TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/16 W174 2126100-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.06.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W174 2126100-1/16E

IM NAMEN der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria Mugli-Maschek, als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RAe Mag. Josef Phillip BISCHOF, Mag. Andreas LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2016, Zl. 1093088907-151676846, nach einer mündlichen Verhandlung am 6.2.2020 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 2.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde hierzu am 3.11.2015 niederschriftlich von der Polizei erstbefragt sowie am 30.3.2016 niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, afghanischer Staatsangehöriger, verheiratet sowie schiitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Hazara anzugehören. Die letzten 16 Jahre habe er im Iran (Teheran) gelebt, dort acht Jahre die Grundschule besucht und zuletzt eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter ausgeführt. Seine Ursprungsadresse in Afghanistan kenne er nicht. Die Ehefrau, die Schwester und zwei seiner Brüder befänden sich im Iran, ein weiterer Bruder in Tunesien und einer im Österreich, die Eltern seien verstorben.

Der Vater des Beschwerdeführers sei in Afghanistan Kommandant gewesen und ein anderer Kommandant habe mit ihm Probleme gehabt, weswegen dieser eine Bombe vor ihrem Haus versteckt habe. Als seine Eltern mit dem Auto nach Hause gekommen seien, seien sie durch diese Bombe getötet worden und der Kommandant habe den Beschwerdeführer und seine Brüder bedroht. Sie seien alle in den Iran geflüchtet wo sie illegal gelebt hätten. Die iranische Regierung habe sie vor ca. einem Monat nach Afghanistan abgeschoben, sie seien jedoch in den Iran zurückgekehrt und der Beschwerdeführer daraufhin geflüchtet.

3. Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt erklärte der Beschwerdeführer zunächst, in der Provinz Ghazni im Distrikt Jaghori geboren und beim Tod seines Vaters zwei Jahre alt gewesen zu sein. Im Alter von vier Jahren sei er mit seinen vier Brüdern und der Schwester in den Iran gereist, wo er die Grundschule besucht und danach auf eine Villa aufgepasst und dort auch gereinigt habe. Den Lebensunterhalt habe er gemeinsam mit den Brüdern bestritten. Insgesamt habe er ca. 16 Jahre im Iran gewohnt. Verheiratet sei er traditionell und in Teheran durch einen Mullah getraut worden. Da er sich illegal im Iran aufgehalten habe, sei er auf dem Weg zur Arbeit von der Polizei aufgegriffen und dann nach Herat abgeschoben worden. Nach einem Tag in Herat und einem weiteren in Nimroz sei er mit dem Bus in den Iran zurück- und nach 10 Tagen von dort ausgereist.

In Afghanistan würden keine Verwandten des Beschwerdeführers mehr leben. In Österreich seien sein Bruder sowie eine Tante mütterlicherseits mit ihren drei Söhnen.

Die Eltern, eine Schwester, ein älterer Bruder, er selbst, ein Onkel und dessen Sohn seien mit einem Geländeauto auf dem Weg zu einer Tante gewesen, als es zur Explosion gekommen sei. Die Eltern wären an Ort und Stelle verstorben, die Schwester habe noch einige Tage gelebt, der Sohn des Onkels und der Beschwerdeführer wären schwer verletzt gewesen, sein Bruder nicht so schwer, Den Anschlag überlebt hätten nur drei Menschen: der ältere Bruder, der Beschwerdeführer und der Onkel.

Sein Vater sei Kommandeur der Hezb-e Islami gewesen, der gegnerische General, der ihn getötet habe, mittlerweile zum Bezirkshauptmann aufgestiegen, dessen Söhne seien Kommandeure und glaubten, wenn der Beschwerdeführer nach Afghanistan zurückkehren würde, räche er sich an ihnen. Sie seien mächtig und es wäre für ihn nicht möglich, dort zu leben.

Der Beschwerdeführer legte eine beglaubigte Übersetzung der Identitätskarte des Vaters von der Hezb-e Islami sowie eine Bestätigung für das Attentat vor und gab an, er glaube, sein Vater wäre 1370 oder 1374 Kommandeur gewesen (= 1991 bis 1995, Ausweis datiert 1992) - er wisse das von seinen Brüdern und den Leuten - und er sei 1376 (= 1997) in Jaghori getötet worden. Sein Gegner sei dem Vater des Beschwerdeführers, unterstellt gewesen, habe aufsteigen und zur Macht gelangen wollen. Ein Wächter am Markt in der Nähe des Hauses des Beschwerdeführers habe die Bombe gegen Geld deponiert und sei nach dem Anschlag geflüchtet.

