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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §138 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde
1. des R und 2. des H, beide in G, beide vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg, Franz-Josef-Kai 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 5. Februar 1996, Zl. 1/01-34.838/5-1996, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Partei: S Gesellschaft m.b.H. & Co in O, vertreten durch Raits, Ebner & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, Iganz-Rieder-Kai 11c), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von ingesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von ingesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer richteten am 20. Juni 1991 zwei als "Beschwerde nach § 39 iVm § 32 Wasserrechtsgesetz 1990" bezeichnete Schriftsätze an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH). Darin führten sie aus, es sei ihnen bekannt geworden, daß bei der BH von A. bzw. von der mitbeteiligten Partei (mP) um die Rodungsbewilligung für eine größere Fläche aus einem Waldbestand im Bereich der KG W. zum Zwecke des Tonabbaues angesucht worden sei. Da offen sei, ob durch das Ausmaß des geplanten Abbaues eine Änderung des natürlichen Abflusses der Oberflächenwässer bzw. der auf dem Grundstück verlaufenden Gräben bewirkt werde bzw. dadurch die nicht unerhebliche Tiefe des Tonabbaues eine Einflußnahme auf das Grundwasser erfolgen könne, werde um die Überprüfung dieser geplanten Maßnahme durch die Wasserrechtsbehörde ersucht. Da in der Folge eine Beeinträchtigung der Zuflußmenge zur O. eintreten könnte, wären im weiteren Verlauf der O. bestehende Wasserrechte betroffen. Als Wasserbenutzungsberechtigte ersuchten die Beschwerdeführer daher um Ladung als Beteiligte in einem allfälligen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren.
Die BH führte am 30. Oktober 1991 eine mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde vereinbart, daß die mP und die Beschwerdeführer versuchen würden, sich zu einigen und daß die mP weiters ein Projekt zur wasserrechtlichen Bewilligung ihrer Maßnahmen vorlegen werde.
Der wasserbautechnische und der hydrographische Amtssachverständige erstellten in der Folge Vorgaben für das von der mP einzureichende Projekt.
Punkt 4 dieser Projektsvorgaben lautet:
"Hinsichtlich der Einflußnahme des Tonabbaues auf das Speichervolumen und des abgebauten Tons sowie Auswirkungen auf die Grundwasserstände der O. und im speziellen auf die daran befindlichen Wasserkraftanlagen ist ein hydrogeologisches und hydromechanisches Gutachten zu erstellen. Bemessungsgrundlagen für die Oberflächenentwässerung sind beim hydrographischen Dienst des Amtes der Salzburger Landesregierung auszuheben."
Am 30. Juli 1992 legte die mP der BH das von den Amtssachverständigen bei der Verhandlung am 30. Oktober 1991 unter Punkt 4 der Projektsvorgaben geforderte hydrogeologische Gutachten über die Auswirkungen des Tonabbaues der mP auf den Wasserzufluß zur O., erstellt vom Ingenieurkonsulenten für technische Geologie Dr. E., vor. In der Zusammenfassung dieses Gutachtens heißt es:
"Aus den o.a. Punkten ergibt sich, daß die im Zuge der Wasserrechtsbeschwerde getätigten Befürchtungen einer "spürbaren Beeinflussung" der nicht näher bekannten Konsenswassermenge der Beschwerdeführer vom unterfertigten Gutachter nicht bestätigt werden können, zumal die 0,13 % des Gesamteinzugsgebietes nicht einen derartigen Einfluß nehmen können. In diesem Zusammenhang sind die Ursachen für Beeinträchtigungen der Wasserführung der O. in Maßnahmen zu suchen, die außerhalb des Abbaugebietes der mP liegen. Hier sind im besonderen die bereits genannten Meliorationstätigkeiten im gesamten Einzugsgebiet der O. anzuführen, die die Speicher- bzw. Retentionseigenschaften nicht nur beeinflussen, sondern in vielen Fällen sogar aufheben.
Aufgrund der im Gutachten getätigten Äußerungen erscheint auch das geforderte "hydromechanische Gutachten" hinfällig, zumal die Beeinflussungen nicht im Einflußbereich der mP liegen."
In der Folge teilten sowohl die Beschwerdeführer als auch die mP der BH mit, daß es zwischen ihnen zu keiner Einigung gekommen sei.
Bei einer von der BH am 5. Juli 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde das Gutachten des Ingenieurkonsulenten Dr. E. den Parteien zur Kenntnis gebracht und vom Verfasser erläutert. Er gab an, daß die Beeinflussung der Wasserkraftanlagen der Beschwerdeführer zu vernachlässigen bzw. kaum meßbar sei, aber eine Verringerung des Wasserdargebotes der O., welches zur Abarbeitung in den Wasserkraftanlagen diene, nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne. Diese Meinung wurde auch vom wasserbautechnischen und vom hydrographischen Amtssachverständigen bestätigt. Auch sie erklärten, der Flächenanteil des Abbaugebietes sei gegenüber dem Einzugsgebiet der O. im Kraftwerksbereich so gering, daß eine Verminderung der mittleren Abflußmengen messungstechnisch nicht erfaßbar sei. Die Verminderung der Abflußmengen sei nur rechnerisch erfaßbar.
Die Beschwerdeführer sind diesen Ausführungen des Ingenieurkonsulenten Dr. E. und der Amtssachverständigen nicht entgegengetreten.
Mit Schreiben vom 22. August 1994 vertrat die mP der BH gegenüber die Meinung, für ihren Tonabbau und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen sei eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erforderlich.
Mit Bescheid vom 17. Jänner 1995 wies die BH unter Berufung auf die §§ 98, 12 Abs. 1 und 2, 40 sowie 138 Abs. 1, 2 und 6 WRG 1959 den Antrag der Beschwerdeführer "auf Fortführung der Verhandlung zum Zweck der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in bezug auf das Projekt der mP zum Tonabbau" auf näher bezeichneten Grundstücken ab.
In der Begründung heißt es, aus rechtlicher Sicht stelle sich der Antrag der Beschwerdeführer als Verlangen auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 dar. Als zumindest potentiell von einer allfälligen gesetzwidrigen Anlage Betroffenen im Sinne des § 138 Abs. 6 iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 stehe den Beschwerdeführern das Parteienrecht, die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens nach § 138 WRG 1959 zu beantragen, grundsätzlich zu. Eine inhaltliche Überprüfung ihres Begehrens habe allerdings - ausgehend vom bisherigen Verhandlungsergebnis - zu einer Abweisung des Antrages wegen Unbegründetheit führen müssen.
Entscheidende Voraussetzung für die Durchführung eines Verfahrens nach § 138 WRG 1959 sei das Vorliegen eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes. Ein solcher wäre dann gegeben, wenn die mP Entwässerungsanlagen im Sinne des § 40 WRG 1959 bewilligungslos errichten oder, soweit sie bereits bestehen, verändern würde. Der Begriff der Entwässerungsanlage setze aber ein bewußtes, aktives Handeln des Betreibers zum Zweck der Wasserableitung voraus. Die auf den Tonabbaugrundstücken derzeit vorhandenen natürlichen Gräben und Gerinne, welche im Zuge der Abbauarbeiten - im Grunde unbeabsichtigt - eine Veränderung erfahren würden, seien somit keine Entwässerungsanlagen im Sinne des § 40 WRG 1959. Ihre allfällige Veränderung sei daher auch nicht bewilligungspflichtig. Allenfalls könnten derartige Eingriffe in den Abfluß des anfallenden Oberflächenwassers nach § 39 WRG 1959 relevant sein. Eine entsprechende Beeinträchtigung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke werde seitens der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebracht. Der Antrag auf Durch- bzw. Fortführung eines Bewilligungsverfahrens nach § 40 WRG 1959 sei somit spruchgemäß abzuweisen gewesen. Ergänzend sei noch zu bemerken, daß die künftige Rekultivierung des Abbaugebietes gemäß Punkt 6 der im Rodungsbescheid der BH Salzburg vorgeschriebenen Auflagen sehr wohl bewilligungspflichtige Anlagen im Sinne des § 40 WRG 1959 erfordern werde.
Die Beschwerdeführer beriefen.
Im Zuge des Berufungsverfahrens richtete die belangte Behörde an den wasserbautechnischen Amtssachverständigendienst die Frage, ob durch den Tonabbau der Wasserzufluß zur O. reduziert werde und eine Beeinträchtigung für den Betreiber der Wasserkraftanlage zu erwarten sei.
In seiner Stellungnahme vom 26. Juli 1995 teilte der befaßte wasserbautechnische Amtssachverständige mit, bei der Verhandlung am 5. Juli 1994 sei seitens des Amtssachverständigen eindeutig festgehalten worden, daß es durch den Tonabbau bzw. gegebenenfalls auch nach Rekultivierung zu einer - sehr geringfügigen - Verminderung der Wasserführung der O. im Kraftwerksbereich kommen könne. Die Verminderung könne zwar mathematisch-theoretisch ermittelt werden, werde in der Praxis aber nicht meßbar sein.
Diese Sachverständigenaussage wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht. Diese erstatteten zwar eine Stellungnahme, bestritten darin aber die Richtigkeit dieser Sachverständigenausführungen nicht.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.
In der Begründung wird ausgeführt, für den Abbau von Schotter und Lehm durch die mP bestehe aus nachstehenden Gründen keine Bewilligungspflicht:
Die im § 31c WRG 1959 normierte Bewilligungspflicht beziehe sich nur auf die Gewinnung von Sand und Kies.
Die Bestimmung des § 39 WRG 1959 sei ebenfalls nicht heranzuziehen, da es sich offensichtlich um eine gewerbliche Betriebsstätte handle und § 39 WRG 1959 sich nur auf unverbaute, landwirtschaftlichen Zwecken dienende Grundstücke beziehe.
Eine Entwässerungsanlage im Sinne des § 40 WRG 1959 stelle der Abbau nicht dar, weil es sich nicht um eine künstliche Entwässerung im Sinne des Begriffes der Anlage, die der Beseitigung des auf einem Grundstück vorhandenen Wassers diene, handle.
Ebensowenig handle es sich um Schutz- und Regulierungswasserbauten nach § 41 WRG 1959, da die Maßnahmen nicht als solche gegenüber schädlichen Einwirkungen des Wassers anzusehen seien.
Es werde auch noch auf das vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen anläßlich der Verhandlung am 5. Juli 1994 abgegebene Gutachten verwiesen, wonach die Verminderung der mittleren Abflußmenge im Vergleich Flächenanteil des Abbaugebietes/Einzugsgebiet der O. messungstechnisch nicht erfaßbar sei, sondern nur rechnerisch. Diesem Gutachten habe fachlich nicht entgegengetreten werden können.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 24. Februar 1997, B 1017/96-4, ihre Behandlung ab und trat sie mit Beschluß vom 28. Mai 1997, B 1017/96-6, dem Verwaltungsgerichtshof zu Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 WRG 1959 verletzt. Sie bringen im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die Maßnahmen der mP verneint.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen, als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind - erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 93/07/0074).
Die Beschwerdeführer bezogen sich im Laufe des Verwaltungsverfahrens teils auf geplante, teils auf bereits verwirklichte Maßnahmen der mP, durch die ihren Behauptungen zufolge ihre Wasserbenutzungsrechte zum Betrieb einer Wasserkraftanlage beeinträchtigt würden.
Erst geplante, aber noch nicht verwirklichte Maßnahmen können von vornherein nicht Gegenstand eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 sein, da die Planung von Maßnahmen allein keine eigenmächtige Neuerung darstellt.
Ob von der mP bereits durchgeführte Maßnahmen einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätten und mangels Vorliegen einer solchen als eigenmächtige Neuerungen einzustufen sind, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben. Auf Antrag eines Betroffenen darf nämlich ein wasserpolizeilicher Beseitigungsauftrag nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 nur in dem Umfang erlassen werden, als dies zur Beseitigung der Verletzung der wasserrechtlich geschützten Rechte des Betroffenen erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1985, Zl. 82/07/0093).
Im Beschwerdefall ist nach dem Gutachten des Ingenieurkonsulenten Dr. E. und der Amtssachverständigen eine Verringerung des Wasserzuflusses zur O. durch die Maßnahmen der mP nicht völlig auszuschließen; diese Verringerung ist jedoch nur mathematisch-theoretischer Art, nicht aber eine praktisch wahrnehmbare, meßbare Größe. Sie führt, wie sich aus dem Gutachten des Ingenieurkonsulenten Dr. E. ergibt, nicht zu einer Beeinträchtigung der Kraftwerksanlage der Beschwerdeführer.
Diesen gutächtlichen Äußerungen sind die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten.
Fehlt es aber an einer Beeinträchtigung ihrer Rechte, dann konnte auch dann, wenn die Maßnahmen der beschwerdeführenden Partei einer Bewilligungspflicht unterlagen, kein wasserpolizeilicher Auftrag auf Antrag der Beschwerdeführer erlassen werden.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Die Umsatzsteuer wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gesondert vergütet; sie ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten. Das diesbezügliche Mehrbegehren der mP war daher abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070096.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011