Entscheidungsdatum
11.06.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W235 2227891-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2020, Zl. 1252604504-191176257, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine irakische Staatsangehörige kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.11.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerin am XXXX 05.2018 und am XXXX 06.2018 in Deutschland Asylanträge stellte (vgl. AS 13).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Beschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden und nicht schwanger zu sein. In Österreich lebe ihr Ehegatte namens XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, der über eine Rot-Weiß-Rot Karte Plus verfüge und hier erwerbstätig sei. Ferner würden drei ihrer Schwestern und drei ihrer Brüder als Asylberechtigte in Deutschland und weitere drei Schwestern als Asylberechtigte in Schweden leben. Die Beschwerdeführerin sei im Mai 2018 aus dem Irak ausgereist und habe zu ihrer Familie nach Deutschland gewollt. Sie sei über die Türkei und weitere, ihr nicht bekannte Länder nach Deutschland gelangt, wo sie sich seit XXXX 05.2018 aufgehalten habe. In Deutschland habe sie zweimal einen negativen Asylbescheid bekommen. An sich habe sie einen deutschen Pass gewollt, damit sie mit ihrer Familie legal in Deutschland leben könne. Da sie diesen nicht bekommen habe, habe sie ihren Ehemann, der in Österreich lebe, geheiratet und habe somit noch einen Grund mehr in Europa zu bleiben. Nach allem, „was in Deutschland war“, fühle sie sich dort nicht mehr wohl und könne „natürlich“ ihren Ehemann in Österreich nicht alleine lassen. Die Beschwerdeführerin wolle in Österreich bei ihrem Ehemann bleiben.
Der Beschwerdeführerin wurde weiters am 18.11.2019 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Deutschland die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt (vgl. AS 29).
Im Rahmen der Erstbefragung legte die Beschwerdeführerin ein Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX 10.2019, Az. XXXX , vor, mit welchem ihre Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wegen Flüchtlingseigenschaft / Irak abgewiesen wurde.
Ferner finden sich im Akt ein Meldezettel vom XXXX 07.2019, Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Monate August, September und Oktober 2019 sowie ein Mietvertrag vom XXXX 07.2019 (alle) betreffend Herrn XXXX .
1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 21.11.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland.
Mit Schreiben vom 27.11.2019 stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 103).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 22.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Deutschland angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin am 29.11.2019 nachweislich übergeben.
1.4. Am 04.12.2019 fand eine Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Kurdisch statt, im Zuge derer die Beschwerdeführerin zunächst angab, dass sie an keinen Krankheiten leide und keine Medikamente benötige. Ihr Ehemann sei in Österreich wohnhaft. Er sei in Besitz einer Rot-Weiß-Rot Karte Plus und sei erwerbstätig. Die Beschwerdeführerin habe ihren Ehemann im Juli 2018 in Deutschland auf einer Party kennen gelernt. Sie seien in regelmäßigem telefonischem Kontakt gewesen und er habe sie alle zwei Monate besucht. Geheiratet hätten sie im Jänner 2019 in der irakischen Botschaft in Frankfurt. Ab Jänner 2019 habe sie ihr Ehemann alle zwei Wochen für eine oder zwei Nächte im Haus ihres Bruders besucht. Sie seien fortgegangen und hätten Zeit miteinander verbracht. Hin und wieder bekomme die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann € 100,00.
Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, die Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin nach Deutschland zu veranlassen, gab sie an, dort habe sie zweimal einen negativen Bescheid bekommen und man habe sie aus der Unterkunft rausgeworfen. Sie sei nach Österreich gekommen, damit sie mit ihrem Mann leben könne. Er sorge für die Beschwerdeführerin. Ihre Geschwister seien alle verheiratet und könnten sie nicht aufnehmen. Auf Nachfrage brachte sie vor, vielleicht würde sie ihr Bruder wieder aufnehmen. Aber seine Frau werde dagegen sein. Das sei kein Leben. Konkret die Beschwerdeführerin betreffende Vorfälle habe es in der Zeit von Mai 2018 bis November 2019 nicht gegeben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen gab die Beschwerdeführerin an, dass sie keine Stellungnahme hierzu abgeben wolle.
Die Rechtsberaterin beantragte den Selbsteintritt und die Zulassung zum Verfahren.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Deutschland zulässig ist.
Begründend wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an keinen Erkrankungen leide, die ihrer Überstellung nach Deutschland im Wege stünden. Mit Schreiben vom 27.11.2019 habe Deutschland dem österreichischen Wiederaufnahmegesuch zugestimmt. Die Beschwerdeführerin sei seit Jänner 2019 verheiratet. Ihr Ehegatte sei seit 2011 in Österreich aufhältig und sei in Besitz einer bis XXXX 2022 befristeten Rot-Weiß-Rot Karte Plus. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 8 bis 16 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass die Beschwerdeführerin weder behauptet habe, an schweren lebensbedrohenden Krankheiten zu leiden noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Es habe kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Ehegatten erkannt werden können. Sie habe ihn im Juli 2018 kennengelernt und nach zwei bis drei Besuchen im Jänner 2019 geheiratet. Danach habe er sie alle zwei Wochen besucht. Dieser Beziehungsart stehe die Zurückweisung des Asylantrages nicht entgegen, da diese familiäre Beziehung auf diese Art und Weise sowohl in Deutschland als auch im Irak fortgesetzt werden könne. Ihr Ehegatte sei auch in Besitz eines irakischen Reisepasses, der ihn für die Reisen sowohl in Europa als auch im Irak berechtigen. Auch sei die finanzielle Unterstützung weiterhin auf dieselbe Art wie bisher möglich. Ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich könne nur auf der Grundlage des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, das unter anderem auch die Familienzusammenführung regle, erzielt werden. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zu Deutschland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Es könne nicht erkannt werden, dass die Beschwerdeführerin in Deutschland konkret Gefahr liefe, dass ihr eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erfüllt sei. Aufgrund der bisherigen Ausführungen sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Deutschland sei bereit, die Beschwerdeführerin einreisen zu lassen, ihren Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Deutschland aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Deutschland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in Österreich verheiratet sei, hier mit ihrem Ehemann in einer gemeinsamen Wohnung lebe und ihr „sämtliches“ Privatleben in Österreich habe. Der Ehemann der Beschwerdeführerin sei in Besitz einer Rot-Weiß-Rot Karte und arbeite in Österreich. Sein Leben nach Deutschland zu verlegen sei keine Möglichkeit, da er hier lebe, arbeite und wohne. In Deutschland ein neues Leben aufzubauen sei für den Ehegatten der Beschwerdeführerin keine Option und auch nicht möglich. Daher müsse die Beschwerdeführerin alleine nach Deutschland gehen. Von ihren Geschwistern würde sie nicht aufgenommen werden, da es in der arabischen Kultur nicht üblich und auch nicht geduldet sei, dass ein Geschwisterteil bei den Familien der anderen Geschwister lebe. Die Beschwerdeführerin sei freiwillig aus der Grundversorgung ausgeschieden, da es ihr wichtiger sei, bei ihrem Mann zu wohnen. Sie erhalte keinerlei Leistungen und sei finanziell von ihrem Mann abhängig. Bei einer Rückkehr nach Deutschland bestehe die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin in den Irak abgeschoben werde, da ihr Asylverfahren in Deutschland bereits negativ abgeschlossen worden sei. Das sei von der Behörde nicht berücksichtigt worden.
4. Am 19.02.2020 wurde die Beschwerdeführerin nach Deutschland überstellt, kehrte jedoch unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet zurück, wo sie am 05.03.2020 von der Polizei aufgegriffen wurde. Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt bekannt, dass am 06.03.2020 ein neues Konsultationsverfahren mit Deutschland eingeleitet wurde und die deutsche Dublinbehörde der neuerlichen Übernahme der Beschwerdeführerin am 12.03.2020 zugestimmt hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin, eine irakische Staatsangehörige kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste im Mai 2018 illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte am XXXX 05.2018 und am XXXX 06.2018 in Deutschland Asylanträge, die in weiterer Folge abgelehnt wurden. Nach Ablehnung ihrer Asylanträge in Deutschland begab sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 18.11.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 21.11.2019 ein Wiederaufnahmegesuch an Deutschland, welches von der deutschen Dublinbehörde am 27.11.2019 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Am 19.02.2020 wurde die Beschwerdeführerin nach Deutschland überstellt, reiste jedoch wieder unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 05.03.2020 von der Polizei aufgegriffen wurde. Einem neuerlichen Wiederaufnahmegesuch betreffend die Beschwerdeführerin stimmte die deutsche Dublinbehörde am 12.03.2020 ausdrücklich zu. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Deutschland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.
Die Beschwerdeführerin hat im Jänner 2019 in Deutschland den irakischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , der in Österreich über eine Rot-Weiß-Rot Karte Plus mit einer Gültigkeit bis zum XXXX 2022 verfügt, geheiratet. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte leben in Österreich im gemeinsamen Haushalt und wird die Beschwerdeführerin von ihrem Ehegatten fallweise mit geringeren Beträgen in der Höhe von ca. € 100,00 finanziell unterstützt. Festgestellt wird sohin, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten ein aufrechtes Familienleben besteht. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wird nicht festgestellt. Festgestellt wird, dass drei Brüder und drei Schwestern der Beschwerdeführerin in Deutschland leben.
1.2. Zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland:
Zum deutschen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland wurden auf den Seiten 8 bis 16 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Allgemeines und Dublin-Rückkehrer:
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2018, vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b., BR o.D., UNHCR o.D.a.).
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).
In „take charge“-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines „take back“-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).
b). Non-Refoulement:
Wenn die drei Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz – nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).
Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsländer eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).
c). Versorgung:
Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann – soweit nötig – abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. […]
Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl. BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).
Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betreffende Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).
d). Unterbringung:
In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Landessache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte in Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl. BSASFI 29.6.2017).
Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).
Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.c).
Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Deutschland den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, zu ihrer Staatsangehörigkeit sowie zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zur illegalen Einreise der Beschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zur unrechtmäßigen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren sowie aus dem Akteninhalt.
Dass die Beschwerdeführerin am XXXX 05.2018 und am XXXX 06.2018 in Deutschland Asylanträge stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus den diesbezüglichen Eurodac-Treffern und wurde darüber hinaus auch von der Beschwerdeführerin selbst vorgebracht. Ferner wurde die Asylantragstellung in Deutschland auch durch die deutsche Dublinbehörde in ihrer Zustimmungserklärung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin vom 27.11.2019 bestätigt. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung, dass die Asylanträge der Beschwerdeführerin in Deutschland abgelehnt worden waren, sowohl aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt angab, in Deutschland zweimal einen negativen Bescheid bekommen zu haben, als auch aus der Zustimmungserklärung Deutschlands vom 27.11.2019, die sich auf lit. d des Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO stützt. Weiters ergibt sich diese Feststellung auch aus dem von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Erstbefragung vorgelegten Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX 10.2019, Az. XXXX .
Die Feststellungen zu den Wiederaufnahmegesuchen der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin durch Deutschland ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Die weiteren Feststellungen zur Überstellung der Beschwerdeführerin nach Deutschland, zu ihrer neuerlichen unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet sowie zum (zweiten) Konsultationsverfahren samt (zweiter) Zustimmung Deutschlands vom 12.03.2020 gründen auf den diesbezüglichen Informationen des Bundesamtes an das Bundesverwaltungsgericht vom 04.03.2020, vom 06.03.2020 und vom 22.05.2020. Darauf, dass die Zuständigkeit Deutschlands beendet worden wäre, finden sich in den gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet.
Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Die Feststellung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin bzw. zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die ihrer Überstellung nach Deutschland entgegenstehen könnten, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren, die sowohl im Zuge ihrer Erstbefragung als auch im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.12.2019 angab, weder an Krankheiten zu leiden noch Medikamente zu benötigen (vgl. AS 21 bzw. AS 151).
