TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/7 W164 2143327-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.07.2020
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Entscheidungsdatum

07.07.2020

Norm

ASVG §4 Abs1
ASVG §4 Abs4
B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W164 2143327-1/39E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Hrastnik Serenyi Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 21.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 29.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Soweit sich die Beschwerde auf den Zeitraum 01.10.2012 bis 17.11.2013 bezieht, wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) dahingehend abgeändert, als dieser zu lauten hat: „Herr XXXX , geb. XXXX , unterlag aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX GmbH, Rechtsnachfolgerin: XXXX GmbH, von 01.10.2012 bis 17.11.2013 der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 14 iVm Abs 4 ASVG.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Hinsichtlich der Vorgeschichte zu diesem Verfahren wird auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts W164 2143327-1/18E vom 07.10.2019 verwiesen, mit dem der verfahrensgegenständlichen Beschwerde gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (=BGKK, heute Österreichischen Gesundheitskasse) vom 21.09.2016 gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 VwGVG Folge gegeben wurde und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wurde, als dieser zu lauten habe: „Herr XXXX unterlag aufgrund seiner Beschäftigung bei der XXXX GmbH (im Folgenden T-GmbH), Rechtsnachfolgerin: XXXX GmbH, von 01.10.2012 bis 09.11.2015 der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG.“ (https://www.ris.bka.gv.at) Der angefochtene Bescheid der BGKK hatte eine Versicherungspflicht des BF nach ASVG aufgrund der genannten Tätigkeit verneint.

Die Rechtsnachfolgerin der T-GmbH, vertreten durch DAX Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH, Eisenstadt, hat gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis Ra 2019/08/0171 vom 20.02.2020 diese Revision zugelassen, das Erkenntnis des BVwG W164 2143327-1/18E vom 07.10.2019 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und zur Begründung folgendes ausgeführt:

„18 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht sei iSd Art. 133 Abs. 4 B VG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen, als es eine Einbindung des Drittmitbeteiligten in die betriebliche Organisation der T. GmbH angenommen und die für seine Tätigkeit erforderliche Qualifikation nicht ausreichend berücksichtigt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trotz der hohen Qualifikation und trotz der dislozierten Tätigkeit eine persönliche Abhängigkeit des Drittmitbeteiligten angenommen, weil er sich vertraglich zu wöchentlichen Besprechungsterminen verpflichtet hätte. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht insbesondere vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 2014, 2012/08/0233, abgewichen.

19 Die Revision ist aus den von der Revisionswerberin genannten Gründen zulässig. Die Revision ist auch berechtigt, weil das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Einbindung in einen Betrieb bzw. bei der Unterscheidung zwischen personenbezogenen und sachbezogenen Berichtspflichten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

20 Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. VwGH (verstärkter Senat) 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg. 12.325/A).

21 Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. etwa VwGH 15.5.2013, 2013/08/0051).

22 Die von der Rechtsprechung hervorgehobenen personenbezogenen Weisungs- und Kontrollbefugnisse des Dienstgebers gehen über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und betreffen das Verhalten des Erwerbstätigen und die Art und Weise, wie er seine Tätigkeiten verrichtet (zB Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, persönliches Erscheinungsbild, Benehmen, Kommunikationskultur, Arbeitseifer, Sorgfalt, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Lenkbarkeit, Einfügungsbereitschaft in vorgegebene Strukturen des Arbeitsablaufs usw). Sie sind Mittel des Dienstgebers, unter Beachtung der Fürsorgepflicht auf das persönliche Verhalten des Dienstnehmers Einfluss zu nehmen und dieses im betrieblichen Interesse (laufend) zu steuern. Der daraus erwachsende personenbezogene Anpassungsdruck (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003) schränkt die Bestimmungsfreiheit des Erwerbstätigen maßgeblich ein und begründet seine persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG.

