Entscheidungsdatum
23.06.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Spruch
W103 2181035-1/13E
W103 2181033-1/12E
W103 2181036-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter in der Beschwerdesache von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine und vertreten durch XXXX , gegen die Spruchpunkte I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 17.11.2017, Zln. 1.) 1048978901-140318693, 2.) 1074260709-150701672 und 3.) 1074261902-150701966, beschlossen:
A) Die Verfahren werden insoweit wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter in der Beschwerdesache von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine und vertreten durch XXXX , gegen die Spruchpunkte III. und IV. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 19.01.2015, Zln. 17.11.2017, Zln. 1.) 1048978901-140318693, 2.) 1074260709-150701672 und 3.) 1074261902-150701966, zu Recht:
A) I. In Erledigung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. und IV. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG idgF iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.
II. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm §§ 9, 10 Abs. 2 Z 1 und 3 Integrationsgesetz, § 81 Abs. 36 NAG, jeweils idgF, wird 1.) XXXX , 2.) XXXX , und 3.) XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ jeweils für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet, die Drittbeschwerdeführerin ist deren minderjährige Tochter.
Der Erstbeschwerdeführer stellte am 23.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab anlässlich der am gleichen Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgehaltenen Erstbefragung an, er halte sich seit Oktober 2011 mit Unterbrechungen in Österreich auf, da seine Frau und seine Tochter hier leben würden; er sei jeweils mit Pass und gültigem Visum eingereist und habe seine Heimat zuletzt im Februar 2014 von XXXX aus verlassen; seitdem lebe er bei seiner Familie in Österreich und sei dort auch gemeldet. Sein Visum sei im Juli 2014 abgelaufen. Er stamme ursprünglich aus der Krim und habe Angst dorthin zurückzukehren, da er sich vor dem russischen FSB fürchte. Aus diesem Grund, sowie weil er bei seiner Familie in Österreich leben wolle, stelle er einen Asylantrag.
Am 19.06.2015 stellte die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchen sie am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Sie brachte vor, ihren Herkunftsstaat zuletzt im Februar 2015 verlassen zu haben und zuvor im Jahr 2014 dreimal bei ihrem Mann in Österreich gewesen zu sein, welcher sich seit eineinhalb Jahren hier aufhalten würde. Sie seien mit einem gültigen Schengenvisum eingereist und hätten seit Februar bei ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter in Österreich gelebt. Zum Grund ihrer Flucht gab sie an, ihr Mann stamme ursprünglich aus der Krim und hätte in die Armee einrücken müssen, weshalb er sich zur Ausreise aus der Ukraine entschlossen habe. Seither habe sie mehrmals mit uniformierten Personen Probleme gehabt, welche sich nach dem Aufenthaltsort ihres Mannes erkundigt und ihr gedroht hätten, dass sie die Zweitbeschwerdeführerin und ihre Tochter mitnehmen würden.
Am 29.09.2017 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen ihrer Verfahren auf internationalen Schutz niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.
Der Erstbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an, er gehöre der russischen Volksgruppe an, bekenne sich zum christlich-orthodoxen Glauben, habe im Herkunftsstaat ein rechtswissenschaftliches Universitätsstudium abgeschlossen und sei zuletzt als Unternehmer tätig gewesen. Seine Heimatstadt habe er Anfang Oktober 2013 verlassen, er habe seine Frau und seine Tochter in der Westukraine zurückgelassen und sei nach Österreich gereist. Anfang 2014 sei er zwecks Besuchs seiner Frau und Tochter nochmals in die Ukraine gereist. Zum Grund seiner Flucht verwies er auf eine ihm infolge der Annexion der Krimhalbinsel drohende Verfolgung durch den russischen FSB, da er die ukrainische Staatsbürgerschaft besessen hätte und diese nicht in eine russische habe ändern wollen. Er befürchte, im Fall einer Rückkehr umgebracht zu werden oder ins Gefängnis zu kommen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Wesentlichen an, sie habe zuletzt bei ihren Eltern in der Westukraine gelebt, gehöre der ukrainischen Volksgruppe an, sei christlich-orthodoxen Glaubens, habe ein Universitätsstudium im Bereich Wirtschaft absolviert und im Anschluss bis zu ihrer Karenz im Jahr 2009 in unterschiedlichen Positionen gearbeitet. Sie habe, ebenso wie ihre Tochter, keine eigenen Fluchtgründe und beziehe sich auf das Vorbringen ihres Mannes. Im Falle ihrer Rückkehr befürchte sie ihre Festnahme und Verfolgung, eventuell wäre das Leben ihrer Tochter bedroht, welche man ihr wegnehmen würde.
