TE Vwgh Beschluss 1997/11/13 96/07/0245

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.1997
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/05 Pflanzenschutz Schädlingsbekämpfung;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs2;
B-VG Art132;
PMG §9 Abs2;
PMG §9 Abs3;
VwGG §27 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, in der Beschwerdesache der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien I, Franz Josefs-Kai 3, gegen den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Am 22. November 1994 stellte die fachkundig vertretene Beschwerdeführerin an die belangte Behörde "p.a. Bundesanstalt für Pflanzenschutz" einen Antrag auf Abänderung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Dursban 4 E gemäß § 10 Pflanzenschutzmittelgesetz (PMG). In einem an das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft gerichteten Begleitschreiben vom 22. November 1994, welches ebenso wie der Abänderungsantrag bei der genannten Dienststelle am 23. November 1994 eingelangt war, wird ausgeführt, daß auf Grund des verordneten Verbots von 1,1,1-Trichlorethan eine neue Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels vorgenommen worden sei. Die Stellung eines "kompletten" Antrages unter Beifügung aller Unterlagen auf Abänderung der Zulassung sei leider nicht möglich gewesen, weil der im Pflanzenschutzmittel enthaltene Wirkstoff Chlorpyrifos einer der ersten 90 Wirkstoffe sei, die im Rahmen der EU-Zulassung geprüft würden. Das Herstellerunternehmen dieses Wirkstoffes sehe sich nicht in der Lage, die Unterlagen für den Wirkstoff Chlorpyrifos innerhalb kürzester Zeit für Österreich zur Verfügung zu stellen, da man primär mit der Antragsvorbereitung für Brüssel beschäftigt sei. Eine Übermittlung der Wirkstoff-Unterlagen wäre laut Auskunft des Unternehmens frühestens in acht bis zwölf Monaten möglich. Es würden selbstverständlich sämtliche Unterlagen, welche auch für die EU-Zulassung seitens des Erzeugerunternehmens des Wirkstoffes eingereicht worden seien, innerhalb des nächsten Jahres nachgereicht werden. Es werde um Verständnis für die Situation ersucht und gebeten, die Begutachtung auf Grund der bisher vorliegenden Unterlagen vorzunehmen.

Nachdem der Beschwerdeführerin eine Liste jener Mängel ihrer Antragsunterlagen bekanntgegeben wurde, die in bezug auf eine Vermeidung von Gefahren für die Umwelt nach § 9 Abs. 3 PMG offensichtlich vorlägen, wurden der Beschwerdeführerin vom Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft in der Folgezeit mehrfach erstreckte Fristen zur Behebung der dem Antrag anhaftenden Mängel unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 3 PMG gesetzt. Mit Schreiben vom 11. Jänner 1996 kündigte die Beschwerdeführerin die Vorlage der noch aushaftenden Antragsunterlagen bis Mitte des Jahres 1996 an, worauf ihr vom Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft die Frist zur Mängelbehebung bis zum 30. Juni 1996 verlängert wurde. Mit Eingabe vom 15. Oktober 1996 legte die Beschwerdeführerin zur Mängelbehebung 9 Ordner vor. Mit Eingabe vom 28. Oktober 1996 reichte die Beschwerdeführerin weitere 4 Ordner nach.

