Entscheidungsdatum
09.06.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W170 2147785-1/31E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 31.01.2017, Zahl: 1083764001 - 151152537/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) stellte am 21.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen des Administrativverfahrens gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe sowie da er weder für die syrische Armee noch für oppositionelle islamistische Gruppen kämpfen habe wollen und legte folgende syrische, auf ihn lautende Dokumente vor: Reisepass, Personalausweis, Studentenausweis, Familienregisterauszug, Familienbuch, Heiratsurkunde, Personenregisterauszug.
3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 31.01.2017, erlassen am 02.02.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Syrien wegen des Krieges verlassen habe, seine anderen Fluchtgründe seien nicht glaubhaft gemacht worden.
4. Mit am 14.02.2017 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer in Syrien asylrelevante Verfolgung drohe, da ihm drohe, zum Kriegsdienst gezwungen zu werden.
5. Das Verfahren wurde am 17.02.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung W150 zugewiesen. Nach einer erfolgten Abnahme wurde die Rechtssache am 18.10.2019 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
6. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde am 29.01.2020 und am 02.06.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört. Die Identität des XXXX steht fest. XXXX ist in Österreich unbescholten.
1.2. XXXX ist im 53. Lebensjahr und leidet unter einer Anpassungsstörung mit aktuell als mittel- bis schwergradig zu quantifizierender depressiver Symptomatik.
XXXX hat von Anfang 1991 für zweieinhalb Jahre als einfacher Soldat in Damaskus gedient und war für den Einkauf und die Verteilung von Lebensmitteln an die Soldaten zuständig. Er erhielt keine über die Grundausbildung hinausgehende Spezialausbildung. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass XXXX von der syrischen Armee als Reservist eingezogen werden würde.
1.3. XXXX stammt aus der Stadt Saraqib (auch Sarakeb oder Saraqeb), Gouvernement Idlib. Die Stadt Saraqib ist derzeit in der Hand des Regimes, das diese vor kurzem (zuletzt: Anfang März 2020) von der Opposition zurückerobert hat; die Stadt Idlib sowie das nordwestlich unmittelbar an die Stadt Saraqib angrenzende Gebiet des Gouvernemenets Idlib befindet sich in der Hand von oppositionellen Gruppen wie der Freien Syrischen Armee oder Ahrar al-Sham.
Im Februar 2018 hat das syrische Regime (bzw. diesem zuzurechnende Militärkräfte) einen Chlorgasangriff auf Saraqib durchgeführt.
1.4. XXXX hat Syrien im Jahr 2015 aus syrischer Sicht rechtswidrig verlassen, da er in die Türkei ausgereist ist, ohne sich einer Grenzkontrolle zu unterziehen.
1.5. XXXX könnte nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes sind (wie jene zum Libanon oder über den Flughafen von Damaskus) sicher und legal nach Syrien zurückkehren.
XXXX würde diesfalls am jeweiligen Grenzkontrollposten kontrolliert werden und besteht das reale Risiko, dass er dabei verhaftet würde. Die Haft wäre mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit Folter verbunden. Die Haft sowie die damit verbundene Folter drohen XXXX , da ihm in Zusammenschau seiner illegalen Ausreise, seiner Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet, das noch dazu erst vor kurzem vom syrischen Regime zurückerobert wurde und schon zuvor Ziel von Chlorgasangriffen war, sowie seiner Eigenschaft als Rückkehrer eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt würde.
1.6. XXXX hat keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe verwirklicht.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu 1.1. hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben und vor allem den vorgelegten, nach der Aktenlage unbedenklichen syrischen Ausweisen des Beschwerdeführers, hinsichtlich der Unbescholtenheit aus der in das Verfahren eingeführten Strafregisterauskunft.
2.2. Das Alter des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vorgelegten Reisepass, dass er unter einer Anpassungsstörung mit aktuell als mittel- bis schwergradig zu quantifizierender depressiver Symptomatik leidet aus dem psychiatrisch-neurologischen Gutachten der bestellten Sachverständigen XXXX vom 20.04.2020. Die Feststellungen zum absolvierten Wehrdienst des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer von der syrischen Armee als Reservist eingezogen werden würde, ergibt sich aus seinem Alter, seinem Gesundheitszustand und aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine spezialisierte militärische Ausbildung erhalten, sondern bloß die Grundausbildung durchlaufen hat. Daher ist er für das syrische Regime bzw. Militär von keinem gesteigerten militärischen Interesse und besteht – vor dem Hintergrund des aktuellen LIB – zwar die bloße Möglichkeit, nicht aber die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Einberufung als Reservist.
2.3. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aus Saraqib stammt, ergibt sich daraus, dass er dies glaubhaft und gleichbleibend sowohl im Administrativverfahren als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben hat, ohne sich des besonderen Risikos, aus einem kürzlich zurückeroberten Gebiet zu stammen, bewusst zu sein, zumal die Stadt bis vor kurzem noch in der Hand oppositioneller Machthaber war.
Die aktuellen Machtverhältnisse in der Stadt Saraqib, der Stadt Idlib sowie dem nordwestlich unmittelbar an die Stadt Saraqib angrenzenden Gebiet des Gouvernements Idlib ergeben sich aus einer am 13.05.2020 durchgeführten Nachschau auf https://syria.liveuamap.com/. Das Ergebnis dieser Nachschau wurde den Parteien in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgehalten. Aus der seitens des Beschwerdeführers vorgelegten, in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Anfragebeantwortung zur Gebietskontrolle in Saraqib vom 29.05.2020 ergibt sich, dass die Stadt Anfang Februar 2020 durch syrische Regierungstruppen rückerobert wurde, dann wieder von Rebellen unter ihre Kontrolle gebracht wurde und seit Anfang März unter der Kontrolle der syrischen Regierung ist. Wegen der Verkehrsachse Damaskus – Aleppo gilt die Stadt als strategisch wichtiger Ort.
Aus dem Bericht „Country Report on Human Rights Practices 2018 – Syria“ des US Department of State (https://www.ecoi.net/de/dokument/2004226.html) ergibt sich, dass die syrische Armee bzw. dieser zuzurechnende Kräfte am 04.02.2018 einen Chlorgasangriff auf Saraqib durchführten.
2.4. Die Feststellungen zu 1.4. hinsichtlich der Umstände und des Zeitpunkts der Ausreise des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen glaubwürdiger Aussage, die vom Umstand gestützt wird, dass im (2018 abgelaufenen) Reisepass des Beschwerdeführers kein syrischer Ausreisestempel angebracht ist.
2.5. Zu 1.5. ist einleitend auszuführen, dass sich aus den in das Verfahren eingeführten Länderberichten ergibt, dass der Beschwerdeführer nur über Grenzübergänge, die sich in der Hand des syrischen Regimes befinden, sicher und legal nach Syrien zurückkehren könnte, und sich bei der Einreise jedenfalls einer Kontrolle durch syrische Sicherheitsorgane zu stellen hätte. Mangels Ausreisestempel in seinem syrischen Reisepass würde er auch keine legale Ausreise nachweisen können.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen zu 1.5. ist auf folgende Überlegungen, die auf den in das Verfahren eingeführten Länderberichten (Länderinformationsblatt zu Syrien der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.05.2019, letzte Aktualisierung eingefügt am 17.10.2019 [„LIB“]; Interimsleitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, UNHCR, Februar 2020 [„UNHCR“]) fußen, hinzuweisen:
Der Sicherheitssektor kontrolliert den Rückkehrprozess in Syrien. Die Sicherheitsdienste institutionalisieren ein System der Selbstbeschuldigung und Informationsweitergabe über Dritte, um große Datenbanken mit Informationen über reale und wahrgenommene Bedrohungen aus der syrischen Bevölkerung aufzubauen. Um aus dem Ausland zurückzukehren, müssen Geflüchtete umfangreiche Formulare ausfüllen. Für illegale Ausreise drohen u.a. Haftstrafen. (LIB, S. 87)
Festnahmen finden quer durch die Bevölkerung statt. Die Festnahme von Rückkehrern findet konzentriert direkt an den Grenzübergängen statt, nachdem die Namen und Pässe der Rückkehrer an diesen Übergängen von Bediensteten des Regimes kontrolliert werden. U.a. bei kürzlich zurückgekehrten Personen und anderen grundsätzlich als Anhänger der Opposition wahrgenommenen Menschen die Wahrscheinlichkeit einer willkürlichen Festnahme am höchsten. Aus allen von der Regierung kontrollierten Gebieten wird gemeldet, dass Rückkehrer zu den Personen gehören, die schikaniert, willkürlich verhaftet, in Isolationshaft genommen, gefoltert und in sonstiger Weise misshandelt werden, u. a. aufgrund einer vermeintlich oppositionellen Haltung der Betroffenen. Personen, die bei der Rückkehr nach Syrien festgenommen werden, sind der sehr realen Gefahr ausgesetzt, während der Haft gefoltert zu werden, selbst wenn sie später freigelassen werden. (UNHCR, S. 33)
Den Vereinten Nationen und Menschenrechtsbeobachtern zufolge werden willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, Inhaftierungen unter lebensbedrohlichen Umständen, systematische und weitverbreitete Folter und sonstige Formen der Misshandlung, einschließlich sexueller Gewalt, Strafverfolgung nach der zu weit gefassten Antiterrorgesetzgebung unter Verletzung des Rechts des Beschuldigten auf ein faires Verfahren vor Antiterror- und militärischen Feldgerichten sowie summarische und außergerichtliche Hinrichtungen weiterhin in großem Umfang dokumentiert. Sie richten sich überwiegend gegen Personen, die tatsächlich oder vermeintlich Gegner der Regierung sind. Zu den Personen, denen regelmäßig eine regierungsfeindliche Gesinnung unterstellt wird, zählen u.a. Zivilpersonen aus (ehemals) von der Opposition kontrollierten Gebieten. (UNHCR, S. 22-24) Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft u.a. einfach auf ihrer Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als „regierungsfreundlich“ oder „regierungsfeindlich“ gilt. (LIB, S. 51)
Willkürliche Festnahmen, Misshandlung, Folter und Verschwindenlassen sind in Syrien weit verbreitet. Sie richten sich von Seiten der Regierung insbesondere gegen Oppositionelle oder Menschen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden. Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. (LIB, S. 35)
Weitere schwere Menschenrechtsverletzungen, derer das Regime und seine Verbündeten beschuldigt werden, sind willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten, darunter auch der Einsatz von chemischen Waffen; Massaker und Vergewaltigungen als Kriegstaktik. Orte, die im Laufe der vergangenen Jahre wieder unter die Kontrolle der Regierung gelangt sind, erlebten organisierte und systematische Plünderungen durch die bewaffneten Einheiten der Regierung. (LIB, S. 50)
2.6. Die Feststellung zu 1.6. ergibt sich daraus, dass keine Hinweise zu sehen sind, aus denen zu schließen wäre, dass der Beschwerdeführer Asylausschluss- oder -endigungsgründe verwirklicht hätte, dies ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat – dies ist im vorliegenden Fall gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG zweifellos Syrien – Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.
2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).
Der Beschwerdeführer würde im Falle seiner Rückkehr nach Syrien jedenfalls im Rahmen der Einreise über einen vom Regime kontrollierten Grenzübergang kontrolliert und wegen seiner rechtswidrigen Ausreise genauer überprüft werden. Dabei würde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass er aus einem oppositionellen Gebiet stammt, das erst vor kurzem vom syrischen Regime zurückerobert wurde, für dieses von strategischer Bedeutung ist und schon früher das Ziel von Chlorgasangriffen war – was die besondere Intensität darlegt, mit welcher das syrische Regime gegen ebendiese Stadt und deren Einwohner vorgeht. In Zusammenschau seiner Herkunft aus diesem oppositionellem Gebiet, seiner illegalen Ausreise und seiner Eigenschaft als Rückkehrer würde dem Beschwerdeführer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, dieser zumindest für einige Tage für Befragungen angehalten und im Rahmen dieser Anhaltung der Folter unterworfen.
Daher liegt eine dem Beschwerdeführer objektiv drohende asylrelevante Verfolgung vor.
3. Die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz durch das Bundesamt steht mangels einer diesbezüglichen relevanten Änderung der Rechts- oder Tatsachenlage einer Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegen (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/18/0054).
4. Da darüber hinaus keine vom Beschwerdeführer verwirklichten Asylausschluss- oder -endigungsgründe festzustellen waren, ist der Beschwerde stattzugeben, dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und auszusprechen, dass diesem somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die für die Entscheidung relevante Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt, es ist keine von dieser Judikatur nicht umfasste, entscheidungsrelevante Rechtsfrage erkennbar. Daher ist die Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Schlagworte
Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Folter Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit illegale Ausreise mündliche Verhandlung unterstellte politische Gesinnung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2147785.1.01Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020