Von den sehr mächtigen Gegnern wisse er nicht viel, sondern nur aus Erzählungen der Brüder und aus dem Internet, dass dieser eine Regierungsposition innehabe und seine Söhne Militärkommandeure seien.

In Afghanistan habe sich nach dem Anschlag der Großvater um die Familie gekümmert, im Iran der ältere Bruder, der auch von Leuten des Vaters des Beschwerdeführers unterstützt worden sei, die auch das Haus im Iran angemietet hätten. Er selbst kenne diese Menschen nicht, er sei noch klein gewesen. Diese Leute hätten sie nach dem Tod des Großvaters in den Iran gebracht. Es gebe keinen Kontakt mehr zu ihnen, sie seien ins Ausland gegangen;

Die Mitglieder der Hesb e Islami seien großteils Sunniten. Sein Vater sei zwar schiitischer Hazara gewesen, aufgrund seines hohen Bildungsgrades und weil er die Voraussetzungen dafür gehabt habe, sei es möglich gewesen, dass er Kommandant der Organisation gewesen sei. Er habe die Landwirtschaftsschule absolviert und man solle mit den Einheimischen Kontakt haben, die religiöse Ausrichtung sei nicht so wichtig, sondern die Qualifikation.

Die Familie des Gegners habe zu anderen Leuten gesagt, dass sie Bescheid geben sollen, wenn sie die Söhne des Vaters des Beschwerdeführers sehen würden. Der Kommandeur habe seine Leute überall. Dies wisse der Beschwerdeführer von seinem älteren Bruder, der das von einem Hazara erfahren habe. Er glaube, der ältere Bruder kenne den Namen dieses Mannes, der gesagt habe, sie sollten nicht nach Afghanistan kommen, denn diese Person suche sie. Das sei ca. vor einem Jahr gewesen, genauer wisse der Beschwerdeführer es nicht.

Seitens des Rechtsvertreters wurde ergänzt, dass im Verfahren des Bruders des Beschwerdeführers das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen als plausibel und glaubwürdig festgestellt habe (vgl. W 126 1432722-1).

4. Mit dem gegenständlichen, im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

5. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Beiliegend zu dieser Beschwerde wurde nochmals die am 2.4.2016 erfolgte Stellungnahme übermittelt, in der weite Teile der positiven Entscheidung im Falle des Bruders des Beschwerdeführers zitiert sind.

6. Am 4.2.2020 wurden dem Bundesverwaltungsgericht Integrationsunterlagen des Beschwerdeführers sowie Kopien der Aufenthaltsberechtigungen aller seiner in Österreich lebenden Familienmitglieder übersandt und dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Familienfehde nach wie vor aufrecht und der Gegner nach wie vor in seiner Funktion sei. Insbesondere wären die Anführer der Hazara sehr gut miteinander vernetzt und die Person, welche seinerzeit den Vater des Beschwerdeführers mittels einer Autobombe getötet habe, verfüge daher im gesamten Staatsgebiet über entsprechende Informanten. Genau wegen dieser Konstellation habe auch der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich Asyl erhalten.

7. Am 6.2.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari/ Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt entschuldigt nicht teilnahm.

Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen wie bisher an, der Volksgruppe der Hazara anzugehören, schiitischer Moslem, seit Anfang 2015 traditionell verheiratet und kinderlos zu sein. Geboren sei er in Jaghori, die Familie habe in der Heimat ein Haus und auch daneben Grundstücke bzw. Felder gehabt. Das hätten ihm sein ältester Bruder und einige Leute, die mit seiner Familie und seinen Vater zusammengearbeitet hätten, gesagt. Sein Vater hätte studiert und – wie er glaube - auch im Landwirtschaftsministerium gearbeitet. Während er in der Hezb e Islami gekämpft habe, sei der Vater Kommandant über 200 oder 300 Personen gewesen. Nach dem Tod der Eltern habe sich zunächst der Großvater väterlicherseits um die Familie gekümmert, ein Jahr später sei auch er verstorben, danach habe den Beschwerdeführer sein älterer Bruder versorgt.