In ihrer am 20. Dezember 1996 zur Post gegebenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde mit der Begründung geltend, sie habe am 22. November 1994 einen Zulassungsänderungsantrag nach § 10 Abs. 2 PMG gestellt, den die belangte Behörde innerhalb der Zweijahresfrist des § 9 Abs. 2 PMG nicht erledigt habe. Von der Geltung der Zweijahresfrist sei auszugehen, weil zur Entscheidung über den Änderungsantrag keine Versuche zur Erprobung der Wirksamkeit erforderlich gewesen seien, sodaß eine Rücksichtnahme auf Vegetationsperioden im Sinne der Bestimmung des § 9 Abs. 2 PMG nicht in Betracht gekommen sei. Eine Verlängerung der behördlichen Erledigungsfrist durch die Erteilung von Mängelbehebungsaufträgen im Sinne des § 9 Abs. 3 letzter Satz PMG sei deswegen nicht bewirkt worden, weil die der Beschwerdeführerin erteilten Mängelbehebungsaufträge rechtswidrig gewesen seien. Diese Aufträge seien nämlich von einer unzuständigen Einrichtung des Bundes und nicht vom allein zuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erteilt worden, seien über das gesetzlich zulässige Maß hinausgegangen, beruhten auf einer Verkennung des Tatbestandselementes der Offensichtlichkeit von Mängeln im Sinne des § 9 Abs. 3 PMG und widersprächen auch gemeinschaftsrechtlichen Normen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens, ein Gutachten des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft vom 16. August 1995, eine Stellungnahme der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz vom 22. April 1997 und eine Äußerung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 21. April 1997 vorgelegt und erklärt, daß auf der Basis der vorgelegten Aktenunterlagen die positive Erledigung des Antrages der Beschwerdeführerin durch einen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie zu erlassenden Bescheid derzeit nicht möglich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Verfügung vom 1. September 1997 die Beschwerdeführerin von der von der belangten Behörde vorgelegten Stellungnahme des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 21. April 1997 in Kenntnis gesetzt und ihr Gelegenheit gegeben, sich zu den in dieser Stellungnahme vorgetragenen Gründen gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Säumnisbeschwerde zu äußern.

Die Beschwerdeführerin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Die gerügte Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde liegt nicht vor.

Ein Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels hat gemäß § 6 Abs. 2 PMG die dort angeführten Angaben zu enthalten, und es sind ihm die in § 6 Abs. 3 PMG genannten Unterlagen anzuschließen.

Einem Antrag auf Zulassung ist gemäß § 8 Abs. 1 PMG vom Bundesminister für Land- und Forstwirschaft mit Bescheid stattzugeben, wenn das Pflanzenschutzmittel

1.

nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung unter Bedachtnahme auf Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes hinreichend wirksam ist und

2.

nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung oder als Folge einer solchen Anwendung

a)

keine unmittelbar schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben und zu keinen Beeinträchtigungen führen kann, mit denen schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, insbesondere über die Nahrung, über die Nahrungskette oder über das Trinkwasser verbunden sind,

b)

zu keinen unvertretbaren Beeinträchtigungen der Umwelt führen kann und

c)

keine schädlichen Auswirkungen auf zu schützende Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse haben kann und

3.

keine gemäß § 7 Abs. 1 ausgeschlossene Handelsbezeichnung aufweist.

Nach § 9 Abs. 1 PMG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 Z. 1, Z. 2 lit. c und Z. 3 ein Gutachten der Bundesanstalt für Pflanzenschutz oder - nach Maßgabe ihres Wirkungsbereiches - der Forstlichen Bundesversuchsanstalt, über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Z. 2 lit. a ein Gutachten des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz und über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Z. 2 lit. b ein Gutachten des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie einzuholen. Er hat, soweit dies zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erforderlich ist, zusätzlich andere Anstalten oder sonstige Einrichtungen oder fachkundige Personen als Sachverständige heranzuziehen.

Gemäß § 9 Abs. 2 PMG hat über einen Antrag auf Zulassung der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwei Jahre nach dessen Einlangen zu entscheiden. Sind zur Entscheidung auch Versuche zur Erprobung der Wirksamkeit erforderlich, so beträgt die Entscheidungsfrist drei Jahre, für Versuche mit Pflanzenschutzmitteln zur Anwendung im Forst vier Jahre. Die Frist beginnt bei Anträgen für die während der Vegetationszeit anzuwendenden Pflanzenschutzmittel mit dem auf die Einbringung folgenden 1. Februar und für die während der Vegetationsruhe anzuwendenden Pflanzenschutzmittel mit dem auf die Einbringung folgenden 1. August.

Sind die Angaben im Antrag, die Unterlagen oder die Probenmengen (§ 6) offensichtlich nicht vollständig oder offensichtlich für die Beurteilung nicht ausreichend, so ist dies nach § 9 Abs. 3 PMG dem Antragsteller vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft unverzüglich schriftlich mitzuteilen und ihm die Behebung der Mängel innerhalb angemessener Frist bei sonstiger Zurückweisung des Antrages aufzutragen. In diesem Fall verlängert sich die Entscheidungsfrist gemäß Abs. 2 um jene Zeitspanne, die bis zur Behebung der Mängel verstrichen ist.

Nach § 10 Abs. 1 PMG ist die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels von Amts wegen mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft abzuändern oder aufzuheben, wenn sie nicht oder nicht mehr den Zulassungsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1 entspricht.

§ 10 Abs. 2 PMG ordnet an, daß abweichend von § 6 für einen Antrag auf Abänderung der Zulassung nur jene Angaben, Unterlagen und Probenmengen vorzulegen sind, die eine Beurteilung des Abänderungsantrages im Hinblick auf § 8 Abs. 1 ermöglichen. Abs. 1 wird nicht berührt. Die §§ 8 und 9 gelten sinngemäß.

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann gemäß § 27 Abs. 1 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die in der Bestimmung des § 27 Abs. 1 VwGG für den Fall, daß die Verwaltungsmaterie für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, normierte Verlängerung der Frist, nach deren Ablauf Säumnisbeschwerde erhoben werden kann, ist auch auf Fallkonstellationen anzuwenden, denen eine Entscheidungspflicht der als einziger Instanz zur Entscheidung berufenen obersten Verwaltungsbehörde über einen an diese gerichteten Sachentscheidungsantrag zugrundeliegt.

Die Zulässigkeit der vorliegenden Säumnisbeschwerde setzte demnach voraus, wovon auch die Beschwerdeführerin ausgeht, daß die belangte Behörde ihre Entscheidungspflicht nach Maßgabe deren Entstehens nach den Bestimmungen des § 9 Abs. 2 und 3 PMG verletzt hatte.

Ob der belangten Behörde im vorliegenden Fall sachverhaltsbezogen nur die zweijährige Entscheidungsfrist nach § 9 Abs. 2 Satz 1 PMG zur Verfügung stand, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, braucht im Beschwerdefall deswegen nicht untersucht zu werden, weil auch die zweijährige Entscheidungsfrist durch jene Zeitspanne, die bis zur auftragsgemäßen Behebung der ihrem Antrag anhaftenden Mängel verstrichen war, nach § 9 Abs. 3 letzter Satz PMG in einem Ausmaß verlängert worden ist, welches die behördliche Entscheidungspflicht zum Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde durch die Beschwerdeführerin noch gar nicht hatte entstehen lassen.

Daß die Entscheidungsfrist nach § 9 Abs. 2 PMG nach Maßgabe der Bestimmung des § 9 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. sich unabhängig davon verlängert, ob der dem Antragsteller erteilte Mängelbehebungsauftrag nach § 9 Abs. 3 PMG rechtens erteilt worden war, ist eine vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie in seiner von der belangten Behörde vorgelegten Stellungnahme geäußerte Rechtsauffassung, die der Verwaltungsgerichtshof nicht teilt. Da der nach § 13 Abs. 3 AVG erteilte Mängelbehebungsauftrag sich als eine nur das Verfahren betreffende Anordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG einer gesonderten Bekämpfung entzieht, kann seine Rechtmäßigkeit nur in der Prüfung des in seinem Gefolge erlassenen, das Verfahren beendenden Bescheides beurteilt werden (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 257 f, wiedergegebene Judikatur). Unterläßt die Behörde nach Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages eine Sacherledigung, dann ist eine auf Art. 132 B-VG gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof entgegen der Auffassung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie kein grundsätzlich untaugliches Mittel zur Überprüfung eines als rechtswidrig empfundenden Mängelbehebungsauftrages. Eine Rechtswidrigkeit der der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nach § 9 Abs. 3 PMG erteilten Mängelbehebungsaufträge hätte Fristverlängerungsfolgen nach dem letzten Satz der genannten Bestimmung rechtlich verhindert und die behördliche Entscheidungspflicht damit im Falle der Heranziehbarkeit der zweijährigen Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 PMG zu einem Zeitpunkt entstehen lassen, der vor der Erhebung der Säumnisbeschwerde gelegen wäre.

