TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/23 W154 2211608-1

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Entscheidungsdatum

23.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W154 2211608-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX alias XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7.11.2018, Zahl: 1211695806 - 181059270, und die Anhaltung in Schubhaft vom 7.11.2018 bis 12.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Mandatsbescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, hat gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandersatzverordnung dem Beschwerdeführer, zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters, Aufwendungen in Höhe € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, wurde am 6.11.2018 von Beamten der AGM im Reisezug von Wien nach Linz einer Kontrolle unterzogen und, weil er kein Dokument vorweisen konnte, auf Basis eines seitens des Journaldiensts des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) erlassenen Festnahmeauftrags nach § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum verbracht.

2. In weiterer Folge wurde er am 7.11.2018 vor dem Bundesamt in Anwesenheit eines Dolmetschers der Sprache Farsi zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot und zur Prüfung der Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er im Wesentlichen, in der Türkei Christ geworden und früher schiitischer Moslem gewesen zu sein. Seine Eltern seien bei einem Autounfall verstorben, im Iran befänden sich seine Großmutter, ein kleiner Bruder sowie mehrere Onkel und Tanten.

Sechs Tagen zuvor habe man ihm in Ungarn seinen 2015 von der Polizei in Shiraz ausgestellten Reisepass gestohlen. Der Beschwerdeführer sei legal vom Flughafen Teheran nach Istanbul geflogen, nach drei Monaten und 10 Tagen legal nach Serbien gereist, dann mit dem Zug von Belgrad nach Budapest gefahren, habe sich dort vier Tage aufgehalten und sei dann letztlich mit einem Taxi zur österreichischen Grenze, mit einem weiteren Taxi zu einer Stadt in Österreich und weiter mit dem Zug nach Wien gefahren. Einen Tag später sei er in den Zug gestiegen, habe in Wien ein Ticket nach Deutschland gekauft und sei schließlich im Zug aufgegriffen worden.

In Österreich oder in der EU habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen.

Aktuell verfüge er über 103,34.- Euro, er wolle hier arbeiten um Geld zu verdienen und seiner Familie zu helfen. Er wisse, dass er hier illegal sei, brauche aber nur eine Bestätigung, um nach Deutschland reisen zu können. Er wolle unbedingt nach Deutschland, um dort zu leben und zu arbeiten. Nach einer Entlassung würde er jedenfalls nach Deutschland gehen.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 7.11.2018, Zl. 1211695806 - 181057820, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

4. Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Mandatsbescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet melderechtlich zu keiner Zeit registriert gewesen und befinde sich derzeit im Stande der Festnahme. Ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der Vertretungsbehörde seines Heimatlandes sei am 7.11.2018 gestellt worden.

Der Beschwerdeführer sei nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet eingereist, habe kein Personaldokument vorgelegt, sei volljährig, gesund und haftfähig, zudem ledig. Es bestünden zu Österreich weder familiäre noch berufliche Bindungen, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet nicht integriert und verfüge über keine Unterkunft. Auch leide er an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten oder schweren körperlichen Gebrechen und sei ein arbeitsfähiger Mann im erwerbsfähigen Alter.

Er verfüge über kein aufrechtes Bleiberecht in Österreich, gegen ihn sei eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen worden.

Zu seinem bisherigen Verhalten führte die belangte Behörde folgendes aus:

?        „Sie reisten nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet ein.

?        Sie legen den Behörden keinerlei Personaldokumente vor und gaben sich unrichtigerweise als minderjährige Person aus.

?        Sie versuchen, die Behörde über einen behaupteten Glaubenswechsel zu täuschen.

?        Sie verfügen nicht über die nötigen finanziellen Mittel, um Ihre Ausreise zu gewährleisten.

?         Sie erklärten mehrfach, im Heimatland nicht verfolgt zu sein und rein aus wirtschaftlichen Gründen Ihr Heimatland verlassen zu haben.

?        Sie kündigten deutlich die Aufnahme von Erwerbstätigkeiten an, ohne die dafür erforderliche Dokumente zu besitzen.

?        Sie kündigten mehrfach Ihre nicht legale Weiterreise nach Deutschland an.

?        Ihre Verstöße gegen die Rechtsordnung zeigen überdeutlich, dass Sie keinerlei Achtung vor den österreichischen Gesetzen haben.

?        Ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich beeinträchtigte Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich Ruhe, Sicherheit des Eigentums und sozialen Frieden. Ihr Fehlverhalten ist gravierend und gefährdet massiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

?        Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

?        Sie verfügen im Bundesgebiet über keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte.

?        Sie verfügen über keine Unterkunft.

?        Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel, um Ihren weiteren Unterhalt zu finanzieren. Sie sind bislang keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen.

?        Sie sind zur legalen Arbeitsaufnahme nicht berechtigt und besteht in Anbetracht Ihres bisherigen Verhaltens durchaus die Gefahr, dass Sie durch die Begehung von Strafrechtsdelikten Ihre finanzielle Lage aufzubessern versuchen oder in die real existierende und gesellschaftlich unerwünschte Schattenwirtschaft abwandern.

Angesichts dieses Fehlverhaltens gefährdet Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.“

Daher begründeten folgende Kriterien eine Fluchtgefahr:

„Sie besitzen keinen Reisepass und halten sich nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf.

Sie wollten sich Ihren Aufenthalt in Österreich offensichtlich mit der Durchführung von nicht genehmigten Erwerbstätigkeiten sichern. Sie wollen entgegen jeglicher Rechtsvorschriften nach Deutschland weiterreisen. Sie kümmern sich nicht ansatzweise um einschlägige Rechtsvorschriften. Sie verfügen über keine ausreichenden finanziellen Mittel.

Sie haben im Bundesgebiet keine aufenthaltsberechtigten Angehörigen und keine sonstigen aktenkundigen sozialen Bindungen. Sie waren melderechtlich zu keinem Zeitpunkt registriert und somit für die Behörde nicht greifbar.

Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot und steht somit die Zulässigkeit Ihrer Abschiebung fest.

Die Bestimmungen des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 sowie § 76 Abs. 3 Z. 9 sind damit als erfüllt anzusehen.“

5. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer um 14:00 Uhr als Jugendlicher im offenen Vollzug in Schubhaft genommen.

6. Am 9.11.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Aktenvermerk vom 9.11.2018 hielt das Bundesamt fest, dass im Sinne des § 76 Abs. 6 FPG Gründe zur Annahme bestanden hätten, dass dieser Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei.

Am 10.11.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt.

7. Am 12.11.2018 wurde der Beschwerdeführer um 9:20 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

8. Gegen den gegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde rechtzeitig Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG erhoben.

Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegenständliche Mandatsbescheid niemals rechtswirksam erlassen worden und zudem auch inhaltlich rechtswidrig sei.

Im Rahmen der Einvernahme am 7.11.2018 sei kein gesetzlicher Vertreter anwesend gewesen und der Beschwerdeführer habe dort zudem einen Asylantrag gestellt, welchen die Behörde jedoch nicht als solchen gewertet hätte. Stattdessen sei am selben Tag gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung samt einem auf die Dauer von drei Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen und die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Gegen diesen – aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht rechtswirksam erlassenen – Bescheid habe er am 5.12.2018 fristgerecht Beschwerde eingebracht.

Nachdem der Beschwerdeführer am 9.11.2018 in Anwesenheit seiner Rechtsvertretung erneut einen Asylantrag gestellt habe, sei er am 12.11.2018 aus der Schubhaft entlassen worden. Das Bundesamt habe jedoch den gesetzlichen Vertreter nicht über die Entlassung informiert und auch nicht dafür gesorgt, dass der minderjährige Beschwerdeführer dem gesetzlichen Vertreter übergeben werde.

Zur Minderjährigkeit des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass dieser bei seiner Einvernahme am 7.11.2018 eine auf seinem Handy befindliche Kopie seines iranischen Reisepasses vorgelegt habe, aus der sein im Spruch erstgenanntes Geburtsdatum hervorgehe. Da er von der Gesamtsituation der Einvernahme extrem eingeschüchtert gewesen sei, habe er jedoch aus Angst das im Spruch zweitgenannte Geburtsdatum angegeben. Die Behörde habe das Foto seines Reisepasses jedenfalls bei der Einvernahme gesehen, denn es sei im angefochtenen Bescheid neben dem fälschlicherweise angegebenen Geburtsdatum auch das aus der Passkopie hervorgehende festgestellt. Laut diesem wäre der Beschwerdeführer jedoch zum Zeitpunkt der Einvernahme und der Zustellung des Bescheides noch nicht volljährig gewesen. Aufgrund der offensichtlichen Minderjährigkeit sei dieser nach Auskunft der diensthabenden Polizeibeamten während der Schubhaft auch in einer Zelle für minderjährige Schubhäftlinge untergebracht gewesen.

Trotz der vorgelegten Passkopie und trotz seiner offensichtlichen Minderjährigkeit – denn auch sein Aussehen entspreche seinem tatsächlichen Alter von 17 Jahren – habe die Behörde weder entsprechende Ermittlungen aufgenommen, noch die gesetzliche Vertretung - die zuständige Kinder- und Jugendhilfe - informiert. Dies widerspreche jedoch dem Gesetzeswortlaut sowie der teleologischen Auslegung des § 13 Abs. 3 BFA-VG. Auch der VwGH habe bereits ausdrücklich bestätigt, dass im Zweifelsfall von der Minderjährigkeit auszugehen sei. Entsprechend dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 BFA-VG sei auch trotz des am 9.11.2018 in Anwesenheit der Rechtsvertreterin gestellten Asylantrages der örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers.

Entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung habe es die Behörde in diesem Fall sowohl bei der Erlassung des gegenständlichen Bescheides als auch bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung verabsäumt, die zuständige gesetzliche Vertretung über seinen Aufgriff zu informieren, für die Anwesenheit der gesetzlichen Vertretung bei der Einvernahme des Beschwerdeführers zu sorgen und den Bescheid betreffend den Beschwerdeführer seiner gesetzlichen Vertretung zuzustellen. Somit sei der gegenständliche Bescheid niemals rechtswirksam zugestellt worden.

Auch eine Heilung des Zustellmangels gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz wäre im gegenständlichen Fall nicht eingetreten, da dem Zustellbevollmächtigten das Originaldokument nicht zugekommen sei.

Aufgrund der vorgelegten Passkopie hätte die Behörde zumindest Zweifel an der Volljährigkeit haben und gemäß § 13 BFA-VG eine Altersfeststellung in die Wege leiten müssen. Somit sei auch das verfassungsrechtlich gewährleistete Kindeswohl des Beschwerdeführers verletzt worden.

Zudem sei die belangte Behörde auch ihrer Manuduktionspflicht nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Einvernahme unter anderem ausdrücklich geäußert, dass er Christ geworden sei. Korrekterweise hätte das Bundesamt diese Angabe, wonach der Beschwerdeführer einen Nachfluchtgrund gesetzt habe, im Lichte der Länderberichte betreffend den Iran als Asylantrag werten und an die nächstgelegene öffentliche Sicherheitsbehörde weiterleiten müssen. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe bereits unmissverständlich ausgesprochen, dass, wenn eine Person in einem Verfahren betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein substantiiertes Vorbringen zu einer nach Rückkehr in den Herkunftsstaat drohenden Verfolgung erstatte, eine Erörterung, ob darin ein Antrag auf internationalen Schutz zu sehen sei, geboten wäre. Dementsprechend hätte gegen den Beschwerdeführer als Asylwerber keine Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG verhängt werden dürfen. Da der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag somit als vor der Schubhaftverhängung gestellt gelten müsse, handle es sich bei ihm um einen Drittstaatsangehörigen, dem der faktische Abschiebeschutz zukomme.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

?        eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

?        den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei;

?        im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung seiner Person nicht vorliegen;

?        der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Komissionsgebühren und Barauslagen des Beschwerdeführers auferlegen.

Der Beschwerde angefügt wurden die Kopien des Reisepasses des Beschwerdeführers sowie der bereits eingebrachten Beschwerde betreffend das Einreiseverbot und die Rückkehrentscheidung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Iran, besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Er reiste Anfang November 2018 in das österreichische Bundesgebiet ein, wurde am 6.11.2018 im Reisezug von Wien nach Linz einer Kontrolle unterzogen, konnte kein Dokument vorweisen, wurde auf Basis eines Festnahmeauftrags nach. § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum verbracht.

Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 7.11.2018 erklärte der Beschwerdeführer, in der Türkei vom schiitischen zum christlichen Glauben konvertiert zu sein. Zudem hatte er ein Foto seines iranischen Reisepasses bei sich, laut dem er noch minderjährig war.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 7.11.2018, Zl. 1211695806 - 181057820, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Mandatsbescheid vom 7.11.2018 wurde über den Beschwerdeführer gemäß 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. In diesem Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich „unrichtigerweise als minderjährige Person“ ausgegeben. Ermittlungen zu seinem Alter – wie eine forensische Untersuchung – waren nicht vorgenommen worden. Das auf dem mitgeführten Foto seines iranischen Reisepasses erkenntliche Geburtsdatum wurde im bekämpften Bescheid – wie auch bei der Rückkehrentscheidung - als Aliasdatum angeführt.

Der gegenständliche Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich und nicht dem gemäß § 10 Abs. 4 BFA-VG zuständigen Jugendwohlfahrtsträger zugestellt.

Am 9.11.2018 stellte der Beschwerdeführer im Beisein seiner rechtlichen Vertretung einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer befand sich vom 7.11.2018 bis 12.11.2018 als Jugendlicher im offenen Vollzug in Schubhaft.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes, des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung, das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):

3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

[…]“

§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:

§ 76 FPG lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. […]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

3.2.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).

3.2.4. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 7.11.2018, Zl. 1211695806 - 181057820, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Mandatsbescheid vom 7.11.2018 wurde über den Beschwerdeführer gemäß 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. In diesem Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich „unrichtigerweise als minderjährige Person“ ausgegeben. Ermittlungen zu seinem Alter – wie eine forensische Untersuchung – waren nicht vorgenommen worden. Das auf dem mitgeführten Foto seines iranischen Reisepasses erkenntliche Geburtsdatum wurde im bekämpften Bescheid – wie auch bei der Rückkehrentscheidung - als Aliasdatum angeführt.

§ 13 Abs. 3 BFA-VG lautet:

„(3) Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen.“

§ 10 BFA-VG (aF) lautete auszugsweise:

„(1) Für den Eintritt der Handlungsfähigkeit in Verfahren vor dem Bundesamt, vor den Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG und in einem Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 vor dem Bundesverwaltungsgericht ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Fremden österreichisches Recht maßgeblich.

[…]

(3) Ein mündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, ist berechtigt einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und einzubringen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Solche Fremde sind in die Erstaufnahmestelle zu verbringen (§ 43 BFA-VG). Gesetzlicher Vertreter für Verfahren vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht ist ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle der Rechtsberater (§ 49), nach Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes der örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger jenes Bundeslandes, in dem der Minderjährige einer Betreuungsstelle zugewiesen wurde. Widerspricht der Rechtsberater (§ 49) vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren einer erfolgten Befragung (§ 19 Abs. 1 AsylG 2005) eines mündigen Minderjährigen, ist diese im Beisein des Rechtsberaters zu wiederholen.

(4) Wird gegen einen Minderjährigen, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können und der einen Antrag auf internationalen Schutz nicht eingebracht hat, ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG eingeleitet, so ist ab diesem Zeitpunkt für alle weiteren Verfahrenshandlungen vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht der Kinder- und Jugendhilfeträger, in dessen Sprengel sich der Minderjährige aufhält, gesetzlicher Vertreter.

[…]“

Obwohl der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 7.11.2018 ein weiteres Geburtsdatum angegeben hat, nach dem er volljährig war, so hatte die belangte Behörde wie aus dem bekämpften Bescheid selbst hervorgeht, Kenntnis von der Passkopie – hatte sie doch das dort angeführte Geburtsdatum, das den Beschwerdeführer als Minderjährigen auswies, als Alias-Geburtsdatum angeführt und ohne weitere Ermittlungen und ohne dieses Dokument einer konkreten Beweiswürdigung zu unterziehen, zu seinem Verhalten angegeben, der Beschwerdeführer hätte sich unrichtigerweise als minderjährige Person“ ausgegeben. Dies widerspricht jedoch klar § 13 Abs. 3 BFA-VG. Dass an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers zumindest erhebliche Zweifel bestanden, zeigt sich auch darin, dass er sich als Jugendlicher im offenen Vollzug in Schubhaft befand, wie aus der Anhaltedatei hervorgeht. Das Bundesamt hätte somit zumindest ein diesbezügliches forensisches Gutachten veranlassen und bis zur Klärung von der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers ausgehen müssen.

Jedoch wurde entgegen dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 BFA-VG der zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger weder im Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung als gesetzlicher Vertreter hinzugezogen noch wurden die Rückkehrentscheidung und der gegenständliche Mandatsbescheid an diesen, sondern dem (nicht handlungsfähigen) Beschwerdeführer persönlich zugestellt.

Somit wurde aber auch der gegenständliche Mandatsbescheid nicht rechtswirksam erlassen. Da zumindest bis zur Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft – wie aus dem Akt hervorgeht – der gesetzlichen Vertretung das Dokument nicht zugekommen ist, ist auch keine Heilung iSd § 9 Abs. 3 ZustellG eingetreten und die Anhaltung des Beschwerdeführers war bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.

Auf das weitere Beschwerdevorbringen war somit nicht mehr einzugehen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Der Beschwerdeführer hatte einen Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG gestellt. Als obsiegender Partei steht ihm der beantragte Aufwandsersatz zu.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

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Schlagworte

Altersfeststellung gesetzlicher Vertreter Mandatsbescheid Minderjährigkeit Rechtswidrigkeit Schubhaft Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2211608.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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