Entscheidungsdatum
23.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W247 2224661-2/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , StA Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß den §§ 7 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 8 Abs. 1 Z 2, 57, 10 Abs. 1 Z 4 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), idgF., iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), idgF., iVm §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 55 Abs. 1 bis 3 und 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), idgF., als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Vorverfahren
1.1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 03.05.2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und gab an XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein. Der BF stellte an demselben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor der Bundesgendarmerie XXXX am 03.05.2003 gab er an, dass er sein Heimatland verlassen habe, da in seinem Heimatland immer noch Kriegszustand herrsche. Die russischen Soldaten würden ständig die männliche Bevölkerung kontrollieren mit dem Verdacht, dass sie heimlich den Kampf mit ihnen aufnehmen würden. Er habe Schusswunden. Seine Frau sei letztes Jahr bei einem Schusswechsel tödlich getroffen worden. Seitdem lebe er mit seinem Kind bei seiner Mutter. Der BF wolle in Österreich für sich und seine Tochter XXXX um politisches Asyl ansuchen.
1.2. Am 22.03.2004 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt im Zuge derer der BF angab XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein. Nach seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, dass er im Februar 2003 im Haus seiner Familie von russischen Soldaten festgenommen worden sei. Die Soldaten hätten ihm einen Sack über den Kopf gestülpt und sei er dann in einem Schützenpanzer nach XXXX in ein Gefängnis des Sonderdienstes mit der Bezeichnung FSB gefahren worden. Dort sei er 4 Tage lang angehalten worden und wäre er während dieser Anhaltung schwer misshandelt worden. Der BF habe bei seiner Inhaftierung auch ein falsches Geständnis unterschreiben müssen, wonach er an Anschlägen von Widerstandskämpfern beteiligt gewesen sei. Nach seiner Freilassung gegen Lösegeld sei er von russischen Soldaten beschuldigt worden, an Anschlägen von Seiten tschetschenischer Widerstandskämpfer beteiligt gewesen zu sein. Er habe das wahrheitsgemäß in Abrede gestellt. Seit Herbst 2000 seien am Stadtrand seiner Heimatstadt in der Nähe seines Hauses mehrmals Anschläge von tschetschenischen Widerstandskämpfern auf russische Militärtransporte verübt worden. Er habe mit seinen Brüdern in einem Haus gewohnt. Nach jedem der Anschläge seien russische Soldaten in das Haus seiner Familie gekommen und hätten ihn und seine Brüder beschuldigt, bei den Anschlägen beteiligt gewesen zu sein. Sie hätten seinen Vater damit bedroht, dass seine Söhne mitgenommen würden, wenn er nicht bestimmte Geldbeträge bezahlen würde. Der BF habe die dauernden Anschuldigungen nicht mehr ertragen können und habe er nach der erfolgten Inhaftierung Angst gehabt, erneut inhaftiert und misshandelt zu werden, weshalb er geflohen sei.
1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.03.2004, Zl. XXXX , wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.05.2003 gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben und diesem der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Es wurde gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass das Bundesasylamt aufgrund des amtswegigen Ermittlungsverfahrens im Zusammenhalt mit seinen Angaben bei einer niederschriftlichen Befragung zur Ansicht gelange, dass alle Voraussetzungen der Asylgewährung vorliegen würden.
2. Im Strafregister der Republik Österreich scheinen folgende Verurteilungen des BF auf:
2.1. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 15 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagsätzen (TS) zu je 2,00 €, im Nichteinbringungsfall (NEF) zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
2.2. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Geldstrafe von 120 TS zu je 4,00 €, im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
2.3. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
2.4. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 8 Wochen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
2.5. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall, 27 (2) SMG, zu einer Geldstrafe von 100 TS zu je 4,00 €, im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.
2.6. Mit Urteil des Landesgerichtes (LG) für Strafsachen XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
2.7. Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
2.8. Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
2.9. Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX , rk XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 269 (1) 4. Fall, 83 (1), 125, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.
3. Gegenständliches Verfahren über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten
3.1. Mit 16.8.2019 wurde ein Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet.
3.2. Am 14.01.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gab der Beschwerdeführer an, dass seine Beine nach Kriegsverletzungen operiert worden seien, er sei wetterfühlig. Er leide an Bluthochdruck. Im Heimatland würden seine Eltern leben, die schon alt seien. Sein jüngerer Bruder habe wegen ihm Probleme, weil er immer noch im Computer des Staates gespeichert sei. XXXX und seine Leute hätten seinen Bruder für 6 Monate festgehalten, das sei letztes Jahr Ende Mai 2019 gewesen. Auch dass der BF im Gefängnis sei, wüssten XXXX und dessen Leute. Sie hätten den Bruder freigelassen, als sie erfahren haben, dass der BF 16 Monate erhalten habe. Der BF sei seit 2004 nicht bedroht worden, da er sich ruhig verhalten hätte. Der jüngere Bruder des BF sei nur einmal festgehalten worden, sei Ende September oder Oktober freigelassen worden und habe den BF in Wien in der U-Haft besucht. Der BF habe 2018 selbst nach Tschetschenien reisen wollen, Freunde hätten ihm aber abgeraten. Er müsste entweder für die Leute XXXX arbeiten oder sie würden ihn erschießen oder einsperren. Befragt, wer seine Familie in Tschetschenien versorge, gab er an, dass seine Eltern eine Pension beziehen würden und der Vater immer noch eine Tankstelle habe an der dieser mit dem jüngeren Bruder des BF arbeiten würde. Befragt zu etwaigen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er vor seiner Verhaftung mit seiner Frau zusammengelebt habe, jetzt wüsste er nicht, wie die Situation sei, sie wären geschieden. Er habe in Österreich einen Onkel, der die Staatsbürgerschaft habe, einen Bruder mit Visum, der eine Gemeindewohnung habe, sowie eine Tante mit Asylstatus und einen Cousin. Nach Vorhalt, dass der BF bei Erstbefragung einen falschen Namen angegeben habe und behauptet habe Witwer zu sein und eine Tochter zu haben, gab der BF auf die Frage, ob irgendetwas der Wahrheit entsprechen würde an: „Nein, das war meine Cousine“. In Österreich habe er nur wenig gearbeitet und Kurse abgeschlossen. Auf Nachfrage sei er im Bundesgebiet in keinem Verein Mitglied, habe in Österreich keine Kurse, Schule, Vereine oder die Universität besucht und habe immer Probleme gehabt, wenn er getrunken hat. Befragt, welche Befürchtungen er für den Fall seiner Rückkehr habe, gab er an, dass er mit dem Gefängnis rechne, da man ihm seinerzeit vorgeworfen habe, Explosionen herbeigeführt zu haben.
3.3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2020 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24.03.2004 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf sein Heimatland keine aktuelle bzw. individuelle Gefährdungslage glaubhaft vorgebracht habe, zumal er in diesem Zusammenhang nur vage und unplausible Zusammenhänge zu Protokoll gegeben habe. So habe er versucht, um seinen im Heimatland verbliebenen Bruder eine Gefährdungslage zu konstruieren, indem er versucht habe, glaubhaft zu machen, dass dieser 16 Jahre nach der Ausreise des BF in Polizeigewahrsam genommen worden sei, da er (der Beschwerdeführer) in einer Datenbank gespeichert wäre. Seiner Begründung, dass er als potentieller Gefährder im Computer aufscheinen sollte, könne nicht gefolgt werden, da die betreffende Datenbank naturgemäß schon jahrelang in Betrieb sein müsste und der BF bzw. seine Familie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon viel früher kontaktiert werden hätte müssen. Der Beschwerdeführer habe keine Organisation nennen können, die ihm angeblich auf der Spur sein sollte und habe er auf Nachfrage, warum er niemals persönlich bedroht worden sei, nur geantwortet, dass er sich immer ruhig verhalten hätte. Auch wäre zu erwarten gewesen, dass die Behörden, wenn sie seinen Bruder tatsächlich als Geisel genommen hätten und eigentlich der Beschwerdeführer die gesuchte Person wäre, diesem eine Mitteilung über die Geiselnahme des Bruders gemacht hätten, um quasi auf ihn Druck auszuüben. Sollten die angeblichen Behörden durch die angebliche Inhaftierung seines Bruders aber den Aufenthalt des BF herausgefunden haben, habe sich der Beschwerdeführer erneut in einen Widerspruch verwickelt, indem dieser behauptet habe, dass sein Bruder nach seiner Inhaftierung in Österreich freigelassen worden wäre. Dieser Argumentation habe freilich kein Glauben geschenkt werden können, da in diesem Fall die Festhaltung des Bruders für die Behörden keinerlei Nutzen gehabt hätte. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass es dem Beschwerdeführer keinesfalls gelungen sei, eine Gefährdungslage seiner Person durch die angebliche Inhaftierung seines Bruders im Heimatland herzustellen. Überdies sei es schlicht denkunmöglich, dass er im Jahr 2003 als Bombenleger bzw. Terrorist eingestuft worden sei, aber trotzdem um die beinahe lächerliche Summe von USD 2000,- freigekommen wäre. Obwohl er angeblich in seinem Heimatland gefährdet sei, habe er, wie er in der Einvernahme zu Protokoll gegeben habe, im Jahr 2018 nach Tschetschenien zurückkehren wollen, um sich wieder unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen. Auf Nachfrage, weshalb er nicht ausgereist sei, habe er von einem angeblichen Gespräch mit einem Freund berichtet, der ihn gewarnt habe, jedoch habe er auch hier nur vage Angaben bezüglich einer etwaigen Gefährdung seiner Person machen können. Da sich aus dem Grund, der zu seiner Schutzgewährung geführt habe, im Falle seiner Rückkehr keine aktuelle Gefährdungslage seiner Person ableiten lasse, habe einzig festgestellt werden müssen, dass ihm nun eine Rückkehr eben dorthin jedenfalls zuzumuten sei. Dass er schließlich den Lebensunterhalt in der Russischen Föderation bestreiten könne, habe den diesbezüglichen Länderinformationen entnommen werden können. Er sei ein gesunder junger Mann im erwerbsfähigen Alter und verfüge über Arbeitserfahrung im Heimatland, sowie in Österreich, sodass ihm die Teilnahme am Erwerbsleben zugemutet werden könne. Es gebe somit keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass er im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation in eine existentielle Notlage geraten müsste, zumal er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Es hätte keine exzeptionellen Umstände im Hinblick auf die Russische Föderation festgestellt werden können, wodurch er bei einer Rückkehr dorthin in seinen Rechten gemäß Art. 2 und Art. 3 EMRK verletzt werden könnte. Der Beschwerdeführer sei zwar bereits 16 Jahre im Bundesgebiet aufhältig, jedoch wäre er neunmal rechtskräftig verurteilt worden, sodass sein Verhalten eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstelle und könne er sich trotz seines langjährigen Aufenthaltes in Österreich nicht auf eine daraus ableitbare Integration berufen. Vor allem die Vielfalt seiner kriminellen Energie und die Häufigkeit würden gegen seinen Verbleib im Bundesgebiet sprechen. Auch habe er im Berufsleben jegliches Bemühen vermissen lassen, ein vollintegriertes und wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu werden, da er seit fast einem Jahrzehnt keiner Arbeit nachgegangen sei. Er habe zwar familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, jedoch stehe er weder mit seinem Onkel, seiner Tante oder seinem Bruder in einem Abhängigkeitsverhältnis. Bei einer Abwägung der privaten Interessen mit jenen der Öffentlichkeit sei somit zu befinden, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei. Aufgrund der Schwere des oben beschriebenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers unter Bedachtnahme auf sein Gesamtverhalten, sei davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle und sei daher ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot zu verhängen.