Im Iran habe der Beschwerdeführer acht Jahre eine Schule für Flüchtlinge besucht. Sein Bruder habe gearbeitet und namentlich genannte Personen, die mit seinem Vater zusammen gewesen seien, hätten sie finanziell unterstützt und davor die Wohnung organisiert. Diese Leute befänden sich nicht mehr in Afghanistan, sondern einer im Iran und einer in Australien. Er selbst habe nur an einer Stelle gearbeitet, insgesamt vier Jahre, davon zweieinhalb Jahre Reinigungstätigkeiten durchgeführt, sei dort ein paar Monate als Wächter und die restliche Zeit auf der Baustelle tätig gewesen.

Zum Zeitpunkt seiner Ausreise seien die Eltern des Beschwerdeführers verstorben gewesen und alle in den Iran geflüchtet. Ein Bruder lebe derzeit mit seiner Familie in Indonesien, die Schwester und zwei Brüder im Iran und ein weiterer Bruder in Österreich mit seiner Frau. In Afghanistan gebe es keine Verwandten mehr. Die Großeltern des Beschwerdeführers seien verstorben.

Dem Beschwerdeführer vorgelegt wurden die Seiten 187 und 189 aus dem Verwaltungsakt seines Bruders und er erklärte, bei den Abbildungen handle es sich um den Grabstein seines Vaters.

Die Informationen über das Attentat und die Ausreise habe er, weil er damals nur zwei bis vier Jahre alt gewesen sei und sich deshalb nicht erinnern könne, von seinem älteren Bruder, der ihm alles erzählt habe, als er aufgewachsen sei.

In dem gesprengten Auto hätten sich der Beschwerdeführer, seine Eltern, sein ältester Bruder, sein Onkel mütterlicherseits sowie dessen Sohn befunden, ebenso die erst sechs Monate alte Schwester. Die Eltern und der Onkel seien getötet worden, er selbst am Kopf verletzt, sein älterer Bruder und der Sohn des Onkels seien ebenso verletzt gewesen, auch die Schwester, die nach ca. sechs Tagen verstorben sei. Überlebt hätten sein älterer Bruder, der Sohn des Onkels und er selbst.

Vom Beschwerdeführer vorgelegt wurden ein Foto von einem zerfetzten Auto und ein weiteres Foto, auf dem der Gegner mit seinen bewaffneten Söhnen abgebildet ist. Weiters zeigte er ein Video vom Begräbnis seines Vaters, welches er auf seinem Handy zusammengeschnitten hat. Er selbst sei nicht darauf zu sehen, weil er am Kopf verletzt und im Krankenhaus gewesen sei.

Nach dem Tod des Großvaters seien sie deswegen noch ein Jahr in Afghanistan geblieben, weil sie gedacht hätten, dass sie nicht mehr in Gefahr wären. Als ihr Gegner die Kontrolle innegehabt habe und Personen, die mit seinem Vater zusammengearbeitet hätten, für ihn tätig gewesen seien, hätten diese Personen sie gewarnt, dass ihr Gegner auch „uns“ töten wolle. Diese Person sei nicht sofort an die Macht gekommen und erst als diese an der Macht gewesen sei, sei die Familie bedroht worden.

Dass diese Bombe seinem Vater gegolten habe und nicht einer anderen Person bzw. jeder Person, die auf dieser Straße unterwegs gewesen wäre, erklärte der Beschwerdeführer damit, dass es damals nur ein Auto im Ort gegeben habe, das Auto seines Vaters. Die Feinde des Vaters seien diese genannte Person und deren Söhne. Sie hätten das deswegen gemacht, um die Position seines Vaters zu übernehmen. Jetzt hätten sie Angst, dass der Beschwerdeführer und seine Brüder erwachsen geworden seien und sich rächen wollen. Sie hätten die Personen, die im Iran gewesen seien, gefragt wo die Söhne wären und was sie machen würden und auch gesagt, dass sie den Gegner informieren sollen, falls einer von ihnen nach Afghanistan kommen sollte. Dies habe sein ältester Bruder 2015 erfahren. Die Söhne ihres Gegners seien auch in der Regierung und sie hätten Angst, dass, wenn der Beschwerdeführer zurückkehren sollte, er sich rächen möchte.

