TE Bvwg Beschluss 2020/6/8 W281 2201141-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W281 2201141-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland (BAE) vom 11.11.2019, Zl. XXXX ,

betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10.07.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 24.06.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot-Karte plus (§ 46/1/2)“ abgewiesen.

In der Folge leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme ein.

Am 29.10.2019 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Mit angefochtenem Bescheid vom 11.11.2019, erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 11.11.2019 wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass sie gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch bis 05.12.2019 in Anspruch zu nehmen. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 11.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin die ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Am 13.11.2019 erfolgte ein Zustellversuch des Bescheides vom 11.11.2019 an die Beschwerdeführerin an der Adresse XXXX Wien. Als Beginn der Abholfrist wurde der 14.11.2019 am Rückschein vermerkt.

Mit 19.11.2019 langte ein mit 14.11.2019 datiertes Schreiben der Caritas der ED Wien – Hilfe in Not (im Folgenden: Caritas) ein, welches auch von der Beschwerdeführerin unterfertigt ist. Diesem Schreiben war – neben einem Meldezettel und einer Wohnungsvereinbarung auch eine Inskriptionsvereinbarung für einen Deutschkurs und/bzw. eine Prüfung beigelegt, in der eine Anmeldung zu „A2ÖIF Test“ am 18.11.2019 ausgewiesen ist.

Mit Aktenvermerk vom 25.11.2019 hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass am 25.11.2019 telefonisch mit der Caritas Rücksprache bezüglich des Schreibens vom 14.11.2019 gehalten worden wäre und mitgeteilt wurde, dass es sich bei dem Schreiben vom 14.11.2019 um eine Stellungnahme handle. Bezüglich des Bescheides vom 11.11.2019, welcher am 14.11.2019 beim Postamt XXXX Wien hinterlegt worden sei, werde in weiterer Folge eine Beschwerde eingebracht werden.

Der Bescheid vom 11.11.2019 wurde von der Beschwerdeführerin nicht behoben und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl retourniert.

Mit Übernahmebestätigung vom 17.12.2019, Uhrzeit 10:15, bestätigte die Beschwerdeführerin die Übernahme des Bescheides vom 11.11.2019, von zwei Verfahrensanordnungen und einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise.

Mit E-Mail vom 23.12.2019 wendete sich Mag XXXX beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und gab zusammengefasst an, dass er der zuständige Sozialarbeiter der Wiener Kinder und Jugendhilfe der Kinder der Beschwerdeführerin sei und sich im Auftrag der Kindesmutter an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wende. Die Beschwerdeführerin wolle gegen den Bescheid vom 11.11.2019 Einspruch einreichen, da ihr dieser nicht zugestellt werden habe können, da sie aufgrund des Todes ihres Vaters in Serbien gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe den Bescheid erst am 17.12.2019 erhalten. Die Beschwerdeführerin wolle regelmäßig zu ihren Kindern Kontakt haben. Die Wiener Kinder und Jugendhilfe könne bestätigen, dass die Beschwerdeführerin die Termine eingehalten habe und im Sinne der Kinder versuche zu handeln. Die Wiener Kinder und Jugendhilfe spreche sich für ein Bleiberecht der Mutter in Österreich aus. Im Übrigen ähneln die Ausführungen dem Schreiben vom 14.11.2019.

Mit Beschwerdevorlage, datiert mit 07.01.2020, legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die als Einspruch bezeichnete Beschwerde der Beschwerdeführerin mit 09.01.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache einer anderen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

Mit Schreiben vom 27.03.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin einen Verspätungsvorhalt, indem ausgeführt wurde, dass aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen werde, dass die Beschwerde verspätet erhoben worden sei und überdies mit der Beschwerde kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt worden sei und daher beabsichtigt werde die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin könne innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dazu schriftlich Stellung nehmen. Dabei war die Frist bis 30.04.2020 unterbrochen und begann mit 01.05.2020 neu zu laufen. Der RSa-Brief wurde an die Adresse XXXX Wien, übermittelt und kam mit dem Vermerk “laut Auskunft Empf verzogen“ zurück.

Das Bundesverwaltungsgericht kontaktierte darauf Mag XXXX und erkundigte sich, ob er eine Adresse der Beschwerdeführerin habe, an der ihr zugestellt werden könne. Der Sozialarbeiter gab dem Bundesverwaltungsgericht die Adresse der Schwester der Beschwerdeführerin, bei der sie sich aufhalten könnte und es erfolgte ein weiterer Zustellversuch mit RSb an der Adresse der Schwester. Das Schreiben wurde am 10.04.2020 behoben. Eine Stellungnahme ist bis dato beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingegangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 11.11.2019 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.). Es veranlasste die postalische Zustellung dieses Bescheids an die Wohnadresse der Beschwerdeführerin mittels RSa-Rückschein-Sendung. Am 13.11.2019 fand an dieser Adresse ein erfolgloser Zustellversuch statt, worauf der Bescheid mit 14.11.2019 (Beginn der Abholfrist)°beim Wohnsitzpostamt hinterlegt wurde. Der Zusteller hatte Grund zur Annahme, dass sich die Beschwerdeführerin oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Der vom Zusteller entsprechend ausgefüllte Rückschein wurde an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl retourniert und an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin eine Verständigung über die Hinterlegung hinterlassen. Der Bescheid wurde zumindest zwei Wochen zur Abholung bereitgehalten. Der Bescheid wurde nicht behoben und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Folge retourniert.

Am 19.11.2019 langte eine mit 14.11.2019 datierte und von der Beschwerdeführerin unterschriebene Stellungnahme samt Meldezettel, Wohnvereinbarung und Bestätigung über eine Inskriptionsvereinbarung für einen Deutschkurs und/bzw. eine Prüfung ein.

Am 17.12.2019 erschien die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und wurde ihr der Bescheid vom 11.11.2019, zwei Verfahrensanordnungen und ein Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise übergeben. Am 23.12.2019 übermittelte Mag XXXX im Namen der Beschwerdeführerin an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl per E-Mail die Beschwerde gegen diesen Bescheid.

Die Beschwerdeführerin war von 24.07.2019 bis 19.12.2019 an der Adresse XXXX Wien, gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt der Verfahrensakten.

2.2. Dass die Zustellung des Bescheids vom 11.11.2019 seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an die Wohnadresse auf postalischem Wege mittels RSa-Rückscheins verfügt wurde, der Bescheid am 13.11.2019 nicht zugestellt werden konnte und beim Wohnsitzpostamt mit 14.11.2019 hinterlegt wurde, ergibt sich aus dem der Behörde retournierten und entsprechend ausgefüllten Rückschein samt Zustellverfügung, die im Verwaltungsakt aufliegen.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde nicht vorgebracht, dass eine Verständigung von der Hinterlegung des an sie adressierten Bescheides an ihrer Abgabestelle nicht hinterlassen wurde bzw. der Bescheid nicht mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitgehalten wurde. Beweisergebnisse, dass der Zusteller keinen Grund zur Annahme hatte, dass sich die Beschwerdeführerin oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, liegen nicht vor und wurden auch nicht vorgebracht.

Die Feststellung zur Stellungnahme vom 14.11.2019, die im Verwaltungsakt aufliegt, ergeben sich aus eben dieser.

Die Feststellung zur Übernahme des Bescheides am 17.12.2019 ergeben sich aus einer im Akt erliegenden Übernahmebestätigung, die die Beschwerdeführerin am 17.12.2019 unterschrieben hat. Die Feststellungen zum E-Mail vom 23.12.2019 ergeben sich aus dem im Akt erliegenden E-Mail.

Die Feststellung zur Meldung der BF ergeben sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters vom 02.04.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

3.1. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.11.2019 lag gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG bei vier Wochen. Diese Frist wird ab dem Zustellungszeitpunkt berechnet.

3.1.1. Gemäß § 17 Zustellgesetz (ZustG) kann eine Zustellung durch Hinterlegung erfolgen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

3.1.2. Der Gesetzgeber will dem Empfänger nur jenen Schutz zukommen lassen, der notwendig ist, ihn nicht schlechter zu stellen als Empfänger, denen ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Sohin kann eine Auslegung der Bestimmung des § 17 Abs. 3 ZustG nur dahin erfolgen, dass der Empfänger von der Zustellung dann nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, wenn er nicht in der Lage war, auf die Sendung zum selben Zeitpunkt zu reagieren, zu dem ein Empfänger üblicherweise reagieren hätte können, dem nach dem Willen des Gesetzgebers durch Hinterlegung zugestellt werden durfte. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (VwGH 25.6.2015, Ro 2014/07/0107). Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist davon auszugehen, dass ein Großteil der berufstätigen, tagsüber von der Abgabestelle abwesenden Bevölkerung bei Kenntnis von der postamtlichen Hinterlegung einer gerichtlichen Sendung üblicherweise die Möglichkeit hat, die Sendung jedenfalls an dem der Hinterlegung nächstfolgenden Werktag zu beheben. Trifft dies zu, hängt die Wirksamkeit der Zustellung nicht davon ab, ob die Sendung bereits am Tag des Zustellversuches oder erst am Tag danach erstmals zur Abholung beim Postamt bereitgelegen ist (OGH 18.10.2007, 2 Ob 96/07t).