Die beschwerdeführenden Parteien legten diverse identitätsbezeugende Dokumente sowie Unterlagen zum Beleg ihrer Integrationsbemühungen in Österreich vor.
Am 13.10.2017 wurde durch den damaligen gewillkürten Vertreter der beschwerdeführenden Parteien eine schriftliche Stellungnahme zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten zur Ukraine eingebracht.
2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden jeweils vom 17.11.2017 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BeschwerdeführerInnen hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) sowie gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf deren Herkunftsstaat Ukraine (Spruchpunkte II.) abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BeschwerdeführerInnen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgelegt (Spruchpunkte IV.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte begründend aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung oder Gefährdung durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt sein würden. Ebensowenig habe sich ergeben, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle ihrer Rückkehr in die Ukraine von einer existenzbedrohenden Notlage oder einer sonstigen als unmenschlich zu qualifizierenden Situation betroffen sein würden. Diese würden ihren Lebensunterhalt neuerlich durch eigene Erwerbstätigkeit sowie familiäre Unterstützung bestreiten können. Die beschwerdeführenden Parteien würden jeweils über kein schützenswertes Familien- und Privatleben im Bundesgebiet verfügen.
3. Gegen diese Bescheide wurde durch deren damaligen gewillkürten Vertreter mit Schriftsätzen jeweils vom 20.12.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben.
4. Die Beschwerdevorlagen langten am 28.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Mit Schriftsatz vom 20.02.2018 wurde durch den nunmehrigen gewillkürten Vertreter eine Stellungnahme eingebracht und es wurden beiliegend Unterlagen zum Beleg der Ausbildung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in der Ukraine sowie zu den in Österreich gesetzten Integrationsbemühungen übermittelt.
6. Für den 03.04.2020 wurden der BF1 und die BF2 zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht über ihren Rechtsvertreter geladen.
7. Mit Schreiben vom 18.03.2020 musste die angesetzte Verhandlung wegen COVID19 abberaumt werden
8. Daraufhin wurden mit Eingabe vom 31.03.2020 und 03.04.2020 des gewillkürte Vertreter der beschwerdeführenden Parteien auf deren zwischenzeitliche weitere Anstrengungen hinsichtlich einer Integration im Bundesgebiet; die Zweitbeschwerdeführerin habe sich ausgezeichnete Deutschkenntnisse angeeignet und im Sommer 2018 die ÖSD-Prüfung auf dem Niveau B2 abgelegt, verwiesen. Die Drittbeschwerdeführerin, welche im Alter von vier Jahren nach Österreich gekommen sei, besuche seit dem Jahr 2019 ein Bundesrealgymnasium mit gutem Erfolg und habe ebenfalls gute Deutschkenntnisse. Die beschwerdeführenden Parteien hätten sich einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aufgebaut und würden sich eigeninitiativ hinsichtlich ihrer künftigen Selbsterhaltungsfähigkeit bestrebt zeigen. Die Zweitbeschwerdeführerin verfüge über eine Einstellungszusage für eine Tätigkeit im Ausmaß von 20 Wochenstunden, der Erstbeschwerdeführer habe zwei Einstellungszusagen für Vollzeitbeschäftigungen. Derzeit würden die beschwerdeführenden Parteien neben dem Bezug von Grundversorgung von finanziellen Mitteln der seit 17 Jahren durchgehend legal in Österreich aufhältigen Mutter des Erstbeschwerdeführers leben. Mit der Genannten würden sie zudem in einem gemeinsamen Haushalt leben und eine enge familiäre Bindung zu dieser pflegen. Zudem seien die beschwerdeführenden Parteien in das Pfarrleben eines griechisch-katholischen Pfarramtes integriert, wo sie sich regelmäßig als ehrenamtliche Helfer betätigen würden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten sich bereits vor der Asylantragstellung regelmäßig in Österreich legal aufgehalten, hätten ihren Herkunftsstaat vor sechs Jahren endgültig verlassen und hätten dort keine Bindungen mehr. Eine Rückkehrentscheidung würde massiv in das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien eingreifen und zudem dem Kindeswohl der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin widersprechen.
Beiliegend wurde ein Konvolut an Unterlagen zum Beleg der Integration der beschwerdeführenden Parteien sowie der Mutter des Erstbeschwerdeführers im Bundesgebiet übermittelt.
9. Mit Eingabe vom 02.06.2020 gab der gewillkürte Vertreter der beschwerdeführenden Parteien bekannt, die Beschwerden im Umfang der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide zurückzuziehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, gehören der russischen respektive ukrainischen Volksgruppe sowie dem russisch-orthodoxen Glauben an und führen die im Spruch ersichtlichen Personalien. Ihre Identität steht fest. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet, die Drittbeschwerdeführerin ist deren gemeinsame minderjährige Tochter. Die BeschwerdeführerInnen stellten am 23.12.2014 (Erstbeschwerdeführer) respektive am 19.06.2015 (Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen) die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, seit diesem Zeitpunkt halten sie sich durchgehend im Bundegebiet auf. Zuvor waren die beschwerdeführenden Parteien bereits wiederholt auf Grundlage von Visa im Bundesgebiet aufhältig.
Die unbescholtenen BeschwerdeführerInnen leben in einem gemeinsamen Haushalt mit der seit siebzehn Jahren im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten Mutter des Erstbeschwerdeführers, führen untereinander ein Familienleben und bestreiten ihren Lebensunterhalt aktuell im Rahmen der Grundversorgung sowie durch Unterstützung seitens der Mutter des Erstbeschwerdeführers. Sie haben während ihres mehr als fünfjährigen Aufenthalts eine vertiefte Integration im Bundesgebiet erlangt. Der Erstbeschwerdeführer hat sich Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 angeeignet und im März 2019 eine Integrationsprüfung auf diesem Niveau bestanden. Er brachte zwei Einstellungszusagen über Vollzeitbeschäftigungen als Fahrer in Vorlage. Die Zweitbeschwerdeführerin hat die deutsche Sprache erlernt und im Juli 2018 eine ÖSD-Deutschprüfung auf dem Niveau B2 gut bestanden. Seit Mai 2019 nimmt sie an einem Deutsch-Russisch-Sprach Tandem teil. Ihr wurde eine Anstellung als Administratorin im Ausmaß von 20 Wochenstunden mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von EUR 1.020,- in Aussicht gestellt. Die elfjährige Drittbeschwerdeführerin reiste im Alter von vier Jahren ins Bundesgebiet ein, hält sich seither durchgehend hier auf, hat die Volksschule absolviert und besuchte zuletzt mit gutem Erfolg die erste Klasse eines Bundesrealgymnasiums. Sie beherrscht die deutsche Sprache, wurde im Unterrichtsgegenstand Deutsch in der zuletzt für das Schuljahr 2019/2020 ausgestellten Schulnachricht mit „sehr gut“ beurteilt und nahm ab Oktober 2019 an einem Tanz- und Kunstkurs für Kinder teil. Die beschwerdeführenden Parteien haben sich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis im Bundesgebiet aufgebaut, sind aktive Mitglieder in einer griechisch-orthodoxen Pfarre und zeigten sich dort sowie in ihrem Bekanntenkreis regelmäßig zur Leistung unentgeltlicher Unterstützungstätigkeiten bereit.
Der Lebensmittelpunkt der beschwerdeführenden Parteien befindet sich zwischenzeitlich in Österreich, wohingegen sie zu ihrem Herkunftsstaat nur mehr vergleichswiese geringe Bindungen aufweisen. Aufgrund der seitens der beschwerdeführenden Parteien gesetzten Integrationsschritte sowie des aufrechten Familienlebens zwischen den BeschwerdeführerInnen würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in deren Privat- und Familienleben darstellen.
Die gewillkürte Vertretung zog mit Schriftsatz vom 02.06.2020 die Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide vom 17.11.2017, mit welchen die Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Spruchpunkte I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine (Spruchpunkte II.) jeweils abgewiesen wurden, zurück, womit diese Spruchpunkte in Rechtskraft erwuchsen.
Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. ist gegenständlich lediglich über die Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. und IV. abzusprechen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der belangten Behörde, sowie durch Sichtung der im Laufe des Verfahrens in Vorlage gebrachten bzw. vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Beweismittel.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.
Aufgrund der vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Vorlage gebrachten Original-Identitätsdokumente (ukrainische Reisepässe der beschwerdeführenden Parteien, ukrainischer Führerschein des Erstbeschwerdeführers) konnte die präzise Identität der beschwerdeführenden Parteien festgestellt werden. Die Feststellungen über ihre familiären Verhältnisse beruhen auf ihren glaubhaften Angaben in Zusammenschau mit der in Vorlage gebrachten ukrainischen Heiratsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie der Geburtsurkunde der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin.
Der gemeinsame Wohnsitz der BeschwerdeführerInnen sowie der Mutter des Erstbeschwerdeführers ergibt sich aus einer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell eingeholten ZMR-Auskunft sowie dem in Vorlage gebrachten Mietvertrag. Dass die BeschwerdeführerInnen derzeit von der Grundversorgung des Bundes unterstützt werden, ergibt sich aus einem aktuell eingeholten GVS-Auszug. Die Feststellung, dass die BeschwerdeführerInnen in Österreich strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus aktuell eingeholten Strafregisterauszügen.
Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben der BeschwerdeführerInnen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Laufe des Verfahrens, aus den vorgelegten Bestätigungen und Schreiben, insbesondere den Einstellungszusagen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, deren ÖSD-Zertifikaten, den Deutschkursbestätigungen, den Schulbesuchsbestätigungen und Zeugnissen der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin sowie den zahlreichen Unterstützungserklärungen durch Freunde und Bekannte.
Die vorgelegten Beweismittel sind in ihrer Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar und waren als Nachweis der Integration der beschwerdeführenden Parteien anzuerkennen.
Zu betonen ist nochmals, dass die beschwerdeführenden Parteien die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit Schriftsatz vom 02.06.2020 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung zurückgezogen haben. Die Spruchteile I. und II. der im Spruch angeführten Bescheide sind damit in Rechtskraft erwachsen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 25.7.2019, Ra 2018/22/0270).
Zu 1.) Einstellung des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II.
Zu A)
3.2. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss. In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom 29.04.2015, Zl. 2014/20/0047, klar, es sei gesetzlich geboten, dass das Bundesverwaltungsgericht bei ihm anhängige Verfahren über Beschwerden infolge rechtswirksam erklärter Beschwerdezurückziehung mit Beschluss einstelle.
Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerdepunkte mit Schriftsatz des gewillkürten Vertreters der beschwerdeführenden Parteien vom 02.06.2020 sind die verwaltungsbehördlichen (im Spruch genannten) Bescheide vom 17.11.2017 hinsichtlich deren Spruchpunkten I. und II. (Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten) rechtskräftig geworden und waren daher die diesbezüglichen Verfahrensteile mit Beschluss einzustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Zu 2.) Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte III. und IV.
Zu A) 3.4. Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung und Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung:
3.4.1. Da den beschwerdeführenden Parteien der Status von Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen war, diesen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 jeweils nicht zu erteilen ist und die beschwerdeführenden Parteien weder begünstigte Drittstaatsangehörige sind, noch aufgrund eines anderen Bundesgesetzes zum Aufenthalt berechtigt sind, liegen die Voraussetzungen für die Prüfung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2FPG vor.
3.4.2. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung steht unter dem Vorbehalt des § 9 Abs. 1 BFA-VG, wonach dann, wenn (insbesondere) durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, deren Erlassung (nur) zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dazu judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (siehe zum Ganzen etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0218, Rn. 20, mwN).
Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. grundlegend etwa VfGH 29.9.2007, B328/07, VfSlg 18223; sowie aus der jüngeren Rechtsprechung VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074, VwGH 18.3.2016, Ra 2015/01/0255; VwGH 15.3.2016, Ra 2016/19/0031; ebenso Ra 2016/19/0032 Ra 2016/19/0034 Ra 2016/19/0033 unter Hinweis auf Stammrechtssatz VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0265 sowie VwGH 28.4.2014, Ra 2014/18/0146-0149 und 22.7.2011, 2009/22/0183; siehe auch Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 9 BFA-VG, K15 bis K30.; Ecker/Ziegelbecker, Die Rückkehrentscheidung in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Jahrbuch Asyl- und Fremdenrecht 2017, 151 bis 215).
Im Rahmen der so gebotenen Interessenabwägung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) auch der Frage Bedeutung zukommen, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen kann (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; siehe darauf bezugnehmend etwa auch VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, 21.12.2017, Ra 2017/21/0135). Ferner judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine in Österreich vorgenommene medizinische Behandlung im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung der persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet führen kann. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob diese medizinische Behandlung auch außerhalb Österreichs erfolgen bzw. fortgesetzt werden kann (vgl. dazu etwa VwGH 23.3.2017, Ra 2017/21/0004, Rn. 12, mwN; 22.8.2019, Ra 2019/21/0026-8).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041 mit Hinweis auf E 30.8.2011, 2008/21/0605; 14.4.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.6.2016, Ra 2016/21/0165; 4.8.2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253-12; 19.12.2019, Ra 2019/21/0185; 15.1.2020, Ra 2017/22/0047).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072, mwN; 21.3.2018, Ra 2017/18/0333).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN). Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Kinder durchschlagen, wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205 bis 0210, mwN; 21.5.2019, Ra 2019/19/0136).
3.4.3. Die beschwerdeführenden Parteien sind unbescholten und leben seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet in einem gemeinsamen Haushalt. In dieser Zeit entwickelte die Familie ein schützenswertes Privatleben in Österreich. Die beschwerdeführenden Parteien haben ihre Aufenthaltsdauer nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern waren deren einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit Dezember 2014 bzw. Juni 2015 anhängig, ohne dass den beschwerdeführenden Parteien diese Verfahrensdauer zur Last gelegt werden kann.
Die beschwerdeführenden Parteien verfügen sowohl in sprachlicher, als auch in gesellschaftlicher Hinsicht über eine vertiefte Integration.
Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin waren bestrebt, die deutsche Sprache zu erlernen und haben sich durch den Besuch von Deutschkursen sowie den Gebrauch der deutschen Sprache in ihrem sozialen Umfeld mittlerweile sehr gute Deutschkenntnisse angeeignet, wobei der Erstbeschwerdeführer durch die Absolvierung einer ÖSD-Prüfung nachgewiesene Kenntnisse auf dem Niveau B1 sowie die Zweitbeschwerdeführerin Kenntnisse auf dem Niveau B2 erlangt hat. Die Drittbeschwerdeführerin hat ihre gesamte bisherige Schullaufbahn im Bundesgebiet in deutscher Sprache absolviert und besuchte zuletzt die erste Klasse eines Bundesrealgymnasiums mit gutem Erfolg. Sämtlichen beschwerdeführenden Parteien ist demnach die Bewältigung ihres Alltages in deutscher Sprache möglich.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zeigten sich überdies um eine berufliche Integration bemüht und streben eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit der Familie an. In diesem Sinne legten der Erstbeschwerdeführer zwei Einstellungszusagen über Vollzeitbeschäftigungen als Fahrer sowie die Zweitbeschwerdeführerin eine Einstellungszusage über eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden als Administratorin vor. Aufgrund der in Vorlage gebrachten Beschäftigungszusagen, der guten Deutschkenntnisse sowie der sozialen Vernetzung der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet, ist davon auszugehen, dass es der Familie möglich sein wird, künftig weitgehend unabhängig von staatlichen Leistungen zu leben.
Darüber hinaus weisen die beschwerdeführenden Parteien eine soziale Verankerung im Bundesgebiet auf, was durch die in großer Anzahl vorgelegten Unterstützungsschreiben und -erklärungen österreichischer Mitbürger, welche die gute Integration und Hilfsbereitschaft der BeschwerdeführerInnen betonen und sich für den Verbleib der Familie in Österreich aktiv einsetzen, untermauert wird. Zudem besteht eine enge familiäre Bindung zu der seit rund 17 Jahren legal in Österreich aufhältigen und hier erwerbstätigen Mutter des Erstbeschwerdeführers, mit welcher die beschwerdeführenden Parteien gemeinsam in einer von dieser angemieteten Genossenschaftswohnung leben und durch welche sie zusätzliche finanzielle Unterstützung erfahren. Die beschwerdeführenden Parteien sind aktive Mitglieder einer griechisch-orthodoxen Pfarre, in welcher der Erstbeschwerdeführer regelmäßig unentgeltliche Hilfstätigen leistet.
Die seit fünf Jahren durchgehend in Österreich aufhältige Drittbeschwerdeführerin hat die Volksschule im Bundesgebiet absolviert, besuchte zuletzt die erste Klasse eines Bundesgymnasiums, weist gute schulische Leistungen auf und nimmt in ihrer Freizeit an einem Tanz- und Kunstkurs teil. Zwar befindet sich die elfjährige Drittbeschwerdeführerin grundsätzlich noch in einem mit hoher Lern- und Anpassungsfähigkeit verbundenen Alter, sodass ein Übergang zu einem Leben in der Ukraine gemeinsam mit ihren Eltern nicht zwangsläufig mit unzumutbaren Härten einhergehen würde. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Minderjährige im Alter von vier Jahren ins Bundesgebiet eingereist ist, in das hiesige Schulsystem eingegliedert wurde und hier ein verwandtschaftliches und freundschaftliches Netz hat, wohingegen sie mit dem Alltagsleben und dem Schulsystem der Ukraine nicht vertraut ist und dort keine sozialen Bindungen hat.
Aus den in Vorlage gebrachten Unterlagen ergibt sich glaubhaft, dass der Lebensmittelpunkt der beschwerdeführenden Parteien nunmehr in Österreich liegt und diese während ihrer mehr als fünfjährigen Aufenthaltsdauer eine außergewöhnliche Integration erlangt haben. Demgegenüber bestehen zum Heimatland nur mehr vergleichsweise geringe Bindungen. Aufgrund der bisherigen Lebensumstände der beschwerdeführenden Parteien ist von einer positiven Zukunftsprognose und künftigen Selbsterhaltungsfähigkeit der Familie auszugehen. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass sich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin der Unsicherheit eines weiteren Aufenthaltes grundsätzlich bewusst gewesen sind, im vorliegenden Fall kein entscheidungsmaßgebliches Gewicht zu.
3.4.4. Wie dargelegt, ist das Interesse der beschwerdeführenden Parteien an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens als schützenswert anzusehen und überwiegt im konkreten Einzelfall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen. Daher liegen die Voraussetzungen für eine Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 fallgegenständlich vor. Es beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Ist eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig und daher nicht zu erlassen, so lässt sich dem Gesetz für die diesbezügliche, nach § 9 Abs. 3 BFA-VG vorzunehmende Feststellung nicht die Bedingung entnehmen, dass zuvor über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 negativ abgesprochen wurde. Vielmehr entfällt diesfalls eine amtswegige Prüfung der Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels, weil gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 (jedenfalls) ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist (vgl. VwGH 27.4.2020, Ra 2020/21/0121-3).
3.4.5. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird. Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG), idgF, erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 IntG als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,
2. (Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 18, BGBl. I Nr. 41/2019)
3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,
4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,
5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach „Deutsch“ positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach „Deutsch“ auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet „Deutsch – Kommunikation und Gesellschaft“ im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,
6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach „Deutsch“ nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,
7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder
8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.
Gemäß § 81 Abs. 36 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idgF gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.
In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.
Der Erstbeschwerdeführer hat ein Zertifikat über eine im März 2019 abgelegte Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 in Vorlage gebracht, wodurch er gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 IntG das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (welches die Erfüllung des Moduls 1 gemäß § 9 Abs. 4 IntG inkludiert) erfüllt.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat im April 2016 ein ÖSD-Zertifikat „Deutsch Österreich B1“ erlangt, wodurch sie gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat.
Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin erfüllt durch den Besuch einer Sekundarschule im Bundesgebiet und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand Deutsch in der zuletzt ausgestellten Schulnachricht gemäß §§ 9 Abs. 4 iVm 10 Abs. 2 Z 4 IntG ebenfalls das Modul 2 der Integrationsvereinbarung.
Es liegen daher bei allen beschwerdeführenden Parteien die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung plus“ vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Grundlegend sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0391, mwN).
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann allerdings eine Verhandlung unterbleiben (vgl. etwa VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 26.1.2017, Ra 2016/21/0233; 29.8.2019, Ra 2017/19/0532, jeweils mwN).
Da unter Berücksichtigung der in Vorlage gebrachten Unterlagen bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass sich der Ausspruch einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf die beschwerdeführenden Parteien als unzulässig erweist und keine Anhaltspunkte für eine negative Zukunftsprognose bestehen, konnte die zusätzliche Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
Im gegenständlichen Verfahren konnte somit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die ordentliche Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG erweist sich insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig ist und keinerlei Rechtsfragen – schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung – aufwirft. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung. Auch ist die im gegenständlichen Fall maßgebende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen, insbesondere der Abwägung des Privat- und Familienlebens, auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Familienangehöriger Familienverfahren Integration Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W103.2181035.1.00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020