Die Feststellung zur Eheschließung der Beschwerdeführerin mit dem irakischen Staatsangehörigen XXXX gründet auf ihren eigenen Angaben im Verfahren. Eine (Kopie der) Heiratsurkunde findet sich im Verwaltungsakt des Bundesamtes nicht. Allerdings wurde dem Bundesamt die Heiratsurkunde offensichtlich vorgelegt, da diese im angefochtenen Bescheid unter „Beweismittel“ angeführt ist (vgl. Seite 7 des angefochtenen Bescheides), sodass auch das Bundesverwaltungsgericht von der Eheschließung ausgeht. Die weiteren Feststellungen zur Person des Ehegatten der Beschwerdeführerin ergeben sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister vom 24.01.2020. Die Feststellungen zum Leben im gemeinsamen Haushalt gründen zum einen auf den Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt, zum anderen ergibt sich diese Feststellung aus vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister vom 05.06.2020. Dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin sie fallweise mit geringen Beträgen von ca. € 100,00 finanziell unterstützt, ergibt sich ebenso aus ihren eigenen Angaben. Im Gesamtzusammenhang betrachtet war sohin die Feststellung zu treffen, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten ein aufrechtes Familienleben besteht. Zur Negativfeststellung, dass das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses nicht festgestellt werden kann, ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin auf finanzielle Zuwendungen von Seiten ihres Ehemannes nicht angewiesen ist, da sie als Asylwerberin jederzeit Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nehmen hätte können. Dass sie das nicht getan hat, beruht auf ihrer eigenen Entscheidung und nicht etwa auf einer Weigerung der österreichischen Behörden, ihr diese Zuwendungen zu gewähren, sodass vom Vorliegen einer finanziellen Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von ihrem Ehegatten nicht gesprochen werden kann. Letztlich basiert die Feststellung, dass drei Brüder und drei Schwestern der Beschwerdeführerin in Deutschland leben auf ihren eigenen Angaben im Rahmen der Erstbefragung (vgl. AS 19).
2.2. Die Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Deutschland ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in Deutschland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab sie zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass sie keine Stellungnahme abgeben wolle (vgl. AS 155). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen ist dem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Auch im Beschwerdeverfahren wurde weder den diesbezüglichen Länderfeststellungen entgegengetreten noch wurde ein Vorbringen zum deutschen Asylsystem erstattet, insbesondere wurden keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.
Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell und wurden auch keine aktuelleren Berichte mit der Beschwerde vorgelegt. Sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von CoVid-19 – naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Asylwerbern in Deutschland, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), die die Ausbreitung von CoVid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben bzw. keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande stehen, die von ihnen übernommenen sogenannten Dublin-Rückkehrer potenziell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.
Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus jetziger Sicht – aller Wahrscheinlichkeit nach – zeitlich begrenzt; es ist aufgrund der weiteren Lockerungen eher davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Deutschland nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn Deutschland für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um keine besonders vulnerable Person handelt und keine Anzeichen dafür vorliegen, dass sie aktuell im besonderen Maße auf eine medizinische Versorgung angewiesen wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) […]
Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.
Die Verpflichtung Deutschlands zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin basiert, nachdem diese dort Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat, die abgelehnt wurden und sie daraufhin in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO.
In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, „Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12). Im vorliegenden Fall stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu. Hinzu kommt, dass die grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands zur Führung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren nicht bestritten wurde. Ein Vorbringen, das die Zuständigkeit Deutschlands in Zweifel ziehen würde, wurde sohin nicht erstattet.
Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, in Deutschland bereits zweimal eine negative Entscheidung (sofern diese bereits rechtskräftig geworden sind) erhalten zu haben, ändert dies nichts am Ergebnis in Bezug auf die Zuständigkeitsbegründung Deutschlands gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da die diesbezügliche Beurteilung den zuständigen Behörden Deutschlands obliegt. Sollten hierbei Fehler unterlaufen seien, wären diese im deutschen Rechtsweg zu klären (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.03.2016, C-695/16, betreffend einen Verweis auf den ungarischen Rechtsweg in Bezug auf eine beabsichtigte Zurückweisung nach Serbien).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar – aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob die Beschwerdeführerin im Fall der Zurückweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung nach Deutschland gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG – unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation – in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.
3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:
3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und – ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten.
3.2.4.2. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin weder in ihrem Vorbringen im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch in ihren schriftlichen Be