23 Im Unterschied dazu geht es dem Dienst- bzw. Auftraggeber bei einem freien Dienstnehmer oder bei einem selbständigen Erwerbstätigen (nach dem Gesamtbild der Tätigkeit) nicht um eine solche (laufende) Steuerung des persönlichen Verhaltens, sondern in erster Linie um die sachlichen Ergebnisse der Tätigkeit (VwGH 19.10.2015, 2013/08/0185, 0192; 17.10.2012, 2010/08/0256) bzw. darum, ob die (Geschäfts)Beziehung zu einem - in persönlichen Belangen selbstbestimmten - Partner zufriedenstellend verläuft oder nicht. Der Dienst- bzw. Auftraggeber beschränkt sich - soweit dies bei solchen Tätigkeiten, die meist eine besondere Qualifikation erfordern, möglich ist - auf eine Steuerung der Ergebnisse der Tätigkeit und ist im Übrigen darauf beschränkt, die Zusammenarbeit mit dem selbstbestimmten Partner aufrecht zu erhalten oder sie zu beenden (sachliche Weisungs- und Kontrollbefugnisse).

24 Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden. Solche Abweichungen werden naturgemäß umso weniger manifest sein, in je geringerem zeitlichen Ausmaß der Beschäftigte tätig ist (VwGH 25.6.2013, 2013/08/0093).

25 Den Feststellungen zufolge war der Drittmitbeteiligte auf Grund einer mit "Werkvertrag" überschriebenen Kooperationsvereinbarung für die T. GmbH tätig, aus der - von den Parteien unwidersprochen - hervorgeht, dass er den Kundenstock, den er bisher in selbständiger Tätigkeit für die P. GmbH betreut hatte, nun für die übernehmende T. GmbH betreuen und ausweiten sollte. Er sollte bei seiner Tätigkeit als Unternehmensberater mit der T. GmbH zusammenarbeiten und für die Kunden auch Bilanzen und Verträge konzipieren. Er war verpflichtet, der Geschäftsführerin der T. GmbH über alle Handlungen, Besprechungen und Abmachungen mit Kunden bzw. Banken Bericht zu erstatten. Diese Besprechungen mit der Geschäftsführerin sollten wöchentlich an einem festgelegten Tag stattfinden und hätten nur aus wichtigen Gründen ausfallen dürfen. Tatsächlich hat der Drittmitbeteiligte den Feststellungen zu Folge die Berichte meist telefonisch erstattet. Ansonsten war er an keine Zeiteinteilung und an keine Weisungen persönlich oder organisatorischer Art gebunden (insbesondere an keine Bekleidungs- oder Verhaltensvorschriften). Er war ganztätig und teilweise auch an Wochenenden meist abseits einer festen Betriebsstätte (disloziert) tätig. Er hat Klienten im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland aufgesucht und täglich mit der Geschäftsführerin der T. GmbH telefoniert. Er hatte ein eigenes Büro. Auch die T. GmbH stellte ihm Büroräumlichkeiten zur Verfügung. Insofern war er nicht ausschließlich disloziert tätig. Er konnte Mitarbeiter der T. GmbH zur Vornahme von Schreibarbeiten heranziehen. Er hatte für seine Tätigkeit einen Prozentsatz der von Kunden gezahlten Honorare und eine "Infrastrukturzulage" von EUR 500,-- monatlich für die Anschaffung eines KFZ erhalten. Die sonstigen Aufwendungen für das KFZ hatte er selbst zu tragen. Seine Telefonrechnung ist von der T. GmbH bezahlt worden. Er hat seinen eigenen Laptop verwendet, auf dem die Software der T. GmbH installiert war.

26 Aus den Regelungen der Kooperationsvereinbarung geht hinreichend deutlich hervor, dass zwischen der T. GmbH und dem Drittmitbeteiligten in der Sache (ungeachtet der Bezeichnung als "Werkvertrag") ein freies Dienstverhältnis vereinbart werden sollte. Dies hat nach dem Gesagten die Vermutung der Richtigkeit für sich.

27 Die für eine Widerlegung dieser Vermutung in Frage kommenden Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts über die tatsächliche Durchführung dieses Vertragsverhältnisses erschöpfen sich zusammenfassend im Wesentlichen darin, dass der Drittmitbeteiligte nicht ausschließlich disloziert tätig sowie verpflichtet gewesen sei, der T. GmbH alle Abmachungen und Klienten bekanntzugeben und regelmäßig über seine Kundengespräche zu berichten.

28 Aus diesen Umständen lässt sich aber eine persönliche Abhängigkeit des Drittmitbeteiligten nicht ableiten (VwGH 26.5.2014, 2012/08/0233). Eine solche könnte sich jedoch daraus ergeben, dass der Erwerbstätige in einen Betrieb in einer Weise eingebunden war, dass dies der Erteilung ausdrücklicher persönlicher Weisungen bzw. der Vornahme entsprechender Kontrollen gleichgehalten werden kann ("stille Autorität" des Dienstgebers). Weiters spielt die für die Tätigkeit erforderliche Qualifikation eine Rolle, weil sich - unabhängig vom Vorliegen konkreter sachlicher Weisungen (die in der Realität des Arbeitsverhältnisses nicht immer erwartet werden können) - mit steigender Qualifikation in der Regel auch die fachliche bzw. sachliche Entscheidungsbefugnis ständig erweitert. Qualifizierte sachliche Entscheidungsbefugnisse können einen gewissen Spielraum für eine eigenständige (unter Umständen auch unternehmerische) Gestaltung der Tätigkeiten eröffnen. Derartige Dispositionsmöglichkeiten stärken - insbesondere bei Fehlen der Einbindung in eine Betriebsorganisation - die Sphäre persönlicher Ungebundenheit und sprechen für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003).

29 Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich zB in einem durch die Erfordernisse des Betriebs vorgegebenen Ablauf, in einer aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003). Die bloße Nutzung von Einrichtungen des Auftraggebers (betriebliches Areal, Arbeitskleidung) bei Fehlen der genannten Strukturen stellt für sich allein keine Einbindung in eine betriebliche Organisation dar (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172, 0173). Maßgeblich ist insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht, indem zB ein Abweichen vom geforderten persönlichen Verhalten (bzw. eine dadurch bewirkte Störung der betrieblichen Abläufe) entsprechende Maßregelungen oder Sanktionen nach sich ziehen könnte.

30 Im vorliegenden Fall bestehen - wie das bei disloziert ausgeübten Erwerbstätigkeiten nicht selten der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Einbindung in den Betrieb der T. GmbH. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus der bloßen Möglichkeit, Betriebsmittel des Dienstgebers zu verwenden, im vorliegenden Fall die Büroräumlichkeiten der T. GmbH zu nutzen und sich deren Mitarbeiter für Schreibarbeiten zu bedienen.

31 Kann eine Einbindung in den Betrieb nicht festgestellt werden, so ist für die Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit zu prüfen, ob sonstige personenbezogene Kontrollbefugnisse bestehen, die eine persönliche Abhängigkeit bewirken (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172, 0173). Diese gehen wie erwähnt über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und zielen auf eine Steuerung des persönlichen arbeitsbezogenen Verhaltens des Erwerbstätigen. Als Kontrollmechanismen kommen in erster Linie personenbezogene Berichterstattungspflichten in Frage. Die Berichte müssen einer über die sachliche Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus gehenden persönlichen Kontrolle des Erwerbstätigen dienen.

32 Die Kontrolle, die die T. GmbH über den Drittmitbeteiligten im Wege seiner (telefonischen) Berichte über die Entwicklung der Kundenbeziehungen ausübte, stellt keine über eine bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses seiner Tätigkeit hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit der Drittmitbeteiligten einschränkende Kontrollmöglichkeit dar (vgl. nochmals VwGH 19.10.2015, 2013/08/0185, 0192). Der Bedarf und das Interesse an Kontrolle für die T. GmbH bestanden vor dem Hintergrund der angestrebten nachhaltigen Übernahme eines vom Drittmitbeteiligten aufgebauten Kundenstocks darin, Informationen über die Einzelheiten der Kundenbeziehungen zu erhalten und nicht darin, das persönliche Verhalten des Drittmitbeteiligten laufend zu steuern. Der sachliche Aspekt der im Zuge der Übernahme vereinbarten Kontrollbefugnisse kommt im vorliegenden Fall besonders dadurch zum Ausdruck, dass der Drittmitbeteiligte inhaltlich seine frühere selbständige Tätigkeit praktisch unverändert weiter ausgeübt hat und die T. GmbH - wenn auch mit einigen Elementen seiner Tätigkeit unzufrieden - an der Kooperation mit ihm bzw. an der Geschäftsbeziehung festgehalten hat, weil er für das Gelingen der Übernahme des Kundenstocks von der P. GmbH unverzichtbar war.

33 Auch die weiteren festgestellten Umstände betreffend den Gestaltungsspielraum des Drittmitbeteiligten bei der Festlegung von Arbeitsort und Arbeitszeit, sein leistungsbezogenes Entgelt, die kurzzeitige Begleitung durch eine eigene Dienstnehmerin und die eigenständige Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit sprechen als Nebenkriterien gegen das Vorliegen eines abhängigen Dienstverhältnisses. Der Drittmitbeteiligte konnte zudem - ähnlich wie bei seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer der P. GmbH -durch seinen Einsatz bei der Akquistion und Betreuung der Kunden die Höhe des von Kunden schließlich gezahlten Honorars und damit auch sein eigenes Entgelt beeinflussen und insoweit unternehmerisch disponieren.

34 Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, es sei bei der Tätigkeit des Drittmitbeteiligten iSd § 4 Abs. 2 ASVG von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.

35 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.“

II. Fortgesetztes Verfahren:

Gemäß § 63 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Das vom Bundesverwaltungsgericht geführte Verfahren hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Ra 2019/08/0171 vom 20.02.2020 nicht kritisiert. Die dort gemachten Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen können auch der Beurteilung im fortgesetzten Verfahren zu Grunde gelegt werden. Rechtlich ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zunächst rechtlich Folgendes auszuführen:

Bei der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers (im folgenden BF) ist nicht von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen. Der BF unterlag daher aufgrund seiner von 01.10.2012 bis 09.11.2015 bei der T-GmbH GmbH ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG.

Gem. § 4 Abs 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verknüpft § 4 Abs. 6 ASVG die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen. (vgl VwGH 2012/08/0279 vom 19.12.2012).

Im fortgesetzten Verfahren war daher zu prüfen, ob der BF aufgrund seiner von 01.10.2012 bis 09.11.2015 bei der T- GmbH, ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 4 ASVG (als freier Dienstnehmer) unterlag oder kraft seiner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bestanden habenden Gewerbeberechtigungen aufgrund seiner von 01.10.2012 bis 09.11.2015 bei der XXXX GmbH ausgeübten Tätigkeit nach § 2 Abs 1 Z 1 -3 GSVG pflichtversichert war (vgl VwGH Ra 2016/08/0144 vom 23.12.2016).

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Verfahrensparteien im fortgesetzten Verfahren die Möglichkeit der Stellungnahme dazu eingeräumt.

Seitens des BF wurde mit Stellungnahme vom 15.05.2020 zunächst auf die Beschwerdevorbringen verwiesen, die zum Gegenstand der Stellungnahme erhoben würden. Der BF habe im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit Zugriff auf die betriebliche Struktur der T-GmbH gehabt und habe deren betriebliche Strukturen und maßgeblichen Betriebsmittel für seine Tätigkeit verwendet. Insbesondere habe er berechtigter Weise Arbeitsabläufe an Mitarbeiter der T-GmbH übertragen, ohne hiefür mit Kosten belastet zu werden. Der habe Tätigkeiten über Auftrag und Anweisung der T-GmbH ausgeführt, die von den bestehenden Gewerbeberechtigungen nicht umfasst gewesen seien. Es sei von einem der Pflichtversicherung unterliegenden Arbeitsverhältnis auszugehen.

Seitens der T-GmbH wurde mit Stellungnahme vom 15.05.2020 eingewendet, der BF sei im Rahmen der von 01.10.2012 bis 09.11.2015 verfahrensgegenständlichen Tätigkeit aufgrund bestand habender Gewerbeberechtigungen nach § 2 Abs 1 Z 1-3 GSVG pflichtversichert gewesen. Die Entscheidung VwGH Ra 2016/08/0144 vom 23.12.2016 sei nicht einschlägig, denn das BVwG habe sich bereits damit auseinandergesetzt, ob der BF über einschlägige Gewerbeberechtigungen verfügt habe: Auf S 32 des (Anm.: vom VwGH aufgehobenen) Erkenntnisses vom 07.09.2019 habe das BVwG festgestellt, dass der BF in verfahrensgegenständlichen Zeitraum über einschlägige Gewerbeberechtigungen verfügt habe und dass der BF in der fraglichen Zeit eine Gewerbeberechtigung als Unternehmensberater einschließlich Unternehmensorganisation inne hatte. Eine Pflichtversicherung gem. § 4 Abs 4 ASVG sei daher ausgeschlossen. Der BF sei im Übrigen im Wesentlichen mit seinen eignen Betriebsmitteln tätig gewesen. Das BVwG habe mit seinem Erkenntnis vom 07.09.2019, S.31, festgestellt, dass der BF über ein eigenes Büro verfügt und mit eigenen Betriebsmitteln gearbeitet habe. Die wesentlichen Betriebsmittel für die vom BF ausgeübte Tätigkeit (Akquise von Kunden, Kundengespräche, Erstellen von Jahresabschlüssen und Bilanzen) hätten sein Laptop, sein PKW, sein Büro, seine Visitenkarten, seine E-Mailadresse und sein Telefon gebildet. Diese Betriebsmittel seien im Eigentum des BF gestanden.

III. Rechtliche Beurteilung im fortgesetzten Verfahren:

Gemäß § 4 Abs 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1.       einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.       eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

Eine Pflichtversicherung aufgrund der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG schließt somit eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs 4 ASVG aus.

Im fortgesetzten Verfahren war zunächst zu prüfen, ob der BF kraft seiner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bestanden habenden Gewerbeberechtigungen aufgrund seiner von 01.10.2012 bis 09.11.2015 bei der T- GmbH ausgeübten Tätigkeit nach § 2 Abs 1 Z 1 -3 GSVG pflichtversichert war (vgl VwGH Ra 2016/08/0144 vom 23.12.2016)

Gemäß § 2 Abs 1 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1.       die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

2.       die Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer offenen Gesellschaft und die unbeschränkt haftenden Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer Kommanditgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z 1 bezeichneten Kammern sind

3.       die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung oder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben.

Der BF hat die hier zu beurteilende Tätigkeit für die T-GmbH ausgeübt. Er war nicht Geschäftsführer der T-GmbH. Eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 2 und 3 GSVG scheidet somit aus.

Die T-GmbH hat weiters folgende Gewerbeberechtigungen ins Treffen geführt:

-        Von 26.10.2006 bis 31.12.2012 war der BF gewerberechtlicher Geschäftsführer der P XXXX GmbH, die eine Gewerbeberechtigung „Buchhalter“ inne hatte.

-        Von 09.04.2010 bis 01.09.2015 war der BF gewerberechtlicher Geschäftsführer der E XXXX GmbH, die eine Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe inne hatte.

-        Von 30.11.2011 bis 16.03.2014 war der BF gewerberechtlicher Geschäftsführer der B XXXX GmbH, die eine Gewerbeberechtigung „Handelsagent und Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe, zu welchen insbesondere der Handel mit Medizinprodukten, Waffen und pyrotechnischen Artikeln zählen“ inne hatte.

Diese Gewerbeberechtigungen bewirken für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit des BF keine Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG.

Der BF selbst verfügte im Laufe des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes (von 01.10.2012 bis 09.11.2015) über folgende Gewerbeberechtigungen:

-        Ab 13.11.2013 verfügte der BF über eine die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG begründende Gewerbeberechtigung eine Gewerbeberechtigung „Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“. Die vom BF im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung ausgeübte Tätigkeit (Akquise neuer Kunden, Kontaktpflege zu bestehenden Kunden, Bankgespräche, Ausarbeitung von Verträgen, Beantragung von Eintragungen ins Firmenbuch, Erstellen von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen), wurde von dieser Gewerbeberechtigung nicht abgedeckt. (vgl. WKO, Berufsbild Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnologie https://www.wko.at/branchen/w/information-consulting/unternehmensberatung-buchhaltung-informationstechnologie/it-dienstleistung/berufsbild-informationstechnologen.pdf [Abfrage 30.06.2020]).

-        Ab 18.11.2013 verfügte der BF über eine die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG begründende Gewerbeberechtigung „Unternehmensberater und Unternehmensorganisation“.
Die vom BF für die T-GmbH verrichteten Tätigkeiten können in das Berufsbild der Unternehmensberatung eingeordnet werden (berufsmäßige Vertretung des Auftraggebers gegenüber Dritten, wie insbesondere Kunden und Lieferanten, sowie vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts). (vgl. BERUFSBILD Unternehmensberatung der WKO, https://www.wko.at/branchen/information-consulting/unternehmensberatung-buchhaltung-informationstechnologie/unternehmensberatung/berufsbild-unternehmensberatung.pdf [Abfrage vom 30.06.2020]).

Der BF war daher ab 18.11.2013 aufgrund der verfahrensgegenständliche Tätigkeit – die nun nicht als Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG aufgefasst werden darf – nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG pflichtversichert. Somit unterlag der BF im Zeitraum vom 18.11.2013 bis 09.11.2015 kraft des Ausnahmetatbestandes des § 4 Abs 4 lit a ASVG nicht der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG.

Die Beschwerde war insoweit als unbegründet abzuweisen

Im Zeitraum 01.10.2012 bis 17.11.2013 hatte der BF keine hier maßgebliche Gewerbeberechtigung inne. Mit dem zwischen der T-GmbH und dem BF geschlossene „Werkvertrag“ wurde ein freies Dienstverhältnis vereinbart (VwGH Ra 2019/08/0171, RZ 25 und 26). Unter Auswertung der im Verfahren W164 2143327-1 gemachten Ermittlungen, die im genannten Erkenntnis des VwGH Ra 2019/08/0171 unbeanstandet blieben, war weiters folgendes festzustellen:

Der BF hat für die T-GmbH tatsächlich im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses gattungsmäßig umschriebene Arbeiten, somit Dienstleistungen verrichtet (Akquise neuer Kunden, Kontaktpflege zu bestehenden Kunden, Bankgespräche, weiters die Ausarbeitung von Verträgen, Beantragung von Eintragungen ins Firmenbuch, das Erstellen von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen). Er hat diese Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht. Zur Frage der Betriebsmittel war die folgende Judikatur des VwGH heranzuziehen:

Bei dem Tatbestandsmerkmal der "wesentlichen eigenen Betriebsmittel" iSd § 4 Abs. 4 ASVG ist eine Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel vorzunehmen, wobei diese darauf hin zu beurteilen sind, ob sie für die vom Erwerbstätigen erbrachte Wirtschaftsleistung wesentlich waren und ob er sich damit eine eigene betriebliche Struktur geschaffen hat (vgl. VwGH Ra 2018/08/0044 vom 25.04.2018).

Ein eigenes Betriebsmittel ist grundsätzlich dann für die (dadurch als unternehmerisch zu beurteilende) Tätigkeit wesentlich im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und der damit einhergehenden steuerlichen Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. VwGH Ro 2016/15/0022 vom 26.01.2017).

Dabei ist stets vorausgesetzt, dass es sich um ein Sachmittel handelt, das für die konkret in Rede stehende Tätigkeit wesentlich ist, Fertigkeiten (Know-how) bzw. die Arbeitskraft als solche fallen nicht darunter. (vgl. VwGH Ra 2015/08/0188, vom 12.01.2016).

Es ist in erster Linie in der Ingerenz eines (potenziellen) freien Dienstnehmers gelegen, ob er über eine unternehmerische Struktur verfügen möchte oder nicht, ob er also seine Tätigkeit grundsätzlich eher arbeitnehmerähnlich (das heißt keine Tätigkeit für den "Markt", sondern im Wesentlichen für einen Auftraggeber oder doch eine überschaubare Zahl von Auftraggebern, ohne eigene betriebliche Struktur, gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen, wie zB durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten etc.) ausführen möchte oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will (das heißt zB - losgelöst vom konkreten Auftrag - spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert). Auch in Fällen, in denen eine unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes nicht klar zutage tritt, ist ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und die damit einhergehende steuerliche Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. VwGH 2013/08/0159 vom 07.08.2015).

Verwendet ein Auftragnehmer sein eigenes Fahrzeug zur Erfüllung von Aufträgen, ohne dass es sich dabei beim Fahrzeug um ein einem Betrieb gewidmetes Betriebsmittel handeln würde, und werden die Kosten der Verwendung zur Erfüllung des Auftrages etwa in Form eines Kilometergeldes ersetzt, so hindert die Verwendung des eigenen Kfz bei Erfüllung des Auftrages nicht die Qualifikation des Verhältnisses als Verhältnis eines Dienstnehmers (Hinweis E 2. April 2008, 2005/08/0197), ein Kilometergeld spricht vielmehr für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. (vgl. VwGH 2011/09/0065 vom 25.06.2013).

Bei der Beurteilung der Verfügung über wesentliche Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG ist zu untersuchen, ob sich der freie Dienstnehmer mit Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen hat. Dabei ist es in erster Linie in der Ingerenz eines (potentiellen) freien Dienstnehmers gelegen, ob er über eine unternehmerische Struktur verfügen möchte oder nicht, ob er also seine Tätigkeit grundsätzlich eher arbeitnehmerähnlich (d.h. keine Tätigkeit für den "Markt", sondern im Wesentlichen für einen Auftraggeber oder doch eine überschaubare Zahl von Auftraggebern, ohne eigene betriebliche Struktur, gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen, wie zB durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten etc.) ausführen möchte oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will (d.h. zB - losgelöst vom konkreten Auftrag - spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert). Auch in Fällen, in denen eine unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes nicht klar zutage tritt, ist ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und die damit einhergehende steuerliche Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. VwGH 2012/08/0163 vom 15.05.2013).

Bezogen auf den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus:

Der BF war unbestrittener Maßen vor, nach und neben der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit als Unternehmer tätig. Er hatte ein eigenes Büro, einen eigenen PKW, ein eigenes Mobiltelefon und einen eigenen Laptop, somit hatte er sich eine betriebliche Infrastruktur eingerichtet, die er im zu prüfenden Zeitraum unternehmerisch nutzte. Dies gilt jedenfalls für seine im Prüfzeitraum ausgeübten unternehmerischen Tätigkeiten als gewerberechtlicher Geschäftsführer der oben genannten Unternehmen.

Auch für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit setzte der BF seine eigenen Betriebsmittel teilweise ein, ließ sich den Aufwand dieses Einsatzes allerdings von der T-GmbH wiederum zumindest teilweise durch eine Infrastrukturzulage für die Anschaffung seines PKW und Erstattung seiner Telefonrechnung abgelten (VwGH2019/08/0171 RZ 25). Darüber hinaus konnte der BF vereinbarungsgemäß die Betriebsmittel der T-GmbH nutzen und hat sie auch tatsächlich genutzt: Seitens der T-GmbH wurden dem BF für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Dort befanden sich ein Schreibtisch mit einem mit entsprechender Software ausgestatteten EDV-Gerät. Auch ein Besprechungszimmer stand zur Verfügung. Der BF konnte vereinbarungsgemäß weiters das Personal der T-GmbH für seine Tätigkeit in Anspruch nehmen und hat von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht.

Der BF hat im Rahmen seiner für die T-GmbH ausgeübten Tätigkeit ein vertraglich vereinbartes Konkurrenzverbot akzeptiert und eingehalten. Er war somit ausschließlich für die T-GmbH unternehmensberatend tätig. Die Preise der von ihm angebotenen Produkte hat vereinbarungsgemäß und tatsächlich die T-GmbH festgelegt. Der BF erhielt einen Prozentsatz der vom Kunden der T-GmbH bezahlten Honorare.

Im vorliegenden Fall lag es in der Ingerenz des BF, ob er seine Tätigkeit arbeitnehmerähnlich (d.h. im Wesentlichen für einen Auftraggeber) ohne Einsatz der eigenen betrieblichen Struktur bzw. gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen, ausführen hätte wollen oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen, also seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkulieren hätte wollen. Der BF hat sich für die erstgenannte Variante entschieden, mit der T-GmbH eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen und diese auch tatsächlich gelebt. Für den Prüfzeitraum war daher festzustellen, dass der BF in der Zeit von 01.10.2012 bis 17.11.2013 als freier Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG für die T-GmbH tätig war. Der angefochtene Bescheid war insoweit abzuändern.

Soweit seitens der T-GmbH eingewendet wird, das BVwG habe bereits im Erkenntnis vom 07.09.2019 ausgesprochen, dass der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über eine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt hätte, so ist dem entgegenzuhalten, dass das genannte BVwG-Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde. Die seinerzeitige Feststellung bezog sich im Übrigen nicht ausdrücklich auf den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum, sondern hatte die Feststellung im Fokus, dass eine (im gesamten Zeitraum oder während bestimmter Teilzeiträume) bestehende einschlägige Gewerbeberechtigung den Eintritt einer Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG nicht hindert. Für die nun zu treffende Entscheidung ergibt sich aus der vergangenen Feststellung keinerlei Bindung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abänderung eines Bescheides Ausnahmebestimmung Betriebsmittel freier Dienstnehmer Gewerbeberechtigung Versicherungspflicht Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2143327.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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