Der Beschwerdeführer legte hierzu auf seinem Handy zwei Fotos vor, die nach seinen Angaben den Gegner, seinen Sohn und den Innenminister in Afghanistan zeigen und wies darauf hin, dass diese Personen sehr mächtig seien.

Der Beschwerdeführer verzichtete auf Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme zum übermittelten bzw. ausgehändigten Länderinformationsmaterial und der Rechtsvertreter verwies insbesondere auf die UNHCR-Richtlinien 2018, Punkt 14 zum Thema Blutfehde.

8. Am 20.2.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht die identitätskarte des Vaters des Beschwerdeführers im Original ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichem Sachverhalt aus:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, schiitischer Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er stammt aus dem Distrikt Jagori, Provinz Ghazni in Afghanistan, hat sein Herkunftsland im Alter von etwa vier Jahren verlassen und danach im Iran gelebt. Zwei Brüder und eine Schwester befinden sich nach wie vor im Iran, ein Bruder in Indonesien und einer in Österreich, der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in der Heimat.

Der Beschwerdeführer ist traditionell verheiratet und kinderlos, seine Ehefrau befindet sich im Iran.

Der Vater des Beschwerdeführers bekleidete eine Führungsposition im Militärbereich, er war Kommandant der Hezb-e Islami. Im Jahr 1997 kamen dieser, die Mutter, der Onkel und eine kleine Schwester des Beschwerdeführers bei einem Anschlag ums Leben. Hinter dem Attentat stand ein damaliger Mitarbeiter seines Vaters, welcher diesen beseitigen und dessen Position übernehmen wollte. Er ist mittlerweile Kommandant bzw. Befehlshaber in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers und verfügt über viel Macht und Einfluss. Auch seine Söhne bekleiden hohe (militärische) Positionen. Aus Angst vor dem Mörder seines Vaters verließ der Beschwerdeführer mit seinen Geschwistern zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters Afghanistan. Der Beschwerdeführer ist im Falle seiner Rückkehr in seinem Heimatland mit dem Leben bedroht, weil die gegnerische Familie Blutrache befürchtet und nach wie vor hohen Einfluss und Netzwerke in ganz Afghanistan hat.

Wegen desselben Fluchtgrundes wurde einem Bruder des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9.12.2014, GZ W126 1432722-1/8E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

1.2. Zur Lage im Herkunftsland:

Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 13.11.2019, die EASO Country Guidance: Afghanistan vom Juni 2019 (EASO) und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 30.8.2018 sowie) stellen einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und werden als Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem vorliegenden Gerichtsakt und dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere der mündlichen Verhandlung vom 6.2.2020 und dem Gerichtsakt des Bruders des Beschwerdeführers (GZ W126 1432722-1).

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seiner Herkunft ergeben sich aus seinen plausiblen und gleichbleibenden Aussagen im gesamten Verfahren.

Der Sachverhalt in Bezug auf die Gründe für das Verlassen Afghanistans sowie die Rückkehrbefürchtung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem - vor dem Hintergrund der afghanischen Verhältnisse plausiblen - Vorbringen des Beschwerdeführers während des gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens. Der Beschwerdeführer machte in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in der Gesamtschau einen persönlich glaubhaften Eindruck, er hat sein Fluchtvorbringen immer kohärent erzählt und entspricht seine Darstellung der Ereignisse der Berichtslage und der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts.

Die von der Verwaltungsbehörde angenommenen Gründe für den Schluss der Unglaubwürdigkeit erwiesen sich als nicht überzeugend, die aufgezeigten Implausibilitäten, welche gegen eine Verfolgung durch den Gegner seines Vaters sprechen würden, wie mangelnde Übergriffe in den zwei Jahren nach dem Tod der Familie, können nicht als solche erkannt werden und wurden diese in der Beschwerde sowie in der Verhandlung nachvollziehbar aufgeklärt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Anschlages noch ein zweijähriges Kind war, und sich deshalb auch nicht an alle Details genau erinnern kann.

Der Beschwerdeführer hat glaubhaft gemacht, dass er aufgrund der Feindschaft zwischen seinem Vater und dessen damaligen Mitarbeiter, welche die Ermordung des Vaters und weiterer Familienmitglieder des Beschwerdeführers zur Folge hatte, mit zunehmendem Alter auch ins Blickfeld des Gegners gelangt ist, welcher die Rache des Beschwerdeführers für den Tod seiner Familie fürchtet(e), und bei einer Rückkehr nach Afghanistan von diesem bedroht und verfolgt werden würde. Wie auch die Quellenlage zeigt, können Feindschaften in Afghanistan über lange Zeiträume hinweg bestehen bleiben.

Der Beschwerdeführer hat glaubwürdig versichert, als Teil seiner Familie der Blutrache gegenüber diesem namhaften Kommandanten zu unterliegen sowie dass die gegnerische Familie wiederum seine Blutrache befürchtet und dieser zuvorkommen will.

Aus den Länderberichten geht hervor, dass Machthaber und Kommandeure mit faktischer Macht ausgestattet sind, die sie häufig missbrauchen. In Anbetracht der derzeitigen Sicherheitslage in Afghanistan und aufgrund des sich aus den Berichten ergebenden Umstandes, dass die Zentralregierung diese Personen und Gruppierungen nur begrenzt kontrollieren oder ihre Taten untersuchen oder verurteilen kann und Menschenrechtsverletzungen wegen des schwachen Verwaltungs- und Rechtswesens häufig ohne Sanktionen bleiben, kann nicht angenommen werden, dass die staatlichen Stellen in der Lage sind, dem Beschwerdeführer ausreichend Schutz zu gewähren.

Vor diesem Hintergrund ist in diesem konkreten Fall auch eine innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer auszuschließen, zumal es sich bei der generischen Familie um einflussreiche Personen handelt, die Netzwerke in ganz Afghanistan haben.

2.2. Die getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan beruhen auf den angeführten Quellen. Diese Berichte verschiedener anerkannter und zum Teil in Afghanistan agierenden Institutionen, ergeben in ihrer Gesamtheit ein nachvollziehbares und schlüssiges Bild über die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Die Länderfeststellungen wurden den Parteien vorgehalten und es wurde ihnen nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht. Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Als Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "begründete Furcht vor Verfolgung" (VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthalts zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011 ua).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH).

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081; VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach, eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Eine Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zahl 98/01/0370; 22.10.2002, Zahl 2000/01/0322).

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Im vorliegenden Fall liegt der Anknüpfungspunkt zu einem Konventionsgrund in der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zu einer sozialen Gruppe, nämlich zur sozialen Gruppe der Familie. Die Asylrelevanz einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" wurde in der Rechtsprechung schon wiederholt klargestellt (vgl. etwa VwGH 11.11.2009, Zl. 2008/23/0366, auch VwGH 26.02.2002, Zl. 2000/20/0517). Ein Kausalzusammenhang zwischen der Verfolgung durch den Gegner seines Vaters und der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie (seines Vaters) ist beim Beschwerdeführer gegeben.

Aus dem oben festgestellten Sachverhalt, unter Berücksichtigung aller oben getroffenen Ausführungen sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Situation in Afghanistan ergibt sich somit bezogen auf gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie individueller Verfolgung und damit einem erheblichen Verfolgungsrisiko für seine persönliche Sicherheit und physische Integrität ausgesetzt ist. Es liegt genau ein Fall vor, in welchem wegen individueller Verfolgung gezielte Menschenrechtsverletzungen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen können.

Die hinreichende Schwere dieser möglichen Menschenrechtsverletzungen ist durch die Berichtslage sowie die Ermordung des Vaters und weiterer Familienangehöriger des Beschwerdeführers und die Bedrohungen eindeutig indiziert. Dass der Beschwerdeführer selbst vor seiner Ausreise aus Afghanistan, abgesehen von Drohungen, von welchen er über Freunde des Vaters erfahren hat, keinen konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt war, spielt im konkreten Fall keine Rolle (vgl. VwGH 28.03.1996, Zl. 95/20/0027; 12.09.1996, Zl. 95/20/0274, 11.11.1998, Zl. 98/01/0274). Auch die Aktualität der Gefährdung ist – wie oben in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt - gegeben, von einer Verjährung einer solchen Lebensbedrohung kann auf Basis der Feststellungen und der Länderberichte nicht gesprochen werden.

Somit befindet sich zusammengefasst der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht asylrelevant verfolgt zu werden außerhalb Afghanistans und ist im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Deshalb war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage Konversion ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Zudem ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen oder es steht in vielen Punkten die Tatfrage im Vordergrund.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung Blutrache private Verfolgung soziale Gruppe wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W174.2126100.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten