TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 W281 2232493-1

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Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W281 2232493-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Burgenland (BAE) vom 25.06.2020, Zl. XXXX ,

die Anhaltung in Schubhaft seit 25.06.2020 sowie die Fortsetzung der Anhaltung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2020 und der Anhaltung in Schubhaft von 25.06.2020 bis 30.06.2020 festgestellt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 30.10.2018 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2019, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, zweiter und dritter Fall sowie Abs 2 Z 3 SMG, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1, zweiter und vierter Fall SMG sowie wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieses Urteil wurde am 06.12.2019 rechtskräftig.

Am 25.03.2020 teilte das Bundesamt mittels schriftlicher Verständigung das Ergebnis der Beweisaufnahme mit und setzte den Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt, dass es beabsichtige eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer zu erlassen, nach Strafhaftende eine Sicherungsmaßnahme, wie etwa die Schubhaft, anzuordnen und in Vollstreckung der Rückkehrentscheidung gemäß § 46 FPG nach Nigeria, den Herkunftstaat das Beschwerdeführers abzuschieben. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben und dem Beschwerdeführer Fragen zur Beantwortung übermittelt.

Der Beschwerdeführer brachte am 31.03.2020 eine schriftliche Stellungnahme ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.06.2020, Zl. XXXX , wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig sei, gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Diese Beschwerde ist derzeit zur Zahl 2232291-1 beim Bundesverwaltungsgericht seit 26.06.2020 anhängig. Über die aufschiebende Wirkung hat das Bundesverwaltungsgericht im Entscheidungszeitpunkt noch nicht entschieden.

Am 25.06.2020 erließ das Bundesamt den gegenständlichen Mandatsbescheid und nahm den Beschwerdeführer in Schubhaft.

Mit Beschwerde vom 26.06.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid sowie die weitere Anhaltung in Schubhaft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat im vorliegenden Verfahren ausschließlich zu klären, ob die Schubhaft zurecht angeordnet wurde, die Anhaltung in Schubhaft ab 25.06.2020 rechtmäßig war und ob die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gegeben sind.

1.       Feststellungen:

1.1. Allgemein zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Er ist gesund.

Er geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung.

Er hat in Österreich keine Familienangehörigen und auch sonst keine engen sozialen Bindungen oder Anknüpfungspunkte.

Er verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Der Beschwerdeführer besitzt einen ungarischen Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer ist seit 06.06.2015 verheiratet und lebt in Ungarn mit seiner Frau ( XXXX ) und einem Sohn ( XXXX ) zusammen.

1.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Allgemein, Fortsetzung, Sicherungsbedarf, Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit):

1.2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.06.2020 wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig sei, gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10.06.2020 persönlich durch Übergabe zugestellt. Die Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar.

Mit Bescheid vom 12.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes am 18.06.2020 um 10:30 im PAZ Hernalser Gürtel als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung eine Rechtsberatung beigegeben. Der Bescheid und die Verfahrensanordnung wurden dem Beschwerdeführer persönlich durch Übergab zugestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.06.2020 im PAZ Wien vorgeführt.

Am 19.06.2020 brachte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.06.2020 beim Bundeamt ein. Die Beschwerde ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Über die aufschiebende Wirkung wurde noch nicht entschieden.

Am 25.06.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen.

Mit Mandatsbescheid vom 25.06.2020 wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG angeordnet. Dabei verweigerte der Beschwerdeführer die Unterschrift um die Übergabe um 08:00 Uhr zu bestätigen. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer übergeben.

Seit 25.06.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

1.2.2 Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.2.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht.

Er reiste im Zeitraum von 24.07.2017 bis 25.10.2018 mehrfach illegal zu Begehung strafbarer Handlungen nach Österreich ein. Zuletzt reiste er am 25.10.2018 mit dem Zug aus Ungarn nach Österreich ein.

Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Festnahme am 25.10.2018 bis 25.06.2020 zunächst in Untersuchungshaft und anschließend in Strafhaft. Der Beschwerdeführer ist seit dem 25.10.2018 in Österreich behördlich ausschließlich in den jeweiligen Haftanstalten gemeldet.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, zweiter und dritter Fall sowie Abs. 2 Z 3 SMG, das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, fünfter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG, das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, zweiter und vierter Fall SMG und das Vergehen der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB begangen und unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 28a Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Dieser Verurteilung liegen zum einen Taten zu Grunde, in denen der Beschwerdeführer in Wien und anderen Orten vorschriftwidrig Suchtgift in einer insgesamt das 15 – fache, nicht aber das 25 – fache der Grenzmenge übersteigenden Menge aus den Niederlanden bzw. aus Ungarn aus und nach Österreich eingeführt hat indem er

1.       am 24.07.2017 ca. 400 Gramm Kokain mit zumindest 20% Reinsubstanz Cocain aus den Niederlanden nach Österreich transportierte;

2.       am 15.09.2018 ca. 700 Gramm Kokain mit zumindest 20% Reinsubstanz Cocain aus den Niederlanden nach Österreich transportierte;

3.       am 30.09.2018 ca. 700 Gramm Kokain mit zumindest 20% Reinsubstanz Cocain aus den Niederlanden nach Österreich transportierte;

4.       am 25.10.2018 in Ungarn eine nicht mehr feststellbare Anzahl an Bodypacks mit einer nicht mehr feststellbaren Menge Kokain mit mindestens 20% Reinsubstanz Cocain verschluckte und mit diesem sodann von Budapest nach Wien reiste.

Dieser Verurteilung liegen aber auch Taten zugrunde, in denen der Beschwerdeführer vorschriftwidrig Suchtgift in einer insgesamt das 15- fache, nicht aber das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen hat, indem er am 24.07.2017 Suchtgift an Benützer und am 15.09.2018 an einen oder mehrere unbekannte Suchtgiftnehmer übergab sowie am 01.10.2018 Suchtgift an verschiedene Suchtgiftabnehmer übergab.

Der Beschwerdeführer hat aber dadurch auch vorschriftwidrig Suchtgift mit dem Vorsatz besessen und befördert, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem er am 25.10.2018 Suchtgift von der österreichischen Staatsgrenze bis nach Wien reiste.

Zusätzlich hat der Beschwerdeführer aber auch zwischen 27.10.2018 und 30.10.2018 ein Beweismittel, über das er nicht alleine verfügen durfte und das zur Verwendung in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bestimmt war, mit dem Vorsatz unterdrückt, dass dieses Beweismittel im Verfahren gebraucht werde, indem er das von ihm nach Österreich transportierte Kokain – dessen Besitz allgemein verboten ist – in der „Bodypackerzelle“ der Justizanstalt Wien Josefstadt in seiner Urinflasche auflöste bzw. auf andere Art der Sicherung entzog. Dabei schied er zwischen 27.10.2018 und 30.10.2018 insgesamt vier Mal Verpackungsmaterial, das er zuvor in Ungarn verschluckt hatte, aus und gelang es ihm, das in diesem Material verpackte Kokain zumindest zum Teil in seiner Urinflasche oder auch anderweitig zu entsorgen.

Der Beschwerdeführer beging diese Taten, da er mit einem Einkommen nicht das Auslangen fand und versuchte sich durch den Transport von Suchtmittel nach Österreich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Er wusste, dass es sich um Kokain handelte und rechnete ernstlich damit, dass dieses Kokain einen üblichen Reinheitsgrad an dem Inhaltsstoff Cocain von 20% in der Pulvermenge haben wird. Bei der Strafbemessung wurden mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel und erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die im Rahmen des § 28a Abs. 2 Z 3 SMG höhere Menge gewertet.

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

1.2.5. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Nigerianische Botschaft ist möglich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend.

1.1. Allgemein zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität sind unstrittig und ergeben sich insbesondere aus einer im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend erliegenden Passkopie mit Gültigkeitsdatum von 28.04.2014 bis 27.04.2019. Es sind keine Ergebnisse hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte. Die Feststellungen zum Familien – und Privatleben und zum fehlenden gesicherten Wohnsitz in Österreich ergeben sich aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 31.03.2020 und auch aus einer Abfrage des zentralen Melderegisters, in der als Hauptwohnsitz ausschließlich Justizanstalten bzw. das PAZ geführt werden.

Der Beschwerdeführer hat nie behauptet nicht gesund zu sein und gegenteilige Ermittlungsergebnisse sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Die Feststellungen zum ungarischen Aufenthaltstitel und zu den Familienangehörigen in Ungarn ergeben sich ebenfalls aus seiner Stellungnahme vom 31.03.2020 und den mehrfach im Verfahren vorgelegten Kopien von Identitätskarten seiner Frau und seines Sohnes, einer Geburtsurkunde des Sohnes, einer Bestätigung über die Eheschließung und einer Kopie seines Aufenthaltstitels, allesamt im Akt des Bundesamtes, der zu 2232291-1 vorgelegt wurde.

1.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Allgemein, Fortsetzung, Sicherungsbedarf, Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit):

Die Feststellungen zu den Bescheiden des Bundesamtes ergeben sich aus eben diesen. Die Feststellungen zu den Zustellungen dieser Bescheide ergeben sich aus den im Aikt erliegenden Übergabebestätigungen (siehe auch hier den vorgelegten Verwaltungsakt zu 2232291-1).

Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner Verurteilungen festzustellen. Die Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Akt erliegenden Urteil eines Landesgerichtes (ebenfalls in 2232291-1) und einer Strafregisterauskunft.

Die Feststellungen zu den Anhaltungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters und der Bestätigung über die bedingte Entlassung, die auch mit der Beschwerde vorgelegt wurde.

Die Feststellungen zur Vertrauenswürdigkeit ergeben sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens (die Erfüllung strafrechtlicher Tatbestände in einem Zeitraum von etwa 15 Monaten) für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.

Die Feststellung, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates möglich ist, ergeben sich aus den Ermittlungsergebnissen im Rahmen der Vorführung des Beschwerdeführers am 18.06.2020 im PAZ (siehe auch hier den vorgelegten Verwaltungsakt zu 2232291-1).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.3. Zu A) – Spruchpunkt I. - Verhängung der Schubhaft und Anhaltung in Schubhaft

3.3.1. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Mit Erlassung des Bescheides vom 10.06.2020, zugestellt am 10.06.2020, besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer. Daher war die Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.3.2. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Das Bundesverwaltungsgericht geht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer reiste mehrfach illegal nach Österreich ein um dort wiederholtes Vergehen und Verbrechen nach dem Suchmittelgesetz zu begehen, insbesondere dadurch, dass er große Mengen an Kokain (meist zwischen 400 und 700 Gramm) über einen Zeitraum von 15 Monaten zum einen von den Niederlanden nach Österreich transportierte und auch in Wien an Suchtgiftabnehmer übergab um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Der Beschwerdeführer wurde deswegen auch strafgerichtlich verurteilt und zuletzt nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe entlassen. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Er kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund seines Verhaltens nicht als kooperativ und vertrauenswürdig angesehen werden. Er hat zwar angegeben nach Ungarn ausreisen zu wollen, doch handelt es sich bei Ungarn nicht um jenen Staat, für den die Abschiebung in der Rückkehrentscheidung vom 10.06.2020 für zulässig erklärt wurde. Es ist daher gerade nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer freiwillig nach Nigeria ausreisen wird und so ein kooperatives Verhalten zeigt, dass eine Fluchtgefahr unwahrscheinlich erscheinen lässt. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder ein Familien- noch ein Privatleben. Zudem verfügt er über keinen gesicherten Wohnsitz. Der Beschwerdeführer geht zudem in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über ausreichende eigene finanzielle Mittel. Soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Beschwerdeführer nicht nach Ungarn ausreisen wird und sich so einer potentiellen Abschiebung entziehen wird, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Verantwortung des Beschwerdeführers im Verfahren und in der Beschwerde lässt ausschließlich darauf schließen, dass er bei Aufhebung der Schubhaft nach Ungarn ausreisen werde. Daher liegen in einer Gesamtbetrachtung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt hat, um sich seiner Abschiebung nicht zu entziehen. Vor dem Hintergrund, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zeitnah allenfalls auch durch eine Einzelrückführung geplant ist, der Beschwerdeführer laut seinen Ausführungen nach Ungarn ausreisen würde um nicht nach Nigeria abgeschoben zu werden, geht das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers Fluchtgefahr vorliegt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht – wenn im Bescheid auch verkürzt dargestellt - vom Vorliegen einer Fluchtgefahr insbesondere aufgrund des strafrechtlichen Verhalten des Beschwerdeführers ausgegangen und der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG und § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen.

3.3.3. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht nennenswert sozial oder beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben war.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über ausreichende (eigene) Mittel zur Existenzsicherung und ist beruflich nicht verankert. Er hat in Österreich strafbare Handlungen begangen und weist eine Verurteilung wegen der Vergehen und des Verbrechens von Suchmittel im Zusammenhang mit dem Transport und die Weitergabe von Kokain in großen Mengen an Suchtgiftabnehmer in einem Zeitraum von 15 Monaten auf. Zusätzlich hat der Beschwerdeführer Beweise unterdrückt, indem er das Kokain während der Anhaltung in seiner Urinflasche aufgelöst hat. Auch diese Umstände zeigen, dass der Beschwerdeführer die geltenden Gesetze nicht beachtet.

Der Beschwerdeführer hat keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte und er hat keinen gesicherten Wohnsitz in Österreich. Sein gesamtes Familien- und Privatleben führt er in Ungarn. Auch seine Familie hat ihn aber in der Vergangenheit nicht an der Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Transport und der Weitergabe von Kokain in großen Mengen über einen Zeitraum vom 15 Monaten abgehalten. So begann der Beschwerdeführer mit den strafbaren Handlungen etwa zwei Jahre nach der Eheschließung und wurde seit 25.10.2018 zunächst in Untersuchungshaft und dann Strafhaft angehalten.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht auch nicht, dass derzeit das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist und auch die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung noch nicht erfolgt ist. Sofern die Beschwerde in diesem Zusammenhang mit ihren Ausführungen auf das Erkenntnis des VwGH vom 29.05.2018, Zl. Ra 2018/21/0060 verweist, ist zu entgegen, dass nach diesem Erkenntnis eine noch nicht rechtskräftige Rückkehrentscheidung allenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden ausschließlich im Hinblick auf den Sicherungszweck von Bedeutung sein kann. Es ist nicht Sache des Schubhaftbeschwerdeverfahrens zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich rechtmäßig ist, da dies in einem eignen Verfahren geprüft wird. Dies geht aus dem zitierten Erkenntnis auch nicht hervor. Auch könnte für eine allfällige Prüfung – vor dem Hintergrund der kurzen Entscheidungsfrist in Schubhaftbeschwerden – allenfalls nur ein äußerst grober Prüfmaßstab angelegt werden. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürger, dies ist jedenfalls unstrittig und kann daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung erlassen werden. Es ist auch nicht unzulässig, eine Rückkehrentscheidung gegen einen Fremden, der einen Aufenthaltstitel in einem anderen Mitgliedstaat hat zu erlassen. In einer Konstellation wie der vorliegenden ist es daher – ohne der Entscheidung über die aufschiebende Wirkung oder die Entscheidung über die Rückkehrentscheidung vorzugreifen - zumindest nicht ausgeschlossen, dass eine Rückkehrentscheidung verhängt werden könnte, da die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers – vor dem Hintergrund seines straffälligen Verhaltens im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten - geboten sein könnte. Dies hat das Bundesamt in einer Stellungnahme vom 30.06.2020 auch dargelegt. Nach den Informationen der erkennenden Richterin im Entscheidungszeitpunkt soll eine Verhandlung im Beschwerdeverfahren jedenfalls zeitnah anberaumt werden.

Auch eine vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft zeigt, dass der Beschwerdeführer sich insbesondere zwar während der Haft wohlverhalten hat, sie reicht aber aufgrund der Schwere der vom Beschwerdeführer begangen Taten – auch wenn es sich um die erste Verurteilung handelt - im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten in nicht unbescheidener Menge (zu verschiedenen Zeitpunkten etwa 400 oder 700 Gramm) und der mangelnden sozialen Verankerung in Österreich, der fehlenden Ausreisewilligkeit nach Nigeria und der Verantwortung des Beschwerdeführers umgehend nach Ungarn zurückzukehren, nicht aus, um einen Sicherungsbedarf zu verneinen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher im Ergebnis zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.3.4. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich strafbare Handlungen begangen und reiste dazu mehrfach illegal nach Österreich ein um dort wiederholt große Mengen an Kokain (meist zwischen 400 und 700 Gramm) über einen Zeitraum von 15 Monaten zum einen von den Niederlanden nach Österreich transportieren und auch in Wien an Suchtgiftabnehmer übergeben um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Dazu wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2019 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, zweiter und dritter Fall sowie Abs. 2 Z 3 SMG, das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, fünfter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG, das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, zweiter und vierter Fall SMG und das Vergehen der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB begangen unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 28a Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die von 25. Oktober 2018 bis 04.12.2019 dauernde Vorhaft wurde dem Beschwerdeführer auf die Strafhaft angerechnet. Das zuständige Strafgericht wertete dabei den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd, erschwerend wurden hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die im Rahmen des § 28a Abs. 2 Z 3 SMG höhere Menge gewertet.

Der Beschwerdeführer achtet somit die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist in Österreich zudem nicht beruflich verankert und verfügt nicht über ausreichende eigene Mittel zu Existenzsicherung, und hat keine privaten oder familiären Anknüpfungspunkte oder Bindungen. Sein gesamtes Familienleben hat der Beschwerdeführe in Ungarn. Dieses Familienleben und auch sein 2015 geborener Sohn konnten ihn aber nicht von der Begehung von Suchtmitteldelikten abhalten, da er bereits zwei Jahre nach der Eheschließung und der Geburt des Sohnes mit dem Transport und der Weitergabe von Kokain begann, um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht. Auch in diesem Zusammenhang ist auf eine zeitnahe Möglichkeit der begleitenden Einzelrückführung zu verweisen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass nach den Informationen der erkennenden Richterin im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung eine Verhandlung im Beschwerdeverfahren jedenfalls zeitnah anberaumt werden soll.

3.3.5. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt – auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen – zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gesetzten Verhaltens, des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht nach Nigeria zurückkehren möchte und er keine familiären oder beruflichen Bindungen oder gar einen gesicherten Wohnsitz in Österreich hat und von ihm auch nicht in der Beschwerde ins Treffen geführt werden, kann in Zusammenschau mit den weiteren obigen Ausführungen im gegenständlichen Fall ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. Es ist somit in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer bei Entlassung aus der Schubhaft seinen fremdenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen werde. Auch unter Berücksichtigung seiner familiären Situation ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Freiheit belassen seine Abschiebung abwarten werde, sondern Handlungen setzen wird, um nach Ungarn auszureisen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.

3.3.6. Sache des vorliegenden Schubhaftverfahren ist die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft, der Anhaltung in Schubhaft und die Forstsetzung gegeben sind. Es ist nicht Sache des Schubhaftverfahrens festzustellen, ob eine Rückkehrentscheidung rechtswidrig erlassen wurde. Diese Voraussetzungen werden in einem eigenen bereits anhängigen Beschwerdeverfahren geprüft und dürfte die erkennende Richterin mit der gegenständlichen Entscheidung der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung nicht vorgreifen. Sofern die Beschwerde somit die Rechtswidrigkeit der Erlassung der Rückkehrentscheidung in der gegenständlichen Beschwerde rügt, diesbezügliche Judikatur zitiert und auch auf die diesbezügliche Beschwerde verweist, gehen diese Ausführungen in Leere. Der Beschwerdeführer ist daher mit diesen Ausführungen auf das Beschwerdeverfahren zu 2232291-1 verweisen.

3.3.7. Sofern die Beschwerde rügt, dass sich der Beschwerdeführer bei Einleitung des Schubhaftverfahrens in Gerichtshaft befunden hat und gemäß § 76 Abs. 4 FPG die Erlassung eines Mandatsbescheides nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche, zeigt die Beschwerde einen formellen Mangel zwar auf, unterlässt es aber darzutun, welche Ergebnisse sich nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ergeben hätten, die aufgrund der vorliegenden Sach- und Rechtslage zu einem anderslautenden Bescheid geführt hätten. Der Beschwerdeführer ist unbestritten wiederholt nach Österreich zur Verübung von Suchtmitteldelikten (davon auch Taten, die als Verbrechen zu qualifizieren sind) eingereist, strafgerichtlich verurteilt worden, verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz, hat nach eigenen Angaben keine familiären oder privaten Bindungen und hat auch nicht angegeben, freiwillig nach Nigeria ausreisen zu wollen. Es ist wie bereits aufgezeigt nicht Sache des Schubhaftverfahrens die Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung zu überprüfen. Die Beschwerde bringt daher nicht einmal ansatzweise vor und weckt beim Bundesverwaltungsgericht auch nicht den Verdacht, dass Ermittlungsergebnisse hätten hervorkommen können, die zu einem anderslautenden Bescheid hätten führen können. Daher wird die Relevanz des Mangels nicht dargetan. Ein derartiger formeller Mangel führt daher im konkreten Fall nicht zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides.

3.3.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

3.3.9. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2020 sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft war daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher auch eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.4.2. Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Insbesondere ist die Ausstellung eines Heimreisezertifikates möglich. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG und § 76 Abs. 3 Z 9 FPG eine Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf des Beschwerdeführers sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung seiner Abschiebung zu bejahen ist.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte „Ultima-ratio-Situation“ für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft auch weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig.

3.4.3. Aufgrund der derzeitigen Corona-Pandemie kommt es auch weiterhin zu Verzögerungen bzw. Annullierungen von Flügen im internationalen Flugverkehr. Im Bescheid wurde eine Abschiebung für 23.07.2020 in Aussicht gestellt. Dieser Termin wurde in der Zwischenzeit kurzfristig verlegt. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat nach Nigeria (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin und ist eine zeitnahe Abschiebung – im Wege der Einzelabschiebung - wahrscheinlich. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 30.06.2020, in der ausgeführt wird, dass am 25.06.2020 auch eine Buchungsanfrage zwecks begleiteter Einzelrückführung an die dafür zuständige Abteilung des Bundesamtes gerichtet wurde. Nach Auskunft der Abteilung für Einzelrückführungen wird derzeit trotz COVID-19-Maßnahmen versucht, Buchungen für Einzelrückführungen (begleitet oder unbegleitet) durchzuführen. Aufgrund der weitgehenden Lockerungen der Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 sowie dem Umstand, dass es im Bereich des internationalen Flugverkehrs immer mehr zur Normalisierung des Flugbetriebes kommt, ist im Entscheidungszeitpunkt überdies davon auszugehen, dass eine zeitnahe Abschiebung des Beschwerdeführers als begleitete Einzelrückführung aus derzeitiger Sicht realistisch ist.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.4.4. Das Bundesverwaltungsgericht trifft seine Entscheidung im Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage der Erlassung seines Erkenntnisses. Zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses wurde über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers noch nicht entschieden. Unter dem Aspekt, dass eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgen könnte, ist davon auszugehen, dass es im Zeitpunkt der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage kommen könnte und daher allenfalls auch eine weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor dem Hintergrund einer anderen Sach- und Rechtslage zu prüfen wäre. Auch nach einer Entscheidung in der Sache des Beschwerdeverfahrens könnte es zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage kommen. Nach den Informationen der erkennenden Richterin im Zeitpunkt dieser Entscheidung soll eine Verhandlung im Beschwerdeverfahren jedenfalls zeitnah anberaumt werden.

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage, des Inhaltes der Beschwerde und der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Eine mündliche Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zum Beweis dafür beantragt, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt. Damit bezieht sich der Antrag zum Beweis dafür, ob die Voraussetzungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und die Voraussetzungen für die sofortige Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG vorliegen. Die Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung ist aber nicht Sache des Schubhaftbeschwerdeverfahrens. Die Rechtsmäßigkeit der Rückkehrentscheidung ist im anhängigen Beschwerdeverfahren zu klären. Es wird zusätzlich auf die Ausführungen unter Punkt. 3.4.3 und 3.4.4. verwiesen und darauf, dass laut Informationen der erkennenden Richterin eine Verhandlung im Beschwerdeverfahren zeitnah anberaumt werden soll.

Zusätzlich wurde die Einvernahme eines informierten Vertreters des Bundesamtes der Abteilung für Rückkehrvorbereitung beantragt und dies zu der Frage, ob eine Abschiebung nach Nigeria vor dem Hintergrund der nach wie vor aufrechten Beschränkung in den kommenden Wochen und Monaten realistisch ist. Bei einer derartigen Einschätzung kommt es nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht auf den persönlichen Eindruck des Bundesamtes oder einer allfälligen in einer mündlichen Verhandlung zu beurteilenden Glaubwürdigkeit des Bundesamtes an, sondern kann diese Einschätzung auch durch eine schriftliche Stellungnahme erfolgen. In der Stellungnahme des Bundesamtes vom 30.06.2020 wird dargelegt, dass ein Abschiebungscharter für 23.07.2020 im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zwar gegeben war, in der Zwischenzeit dieser Charter vorerst wieder auf unbestimmte Zeit verlegt wurde. Festgehalten wird, dass parallel dazu aber am 25.06.2020 auch eine Buchungsanfrage zwecks begleiteter Einzelrückführung an die dafür zuständige Abteilung des Bundesamtes gerichtet wurde. Nach Auskunft der Abteilung für Einzelrückführungen wird derzeit trotz COVID-19-Maßnahmen versucht, Buchungen für Einzelrückführungen (begleitet oder unbegleitet) durchzuführen. Aufgrund der derzeit immer weiter voranschreitenden Lockerungen der COVID-19-Maßnahmen sowie dem Umstand, dass es im Bereich des internationalen Flugverkehrs immer mehr zur Normalisierung des Flugbetriebes kommt, ist im Falle des Beschwerdeführers daher jedenfalls mit einer realistischen Möglichkeit einer zeitnahen Flugabschiebung in den Herkunftsstaat zu rechnen. Für das Bundesverwaltungsgericht gibt es vor dem Hintergrund dieser Ausführungen keine Anhaltspunkte, diese Ausführungen in Zweifel zu ziehen, weshalb eine „Einvernahme“ eines Vertreters des Bundesamtes zu diesem Beweisthema unterbleiben konnte. Eine realistische Möglichkeit einer zeitnahen Abschiebung ist vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der noch offenen Buchungsanfrage vom 25.06.2020 zwecks begleiteter Einzelrückführung auch für das Bundesverwaltungsgericht im Entscheidungszeitpunkt wahrscheinlich.

Es war daher von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt III. und IV. - Kostenersatz

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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