Entscheidungsdatum
12.06.2020Norm
ASVG §113Spruch
W229 2165778-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX XXXX , XXXX als Bevollmächtigte im Sinne von § 35 Abs. 3 ASVG des Dienstgebers XXXX , gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse vom 06.06.2017, Zl. XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.07.2017, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: NÖGKK) vom 06.06.2017 wurde ausgesprochen, dass gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 113 Abs. 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) die XXXX , XXXX als Bevollmächtigte im Sinne von § 35 Abs. 3 ASVG des Dienstgebers XXXX verpflichtet sei, wegen Nichtvorlage von Abrechnungsunterlagen einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 240,00 zu entrichten.
2. Mit E-Mail. vom 08.06.2017 wurde von der XXXX Beschwerde erhoben, in welcher ausgeführt wurde, dass sie leider eine Strafe erhalten haben, obwohl die Beitragsnachweisungen direkt an die NÖGKK übermittelt worden seien.
Dem E-Mail war unter anderem ein Schreiben der XXXX vom 03.05.2017 angehängt, in welchem angeführt wurde, dass diese von der Firma XXXX mit der Lohnverrechnung beauftragt worden sei.
3. Mit E-Mail vom 12.06.2017 wurde eine mit 01.02.2017 datierte Vollmacht übermittelt, in welcher die XXXX als Verwaltung der Liegenschaften der Beitragskonten XXXX und XXXX die XXXX bevollmächtigte, für sie die Lohnabrechnung durchzuführen. Gleichzeitig werde die XXXX bevollmächtigt, alle Meldungen bzw. Schreiben an die NÖGKK in ihrem Namen durchzuführen.
4. Mit E-Mail vom 29.06.2017 wurde die XXXX aufgefordert, bis zum 13.07.2017 ihre Eingabe vom 08.06.2017 zu verbessern und Gründe schriftlich namhaft zu machen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 06.06.2017 stütze sowie eine unterzeichnete Vollmacht vorzulegen, aus welcher hervorgehe, dass die XXXX von der XXXX ermächtigt und beauftragt worden sei, in ihrem Namen gegen den gegenständlichen Bescheid der NÖGKK Beschwerde zu erheben und sie in diesem Verwaltungsverfahren zu vertreten.
Sollte bis zum 13.07.2017 keine Verbesserung erfolgen, welche die vorliegenden Mängel beheben könne, sei das Anbringen vom 08.06.2017 zurückzuweisen.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung der NÖGKK vom 18.07.2017 wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der NÖGKK gesetzte Frist zur Mängelbehebung ohne erfolgte Verbesserung der genannten Mängel verstrichen sei.
Ein Rechtsmittel – wie im gegenständlichen Fall die Eingabe vom 08.06.2017 – sei unzulässig, wenn die vermeintliche Vertreterin die Vollmacht nicht nachweise.
Da es sich bei der Beschwerdeführerin um keine berufsmäßige Parteienvertretung handle sowie seitens der NÖGKK kein Zusammenhang zwischen der Bevollmächtigten XXXX und der XXXX abgeleitet werden könne und trotz Aufforderung keine geeignete Vollmacht vorgelegt worden sei, sei die eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Infolge der nicht erfolgten Vorlage der Vollmacht sei es der NÖGKK gesetzlich verwehrt gewesen, auf das inhaltliche Vorbringen in der Beschwerde zum Verfahrensgegenstand einzugehen. Auf die mangelnde Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sei daher nicht einzugehen gewesen.
6. Mit E-Mail der XXXX vom 24.07.2017 wurde um die Weiterleitung an das Bundesverwaltungsgericht ersucht. Alle Unterlagen seien mit der Post am 20.06.2017 an die NÖGKK geschickt worden (Beschwerde, Vollmacht korrekt ausgestellt von der Firma XXXX sowie alle Beitragsnachweise nochmals nachgeschickt).
Es werde um Mitteilung ersucht, welche Unterlagen noch benötigt werden.
7. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.05.2020 wurde die belangte Behörde aufgefordert, das im Vorlageantrag angeführte Schreiben vom 20.06.2017 vorzulegen.
9. Mit Stellungnahme der Österreichischen Gesundheitskasse vom 19.05.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass bei der belangten Behörde kein Schreiben der Beschwerdeführerin vom 20.06.2017 eingelangt und somit auch keine korrekte Vollmacht vorgelegt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die NÖGKK der XXXX , XXXX als Bevollmächtigte im Sinne von § 35 Abs. 3 ASVG des Dienstgebers XXXX wegen Nichtvorlage von Abrechnungsunterlagen einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 240,00 vor.
Mit Vollmacht vom 01.02.2017 bevollmächtigte die XXXX die XXXX die Lohnabrechnung durchzuführen und alle Meldungen bzw. Schreiben an die NÖGKK in ihrem Namen durchzuführen.
Eine Vollmacht zur Erhebung einer Beschwerde wurde nicht vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aus der Stellungnahme der Österreichischen Gesundheitskasse vom 19.05.2020.
Die Vollmacht vom 01.02.2017 liegt im Akt ein.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
3.2.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, lauten:
„Vertreter
§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.
(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
(5) Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen.
(6) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.“
„3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten
Anbringen
§ 13. (1) – (2) […]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
[…]“
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sinngemäß anzuwenden.
3.2.2. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, wird ausgeführt, dass, ist die Beschwerde nicht zulässig, sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen ist, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (siehe zum insoweit vergleichbaren Vorlageantrag nach § 30b VwGG etwa den Beschluss vom 26. Juni 2014, Ro 2014/10/0068); dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird, selbst wenn die Behörde die Unzulässigkeit der Beschwerde nicht wahrgenommen und eine meritorische – den Ausgangsbescheid aufhebende oder abändernde – Beschwerdevorentscheidung erlassen haben sollte.
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die XXXX zur Durchführung der Lohnabrechnung sowie aller Meldungen und Schreiben an die NÖGKK bevollmächtigt war. Eine darüberhinausgehende weitere Vollmacht wurde nicht vorgelegt.
Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht. Aus der vorgelegten Vollmacht, die Lohnabrechnung für die angeführten Beitragskonten durchzuführen und Meldungen und Schreiben an die belangte Behörde zu richten, ist die Vollmacht zur Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich und ist damit der Nachweis einer Vollmacht zur Erhebung der Beschwerde nicht erbracht.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29.06.2017 wurde XXXX gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, eine unterzeichnete Vollmacht und somit den Nachweis einer zur Beschwerdeerhebung ermächtigenden Vollmacht bis zum 13.07.2017 mit der Wirkung zu erbringen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werde (vgl. VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014).
Der Nachweis einer Vollmacht zur Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht wurde nicht innerhalb dieser Frist vorgelegt. Zum Vorbringen im Vorlageantrag, alle Unterlagen mit Post am 20.06.2017 an die NöGKK (Beschwerde, Vollmacht korrekt ausgestellt von der Firma XXXX sowie alle BN) nochmals nachgeschickt zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass auf Nachfrage von der Behörde ein Einlangen einer Postsendung vom 20.06.2017 nicht bestätigt werden konnte. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass ein Anbringen nur dann als eingebracht gilt, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich einlangt und der Absender die Gefahr des Verlustes einer zur Post gebrachten Eingabe an eine Behörde zu tragen hat (vgl. VwGH 15.02.2006, 2005/08/0105 mwH).
Vor diesem Hintergrund kann nicht erkannt werden, dass die aufgetragene Verbesserung innerhalb der von der Behörde gem. § 13 Abs. 3 AVG gesetzten Frist erfolgte und erfolgte die Zurückweisung durch die belangte Behörde daher zu Recht.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.3. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung entfallen
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fristablauf Mängelbehebung Verbesserungsauftrag Vollmacht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2165778.1.00Im RIS seit
29.09.2020Zuletzt aktualisiert am
29.09.2020