Konnte der Empfänger von der Hinterlegung rechtzeitig Kenntnis erlangen, kann er durch nachträgliches Verlassen der Abgabestelle die eintretende gesetzliche Zustellwirkung des § 17 Abs. 3 Satz 3 ZustG nicht mehr beeinflussen. Der klare Gesetzeswortlaut stellt allerdings lediglich auf die Ortsanwesenheit beim Zustellversuch ab. Die durch die Abwesenheit des Empfängers von seiner Wohnung bewirkte Unmöglichkeit, die Sendung selbst abzuholen, ist für die Rechtswirksamkeit der Zustellung ohne Bedeutung (OGH 31.1.2013, 6 Ob 154/12h). Hat der Empfänger schon am Tage nach der iSd § 17 Abs. 3 Satz 3 ZustG bewirkten Zustellung des Bescheides von diesem Zustellvorgang Kenntnis erlangt, dann hatte seine Abwesenheit am Zustelltag selbst eine Unwirksamkeit des Zustellvorganges nicht zur Folge (VwGH 24.5.2007, 2006/07/0101; 15.7.1998, 97/13/0104). Beginnt die Abwesenheit von der Abgabestelle erst am Tag nach dem Zustellversuch und der Hinterlegung der Sendung sowie der Verständigung hievon, so konnte der Empfänger rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es hiebei nach stRsp des VwGH nicht an. Die durch die Abwesenheit des Beschwerdeführers von seiner Wohnung bewirkte Unmöglichkeit, die Sendung selbst abzuholen, ist für die Rechtswirksamkeit der Zustellung ohne Bedeutung. § 17 ZustG stellt nämlich nicht darauf ab, ob einem Empfänger die Abholung einer hinterlegten Sendung möglich ist oder nicht (VwGH 11.10.2011, 2010/05/0115; 24.9.1991, 90/11/0232).

3.1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Zustellung des Bescheides vom 11.11.2019 an jener Adresse vorgenommen, an der die Beschwerdeführerin eine aufrechte Meldung hatte. Eine davon abweichende Adresse hat die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht bekannt gegeben. Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.10.2019 wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie ihren Wohnsitz bzw. Wohnsitzänderungen unverzüglich bekannt zu geben hat und dass geprüft wird, ob eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wird. Die Beschwerdeführerin wusste somit, dass ein Verfahren gegen sie anhängig war.

Mit Zustellverfügung vom 11.11.2019 veranlasste das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Zustellung an die ausgewiesene Adresse. Es erfolgte ein Zustellversuch am 13.11.2019 und die Hinterlegung am 14.11.2019.

Mit Stellungnahme der Caritas vom 14.11.2019, die von der Beschwerdeführerin unterfertigt ist, wurde diverse Unterlagen vorgelegt: Der Meldezettel und die Wohnrechtsvereinbarung weisen jene Adresse aus, an der das Bundesamt am 14.11.2019 die Zustellung veranlasst hat. Die Inskriptionsvereinbarung weist einen „A2ÖIF“ Test am 18.11.2019 aus. Aus einem im Akt erledigenden Aktenvermerk vom 25.11.2019 ist ersichtlich, dass nach Rücksprache mit der Caritas das Schreiben vom 14.11.2019 nicht als Beschwerde, sondern als Stellungnahme zu werten ist und hinsichtlich des Bescheides vom 11.11.2019, welcher am 14.11.2019 hinterlegt wurde, eine Beschwerde erhoben werden würde. Vor diesem Hintergrund durfte – ungeachtet der Verpflichtung der Beschwerdeführerin bei einer Wohnsitzänderung diese der Behörde unverzüglich bekannt zu geben (vgl. § 8 ZustG) – das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedenfalls davon ausgehen, dass sich die Beschwerdeführerin an der bekannten Wohnadresse (Abgabestelle) aufhält.

Die Beschwerdeführerin war auch am 14.11.2019 in Österreich, da die Stellungnahme vom 14.11.2019 eigenhändig unterschrieben war und konnte sie daher vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. Weitere Zustellmängel hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht.

Das Dokument wurde gemäß § 17 ZustG am 14.11.2019 zugestellt, da es sich dabei um den ersten Tag der Frist handelt, an dem das Dokument zu Abholung bereitgehalten wurde.

Die vierwöchige Beschwerdefrist begann ab diesem Tag zu laufen und endete mit Ablauf des 12.12.2019. Die erst am 23.12.2019 erhobene Beschwerde erweist sich daher als verspätet.

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde auch keinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht. Ein solcher wurde auch nicht nach Vorlage der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht – trotz erfolgtem Verspätungsvorhalt vom 27.03.2020 – eingebracht.

3.1.4. Die Beschwerde war somit als verspätet zurückzuweisen.

3.2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Hinterlegung Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W281.2201141.2.00

Im RIS seit

30.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten