2018:

befindet sich seit Jahren als Patient in meiner hausärztlichen Praxis, wurde 1999 bei einem Erdbeben in der Türkei verschüttet, war außerdem in der Anamnese Opfer eines Raubüberfalls, daher hatte er Insomnie; laut Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie, leidet er an einer Angst- und Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion; der Patient hat Angst vor engen Räumen, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht zumutbar;

Bestätigung Dr. XXXX , 04/2018:

der Patient ist insulinpflichtiger Diabetiker, der durch Einhaltung regelmäßiger Kontrollen sehr gut eingestellt ist;

Gutachten Dr. XXXX , Augenfacharzt, Diagnose:

Zustand nach Augapfelprellung, diabetische Retinopathie (fortgeschritten), Zustand nach hornhautrefraktiven Eingriffen, hohe Stabsichtigkeit (links mehr als rechts); Weitsichtigkeit, diabetisches Makulaödem rechts, Strabismus convergens rechts;

der Versicherte erlitt 08/2015 Abschürfungen und einen Bluterguss im Bereich der linken Augenbraue und am 25.08. eine Prellungsverletzung des linken Auges mit einer Einblutung unter die Bindehaut durch Faustschläge;

objektivierbar und in erster Linie visuslimitierend sind an beiden Augen fortgeschrittene Veränderungen am Augenhintergrund im Zuge der bekannten insulinpflichtigen Zuckererkrankung sowie eine hohe Stabsichtigkeit links mehr als rechts;

Visus Ferne 0,32 rechts, links 0,4 (mit Korrektur);

Dr. XXXX , Neurologe, 11/2017, EMG-ENG-Befund:

elektrophysiologisch somit 1. Zeichen einer deutlich ausgeprägten Ulnaris-Neuropathie am Ellbogen;

2. Zeichen des leichtgradigen CTS links; zusätzlich auch geringe Hinweise für eine distale Ulnarisschädigung in der Loge de Guyon, wobei dieses Ergebnis vorsichtig zu interpretieren ist, aufgrund der ausgeprägten Schädigung am Ellbogen;

Operationsindikation neurologischerseits klar gegeben bei Schwäche der Fingerspreizung, Atrophie zumindest mäßiger Ausprägung des IOD 1 respektive der intraossären Muskulatur und permanentem Taubheitsgefühl an ulnarer Handkante und Kleinfinger links;

Dr. XXXX , Internist, 05/2017, Diagnose:

DM2, traditionell jahrelang schlecht, unter der verbesserten Medikation zuletzt besser kontrolliert; kein Hinweis für bereits eingetretene Großgefäßerkrankung (KHK, CVI, PAVK); berichteter hierorts vorerst noch nicht verifizierter Morbus Crohn;

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

unauffällig

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 166,00 cm Gewicht: 94,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Gehör:

ausreichend;

Visus:

siehe Augenarztbefund;

Kopf:

Pupillen eng, rund, isokor, direkte Lichtreaktion angedeutet, Bulbusmotilität konjugiert, Gesicht symmetrisch innerviert, keine Lippenzyanose, Zunge feucht, kommt gerade vor, Gebiss saniert; die Molaren links unten fehlend;

Halsorgane:

unauffällig, keine Einflussstauung;

Cor:

rhythmisch, normfrequent, Herztöne unauffällig, keine Nebengeräusche;

Pulmo:

unreines Vesikuläratmen über beiden Lungen;

Thorax:

symmetrisch;

Abdomen:

adipöse Bauchdecke, nicht druckdolent, Leber nicht tastbar;

Wirbelsäule:

annähernd gerade, mäßig vermehrte Brustkyphose, FBA ca. 20cm; Becken steht gerade; SIG nicht druckempfindlich, symmetrisches Taillendreieck;

HWS: KJA 2 Querfinger, Retroflexion des Kopfes mittelgradig eingeschränkt, Rotation in beide Richtungen bis knapp 40° durchgeführt, Seitneigen in beide Richtungen bis ca. 20° möglich; Nacken- und paravertebrale Muskulatur nicht druckempfindlich, Retroflexion der BWS mittelgradig eingeschränkt, Seitneigen in beide Richtungen mäßig- bis mittelgradig eingeschränkt;

Arme:

Schultern: S: rechts ca. 45/0/170°; links 40/0/100°, F: rechts ca. 160/0/40°; links 100/0/40°; die Schultergelenke von der Form her unauffällig, Ellbogen- und Handgelenke von der Form her unauffällig, Fingergelenke unauffällig, Faustschluss rechts komplett, grobe Kraft und Feinmotorik rechts unauffällig, links könne er keine Faust machen, krümmt nur sämtliche Finger leicht, Pinzettengriff rechts frei, Pinzettengriff zwischen Daumen- und Zeigefinger links möglich; bei den anderen Fingern mit Abstand zwischen Fingerkuppen und Handfläche von ca. 1cm eingeschränkt möglich; er gibt ein taubes Gefühl an der linken Handfläche ulnarseitig an; Dorsal- und Palmarflexion rechts unauffällig, links mäßig eingeschränkt, Radial- und Ulnaradduktion unauffällig, Pro- und Supination unauffällig; Nacken- und Kreuzgriff rechts frei; Nackengriff links möglich, Kreuzgriff ebenso;

Beine:

hebt er gestreckt aus Rückenlage rechts bis ca. 50°, das linke bis knapp 40°, IR/AR rechts ca. 20/0/30°; links 25/0/35°, die Kniegelenke von der Form her unauffällig, aktives Beugen bis 110° möglich, keine prätibialen Ödeme, keine Varizen, Sprunggelenke frei; er gibt ein sensibles Defizit am linken Oberschenkel lateralseitig und am linken Unterschenkel lateral- und medialseitig an; PSR beidseits kaum auslösbar, Babinski beidseits negativ, eingeschränkte Tiefensensibilität, beim Stimmgabeltest rechts 6/8, links 2/8;

Gesamtmobilität – Gangbild:

geradeaus mittelschrittig unauffällig

Status Psychicus:

allseits orientiert, kontaktfähig, Stimmung indifferent, Antrieb unauffällig, Ductus kohärent

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Diabetes mellitus, insulinpflichtig

Einschätzung vom Letztgutachten übernommen

Pos.Nr. 09.02.02 Gdb% 40

2 diabetische Retinopathie

Einschätzung entsprechend der Visusminderung

Pos.Nr. 11.02.01 Gdb% 30

3 Polyneuropathie

Einschätzung entsprechend der Sensibilitätsstörung an den Beinen, kein motorisches Defizit Pos.Nr. 04.06.01 Gdb% 30

4 Läsion des N. ulnaris links

sensibles Defizit

Pos.Nr. 04.05.05 Gdb% 20

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die Leiden unter Nr.2 und 3 steigern um insgesamt eine Stufe auf einen Gesamtgrad der Behinderung von 50%, da das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht verschlechtert wird. Das Leiden unter Nr.4 wirkt aufgrund der mäßigen funktionellen Beeinträchtigung nicht steigernd.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Steatosis hepatis, Z. n. Augapfelprellung links

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

die Leiden unter Nr.3 und 4 sind neu aufgetreten;

bzgl. der Panikzustände siehe Gutachten des Dr. XXXX

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

keine Änderung

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

das Leiden unter Nr.3 schränkt aufgrund der gestörten Sensibilität an den Beinen die Mobilität mäßig ein; eine kurze Wegstrecke kann jedoch aus eigener Kraft zurückgelegt werden. Das Ein-und Aussteigen sowie der sichere Stand und Platzwechsel in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind selbstständig möglich und nicht erheblich erschwert.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

GdB: 40 v.H.

…“

Ein am 13.08.2018 erstelltes Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie weist nachfolgenden wesentlichen Inhalt auf:

„…

Anamnese:

Der Klient war 2010 in der Türkei Opfer bei einem Erdbeben - wurde mit 2 Kindern verschüttet, außerdem erfolgten 2013 2 Raubüberfälle, wobei er Gesichtsverletzungen und Kontusionen im Bereich des Brustkorbes sowie eine Distorsio der HWS erlitt.

Derzeitige Beschwerden:

Es bestehen ausgeprägte Panikattacken unter Menschenansammlungen - er bekommt dann Schweißausbrüche, Angstzustände und Atemnot. Er habe versucht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren - dies gehe jedoch nicht. Die Stimmung ist depressiv, er ist ständig müde, vergesslich.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Fachärztliche Kontrollen bei Frau Dr. XXXX XXXX .

Bzgl. Psychotherapie ist er über die Clearingstelle angemeldet.

Medikamente:

Ixel 25 mg 1-1-0-0

Trittico ret. 150 mg 0-0-0-1

Janumet

Pantoprazol

Novorapid

Levemir

Folsan

Legalon

Jardiance

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Fachärztlicher Bericht Frau Dr. XXXX vom 11.04.2018:

Diagnosen:

- Anpassungsstörung

- Längere depressive Reaktion, begleitet mit Angstsymptomatik

- Angststörung

- Insomnie

- Fettleber

- Diabetes mellitus Typ 2

Untersuchungsbefund:

Klinischer Status – Fachstatus:

Nicht durchgeführt.

Status Psychicus:

Bewusstsein klar, orientiert, Antrieb vermindert, Affizierbarkeit im positiven Skalenbereich eingeschränkt, Stimmung depressiv, Duktus kohärent, keine wahnhaften Denkinhalte, keine Halluzinationen, immer wieder Flashbacks und Intrusionen - sowohl im Bezug auf das Erdbebentrauma, als auch die Überfälle, keine Suizidgedanken, Appetit gut, Schlafstörungen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Panikstörung mit Agoraphobie, PTSD

Bei dem Klienten besteht eine posttraumatische Symptomatik nach Erdbebentrauma und 2 x Raubüberfall - in diesem Zusammenhang auch Panikattacken mit agoraphoben Zuständen unter Menschenansammlungen. Er war 1 x stationär im KH XXXX auf der Psychiatrie. Er ist fachärztlich in Kontrolle, antidepressiv eher niedrig dosiert eingestellt, bzgl. Psychotherapie auf der Clearingstelle angemeldet. Pos.Nr.03.05.01 Gdb% 40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung wird durch die Nr. 1 mit 40% festgelegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

psychiatrisch keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Gesamtgutachten Dr. XXXX v. 1.3.2017: Änderung der Diagnose Auf Panikstörung mit Agoraphobie.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Noch keine neues Gesamtgutachten vorliegend.

Nachuntersuchung 07/2021 - da unter weiterführender Therapie eine Änderung des psychischen Zustands eintreten kann.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Diagnostisch liegt bei dem Klienten eine Panikstörung mit Agoraphobie sowie eine PTSD vor. Bei dem Klienten treten in engen Räumen und unter Menschenansammlungen ausgeprägte Angstzustände mit Hyperventilation, Schweißausbrüchen und Atemnot auf. Die Ängste sind in Zusammenhang mit seiner posttraumatischen Symptomatik zu sehen.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Begründung:

Die Ängste unter anderen Menschen und in engen Räumen sind in Zusammenhang mit seiner posttraumatischen Symptomatik zu sehen. Er ist fachärztlich in Kontrolle und medikamentös antidepressiv eingestellt. Psychotherapie hat bisher noch nicht stattgefunden. Aus psychiatrischer Sicht ist für den Klienten die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich.

…“

Eine am 02.09.2018 erstellte Gesamtbeurteilung weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„…

Gesamtbeurteilung durchgeführt am 02.09.2018 durch Dr. XXXX , SV für Allgemeinmedizin.

Zusammenfassung der Sachverständigengutachten

Name der/des SV   Fachgebiet    Gutachten vom

Dr. XXXX   Psychiatrie    13.08.2018

XXXX       Allgemeinmedizin   16.07.2018

Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung. Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Panikstörung mit Agoraphobie, PTSD

Bei dem Klienten besteht eine posttraumatische Symptomatik nach Erdbebentrauma und 2 x Raubüberfall - in diesem Zusammenhang auch Panikattacken mit agoraphoben Zuständen unter Menschenansammlungen. Er war 1 x stationär im KH XXXX auf der Psychiatrie. Er ist fachärztlich in Kontrolle, antidepressiv eher niedrig dosiert eingestellt, bzgl. Psychotherapie auf der Clearingstelle angemeldet.

Pos.Nr.03.05.01 Gdb% 40

2 Diabetes mellitus, insulinpflichtig

Einschätzung vom Letztgutachten übernommen

Pos.Nr.09.02.02 Gdb% 40

3 diabetische Retinopathie

Einschätzung entsprechend der Visusminderung

Pos.Nr.11.02.01 Gdb% 30

4 Polyneuropathie

Einschätzung entsprechend der Sensibilitätsstörung an den Beinen, kein motorisches Defizit Pos.Nr.04.06.01 Gdb% 30

5 Läsion des N. ulnaris links

sensibles Defizit

Pos.Nr.04.05.05 Gdb% 20

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden unter Nr.1 wird durch das Leiden unter Nr.2 um eine Stufe und durch die Leiden unter Nr.3 und 4 um insgesamt eine weitere Stufe auf einen Gesamtgrad der Behinderung von 60% angehoben, da das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht verschlechtert wird. Das Leiden unter Nr.5 wirkt aufgrund der geringen funktionellen Beeinträchtigung nicht steigernd.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Steatosis hepatis, Z. n. Augapfelprellung links

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Das Leiden unter Nr.1 hat sich verschlechtert; die Leiden unter Nr.4 und 5 sind neu aufgetreten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Durch die Verschlechterung und höhere Einschätzung des Leidens unter Nr.1 wird auch der GdB erhöht.

[X] Nachuntersuchung 07/2021 - Besserung des psychischen Leidens möglich

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? das Leiden unter Nr.4 schränkt aufgrund der gestörten Sensibilität an den Beinen die Mobilität mäßig ein; eine kurze Wegstrecke kann jedoch aus eigener Kraft zurückgelegt werden. Das Ein-und Aussteigen sowie der sichere Stand und Platzwechsel in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind selbstständig möglich und nicht erheblich erschwert. Aus psychiatrischer Sicht ist die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels aufgrund der posttraumatischen Symptomatik nicht möglich; er wird medikamentös behandelt; allerdings wurde diesbezüglich bis dato noch keine Psychotherapie durchgeführt.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

GdB: 40 v.H.

…“

Ein am 25.10.2018 erstelltes ergänzendes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„…

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Diagnostisch liegt bei dem Klienten eine Panikstörung mit Agoraphobie sowie eine PTSD vor. Bei dem Klienten treten in engen Räumen und unter Menschenansammlungen ausgeprägte Angstzustände mit Hyperventilation, Schweißausbrüchen und Atemnot auf. Die Ängste sind in Zusammenhang mit seiner posttraumatischen Symptomatik zu sehen. Die Ängste unter anderen Menschen und in engen Räumen sind in Zusammenhang mit seiner posttraumatischen Symptomatik zu sehen. Er ist fachärztlich in Kontrolle und medikamentös antidepressiv eingestellt. Psychotherapie hat bisher noch nicht stattgefunden; keine regelmäßigen fachärztlichen Befunde; Therapieoptionen sind nicht ausgeschöpft. Aus psychiatrischer Sicht ist für den Klienten die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich.

…“

Die daraufhin am 25.10.2018 vorgenommene Gesamtbeurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„…

Gesamtbeurteilung durchgeführt am 25.10.2018 durch Dr. XXXX , SV für Allgemeinmedizin.

Zusammenfassung der Sachverständigengutachten

Name der/des SV   Fachgebiet    Gutachten vom

Dr. XXXX   Psychiatrie    22.10.2018

Dr. XXXX    Allgemeinmedizin   16.07.2018

Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung. Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Diabetes mellitus, insulinpflichtig

Einschätzung vom Letztgutachten übernommen

Pos.Nr.09.02.02 Gdb% 40

2 Panikstörung mit Agoraphobie, PTSD

Bei dem Klienten besteht eine posttraumatische Symptomatik nach Erdbebentrauma und 2 x Raubüberfall - in diesem Zusammenhang auch Panikattacken mit agoraphoben Zuständen unter Menschenansammlungen. Er war 1 x stationär im KH XXXX auf der Psychiatrie. Er ist fachärztlich in Kontrolle, antidepressiv eher niedrig dosiert eingestellt, bzgl. Psychotherapie auf der Clearingstelle angemeldet.

Pos.Nr.03.05.01 Gdb% 40

3 diabetische Retinopathie

Einschätzung entsprechend der Visusminderung

Pos.Nr.11.02.01 Gdb% 30

4 Polyneuropathie

Einschätzung entsprechend der Sensibilitätsstörung an den Beinen, kein motorisches Defizit Pos.Nr.04.06.01 Gdb% 30

5 Läsion des N. ulnaris links

sensibles Defizit

Pos.Nr.04.05.05 Gdb% 20

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden unter Nr.1 wird durch das Leiden unter Nr.2 um eine Stufe und durch die Leiden unter Nr.3 und 4 um insgesamt eine weitere Stufe auf einen Gesamtgrad der Behinderung von 60% angehoben, da das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht verschlechtert wird. Das Leiden unter Nr.5 wirkt aufgrund der geringen funktionellen Beeinträchtigung nicht steigernd.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Steatosis hepatis, Z. n. Augapfelprellung links

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Das Leiden unter Nr.1 hat sich verschlechtert; die Leiden unter Nr.4 und 5 sind neu aufgetreten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Durch die Verschlechterung und höhere Einschätzung des Leidens unter Nr.1 wird auch der GdB erhöht.

[X] Nachuntersuchung 07/2021 - Besserung des psychischen Leidens möglich

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

das Leiden unter Nr.4 schränkt aufgrund der gestörten Sensibilität an den Beinen die Mobilität mäßig ein; eine kurze Wegstrecke kann jedoch aus eigener Kraft zurückgelegt werden. Das Ein-und Aussteigen sowie der sichere Stand und Platzwechsel in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind selbstständig möglich und nicht erheblich erschwert. Aus psychiatrischer Sicht ist die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels möglich; bis dato wurde keine ausreichend lange Psychotherapie bezüglich der Angstzustände bei Menschenansammlungen durchgeführt.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

GdB: 40 v.H.

…“

Mit Schreiben vom 07.11.2018 gewährte die bB Parteiengehör und gab der bP die Gelegenheit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

Am 21.11.2018 nahm die bP Stellung. Es wurde ausgeführt, die bP habe Morbus Crohn, Depressionen, Angststörung, Diabetes mellitus Typ 2, Fettleber, Panikattacken und Anpassungsstörungen. Die bP habe seit Jahren sehr starke Magen- und Darmprobleme (Morbus Crohn), sei deswegen auch im Ausland, in der Türkei, Istanbul, am 27. September 2018 operiert worden. Die bP habe seit 2017 Darm- und Magenprobleme, so dass sie am 27. September 2018 zum ersten Mal Darmverschluss gehabt habe und auch deswegen operiert worden sei. Gleichzeitig sei ihr der Magen verkleinert worden. Sie habe eine Magenverkleinerung mit zusätzlicher Bypass OP und großem Darmschnitt (Morbus Crohn) in Istanbul in der Türkei gehabt. Sie habe ständig krampfartige Bauchschmerzen mit Durchfall, die schon durch leichte seelische Belastung ausgelöst werden würden. Aufgrund der Stuhlinkontinenz benötige sie 1-2mal pro Woche eine Inkontinenzeinlage. Sie verlasse das Haus nur mit einem leeren Kübel und Reservewäsche, sowie Reinigungsmaterial. Sobald sie das Haus verlasse, habe sie die Angst nicht rechtzeitig auf die nächste Toilette zu kommen, da sie den Stuhl nicht halten könne. Sie habe schwere chronische Darmstörungen hohen Grades (Morbus Crohn) auf Dauer. Sie leide an Morbus Crohn mit starken Durchfällen. Schon bei leichter seelischer Belastung habe sie massiven Stuhldrang und krampfartige Bauchschmerzen. Sie verlasse das Haus deswegen nur mit Wechselwäsche und Reinigungsmaterialen. Sie habe immer große Ängste, sobald sie nicht in der Nähe einer Toilette sei. Ab und zu trage sie deshalb Inkontinenzvorlagen, schäme sich jedoch sehr, mit voller, übelriechender Vorlage im öffentlichen Verkehrsmittel sitzen zu müssen und auch dabei Panikattacken zu bekommen. Da sie ständig in Verwendung von Inkontinenzvorlagen sei, sei es ihr nicht zumutbar, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren. Sie bekomme Angst, sobald sie in der Nähe von einem öffentlichen Verkehrsmittel sei und einsteigen solle. Sie bekomme sofort Panikattacken, Angstzustände und schäme sich und steige nicht in das öffentliche Verkehrsmittel ein. Sie bekomme auch sehr oft Durchfälle mit erheblicher Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes. Sie habe auch Einschränkungen im Sozialleben, sodass sie nur mit nahen Verwandten oder Freunden, die ihre Krankheit kennen würden, mit dem Auto mitfahre oder das Fahrzeug selber lenke, damit sie jederzeit überall anhalten und auf das WC laufen könne. Mittlerweile kenne sie bei derselben Wegstrecke die Stellen, wo sie aufs WC gehen könne. Die chronische Krankheit (Morbus Crohn) mache ihr neben ihren anderen Krankheiten sehr viele Schwierigkeiten und löse sie vom Sozialleben ab. Die bP nehme dagegen immer wieder ihre bestimmten Tabletten (Medikamente) und passe auch mit ihrer Ernährung auf. Die bP lege hiermit die neuen Befunde in türkischer Sprache bei, da sie sich in der Türkei in einer Privatklinik operieren lassen habe. Ihr sei das öffentliche Verkehrsmittel vor allem deswegen unzumutbar und sie sei wie erwähnt nicht in der Lage einzusteigen. Die bP legte ein Konvolut an Befunden in türkischer Sprache sowie Befunde bezüglich Morbus Crohn (05.12.2018, 07.02.2019, 22.02.2019) vor.

Mit Schreiben vom 28.11.2018 forderte die bB die bP zur beglaubigten Übersetzung der eingelangten Befunde von Türkisch auf Deutsch sowie um Retournierung auf, ansonsten würden sie nicht als neue Beweismittel im Verfahren berücksichtigt werden können.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 forderte die bB die bP auf, die telefonisch angekündigten Befunde bis zum 05.03.2019 zu übermitteln, ansonsten werde aufgrund des Ergebnisses des bisherigen Ermittlungsverfahrens entschieden.

Ein am 03.06.2019 erstelltes Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„…

Anamnese:

Antrag zur Ausstellung eines Behindertenpasses und eines Parkausweises. Einwendungen zum Parteiengehör.

Alle vorhandenen Befunde wurden eingesehen.

Bekannter Morbus Crohn, Zust. n. Sleeve-Magenverkleinerung, Zust. n. Ileus-OP. Weiters besteht auch eine Panikstörung mit Agoraphobie, posttraumatische Belastungsstörung und eine insulinpflichtige Zuckerkrankheit mit diabetischer Retinopathie und Polyneuropathie, Läsion des Nervus ulnaris links.

Es wurden im Rahmen einer Coloskopie/Gastroskopie keine Crohn-spezifischen Veränderungen festgestellt. Bzgl. der Reizdarmsymptomatik waren noch keine wiederkehrenden stationären Aufenthalte erforderlich.

Derzeitige Beschwerden:

Der Patient gibt an, dass er immer wieder Durchfälle bekommt. Weiters kommt es immer wieder zu Schmerzen im Abdominalbereich. Hauptproblematik sind immer wieder Schmerzen im Bauchbereich. Sensibilitätsstörungen an den Beinen

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

nimmt zur Zeit keine Crohn-spezifische Medikation ein, lediglich Enterobene bei Bedarf

aufgrund der Durchfälle verwendet er auch Inkontinenzeinlagen

Trittico ret. 150 mg, Xanor 0,5 abends 1, Enterobene bei Bedarf, Quantalan 3x tgl., Tradolan, Buscopan, Mexalen, Pantoloc

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2018-11 Motor. Neurographie, Befund, Dr. XXXX , FA f. Neurol.

2018-12 Mb. Crohn, Bericht, Klinikm XXXX - XXXX

2019-01 hyperoper Astigmatismus, Befund, Dr. XXXX

2019-01 Sonographie Oberbauch

2019-02 Terminverschiebung

2019-02 V. a. Reizdarmsyndrom, Bericht Univers. Klinik XXXX

2019-02 Helicobakter pylori Gastritis, Arztbrief, Klinikum XXXX

2019-02 Helicobakter pylori-Gastritis, Arztbrief, Klinikum XXXX - XXXX

2019-02 Histol. Befund Klinikum XXXX

2019-02 Proliferative diabet. Retinopathie, Befund, XXXX Klinikum

2019-02 V. a. Rezidarmsyndrom, Arztbericht, Uniklinikum XXXX , DD: Morbus Crohn, bakterielles Überwucherungssyndrom, Zust. n. bariatrischer OP mit Sleeve-Gastrektomie und transit bipartition am 25.09.2018 in der Türkei, Diabetes mellitus Typ II, Depression und Angststörung

2019-02-13 Klinikum XXXX - XXXX , Interne: Helicobakter pylori Gastritis

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 170,00 cm Gewicht: 72,00 kg Blutdruck: 130/80

Klinischer Status – Fachstatus:

KOPF: HNA und NNH frei, keine Facialisparese

GEHÖR: normal

HAUT: im Gesichtsbereich normal, keine Ekzeme.

HALS: Schilddrüse palpatorisch nicht vergrößert.

THORAX: symmetrisch belüftet.

HERZ: Herztöne normal, rhythmisch, normofrequent, keine vitiumtypischen Geräusche, im Normbereich.

LUNGE: normales Atemgeräusch, Vesiculäratmen, sonorer Klopfschall, Lungenbasen gut verschieblich, keine Ruhe- und keine Belastungsdyspnoe.

ABDOMEN: Blande Narben nach Sleeve-OP und Ileus-OP, normale Darmgeräusche, das Abdomen ist druckschmerzhaft.

GLIEDMASSEN:

OE: Bewegungseinschränkung der Fingergelenke, taubes Gefühl der linken Handfläche.

UE: eingeschränkte Tiefensensibilität der Beine, Läsion des Nervus ulnaris links mit sensiblen Defiziten, keine Varizen, keine Ödeme, Lasègue bds. negativ, Reflexe PSR und ASR sind seitengleich prompt auslösbar. Beweglichkeit, Sprunggelenke seitengleich frei beweglich, Kniebeweglich normal. Die Gelenke der UE frei, keine Gelenksschwellungen. Keine Beinschwellung, Beinlänge bds. gleich, keine Achsenabweichung. Hüftbeweglichkeit in allen Ebenen frei. Kein Rotationsschmerz, kein Stauchungsschmerz.

WIRBELSÄULE:

HWS: keine paravertebralen Muskelverspannungen, keine lokale Druckschmerzhaftigkeit, Kopf frei beweglich, Kinn-Brust-Abstand 0 cm, kräftige Rückenmuskulatur ohne Hartspann.

BWS: normale Achsenkrümmung, keine paravertebralen Muskelverspannungen, keine nennenswerte Bewegungseinschränkung.

LWS: Vorwärtsneigen bis zu einem Fingerbodenabstand von etwa 0 cm, Seitwärtsneigen bis zum Fibulaköpfchen möglich.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Das Gangbild ist unauffällig, Zehen- und Fersengang bds. möglich

Status Psychicus:

Der Patient leidet an einer Panikstörung, ist zeitlich, örtlich, zur Person und situativ gut orientiert, im Duktus geordnet, keine formalen und inhaltlichen Denkstörungen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Panikstörung mit Agoraphobie

Bei dem Klienten besteht eine posttraumatische Symptomatik nach Erdbebentrauma und 2 x Raubüberfall - in diesem Zusammenhang auch Panikattacken mit agoraphoben Zuständen unter Menschenansammlungen; 1x stationärer Aufenthalt im KH XXXX , fachärztliche Kontrollen, Behandlung mit beruhigenden Medikamenten

Pos.Nr. 03.05.01 Gdb% 40

2 Insulinpflichtiger Diabetes mellitus

40 % aufgrund der mehrmalige Insulindosis, zusätzlich orale Antidiabetika; laufend erhöhte HbA1c-Werte

Pos.Nr. 09.02.02 Gdb% 40

3 Reizdarmsyndrom DD Morbus Crohn

30 % aufgrund der immer wiederkehrenden Durchfälle entsprechend einem chronischen Reizdarmsyndrom, es wurde auch differentialdiagnostisch ein Morbus Crohn angedacht, es werden keine Morbus Crohn-spezifischen entzündungshemmenden Präparate wie Cortison etc. eingenommen, der Patient nimmt stopfende Medikamente wie Enterobene, Inkontinenzversorgung kann die Beschwerden im Wesentlichen ausgleichen, Beschwerden sind auch mit der psychischen Problematik des Patienten zu vereinbaren

Pos.Nr. 07.04.05 Gdb% 30

4 diabetische Retinopathie

30 % aufgrund der entsprechenden Visusminderung

Pos.Nr. 11.02.01 Gdb% 30

5 Polyneuropathie

30 % aufgrund der Sensibilitätsstörungen an den Beinen ohne motorisches Defizit, normales Gangbild

Pos.Nr. 04.06.01 Gdb% 30

6 Läsion des Nervus ulnaris

20 % aufgrund der sensiblen Defiziten links

Pos.Nr. 04.05.05 Gdb% 20

7 Gastritis

10 % da medikamentös gut behandelbar

Pos.Nr. 07.04.01 Gdb% 10

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist das Leiden Nummer 1 mit 40 %. Die Leiden Nummer 2 und 3 steigern jeweils um eine Stufe, Leiden in Nummer 4 und 5 steigern gemeinsam um 1 weitere Stufe, da sie das Gesamtbild verschlechtern. Das Leiden Nummer 6 und 7 steigern aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter. Somit ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 %.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Steatosis hepatis, Z. n. Augapfelprellung links

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden in Pkt. 1, 2, 4, 5, 6 sind unverändert gegenüber der Letztuntersuchung, die Leiden in Pkt. 3 und 7 wurden neu aufgenommen und beurteilt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Steigerung des Gesamtgrades der Behinderung von 60 % auf 70 % infolge des neu hinzugekommenen Leidens Nr. 3, 7 und der Verschlimmerung des Gesamtzustandes.

Nachuntersuchung 07/2021 - Besserung des psychischen Leidens möglich

1.Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Das Gangbild ist völlig unauffällig und ohne Fremdhilfe gut möglich, trotz der bestehenden Sensibilitätsstörungen an den Beinen kann eine Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden. Das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Stand und Platzwechsel in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind selbstständig möglich und nicht erheblich erschwert. Aus psychiatrischer Sicht ist die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels aufgrund der posttraumatischen Symptomatik möglich, es werden keine SSRI verabreicht, keine Psychotherapie durchgeführt, der Patient in diesem Sinne auch nicht austherapiert. Was die Durchfälle betreffen, besteht eine Reizdarmsymptomatik, es wurde differentialdiagnostisch ein Morbus Crohn festgestellt, der Patient nimmt keine Crohn-spezifischen Medikamente ein, keine entzündungshemmende Medikation, keine Cortisonmedikation, Durchfälle sind nicht austherapiert, es kann eine Inkontinenzversorgung verwendet werden.

2.Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

GdB: 40 v.H.

Erkrankungen des Verdauungssystems

GdB: 30 v.H.

Begründung:

D1 wegen insulinpflichtiger Zuckerkrankheit

D3 wegen Reizdarmsyndrom (Morbus Crohn)

…“

Mit Bescheid vom 02.07.2019 wies die bB den Antrag vom 05.04.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Begründend wurde ausgeführt, im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten eingeholt worden. Nach diesem Gutachten liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vor. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Mit Schreiben vom 07.11.2018 sei der bP Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Da das ärztliche Begutachtungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen, sei der Antrag der bP abzuweisen. Dem Bescheid wurde das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX (22.06.2019) beigelegt.

Am 05.08.2019 erhob die bP Beschwerde. Es wurde ausgeführt, die bP habe seit Jahren u.a. auch schwere Darmprobleme, sodass sie am 27.09.2018 in der Türkei operiert worden sei. Bei mehreren Untersuchungen sei herausgekommen, dass sie die schwere Morbus Chron Krankheit habe (die Bestätigung vom Krankenhaus Istanbul lege sie bei) Sie habe eine Sleeve-Magenverkleinerungs-OP gehabt. Weiters bestehen auch durch eine große Erdbebenkatastrophe in der Türkei Panikstörungen mit Agoraphobie, posttraumatische Belastungsstörung und eine insulinpflichtige Zuckerkrankheit mit diabetischer Retinopathie und Polyneuropathie, Läsion des Nervus ulnaris links. Die bP sei bei mehreren Ärzten weiterhin in Behandlung wegen Angststörungen, Depressionen, Morbus Chron, Diabetes, Panikattacken und Anpassungsstörungen. Sie sei wegen ihrer Depressionen und Panikattacken sowie Morbus Chron Erkrankungen nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Die bP habe ständig krampfartige Bauchschmerzen mit Durchfall, welche durch leichte seelische Belastungen ausgelöst werden würden. Aufgrund der Stuhlinkontinenz benötige sie mehrmals eine Inkontinenzeinlage. Sie verlasse das Haus nur mit einem leeren Kübel und mit einem Rucksack mit Reservewäsche und Reinigungsmaterial sowie Toilettenpapier. Sobald sie das Haus verlasse, habe sie die Angst, nicht rechtzeitig auf die nächste Toilette zu kommen, da sie den Stuhl nicht halten könne. Sie leide an Höhenangst, Depression und Morbus Chron mit starken Durchfällen. Schon bei leichten seelischen Belastungen habe sie massiven Stuhldrang und krampfartige Bauchschmerzen. Sie müsse sogar ab und zu zwischen zwei Autos parken, wenn sie keine andere Gelegenheit sehe und mache die beiden seitlichen Türen auf, um zwischen den Türen in den Kübel ihren Stuhl zu machen. Sie wäre in einem öffentlichen Verkehrsmittel in unmöglicher Lage, ihren Stuhldrang zu tätigen. Außerdem werde ihr sehr schlecht, wenn sie in überfüllten Verkehrsmitteln mitfahre, da sie durch den Erdbebenvorfall immer noch sehr große Probleme habe und Angstzustände bekomme. Alle diese Angstzustände würden natürlich wegen ihrer Morbus Chron Krankheit zusätzlich zu Inkontinenzproblemen führen. Weiters sei es psychisch problematisch in öffentlichen Verkehrsmitteln Inkontinenzvorlagen zu tragen und sie schäme sich. Sie sei XXXX Jahre alt und ihre Probleme würden mit dem Alter eher schlimmer werden Sie ersuche die bB die ärztlichen Befunde und ihr Anliegen nochmals sorgfältig zu überprüfen, falls notwendig sie von einem Spezialisten untersuchen zu lassen, ansonsten ihr die Unzumutbarkeit und ihre Behinderung unbefristet wegen ihres schweren Leidens dringend zu genehmigen. Dazu wurde ein Konvolut an Befunden vorgelegt.

Laut Aktenvermerk der bB vom 06.08.2019 seien die vorgelegten Befunde teilweise alt, teilweise bekannt und die restlichen bewirken keine Änderung an der Zumutbarkeit der ÖVM! Eine Beschwerdevorentscheidung habe somit keinen Sinn. Für das BVwG werde außerdem angemerkt, dass die gesamte Familie sie seit Jahren mit Anträgen auf Unzumutbarkeit, mit Beschwerden (auch drei Familienmitglieder haben gegen die Befristung der Unzumutbarkeit Beschwerde erhoben) beschäftigt. Die bP sei das Familienoberhaupt und bringe immer sämtliche Anträge für die Familie ein, ein paar seiner Kinder haben bereits die Unzumutbarkeit.

Am 08.08.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

Am 03.03.2020 reichte die bB zur Beschwerde der bP einen weiteren Antrag der bP auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) sowie einen weiteren Befund eines Facharztes für Augenheilkunde vom 17.02.2020 nach.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen (…).“; vgl dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl. auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigeng

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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