Entscheidungsdatum
10.06.2020Norm
BFA-VG §9Spruch
I408 2230182-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. SERBIEN, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH gegen den Bescheid des BFA RD Oberösterreich Außenstelle Linz (ASt) vom 09.03.2020, Zl. 441631507-171239831,
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.05.2020 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der straffällige 22-jährige Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo und hält sich seit 2008 legal im Bundesgebiet auf.
2. Mit Schreiben vom 12.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot Parteiengehör gewährt und ihm 20 Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen gestellt.
3. Darauf reagierte der Beschwerdeführer mit einer handschriftlichen Stellungnahme vom 28.12.2019.
4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 31.01.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.
5. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 09.03.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass seine Abschiebung in den Kosovo zulässig ist, (Spruchpunkt II.) und ihm eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt III.). Zudem wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
6. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 30.03.2020 bekämpfte der Beschwerdeführer diesen Bescheid in vollem Umfang und verwies darin vor allem auf seine Verfestigung in Österreich und die Vaterschaft zu seiner am XXXX 2018 geborenen Tochter.
7. Am 22.05.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht zur zweifelsfreien Abklärung seines Privat- und Familienlebens eine mündliche Verhandlung statt, welche mit dem Beschwerdeführer in deutscher Sprache geführt werden konnte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer lebte bis zu seinem 10. Lebensjahr im Kosovo, besuchte dort die Volksschule und folgte dann mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern seinem in Österreich arbeitenden Vater nach. Er hält sich seit 2008 legal im Bundesgebiet auf und verfügt über eine bis 04.02.2022 befristete Rot-Weiß-Rot Karte Plus. Er hat hier den Hauptschulabschluss nicht geschafft und scheiterte auch in seinem Lehrberuf.
Der Beschwerdeführer wurde wiederholt straffällig und drei Mal rechtskräftig verurteilt.
1. Am 18.11.2015 entwendete der Beschwerdeführer auf einer Tankstelle 10 Dosen Red Bull und zwei Flaschen Whisky, am 04.12.2015 wurde er bei einem Einbruch in eine Bauhütte aufgegriffen und am 09. oder 10.12.2015 entwendete er aus einem versperrten Kellerabteil alkoholische Getränke. Am 18.11.2015 versuchte er zudem einen der Mittäter durch die Angabe einer falschen Staatsangehörigkeit einer polizeilichen Verfolgung zu entziehen. Mit Urteil des Landegerichtes XXXX vom 21.06.2015, XXXX wurde er deshalb wegen der Vergehen des Einbruchdiebstahls, der Sachbeschädigung und der versuchten Begünstigung, die alle als Jugendstraftaten gewertet wurden, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Wochen verurteilt.
2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.12.2017, XXXX , erfolgte die erste Suchtgiftverurteilung des Beschwerdeführers. Gemeinsam mit seiner Freundin M. St. wurde er wegen verschiedener Vergehen nach § 27 SMG, die ebenfalls als Jugendstraftaten gewertet wurden, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, ein Monat davon unbedingt, wobei die Vorhaft von 31.10.2017 bis 12.12.2017 angerechnet wurde. Dabei wurden beiden der vorschriftswidrige Erwerb und Besitz von Suchtgift, die persönliche Verwendung ab Dezember 2015 sowie der Verkauf an minderjährige SchülerInnen, konkret am 27.10.2017 und 31.10.2017 zur Last gelegt.
3. Am 26.09.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund seines auffälligen Verhaltens vor der FH XXXX einer routinemäßigen Polizeikontrolle unterzogen, wobei er versuchte ein größeres Säckchen mit 17 g Cannabis in einem Mistkübel loszuwerden. Im Zuge der darauf durchgeführten Erhebungen kam zu Tage, dass er an und mit seiner damaligen Freundin C. K. von März 2019 bis September 2019 insgesamt rund 1.500 g Cannabis gewinnbringend verkaufte und bis zum 17.12.2019 selbst zum Eigengebrauch Cannabiskraut verwendet bzw. erworben hatte. Auch in diesen Fällen erfolgte ein Verkauf an minderjährige SchülerInnen. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 31.01.2020, XXXX , wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 25a SMG und der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wobei 12 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. Dabei wurde die Vorhaft vom 07.12.2019 bis 31.01.2020 angerechnet und dem Beschwerdeführer für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet. Von einem Widerruf der mit o.a. Urteil vom 12.12.2017 gewährten bedingten Nachsichten wurde abgesehen.
In Österreich leben seine Eltern, zwei Geschwister und seine Großeltern. Im Kosovo verfügt der Beschwerdeführer über einen Onkel, der dort mit seinen Kindern lebt und den er zuletzt vor 2 Jahren besucht hat. Auch wenn er sich 12 Jahre in Österreich aufhält, beherrscht er die Sprache seines Herkunftsstaates.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine Ersparnisse und lebt seit seiner Haftentlassung bei seinen Eltern. In den Jahren seines Aufenthaltes in Österreich wies er nur vom 02.11.2016 bis 05.08.2017 und vom 12.02.2018 bis 13.08.2018 sowie vom 07.09.2019 bis 31.07.2019 mehrmonatige Beschäftigungsverhältnisse auf, ansonsten ging es über sieben kurzfristige Arbeitsversuche von ein, zwei Tagen nicht hinaus. Seinen Lebensunterhalt bestritt er überwiegend über staatliche Unterstützung (Leistungen des Arbeitsamtes) oder aus den Einnahmen von Suchtgiftverkäufen, mit denen er auch seinen eigenen Suchtgiftkonsum finanzierte. Im Zuge seiner Verhaftung am 07.12.2019 konnte in seinem Zimmer ein Säckchen Cannabis aufgefunden und sichergestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist seit XXXX 2018 Vater einer Tochter aus der Beziehung mit M. St., der Mittäterin bei den Suchtgiftdelikten 2017. Das Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft des Beschwerdeführers wurde nach Zurückziehung des Antrages mit Beschluss des BG XXXX vom 13.02.2019 beendet.
Bis zu seiner letzten Inhaftierung am 07.12.2019 hatte er regelmäßig Kontakt zu seiner Tochter. In ihrem ersten Lebensjahr sah er seine Tochter einmal im Monat, danach waren es dreimal. In der Haft wurde er von der Kindesmutter einmal im Monat besucht. Seit seiner Entlassung hat er wieder regelmäßig Kontakt zu seiner Tochter.
Die Kindesmutter wurde am 26.09.2017 gemeinsam mit dem Beschwerdeführer wegen Drogendelikte verurteilt, ist derzeit arbeitslos und verfügt über kein regelmäßiges Einkommen. Bis zu seiner Inhaftierung zahlte der Beschwerdeführer für seine Tochter € 250, -- an Alimente. Seit seiner bedingten Haftentlassung am 07.04.2020 ist er arbeitslos und es läuft derzeit über die Kinder- und Jugendhilfe ein Verfahren zur Neufestsetzung des Unterhaltes auf € 72, -- pro Monat.
Aufgrund seiner zweiten Verurteilung wurde 2017 gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren wegen einer Rückkehrentscheidung und einem Einreiseverbot eingeleitet. Dieses Verfahren endete am 11.01.2018 mit einer schriftlichen Mitteilung an den Beschwerdeführer, dass er mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot zu rechnen habe, wenn er das nächste Mal rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werde.
Zu den allgemeinen Verhältnissen im Kosovo wird unter Bezugnahme auf diesbezügliche Bescheidausführungen und den dort genannten Quellen (Seite 8 bis 38 des Bescheides) festgestellt, dass die Grundversorgung der Bevölkerung, auch wenn 34% der kosovarischen Bevölkerung in absoluter Armut leben, mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist. Rückkehrer werden unabhängig von Ihrer Ethnie mit Geld-, Sach- und Beratungsleistungen unterstützt. Aufgrund der im Land herrschenden Verhältnissen ist davon auszugehen, dass ein volljähriger, gesunder, junger Mann, der über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügt und auch weiterhin auf Unterstützung seiner in Österreich lebenden Familienangehörigen hoffen kann, nicht in eine ausweglose oder lebensbedrohliche Lage gerät.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus den angeführten Urteilen und sonstigen Dokumenten, den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 22.05.2020 sowie den Abfragen aus ZMR, IZR, Strafregister und AJ-WEB. Hinzu kommen die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben des AMS, der Suchtberatungsstelle XXXX und der Kinder- und Jugendhilfe vom 13.05.2020. Die Kontakte zu seiner Tochter sind zudem über ein Schreiben der Kinder- und Jugendhilfe vom 28.04.2020 verifiziert.
Aus seinem bisherigen Lebenswandel ist kein besonderes Bemühen um das Kindeswohl erkennbar. So wurde die Vaterschaft von ihm erst 7 Monate nach der Geburt seiner Tochter anerkannt und sie konnte ihn auch nicht zur Aufnahme einer geregelten Arbeit oder vor weiteren Straftaten abhalten. Auch wenn der Beschwerdeführer bis zu seiner Inhaftierung monatlich € 250, -- an Alimente bezahlte, war er zu keiner Zeit in der Lage diesen Beitrag über ein legales Beschäftigungsverhältnis zu leisten. Vielmehr oblag die Bestreitung des Lebensunterhaltes seiner Tochter überwiegend der Mutter und seit seiner Verhaftung im Dezember 2019 alleine bei der derzeit arbeitslosen Kindesmutter. Die Kinder- und Jugendhilfe ist bemüht, eine Unterhaltsregelung im Ausmaß von € 75, -- pro Monat zu vereinbaren.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nicht in eine ausweglose Lage oder lebensbedrohliche Lage gerät, ergibt sich aus dem aktuellen Länderbericht zum Kosovo und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Da der Beschwerdeführer schon jetzt auf die Unterstützung seiner in Österreich lebenden Familie angewiesen ist bzw. war, kann davon ausgegangen werden, dass er auch im Kosovo familiäre Hilfe erhalten wird, zumal dort auch noch ein Onkel mit seinen Kindern lebt, zu dem er bzw. auch seine Familie Kontakt hat. Zudem hat der Beschwerdeführer, der zuletzt vor 2 Jahren selbst im Kosovo auf Besuch war, weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung substantiierte Einwände erhoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des verfahrensgegenständlichen Bescheides)
Gemäß § 52 Abs. 4 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.
Gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG darf einem Fremden ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Dies liegt nach Abs. 4 Z 1 leg.cit. u.a. dann vor, wenn sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Der BF ist als kosovarischer Staatsangehöriger Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Da er sich aufgrund seines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, erfordert eine Rückkehrentscheidung gegen ihn nach § 52 Abs 4 Z 1 FPG, dass nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG oder § 11 Abs 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre. Gemäß dem hier relevanten § 11 Abs 2 Z 1 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.
Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine sein Gesamtverhalten berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Bei strafgerichtlichen Verurteilungen ist dabei - gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat(en) - anhand der Umstände des Einzelfalls eine Gefährdungsprognose zu treffen (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).
Da die Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreift, dessen Lebensmittelpunkt seit 12 Jahren in Österreich liegt, ist unter dem Gesichtspunkt von Art 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist hier zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer trotz seiner Jugend bereits drei rechtskräftige Verurteilungen in Österreich aufweist. Die letzten beiden Verurteilungen betreffen Suchtgiftdelikte, wobei in beiden Fällen der Beschwerdeführer Suchtgift für den Eigengebrauch erwarb und an SchülerInnen zur Bestreitung seines Lebenswandels sowie seines Suchtgiftkonsums verkaufte. Daraus lässt sich - wie die belangte Behörde richtig erkannte - eine erhebliche Wiederholungsgefahr ableiten. Aufgrund des kurzen Zeitraumes seit seiner neuerlichen Verurteilung bzw. seiner Haftentlassung sind keine positiven Ansätze einer Auseinandersetzung mit der Straftat und ihren Folgen erkennbar. So stellte sich der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung nicht vollinhaltlich seiner Verantwortung, sondern versuchte seine Straftaten trotz des klaren Inhaltes des Spruchs der beiden Strafurteile, noch immer zu beschönigen („Ich habe an keine minderjährigen SchülerInnen verkauft“).
Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit zwölf Jahren im Bundesgebiet auf, es leben hier seine Eltern, Großeltern und Geschwister und er verfügt aufgrund seines Schulbesuches in Österreich ab seinem 10. Lebensjahr über gute Deutschkenntnisse. Er hat in Österreich aber weder einen positiven Schulabschluss geschafft noch seine hier begonnene Lehre abgeschlossen. Abgesehen von den drei über fünf Monate andauernden Arbeitsverhältnisse weist der Beschwerdeführer in den letzten Jahren nur tageweise gemeldete Beschäftigungsversuche auf und war, wie auch jetzt, auf Leistungen des AMS bzw. der Unterstützung seiner Eltern angewiesen.
Die Beziehung zu seiner am XXXX 2018 geborenen Tochter beschränkt sich auf regelmäßige Besuche. Der Beschwerdeführer war zu keinem Zeitpunkt in der Lage, über eine legale Tätigkeit für seine Tochter zu sorgen. Aus seinem bisher in Österreich gesetztes Verhalten ist keine, auf das Kindeswohl gerichtete und bezugnehmende Lebenseinstellung erkennbar. So konnte weder die Geburt seines Kindes noch die Androhung der belangten Behörde vom 11.01.2018, dass er bei einer neuerlichen Straffälligkeit mit einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu rechnen habe, den Beschwerdeführer zu einem verantwortungsbewussten und rechtskonformen Leben in Österreich bewegen.
Beim Kosovo handelt es sich um einen europäischen Staat, der zwar noch keinen EU-Beitrittsantrag gestellt hat, aber schon seit Jahren bemüht ist, die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Aufgrund dieser Bemühungen gilt er auch als sicherer Herkunftsstaat und es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der in den ersten 10 Jahren seines Lebens die Sprache und Kultur seines Herkunftsstaates kennenlernen konnte, bei einer Rückkehr in eine ausweglose Lage gerät. Mit Unterstützung seiner Familie in Österreich und den Angehörigen im Kosovo sollte ihm ein Neubeginn in seinem Herkunftsstaat möglich sein.
Aufgrund des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten und der fehlenden beruflichen Integration des Beschwerdeführers ist trotz eines rechtmäßigen Aufenthaltes von 12 Jahren und des Vorhandenseines einer zweijährigen Tochter eine Rückkehrentscheidung unter Abwägung aller Interessen zumutbar und zulässig. So ist auch Rechtsprechungslinie der Höchstgerichte zu einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt nur gegeben, wenn sich aus dem Verhalten des Fremden keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ergab (vgl. dazu VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169).
3.2. Zur Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 55 Abs 2 FPG aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen (nach dem Gesetzeswortlaut 14 Tage) eingeräumt. Dies ist auch nicht zu beanstanden.
3.3. Zur Erlassung eines auf die Dauer von sechs Jahren befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 3 kann ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG hat als "bestimmte Tatsachen", die (u.a.) bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von Relevanz sind, insbesondere zu gelten, wenn "ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist"
Mit seinen drei Verurteilungen, zwei davon einschlägig, wobei die letzte zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten geführt hat, erfüllt der Beschwerdeführer diese Voraussetzung und überschreitet die Tatsache einer Verurteilung "zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten" um das Dreifache. Dabei wurden mildernd das umfassende und reumütige Geständnis sowie das teilweise junge Alter berücksichtigt, erschwerend das mehrfache Überschreiten der Grenzmenge, Zusammentreffen strafbarer Handlungen sowie die einschlägige Vorstrafenbelastung.
Auch der erkennende Richter kommt aufgrund dieses Sachverhaltes zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer längerfristig eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche durchaus ein Einreiseverbot zu rechtfertigen vermag bzw. dieses sogar notwendig erscheinen lässt.
Im Ergebnis zeigt sich im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung sowie die hiesigen gesellschaftlichen Werte vermissen ließ und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin für einen längeren Zeitraum vermissen lässt. Das sich daraus abzeichnende Charakterbild rechtfertigt aus Sicht des erkennenden Richters die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot. Angesichts seines schwerwiegenden Fehlverhaltens und dem Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Wiederholungstäter handelt, ist die von der belangten Behörde festgesetzte Befristungsdauer des Einreiseverbotes nicht zu beanstanden. Die belangte Behörde konnte mangels Vorbringens des Beschwerdeführers dabei die zweijährige Tochter des Beschwerdeführers nicht berücksichtigen, zu der eine Vater-Kind-Beziehung besteht. Auch wenn diese Beziehung den Beschwerdeführer nicht davon abhielt, neuerlich straffällig zu werden und damit ein Verhalten zu setzen, dass massiv den Grundwerten und dem Sicherheitsinteresse des österreichischen Rechtsstaates zuwiderläuft, erscheint es vertretbar die Dauer des Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabzusetzen. So ist es der Kindesmutter und seiner Tochter möglich, den Beschwerdeführer im Kosovo zu besuchen und die Beziehung über moderne Kommunikationsmittel am Leben zu erhalten. Dies trifft auch auf seine in Österreich lebenden Angehörigen zu.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Eine Revision ist unzulässig, weil eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zukommt, nicht zu lösen war.
Schlagworte
Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungspotenzial Haft Haftstrafe Interessenabwägung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Sachbeschädigung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Vorstrafe Wiederholungsgefahr WiederholungstatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2230182.1.00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020