3.4. Mit Verfahrensanordnung vom 17.01.2020 wurden dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
3.5. Gegen den Bescheid des BFA wurde – beim BFA einlangend mit 31.01.2020 – binnen offener Frist Beschwerde in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe. So habe es die belangte Behörde etwa unterlassen, Feststellungen dahingehend zu treffen, ob im Herkunftsstaat Russische Föderation grundlegende Veränderungen eingetreten seien, die dazu führen würden, dass der Beschwerdeführer keine Furcht vor Verfolgung zu erwarten hätte. Der Beschwerdeführer habe in seiner Einvernahme detailreicht geschildert, dass sein Bruder immer wieder Probleme in Tschetschenien gehabt habe und zuletzt sogar 6 Monate im Gefängnis verbracht habe. Zum anderen habe die belangte Behörde nur unvollständige Ermittlungen zu seinem Privat- und Familienleben getroffen. Er wäre 2003 nach Österreich gekommen und habe sich seither durchgängig im Bundesgebiet aufgehalten und wäre ein Großteil seiner Familie hier. Er verfüge nach einer so langen Aufenthaltsdauer über ein schützenswertes Privatleben im Inland. Er habe sich immer wieder bemüht, einer Beschäftigung nachzugehen und spreche Deutsch auf dem Niveau B2. Er kümmere sich zudem um seinen blinden Bruder in XXXX der seine volle und uneingeschränkte Unterstützung in allen Belangen benötige. Er unterstütze seinen Bruder nicht nur finanziell, sondern begleite ihn zu Ärzten, Behörden oder Ähnliches. Es liege regelrecht ein Abhängigkeitsverhältnis vor. Seine Ausweisung würde daher seine Rechte gemäß Art. 8 EMRK verletzen. Er weise zwar eine Vielzahl an strafrechtlichen Verurteilungen auf, jedoch habe er die Mehrzahl der Delikte nur versuchsmäßig begangen. Der Vorhalt bezüglich seiner versuchten Ausreise im Jahr 2018 sei leicht erklärt, da er sehr alte Eltern habe, die er seit seiner Ausreise 2003 nicht mehr gesehen habe und mache er sich außerdem große Sorgen um seinen Bruder, der seinetwegen so große Probleme habe. Er habe die Ausreise jedoch unterlassen, weil seine Einreise in sein Heimatland seinen sofortigen Tod bedeuten würde und er zudem seinen Aufenthalt in Österreich nicht gefährden habe wollen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei er im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt und es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er hierbei dem realen Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre, sodass ihn seine Abschiebung in seinen Rechten gemäß Art. 3 EMRK verletzen würde. Ihm sei Asyl zuerkannt worden, da man ihm unterstellt habe, eine Bombe gelegt zu haben und er dadurch politisch verfolgt worden sei. Dass seine solche politische Verfolgung nicht mehr vorliege, könne keinesfalls gesagt werden. Zahlreiche Berichte würden bestätigen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt sei. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde ihm nicht offen, zumal er im ganzen Land immer noch von politischen Akteuren gesucht und verfolgt werde. Die Verhängung eines Einreiseverbotes stelle einen Eingriff in sein Privatleben dar. Im vorliegenden Fall sei sein Gesamtverhalten nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass die Verhängung des Einreiseverbotes als unverhältnismäßig anzusehen sei. Beantragt werde, 1.) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, 2.) allenfalls zu Lasten des Beschwerdeführers gehende Rechtswidrigkeiten von Amts wegen aufzugreifen; 3.) den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; 4.) den angefochtenen Bescheid allenfalls nach Verfahrensergänzung zu beheben und ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; 5.) den angefochtenen Bescheid bezüglich der Spruchpunkte III. und IV. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und ihm ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde; in eventu 6.) den Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte V. und VII. ersatzlos zu beheben, 7.) das auf 10 Jahre befristete Einreiseverbot unter Spruchpunkt VII. auf eine angemessene Dauer herabzusetzen; 8.) das Einreiseverbot nur für Österreich und nicht für alle Mitgliedstaaten zu erlassen; 9.) die ordentliche Revision zuzulassen sowie 10.) den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.
3.6. Die Beschwerdevorlage vom 03.02.2020 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 05.02.2020 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Der Ablauf des Verfahrensganges zum bisherigen Verfahren wird – wie unter Punkt I. dargelegt – festgestellt.
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Der BF ist ledig und kinderlos.
Der Beschwerdeführer reiste am 03.05.2003 in das österreichische Bundesgebiet unrechtmäßig ein und stellte am selben Tag - unter Vorgabe einer Alias-Identität - einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.03.2004 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.05.2003 gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben und diesem der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Es wurde gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass das Bundesasylamt aufgrund des amtswegigen Ermittlungsverfahrens im Zusammenhalt mit seinen Angaben bei einer niederschriftlichen Befragung zur Ansicht gelange, dass alle Voraussetzungen der Asylgewährung vorliegen würden.
Der BF wurde im Bundesgebiet seither insgesamt neunmal strafgerichtlich verurteilt:
1) Mit Urteil des XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 15 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagsätzen (TS) zu je 2,00 €, im Nichteinbringungsfall (NEF) zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
2) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Geldstrafe von 120 TS zu je 4,00 €, im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
3) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
4) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 8 Wochen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
5) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall, 27 (2) SMG, zu einer Geldstrafe von 100 TS zu je 4,00 €, im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.
6) Mit Urteil des Landesgerichtes (LG) für Strafsachen XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
7) Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
8) Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
9) Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 269 (1) 4. Fall, 83 (1), 125, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde hinsichtlich der zuletzt begangenen Straftat am XXXX in Österreich verhaftet und befindet sich seither in Strafhaft. Der voraussichtliche Entlassungszeitpunkt aus der Strafhaft ist der XXXX .
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Umstände auf Grund derer der BF als Flüchtlings anerkannt worden ist, weiterbestehen. Auch nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt in der Russischen Föderation respektive in Tschetschenien aus Gründen der Rasse, Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre und somit nach einer Rückkehr ins Herkunftsland asylrelevanten Übergriffen ausgesetzt sein wird. Weiters liegen keine stichhaltigen Gründe vor, dass der BF bei Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefe, im Herkunftsstaat aktuell der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder lebensbedrohlichen Erkrankung (im Endstadium). Der BF ist arbeitsfähig. Er verfügt im Herkunftsstaat über eine zehnjährige Schulbildung und mehrjährige Berufserfahrung durch Arbeit an der Tankstelle seines Vaters. Der Beschwerdeführer verbrachte die ersten 27 Jahre seines Lebens in der Russischen Föderation in der Teilrepublik Tschetschenien. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Tschetschenisch und verfügt der Beschwerdeführer über Russischkenntnisse. Der BF verfügt im Herkunftsstaat über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in den Personen der Eltern, sowie zweier Schwestern und eines jüngeren Bruders des Beschwerdeführers. Weiters leben zwei Tanten und ein Onkel des BF väterlicherseits, sowie ein Onkel und eine Tante mütterlicherseits im Herkunftsstaat.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notwendige Lebensgrundlage entzogen wäre. So können ihn auch insbesondere seine Verwandten in der Russischen Föderation nach einer Rückkehr im Bedarfsfall anfänglich unterstützen, zumal der Vater des BF immer noch jene Tankstelle betreibt in der der BF seinerzeit im Herkunftsstaat bereits mitgearbeitet hat.
Der BF gibt im Verfahren selbst an, Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 zu besitzen. In Österreich besuchte der BF Deutschkurse legte aber keine Bestätigungen über absolvierte Prüfungen vor und vermag sich aber nicht mit endgültiger Sicherheit zu erinnern, welches Sprachniveau er eigentlich abgeschlossen hat. Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet lediglich von 17.08.2004 bis 28.08.2004, von 06.03.2006 bis 13.03.2006 und vom 16.07.2007 bis 30.09.2007 beruflich tätig, hat weder eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung im Bundesgebiet betrieben, noch war er im Bundesgebiet bisher selbsterhaltungsfähig.
In Österreich halten sich der Onkel des Beschwerdeführers, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, dessen Tante, die anerkannter Flüchtling ist sowie der Bruder des Beschwerdeführers auf, der zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt ist. Ein finanzielles oder persönliches Abhängigkeitsverhältnis besteht zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen nicht. Ebenso lebt die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers in Österreich, zu welcher jedoch kein Kontakt besteht.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, nach wie vor in den fallgegenständlich relevanten Teilen als aktuell anzusehenden, Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt und welche das Bundesverwaltungsgericht in casu seinem Erkenntnis zugrunde legt.
Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report – 148 der WHO (World Health Organization)
vom 16.06.2020
Nach aktuellem Stand zum Entscheidungszeitpunkt gibt es im ganzen Land 545.458 bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 7.284 Todesfälle.
2. Beweiswürdigung:
Der oben ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts. Die Feststellungen zu den neun strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Strafregisterauskunft und den im Akt einliegenden Urteilen. Dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Strafhaft befindet ergibt, wie das errechnete Strafende XXXX ergibt sich aus einer Mitteilung der Justizanstalt.
2.1. Die Feststellungen zu Identität, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers gründen auf dessen insofern unbedenklichen Angaben vor dem BFA, sowie auf dem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zu seiner Identität vorgelegt, weshalb die Feststellungen ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren gelten.
2.2. Die Feststellungen zum Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2020. Soweit im Beschwerdeschriftsatz erstmals angeführt wird, dass der Beschwerdeführer seinen in Österreich lebenden blinden Bruder in allen Belangen unterstütze, dies nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch durch die Begleitung zu Ärzten und Behörden und daher ein Abhängigkeitsverhältnis vorliege, ist dies aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft: Einerseits wurde im gesamten Verfahren seitens des Beschwerdeführers Derartiges, nämlich dass der Beschwerdeführer die zentrale Bezugsperson für seinen sehbehinderten Bruder in Österreich wäre und diesen in allen Lbensbelangen unterstütze, nicht ansatzweise vorgebracht, sondern hatte der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 14.01.2020 nur an zwei Stellen beiläufig erwähnt, dass er einen in Österreich lebenden blinden Bruder habe. Weiters erscheint schon vor dem Hintergrund, dass der in Österreich neunfach rechtskräftig verurteilte Beschwerdeführer durch seine zahlreichen Straftaten seine mögliche Inhaftierung und dadurch zwangsläufige räumliche Trennung von seinem Bruder in Kauf genommen haben muss und sich seit 19.07.2019 überdies durchgehend in Strafhaft befindet, ein aktuelles Abhängigkeitsverhältnis seitens des blinden Bruders zum Beschwerdeführer schon alleine aus Gründen der durch die laufende Haft des BF bedingte räumlichen Trennung der beiden voneinander ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass - laut Angaben des Beschwerdeführers - sowohl ein Onkel als auch eine Tante des Beschwerdeführers zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, sodass der Bruder des Beschwerdeführers auf eine Unterstützung durch diese Verwandten zurückgreifen kann und auch künftig nicht auf die Person des Beschwerdeführers angewiesen sein wird. Der Beschwerdeführer hat auch zu keinem Zeitpunkt das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes mit seinen in Österreich lebenden Angehörigen behauptet, sodass insgesamt betrachtet nicht davon auszugehen ist, dass eine derart intensive Nahebeziehung zu diesen vorliegt, dass mit der Ausweisung des Beschwerdeführers ein unzulässiger Eingriff in seine Rechte gemäß Art. 8 EMRK verbunden wäre.
Der Beschwerdeführer hat zwar angegeben, Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 zu besitzen, jedoch hat er keinerlei diesbezüglichen Zertifikate vorgelegt, sodass eine konkrete Feststellung in Bezug auf die vorhandenen Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers nicht getroffen werden konnte.
2.3. Die Feststellungen zu seinen im Herkunftsstaat aufhältigen Verwandten ergeben sich aus den beschwerdeseitigen Angaben im gegenständlichen Verfahren, ebenso wie die Feststellungen zur Ausbildung und Arbeitserfahrung des BF im Herkunftsstaat. Die Feststellungen zur mangelnde Fort-, Aus- oder Weiterbildung des BF im Bundesgebiet, zu dessen mangelnder Selbsterhaltungsfähigkeit des BF in Österreich und zu dessen beruflichen Tätigkeiten in den letzten 17 Jahren, ergeben sich aus den Angaben des BF im gegenständlichen Verfahren, wie auch aus einer aktuell eingeholten AJ-Web-Auskunft.
2.4. Dass der Beschwerdeführer an keiner schwerwiegenden lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, ergab sich aus seinen eigenen Angaben im Verfahren. So gab er lediglich an, fallweise wetterfühlig zu sein und fallweise an Blutdruckproblemen zu leiden.
2.5. Zum Vorliegen einer aktuellen Gefährdungsituation des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, welches er im nunmehrigen Aberkennungsverfahren ins Treffen führte, erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass nicht näher genannte Leute XXXX den jüngeren in Tschetschenien lebenden Bruder des BF etwa im Mai 2019 festgenommen und für mehrere Monate festgehalten und ihn dann im September oder Oktober 2019 freigelassen hätten, da die Daten des Beschwerdeführers immer noch in einer staatlichen Datenbank gespeichert wären und man durch die Inhaftierung des jüngeren Bruders des BF erzwingen habe wollen, dass der Beschwerdeführer zurückkehre, da man eigentlich seiner habhaft werden wollte.
Dem Bundesamt ist jedoch zu folgen, wenn dieses dem Vorbringen des Beschwerdeführers jegliche Glaubhaftigkeit abspricht:
2.5.1. Dass die Umstände, auf Grund derer der Beschwerdeführer als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen (siehe Feststellungen II.1.2.), ergibt sich aus den im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderberichten zur aktuellen Sicherheits- und Menschenrechtslage in der Russischen Föderation, sowie den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Befragung vor dem BFA am 14.01.2020 im Zuge derer er zu seinen aktuellen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde.
2.5.2. So ist hinsichtlich der seinerzeitigen Fluchtgründe des Beschwerdeführers, wonach ihm, im Zweifel zu seinen Gunsten vom Bundesasylamt geglaubt worden ist, dass er ab Herbst 2000 gemeinsam mit seinen Brüdern wiederholt – in ungerechtfertigter Weise – verdächtigt worden sein könnte als tschetschenische Widerstandskämpfer an Anschlägen auf russische Militärtransporte beteiligt gewesen zu sein und im Feber 2003 für vier Tage festgehalten, schwer misshandelt worden zu sein und nur gegen Lösegeld freigekommen zu sein, festzuhalten, dass diesbezüglich eine asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund der vorliegenden Länderberichte und der Angaben des BF im gegenständlichen Verfahren nicht mehr wahrscheinlich erscheint. Aus den Länderinformationen geht zweifelsfrei hervor, dass sich die Lage im Herkunftsland bzw. in Tschetschenien seit dem offiziellen Ende des zweiten Tschetschenienkrieges im Jahr 2009 grundsätzlich wesentlich und nachhaltig gebessert hat. Dass der Beschwerdeführer aufgrund des falschen Verdachtes der Verübung von Anschlägen in Tschetschenien nach mehr als 17 Jahren im Falle einer Rückkehr einer gezielten Verfolgung durch die Behörden seines Heimatlandes noch unterliegen würde, erscheint zudem höchst unwahrscheinlich; dies umso mehr als sich seine Eltern und seine Schwestern über diesen gesamten Zeitraum im Herkunftsstaat von den Behörden völlig unbehelligt aufgehalten haben. Soweit der BF vor dem BFA nun vorgebracht hat, dass dessen jüngerer Bruder ab Mai 2019 bis zum September oder Oktober 2019 von „ XXXX “ festgehalten worden sei, so vermochte der BF mit diesen vagen Personenangaben weder darzutun von welcher staatlichen Organisation die von ihm behauptete Verfolgung des Bruders erfolgt sein soll, noch war der BF im Stande einen konkreten inhaltlichen Zusammenhang zwischen der nun behaupteten Festhaltung des Bruders in 2019 und den seinerzeitigen Fluchtgründen des BF aus 2003 zu substantiieren, zumal zwischen den behaupteten Ereignisse ein nicht unbeträchtlicher Zeitraum von 16 Jahren liegt. Auch bestätigte der BF in Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA auf Seite 4 des Protokolls, dass dies die einzige Festnahme seines Bruders in diesem Zeitraum gewesen sein soll, womit der jüngere Bruder zumindest 16 Jahre ebenfalls von den Behörden völlig unbehelligt im Herkunftsstaat verbracht hat. Wenn tatsächlich über alle diese Jahre ein konkretes Interesse an der Person des Beschwerdeführers seitens der russischen Behörden aufrecht bestanden hätte, hätten diese bereits viel früher Kontakt zu dessen Familie herzustellen versucht, um so etwa den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers herauszufinden bzw. auf die Familie des BF Druck im Hinblick auf eine Heimkehr des Beschwerdeführers auszuüben. Dass die russischen Behörden ganze 16 Jahre zuwarten würden, um den BF aufgrund der erstmaligen Festnahme des jüngeren Bruders zur Rückkehr in die Russische Föderation zu bewegen ist nicht plausibel.
2.5.3. Weiters gilt es festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA weder auf Nachfrage den konkreten Grund, warum sein Bruder in 2019 just 16 Jahre nach seiner Ausreise inhaftiert worden sein soll, anzugeben wusste, noch von wem sein anderer Bruder die Information betreffend die Verhaftung seines Bruders überhaupt bekommen habe (vgl. Seiten 4 und 5 des BFA-Protokolls).
2.5.4. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wäre es vielmehr zu erwarten gewesen, dass sich die Gründe für die erst nach 16 Jahren erfolgende Festhaltung seines jüngeren Bruders , wie auch jene Umstände im Rahmen derer der hier lebende Bruder des BF von dieser Festhaltung erfahren hat beim BF besser eingeprägt hätten, zumal der BF schließlich ins Treffen geführt hat, dass dieses Ereignis mit seiner eigenen Verfolgung im Herkunftsstaat in direktem Zusammenhang stünde und der BF durch den Besuch seines jüngeren Bruders in Österreich schließlich auch die Gelegenheit hatte mit diesem persönlich zu sprechen und ihn zu dessen Anhaltung persönlich zu befragen. Dass der BF trotzdem vor dem BFA nicht in der Lage war konkretere Angaben zu jene staatlichen Einrichtung, welche den jüngeren Bruder festgehalten hat, zu den konkreten Gründen dieser Festhaltung nach 16 Jahren unbehelligten Lebens des jüngeren Bruders im Herkunftsstaat, sowie zu den Umständen, unter welchen die in Österreich lebende Bruder von der Festnahme des jüngeren Bruders des BF im Herkunftsstaat erfahren hat, zu tätigen, lässt den konkreten Eindruck entstehen, dass der BF mit dem wenig durchdachten Erzählkonstrukt einer behaupteten Festnahme seines Bruders, eine aktuelle Gefährdungssituation seiner eigenen Person darzutun versucht, das behauptete Geschehen jedoch nicht wahren Tatsachen entspricht.
2.5.5. Der Eindruck, dass es sich beim nunmehrigen Vorbringen des Beschwerdeführers - betreffend die angebliche Verhaftung seines Bruders - um keine wahren Umstände handelt, wird überdies dadurch bestätigt, als dieser vor dem BFA behauptete, dass sein Bruder freigelassen worden wäre, als „sie“ – gemeint, die Leute XXXX – erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer selbst zu einer mehrmonatigen Haftstrafe in Österreich verurteilt worden sei. Auf Seite 4 ergänzte er: „Sie haben hier viele Mitarbeiter“. Begründend wurde seitens des Beschwerdeführers auf die Frage, woher die Personen das wüssten, angeführt, dass „alle“ dies wüssten und räumte der BF auf Nachfrage weiters ein, dass er seit dem Jahr 2004 nicht persönlich bedroht worden sei (Seite 4, BFA-Prot.). Diesbezüglich ist dem Bundesamt zu folgen, wenn dieses diesen Sachverhaltsaspekt ebenso als völlig unglaubhaft einstuft, da es objektiv betrachtet sinnwidrig erscheint, dass Gefolgsleute XXXX , wenn diese tatsächlich in Österreich aufhältig und über den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers informiert wären, dessen Bruder im Herkunftsland (!) festnehmen und inhaftieren sollten, wenn ausschließlich der Beschwerdeführer selbst im Visier der genannten Personen stünde und die Verhaftung des Bruders lediglich als Druckmittel zur Habhaftmachung des Beschwerdeführers selbst erfolgt wäre. Vielmehr wäre diesfalls zu erwarten, dass es die behauptetermaßen auch in Österreich befindlichen Verfolger innerhalb der letzten Jahren bereits versucht hätten, den Beschwerdeführer unmittelbar zu fassen bzw. direkt auf seine Person Druck auszuüben, sodass die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er seit dem Jahr 2004 nie persönlich bedroht worden sei, insgesamt nur die mangelnde Glaubhaftigkeit des Vorbringens betreffend die nunmehr angeblich erfolgte Verhaftung des Bruders verdeutlicht.
2.5.6. Dass der Beschwerdeführer schon seit Jahren offenbar keiner konkreten Gefährdungssituation im Herkunftsstaat ausgesetzt war, ergibt sich zudem auch durch seine im Jahr 2018 – nach eigenen Angaben (Seite 5, BFA-Prot.) - beabsichtigte freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach ihm „Freunde gesagt (hätten), dass es noch zu gefährlich ist“ (Seite 5, BFA-Prot.), ist nicht glaubhaft, da die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers vollkommen vage und unkonkret blieben. Hätten den BF auf Seite 5 noch „Freunde“ (Mehrzahl) gewarnt, es sei zu gefährlich um heimzukehren, war es auf Seite 6 auf Nachfrage nur noch ein Freund (Einzelzahl), welcher ihn die Gefährlichkeit seiner Rückkehr verdeutlicht habe. Dabei fällt auf, dass der Beschwerdeführer auf die Frage nach den „Personen“, die ihn vor einer Rückkehr gewarnt hätten, zunächst keine Namen preisgeben wollte, sondern ad hoc fragte: „Muss das sein?“. Erst auf erneute Aufforderung, den/die Namen der Person(en) zu nennen, gab er einen einzigen Namen an. Das Zögern des BF diesen Freund zu benennen, sowie der Umstand, dass der BF zunächst nicht anzugeben wusste, bei welcher Behörde jener Freund arbeiten würde um nach wiederholter Nachfrage plötzlich von einer Eingreiftruppe namens XXXX zu sprechen, lässt beim erkennenden Gericht den Eindruck weiter erhärten, dass der BF vor dem BFA von nicht tatsächlich Erlebtem berichtet hat. Der Beschwerdeführer wusste auch konkret den Inhalt der angeblich ihm gegenüber geäußerten Warnungen betreffend eine Rückkehr nicht anzugeben, sondern erklärte er diesbezüglich nur „weil es gefährlich wäre“ bzw. in der Folge „Ich weiß es nicht. Entweder müsste ich für sie arbeiten oder sie erschießen mich oder sie sperren mich ein“ (Seite 5, BFA-Prot.), was wiederum freilich von einer substantiierten Schilderung weit entfernt ist.
2.5.7. Wie schon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend argumentierte, handelt es sich bei den Äußerungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Rückkehrgefährdung ausschließlich um Spekulationen, die keiner Plausibilitätskontrolle zugänglich und folglich auch nicht geeignet sind, eine konkrete und gezielte Verfolgung seiner Person annehmen zu lassen.
2.5.8. Da infolge Beendigung des zweiten Tschetschenienkrieges eine nachhaltige Änderung der Sicherheits- und Menschenrechtslage in Tschetschenien eingetreten ist, der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine konkrete Furcht vor individueller Verfolgung oder einer sonstigen Gefährdung im Fall seiner Rückkehr glaubhaft machen konnte und es seinen zahlreichen Angehörigen unverändert möglich ist, unbehelligt in Tschetschenien zu leben, der BF keinen Konnex zwischen der behaupteten und vom erkennenden Gericht nicht als glaubhaft erachteten Festnahme und Anhaltung seines Bruders mit den eigenen seinerzeitigen Fluchtgründen substantiieren konnte, kann im Fall des Beschwerdeführers keine aktuell bestehende Gefährdung im Fall einer Rückkehr prognostiziert werden.
2.5.9. Insgesamt konnte der BF eine aktuelle Gefährdungssituation für seine Person im Herkunftsstaat nicht hinreichend substantiieren, welcher er im Falle der Rückkehr in exponierter Weise ausgesetzt wäre. Unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Berichtslage, sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. familiäre Anknüpfungspunkte, selbständige berufliche Tätigkeit, usw.) ergibt sich, dass eine Rückkehr des BF in die Russische Föderation möglich und zumutbar ist.
2.6. Zu den Länderfeststellungen:
2.6.1. Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Russische Föderation vom 30.09.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen, sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
2.6.2. Der Beschwerdeführer traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht, dass die Menschenrechtslage im Nordkaukasus und in Tschetschenien im Speziellen problematisch ist und dass weiterhin Bedrohungsszenarien bestehen und (auch schwere) Menschenrechtsverletzungen geschehen können. Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach dem BF allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Russischen Föderation aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, das vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern und fehlt es in diesem Zusammenhang an aktuell bestehenden, besonderen gefahrenerhöhenden Eigenschaften der BF. Dies entspricht im Übrigen bisher auch der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte, wobei etwa auf das Urteil vom 09.07.2016 im Fall R.K. gegen Frankreich, Zl. 61.264/11, verwiesen wird, wonach die Situation im Nordkaukasus (inklusive Tschetschenien) – trotz dort festzustellender schwerer Menschenrechtsverletzungen – nicht so geartet ist, dass die Abschiebung dorthin automatisch eine Verletzung nach Art. 3 EMRK darstellen würde (vgl. dazu auch EGMR 30.11.2017, Application no. 54646/17, X v. Germany).
2.6.3. Die Situation im Herkunftsland hat sich auch seit dem Zeitpunkt der Einvernahme vom 14.01.2020 vor dem BFA in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert. Hierbei ist zudem anzumerken, dass es sich bei Russischen Föderation um einen Staat handelt, der im Wesentlichen weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzte Dekade als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098).
2.6.4. Letztlich ist noch anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Grundversorgung in der Russischen Föderation auch kein Grund erkannt werden kann, wonach der arbeitsfähige BF, der sich bis zu seiner Ausreise nach eigenen Angaben selbst erhalten konnte, sowie über ausreichend Arbeitserfahrung und eine zehnjährige Schulbildung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Situation geraten würde. Er verbrachte die ersten 27 Jahre seines Lebens im Herkunftsstaat, weshalb er mit den dortigen Lebensbedingungen jedenfalls in ausreichendem Maße vertraut ist. Außerdem verfügt der Beschwerdeführer über ein großes familiäres Netz in der Russischen Föderation, das in der Lage ist ihn bei seiner Rückkehr zu unterstützten. Auch vor seiner Ausreise lebte der BF von der Arbeit an der Tankstelle des Vaters, weshalb nicht erkannt werden kann, warum ihm dies nicht wieder, zumindest in der Anfangsphase, bei Rückkehr möglich sein sollte.
2.6.5. Es wird nicht verkannt, dass der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunden gelegten Länderinformation vom 30.09.2019 inzwischen am 27.03.2020 ein neues Länderinformationsblatt gefolgt ist. Dieses betrifft insbesondere die angekündigten Verfassungsänderungen betreffend die Erweiterung der Machtbefugnisse des Präsidenten und die Ermöglichung seiner Wiederwahl, sohin politische Aspekte, welche zum gegenständlichen Fall aber keinen erkennbaren inhaltlichen Bezug haben.
2.6.6. Nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation auch keine menschenrechtswidrige Verfolgung wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilungen hier in Österreich droht. Die Russische Föderation ist Mitglied des Europarates und trat für diese das 7. Zusatzprotokoll zur EMRK am 1.8.1998 in Kraft. Damit hat sich die Russische Föderation im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips „ne bis in idem“ und damit zum Doppelbestrafungsverbot verpflichtet. Selbst wenn es in der Russischen Föderation zu einer solchen unzulässigen Doppelbestrafung kommen würde, wäre der Beschwerdeführer im Falle einer erneuten Verurteilung auf den innerstaatlichen Rechtsweg und in weiterer Folge auf die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung an den EGMR zu verweisen.
2.6.7. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe allein wegen eines langjährigen Aufenthaltes in Europa in der Russischen Föderation einer Verfolgung oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wären. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe Länderfeststellungen 5. Rückkehr), sind keine Fälle bekannt, in denen russische Staatsangehörige bei ihrer Rückkehr in die Russischen Föderation allein deshalb staatlich verfolgt wurden, weil sie zuvor im Ausland einen Asylantrag gestellt hatten. Es besteht keine allgemeine Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Rückkehrern in den Nordkaukasus. Nach einer aktuellen Auskunft eines Experten für den Kaukasus ist allein die Tatsache, dass im Ausland ein Asylantrag gestellt wurde noch nicht mit Schwierigkeiten bei der Rückkehr verbunden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs 1 VwGVG).
Zu Spruchteil A)
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates (§ 7 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018).
Gemäß § 7 Abs. 2a AsylG ist ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.
Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden (§ 7 Abs. 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009).
Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.
Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2).
Da der Beschwerdeführer mehrfach wegen vorsätzlich begangener Straftaten verurteilt und sohin im Sinne des § 2 Abs. 3 AsylG straffällig wurde, kommt die Bestimmung des Abs. 3 leg cit fallgegenständlich nicht zur Anwendung.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angewendet wurde, ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.
Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention lautet:
"C. Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie
1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder
2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder
3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder
4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder
5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;
6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.
Die Bestimmungen der Ziffer 6 sind jedoch auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen."
3.2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützte die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten infolge des Wegfalls jener Umstände, welche zur Zuerkennung geführt haben, nicht mehr vorliegen würden. Damit seien auch die früher bestehenden Voraussetzungen für eine Schutzgewährung nicht mehr gegeben. In Russland liege aktuell keine Gefährdungslage für den Beschwerdeführer (mehr) vor. Damit bejahte die belangte Behörde das Vorliegen des Asylaberkennungsgrunds des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK (im Folgenden auch als „Wegfall der Umstände“-Klausel bezeichnet; vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0059)
Gemäß Art. 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention-GFK), BGBl. 55/1955, wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Art 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK entspricht Art 11 Abs. 1 lit e iVm Abs 3 StatusRL, der zufolge ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr Flüchtling ist, wenn er nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf einen Flüchtling, der sic