Die der Beschwerdeführerin erteilten Mängelbehebungsaufträge waren aber nicht rechtswidrig. Es zeigen die von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof in diametralem Widerspruch zu ihrem prozessualen Verhalten vor der Verwaltungsbehörde vorgetragenen Gründe einer nunmehr gesehenen Rechtswidrigkeit der ihr erteilten Mängelbehebungsaufträge diese Rechtswidrigkeit nicht erfolgreich auf.

Daß der Beschwerdeführerin die Mängelbehebungsaufträge von einer unzuständigen Einrichtung des Bundes erteilt worden seien, ist ein Einwand, der umso befremdlicher wirkt, als die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren sämtliche Anbringen an diese Einrichtung des Bundes gerichtet hatte. Daß der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Einwand auch rechtlich nicht zutrifft, ergibt sich aus den Gründen des hg. Erkenntnisses vom 20. Februar 1997, 96/07/0170, 0171, und 0172, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG verwiesen wird. Auch zu dem von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argument eines Verstoßes der erteilten Mängelbehebungsaufträge gegen Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes sowohl unter dem Aspekt eines "Unterlaufens" einer unmittelbar bevorstehenden Gemeinschaftsregelung als auch unter dem in der Äußerung der Beschwerdeführerin auf Grund der Aufforderung des Gerichtshofes vom 1. September 1997 nachgetragenen Aspekt ihres gemeinschaftsrechtlichen Datenschutzes genügt nach der vorzitierten Vorschrift der Hinweis auf die Gründe des vorgenannten Erkenntnisses. Die von der Beschwerdeführerin in ihrer Auslegung der Bestimmung des § 9 Abs. 3 PMG in Richtung einer Zweiteilung von Mängeln des Antrages in offenkundige und sonstige - wie auch von der Beschwerdeführerin des vorgenannten Erkenntnisses - angestellten Überlegungen zeigen eine Rechtswidrigkeit der erteilten Mängelbehebungsaufträge nicht auf, weil die dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. November 1994 anhaftenden Mängel im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 PMG offensichtlich waren, wie dies die Beschwerdeführerin in ihrem Begleitschreiben zu ihrem Antrag ebenso zugestanden hatte wie in ihren nachfolgenden Anbringen im Verwaltungsverfahren.

Unter Berufung auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 PMG leitet die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit der ihr erteilten Mängelbehebungsaufträge schließlich daraus ab, daß es sich bei ihrem Antrag um einen solchen auf Abänderung der Zulassung gehandelt habe, welcher nur jener Angaben, Unterlagen und Probenmengen bedurft hätte, die eine Beurteilung des Abänderungsantrages im Hinblick auf § 8 Abs. 1 ermöglichten.

Diesem Einwand ist der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie in seiner von der belangten Behörde vorgelegten Stellungnahme mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß die (erstmalige) Zulassung des betroffenen Pflanzenschutzmittels auf Grundlage des § 13 des Pflanzenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 124/1948, und nach den einschlägigen Bestimmungen in der Pflanzenschutzmittelverordnung, BGBl. Nr. 147/1949, erfolgt sei. Unterlagen hinsichtlich einer Beurteilung der Umweltauswirkungen des Wirkstoffes seien einem Genehmigungsantrag damals nicht anzuschließen gewesen und hätten deshalb auch nicht Gegenstand einer diesbezüglichen Untersuchung sein können, wie dies nunmehr auf Grund der jetzt geltenden Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes der Fall sei. Gälten gemäß § 35 Abs. 1 PMG Pflanzenschutzmittel, die nach altem Recht zugelassen worden seien, gemäß § 8 Abs. 1 PMG als zugelassen, dann bedeute dies, daß auch die Beurteilung alter Zulassungen nach den einschlägigen Bestimmungen des nunmehr geltenden Pflanzenschutzmittelgesetzes zu erfolgen habe. Da für die Beurteilung eines Antrages auf Abänderung des betroffenen Pflanzenschutzmittels gemäß § 10 Abs. 2 PMG in bezug auf die Ermittlung der Umweltauswirkungen nach § 8 Abs. 1 Z. 2 lit. b PMG, weil es sich bei dieser Zulassung um eine gemäß § 35 PMG übergeleitete handle, noch keine relevanten Daten und Unterlagen vorlägen, hätten diese vom Antragsteller zur Beurteilung des Abänderungsantrages in Richtung der Kriterien nach § 8 Abs. 1 PMG vorgelegt werden müssen. Könnten doch die möglichen Umweltauswirkungen der Abänderung nur dann geprüft werden, wenn auch die Basisdaten über das Pflanzenschutzmittel an sich vorhanden seien, weil die Umweltauswirkungen eines Pflanzenschutzmittels von den Eigenschaften des Wirkstoffes, von den Beistoffen sowie vom Zusammenwirken dieser Stoffe abhingen.

Die Beschwerdeführerin ist diesen Ausführungen des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie ungeachtet einer dahin gerichteten ausdrücklichen Einladung durch den Verwaltungsgerichtshof in seiner Verfügung vom 1. September 1997 auf der Tatsachenebene nicht entgegengetreten und hat auch gegen die rechtlichen Schlußfolgerungen der Stellungnahme des genannten Ministers in dieser Hinsicht nichts erwidert. Der Gerichtshof teilt die zitierten rechtlichen Erwägungen in der Stellungnahme des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie, aus welchen sich ergibt, daß nicht die Rede davon sein kann, daß die der Beschwerdeführerin erteilten Mängelbehebungsaufträge das nach dem Gesetz erforderliche Ausmaß deswegen überschritten hätten, weil die fehlenden Angaben nach § 10 Abs. 2 PMG nicht erforderlich gewesen wären. Es hat im übrigen die Beschwerdeführerin, wie sich schon aus ihrem Begleitschreiben zu ihrem Antrag vom 22. November 1994 deutlich ergibt, im Verwaltungsverfahren die der Sach- und Rechtslage nach erforderliche Vorlage der im Gesetz genannten Unterlagen auch hinsichtlich des Wirkstoffes Chlorpyrifos zutreffend gar nicht als entbehrlich behauptet, sondern vielmehr geltend gemacht, daß ihr die Vorlage der diesbezüglichen Unterlagen aus den oben wiedergegebenen Gründen derzeit nicht möglich sei, und deren Nachtrag wiederholt angekündigt.

Die mit Einlangen des Antrages der Beschwerdeführerin am 23. November 1994 ausgelöste Frist des § 9 Abs. 2 PMG wurde damit um einen Zeitraum verlängert, der von der Zustellung des ersten Mängelbehebungsauftrages im ersten Halbjahr 1995 an jedenfalls bis zur versuchten Mängelbehebung durch die Beschwerdeführerin im Oktober 1996 verstrichen war. Die Verlängerung der Entscheidungsfrist nach § 9 Abs. 2 PMG um diese Zeitspanne zeigt, daß die behördliche Entscheidungspflicht nach § 9 Abs. 2 PMG auch unter der Annahme der Anwendbarkeit der bloß zweijährigen Entscheidungsfrist nach der zitierten Gesetzesstelle zum Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde im Dezember 1996 noch nicht entstanden sein konnte.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz an die belangte Behörde kam nicht in Betracht, weil ein solcher Zuspruch gemäß § 59 Abs. 1 VwGG einen Antrag der belangten Behörde vorausgesetzt hätte, den diese nicht gestellt hat. Ein Zuspruch von Aufwandersatz an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie kam nicht in Betracht, weil dieser im Beschwerdefall nicht belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war. Einer aus diesem Grunde ausgesprochenen Zurückweisung des in der Stellungnahme dieses Bundesministers gestellten Aufwandersatzantrages durch den Verwaltungsgerichtshof bedurfte es nicht, weil sich diese Stellungnahme nicht an den Verwaltungsgerichtshof, sondern zutreffenderweise nur an die belangte Behörde gewandt und von dieser den vorgelegten Verwaltungsakten angeschlossen worden war, sodaß der Gerichtshof von einem vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie unzulässigerweise an ihn gerichteten Aufwandersatzantrag nicht auszugehen hatte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten