TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 W183 2212223-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W183 2212223-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Spruchpunkte II. bis VI des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer verließ im Jahr 2015 Iran, stellte am 26.01.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 26.09.2018 wurde der Beschwerdeführer von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.

Im behördlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er aufgrund von einer Diskussion bzw. Auseinandersetzung mit einem Universitätsprofessor über den Islam und das Christentum in Iran Probleme gehabt habe, sowie dass er in Österreich zum Christentum konvertiert sei. Der Beschwerdeführer legte mehrere Unterlagen unter anderem zum Nachweis seiner Person und betreffend seine Integration, seine Konversion sowie Deutschkenntnisse vor.

2.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.11.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, sondern gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Iran zulässig ist (Spruchpunkte III. bis V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Das BFA stellte dem Beschwerdeführer amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

3.       Mit Schriftsatz vom 02.01.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang. Zusätzlich zu den bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Fluchtgründen wurde ausgeführt, dass entgegen den Ansichten der belangten Behörde keine Scheinkonversion vorliege. Der Beschwerdeführer habe bereits in Iran Interesse am Christentum gehabt und sei in Österreich nach einer Vorbereitungszeit und intensiver Auseinandersetzung mit dem neuen Glauben aus innerer Überzeugung zum Christentum übergetreten.

4.       Mit Schriftsatz vom 03.01.2019 (eingelangt am 07.01.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 28.03.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der bislang zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen (eingelangt am 15.05.2019).

5.       Mit Schreiben vom 15.04.2019 leitete die belangte Behörde einen Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Vorarlberg (Verdacht auf Verleumdung gemäß § 297 Abs.1 StGB) zur Information dem Bundesverwaltungsgericht weiter.

Zudem wurde ein weiterer Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Vorarlberg (Verdacht auf § 27 Abs. 2 SMG) am 12.05.2020 von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht nachgereicht, wobei darin angeführt wurde, dass sich gegen den Beschwerdeführer kein konkreter Tatverdacht ergeben habe.

Am 19.05.2020 teilte die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer (Verdacht auf Verleumdung gemäß § 297 Abs.1 StGB) am 09.05.2019 eingestellt wurde.

6.       Mit Schreiben vom 12.05.2020 (eingelangt am 18.05.2020) brachte der Pfarrer XXXX auf Ersuchen der erkennenden Richterin vom 29.04.2020 eine Stellungnahme zur Konversion und Integration des Beschwerdeführers ein. Zudem wurden unter anderem eine schriftliche Erklärung des Beschwerdeführers, ein Unterstützungsschreiben der Pastoralassistentin, ein Pfarrblatt und zwei Fotos beigelegt. Dies wurde dem BFA zum Parteiengehör gebracht. Es langten keine weiteren Stellungnahmen ein.

7.       Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 03.07.2020 eine Strafregisterabfrage durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus Teheran und lebte dort bis zu seiner Ausreise im Dezember 2015. Er gehört der Volksgruppe der Perser an, spricht Farsi (Muttersprache), Englisch (mittelmäßig) und Deutsch (Prüfung auf Niveau A2 positiv abgelegt), besuchte für 12 Jahre die Schule in Teheran, war danach beim Militärdienst in Iran, arbeitete als Makler und studierte zuletzt Architektur.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. In Iran leben seine Eltern, eine Schwester und ein Halbbruder. Zu ihnen hat der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt. Das Verhältnis ist sehr gut. Die wirtschaftliche Situation der Familie in Iran ist gut.

Der Beschwerdeführer reiste illegal aus Iran aus, illegal nach Österreich ein und stellte am 26.01.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner physischen oder psychischen (schweren oder lebensbedrohlichen) Erkrankung und ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären oder sonstigen verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen in Österreich. Der besuchte einen Werte- und Orientierungskurs und einen 16-stündigen Erste-Hilfe-Grundkurs. Zum mittlerweile großen Freundeskreis des Beschwerdeführers zählen auch österreichische Staatsbürger/innen, welche er vorwiegend vom Fußballverein oder der Pfarre kennt. Die sozialen Kontakte entstanden zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bereits seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Der Beschwerdeführer bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verrichtete gemeinnützige Remunerationstätigkeiten für den öffentlichen Raum in der Gemeinde und engagierte sich freiwillig im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung. Der Beschwerdeführer begann als außerordentlicher Studierender im Wintersemester 2018 ein Architekturstudium.

Der Beschwerdeführer bestand die Deutschprüfung auf Niveau A2 und besuchte die Bildungsveranstaltung Deutsch B1 der Volkshochschule Oberösterreich.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten und hat keinen Asylausschlussgrund gesetzt.

1.2.    Zum Fluchtvorbringen

Der Beschwerdeführer war ursprünglich muslimischen Glaubens, hat aber seinen Glauben kritisch hinterfragt und interessierte sich bereits in Iran für das Christentum. In Österreich konvertierte der Beschwerdeführer zum Christentum (römisch-katholisch). Er besuchte für ein Jahr einen über 40 stündigen Taufvorbereitungskurs in der Pfarre XXXX und hat am 23.04.2017 das Sakrament der Taufe empfangen. Er besuchte regelmäßig die Gottesdienste in der Taufpfarre. Seit seinem Umzug Ende 2018 nach Linz integrierte er sich ins Pfarrleben der XXXX und besucht dort die Sonntagsmessen. Der Beschwerdeführer ist aktives Mitglied in den Pfarren, nimmt weiterhin an einem Glaubens- und Taufkurs mit persischer Übersetzung teil und wirkte im Jänner 2020 bei der Vorbereitung und Durchführung des Projektes „ XXXX “ in der katholischen Pfarre XXXX mit. Aus der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ist er ausgetreten.

Es wird festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt hat, sich öffentlich dazu bekennt und den neuen Glauben praktiziert sowie am Leben der Kirchengemeinde aktiv teilnimmt. Der christliche Glaube wurde wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und dementsprechend im Falle einer Rückkehr nach Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christ bleiben und diesen Glauben aktiv leben würde.

Es kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran Verfolgung durch staatliche Akteure droht.

1.3.     Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Aus dem ins Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran vom 14. Juni 2019 (LIB 2019) ergibt sich wie folgt:

Zu Apostasie und Konversion

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist in Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen „Missionsarbeit“ verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit „Konversion“ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low-profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

?        AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019

?        DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

?        FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019

?        HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019

?        ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

?        Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

?        US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

Aus dem Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019) ergibt sich wie folgt:

Ein Mitglied einer Hauskirche, das Mission betreibt, an christlichen Konferenzen außerhalb Irans teilnimmt, sich möglicherweise auch im Besitz christlicher Materialen befindet und insofern in den Fokus der Ordnungskräfte oder Geheimdienste geraten kann, wird bestenfalls vernommen und verwarnt. Es kann aber auch zu einer Festnahme mit anschließendem Strafverfahren führen. Das Ziel der vorgenannten Sicherheitskräfte ist nicht die Privatperson, sondern die Hauskirche als Organisation und die aktiv missionierenden Führungspersonen. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall eines Konvertiten bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hat. Mitglieder von Hauskirchen, die nicht der Leitung der Gemeinschaft zugerechnet werden, werden oftmals nach einer zweitägigen Haft und verschiedenen Vernehmungen, in deren Verlauf sie zu der Organisation der Hauskirche und eventuellen noch nicht bekannten Mitgliedern befragt werden, wieder auf freien Fuß gesetzt. (S 8f.)

Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. In den vergangenen zehn Jahren wurde seitens der in Iran vertretenen westlichen Botschaften, die grundsätzlich Rückführungen iranischer Staatsangehöriger vor Ort kontrollieren, kein Fall der Festnahme eines Konvertiten bei der Einreise gemeldet. (S 11)

Die zu Apostasie und Konversion festgestellte Situation stellt sich im gesamten iranischen Staatsgebiet gleichermaßen dar.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV), der Beschwerdeschriftsatz, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Iran vom 14. Juni 2019 mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten, der Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019), die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente (insb. Iranische Geburtsurkunde/ Personenstandsurkunde, iranischer Führerschein (Kopie), iranische Zeugnisse, Taufschein, Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich, Studienbestätigung, Bestätigung über gemeinnützige Tätigkeiten, verschiedene Unterstützungsschreiben, Sprachzertifikate und Kursbescheinigungen) und die Strafregisterabfrage vom 03.07.2020.

2.2.    Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:

2.2.1.  Zur Person des Beschwerdeführers

Aufgrund der beim BFA vorgelegten unbedenklichen Personendokumente (Iranische Geburtsurkunde/ Personenstandsurkunde, iranischer Führerschein (Kopie), iranische Zeugnisse) steht die Identität des Beschwerdeführers fest. Dies hat auch das BFA seiner Entscheidung unterstellt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den Beschwerdeführer – betreffend weitere Personenmerkmale (Alter, Staatsangehörigkeit, Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit, Sprachkenntnisse, Ausbildung und Berufserfahrung, Familienstand, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand) für persönlich glaubwürdig, weil er im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibende Angaben dazu machte. Es gibt keine Gründe, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

Die Feststellung zur Einreise und Ausreise ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich basieren einerseits auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde und andererseits auf den vorgelegten, unstrittigen Dokumenten. Betreffend die Deutschkenntnisse und die Leistung von gemeinnützigen Tätigkeiten legte der Beschwerdeführer ein Zeugnis über eine Deutschprüfung auf A2-Niveau, eine Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit bei der Flüchtlingsbetreuung und über die geleisteten Remunerationstätigkeiten in der Gemeinde vor. Dem Akt wurde auch eine Studienbestätigung als außerordentlicher Studierender für einzelne Lehrveranstaltungen für das Wintersemester 2018 beigelegt. Weiters hat der Beschwerdeführer unter anderem auch Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben von Freunden/innen oder Vereinsmitgliedern vorgelegt, die eine gelungene Integration und die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers beschreiben und es liegt eine Teilnahmebestätigung zum Werte- und Orientierungskurs und zum Erste-Hilfe-Grundkurs vor.

2.2.2.  Zum Fluchtvorbringen Konversion

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, sich das Gericht auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen muss, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 unter Bezugnahme auf VfGH 27.02.2018, E 2958/2017).

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Feststellungen zu den christlich-religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich aus dessen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde, dem vorgelegten Taufschein vom 23.04.2017, der Bescheinigung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich, sowie der vorgelegten Referenzschreiben des Pfarrers in XXXX und der Pastoralassistentin und Katechumenatsverantwortliche in der Stadtpfarre XXXX .

Sofern die belangte Behörde im Vorbringen des Beschwerdeführers eine Scheinkonversion erkennt und seinem Vorbringen daher die Glaubhaftigkeit abspricht, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer einerseits bereits bei der Erstbefragung Probleme wegen Glaubensdiskussionen über den Islam und das Christentum als Fluchtgrund anführte und andererseits danach weitere, öffentliche Schritte für die Konversion in Österreich setzte und das in Iran verwehrte Recht nach Religionsfreiheit in Österreich ausübte. Die belangte Behörde stützte ihre Beweiswürdigung, wonach der Beschwerdeführer nicht zum Christentum konvertiert sei, hauptsächlich auf widersprüchliche Angaben in Bezug auf die Vorkommnisse in Iran, auf die späte Austrittserklärung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft und die Beantwortung der Wissensfragen. Laut Rechtsprechung des VwGH ist eine schlüssige Gesamtbeurteilung ausschlaggebend, die eine Befragung des Beschwerdeführers zum religiösen Wissen, zu seinen religiösen Aktivitäten sowie auch eine konkrete Auseinandersetzung mit Angaben etwaiger Zeugen miteinschließt (vgl. VwGH 14.11.2007, Ra 2004/20/0215). Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in weiterer Folge die Beweiswürdigung vor, welche die belangte Behörde teilweise verabsäumt hat.

Insbesondere prüft das erkennende Gericht die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Konversion entsprechend den in der Folge unter Punkt 3.2.1. zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Motivation des Beschwerdeführers für den Glaubenswechsel, seinem Wissen in Bezug auf das Christentum, seinen Gottesdienstbesuchen und sonstigen religiösen Aktivitäten und einer allfälligen Verhaltens- und Einstellungsänderung. Die Beurteilung widmet sich der Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers sowohl im Hinblick auf eine öffentliche Ausübung des Glaubens als auch auf die persönliche, innere Beziehung zum Christentum.

Der Beschwerdeführer konnte in der Einvernahme glaubwürdig darlegen, dass er sowohl von der inneren Überzeugung her, als auch in der Praxis ein Leben nach christlichen Grundsätzen führt und aktives Mitglied der Pfarre XXXX und der Stadtkirche XXXX geworden ist. Dass es sich bei dem Vorbringen, zum Christentum konvertiert zu sein, um ein rein asyltaktisches Vorgehen handelt, ist nicht anzunehmen, weil der Beschwerdeführer bereits in Iran Interesse am christlichen Glauben entwickelte und in Österreich seit über vier Jahren seinen christlichen Glauben praktiziert. Der Beschwerdeführer gab nachvollziehbar an, dass er zwangsläufig in Iran mit dem Islam aufwuchs, aber unzufrieden mit dieser Glaubensrichtung gewesen sei und mit zunehmendem Alter sein „anerzogenes“ Religionsbekenntnis auch kritisch hinterfragt habe. In Iran sei es ihm aufgrund der zu befürchtenden massiven Sanktionen unmöglich erschienen, sich vom Islam abzuwenden und öffentlich den christlichen Glauben zu praktizieren. Auch die Angaben zum ersten Kontakt mit dem Christentum und seiner Motivation wirken nicht auswendig gelernt, weil der Beschwerdeführer darüber plausibel erzählt, dass er mit den islamischen Vorschriften nichts anfangen habe können und jegliche kritische Fragen zum Islam von seinem sozialen Umfeld und insbesondere auch an der Universität boykottiert und verweigert wurden. Diese Unzufriedenheit und eine Bekanntschaft in der Arbeit habe zum ersten Kontakt mit dem Christentum geführt (vgl. AS 149 „Ich dachte, dass ich in der Universität frei und offen sagen kann was ich denke. Ich dacht nicht, dass es soweit kommt, dass ich von der Uni fliehen muss. […] Ich habe in Iran das Christentum kennengelernt, ich bin als Moslem geboren und mochte es nicht mehr nachdem ich die Sachen gesehen habe, es tauchten immer wieder Fragen auf die mir keiner beantworten konnte. Wenn ich meiner Mutter die Fragen gestellt habe, hat sie gesagt, dass ich nicht gegen den Islam reden soll.“). Auch die Beobachtungen und Erfahrungen zur Religionsausübung in der eigenen Familie haben den Beschwerdeführer nachvollziehbar beschäftigt und waren ein Anstoß, die in der Gesellschaft verwurzelten islamischen Regeln zu hinterfragen. Sein Vater habe seine zwei Ehefrauen nicht gleichbehandelt und die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund ihres höheren Alters im Vergleich zur zweiten Ehefrau finanziell und in der Beziehung zueinander benachteiligt. Auch das „Freikaufen“ vom Fasten oder Beten im Islam habe der Beschwerdeführer ablehnend betrachtet. Insbesondere habe dem Beschwerdeführer, im Unterschied zum Islam, der Glaube an Vergebung und die Liebe Gottes im Christentum sehr imponiert (vgl. AS 150).

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seinen Glaubenswechsel keinesfalls geheim oder versteckt hält und es wurde in diesem Zusammenhang dem Bundesverwaltungsgericht ein Foto des Beschwerdeführers, worauf er mit einem großen Kreuz am T-Shirt zu sehen ist, vorgelegt. Zudem wurde öffentlich im Pfarrblatt der Taufpfarre von den neu getauften iranischen Asylwerbern berichtet (vgl. OZ 9) und er hat den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ordnungsgemäß bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX angezeigt (vgl. AS 219). Weiters wurde dem Taufschein und dem Auszug aus dem Taufbuch (vgl. AS 213f) auch ein Schreiben angefügt, wonach der Beschwerdeführer im XXXX feierlich zu den Sakramenten der Eingliederung vom Diözesanbischof zugelassen wurde (vgl. AS 217).

Der Beschwerdeführer verfügt bereits über ein gutes Wissen betreffend das Christentum (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0350). Er konnte – wie von der belangten Behörde auch gewürdigt – beinahe alle Glaubensfragen in der Einvernahme vollständig beantworten. Er zeigte ein breit gefächertes Wissen über seinen neuen Glauben. Zum Beispiel konnte er vollständig die Sakramente der katholischen Kirche aufzählen, die Bedeutung seines Taufnamens erklären, den Ablauf einer Messe beschreiben, den Begriff der Dreifaltigkeit erläutern oder auch den ersten und derzeitigen Papst nennen.

Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er wöchentlich den Gottesdienst besuche und die Taufe als einen sehr glücklichen Moment und als Gefühl der Wiedergeburt beschreibt (vgl. AS 151), waren ein weiteres Indiz für die ernsthafte Hinwendung zum christlichen Glauben und einer allfälligen Verhaltens- und Einstellungsänderung.

Der Pfarrer von XXXX bestätigte ausführlich schriftlich am 12.05.2020 (eingelangt am 18.05.2020), dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft dem christlichen Glauben zugewendet hat. Dies begründet er damit, dass er den Beschwerdeführer bei den über 40 Stunden Taufunterricht, den er geben konnte und anderen pfarrlichen Aktivitäten kennenlernen konnte. Der Pfarrer bestätigte die Freude des Beschwerdeführers als Christ am regelmäßigen Mitfeiern der Messe am Sonntag und das Interesse an der Bibel. Der Beschwerdeführer habe in der Bibel, in der Kirche und in der Gemeinschaft von christlichen Freunden seinen Halt und seine Ruhe gefunden. Der Pfarrer habe den „Martin“ (Beschwerdeführer) auch eingehend zu seinem Glauben befragt und er konnte alle Fragen überzeugend beantworten, woraus ersichtlich sei, wie tief und eigenständig sich der Beschwerdeführer durch den Bibelkreis mit Fragen des Glaubens beschäftigt habe (vgl. OZ 9).

Die Pastoralassistentin und Leiterin der diözesanen Farsi-Katechumenatsgruppe bestätigte am 12.05.2020 schriftlich, dass der Beschwerdeführer seit Anfang November 2019 den 14-tägigen diözesanen Glaubens- und Taufkurs mit persischer Übersetzung besucht habe und die weiterführende Glaubensunterweisung mit Bibellesen, Gebet, Bibeltheater, liturgischen Feiern und Austausch mit anderen Konvertiten ermöglichen dem Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben noch tiefer zu erfahren. Weiters habe der Beschwerdeführer als Teil eines überkonfessionellen Missionsteams bei der Vorbereitung und Durchführung eines Projektes mitgewirkt. Ziel der Mission war es, den Flüchtlingen das Evangelium nahe zu bringen. Auch während der Covid-19-Pandemie habe der Beschwerdeführer an den digitalen Glaubensunterweisungen und den persischen online Messen teilgenommen (vgl. OZ 9).

Die Stellungnahmen des Pfarrers und der Pastoralassistentin waren insofern glaubwürdig, als zu Umständen Auskunft gegeben wurde, die sie selbst wahrnehmen konnten und sich die Wahrnehmungen von zahlreichen Begegnungen und gemeinsamen Erlebnissen mit dem Beschwerdeführer im Wesentlichen nicht widersprochen haben.

Im Ergebnis ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Ergebnisse des behördlichen und gerichtlichen Ermittlungsverfahrens eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung in Bezug auf das Christentum ableitbar. Der Beschwerdeführer hat sich im Zusammenhang mit der Ausübung seines Glaubens nicht nur auf außenwirksame Akte (Taufe, Austrittserklärung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft, Gottesdienstbesuche, Teilnahme Glaubenskurse, etc.) beschränkt, sondern schilderte auch eine tatsächliche, tiefergehende Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen Hinwendung. Diese Aussagen stehen in Einklang mit den im Akt befindlichen Unterstützungsschreiben, Fotos und Unterlagen. In einer Gesamtschau ist beim Beschwerdeführer von einem, das Christentum aktiv lebenden Menschen auszugehen. Der christliche Glaube wurde wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers – auch in Hinblick auf die zeitliche Komponente seitdem der Beschwerdeführer aktiver Christ ist –, sodass in weiterer Folge dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden kann, im Falle einer Rückkehr nach Iran seinen christlichen Glauben nur im Geheimen zu praktizieren. Auch ist davon auszugehen, dass er nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christ bleiben und diesen Glauben aktiv leben würde. Eine Verfolgung durch staatliche Akteure kann demnach im Falle einer Rückkehr nach Iran nicht ausgeschlossen werden.

2.2.3.  Zur Situation in Iran

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die aktuellen, von der Staatendokumentation des BFA erstellten Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der belangten Behörde auch die jeweils aktuelle Fassung der Länderberichte vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist und weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt. Insbesondere auch die zuletzt eingelangten Stellungnahmen des Pfarrers, des Beschwerdeführers und der Pastoralassistentin (vom 18.05.2020, OZ 9) wurden dem BFA zum Parteiengehör gebracht, es langten keine weiteren Stellungnahmen ein. Es waren dem Verwaltungsakt sämtliche entscheidungsrelevanten Grundlagen zu entnehmen und haben sich seit der Erhebung der Beschwerde keine wesentlichen Veränderungen der Lage – insbesondere zu Apostasie und Konversion – in Iran ergeben (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

Zu A)

3.2.    Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten)

3.2.1.  Rechtsgrundlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen“.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274). Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 und Ra 2018/19/0260). Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Fremde schon in Iran mit dem Christentum in Berührung gekommen ist (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675); ebenso wenig, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230). Die Behauptung eines „Interesses am Christentum“ reicht zur Darlegung einer inneren Glaubensüberzeugung nicht aus (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453).

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit der Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 07.05.2018, Ra 2018/20/0186). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergehende Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455).

Aus Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2011/95/EU (Statusrichtlinie) folgt, dass die Ausübung einer Glaubensüberzeugung nicht auf das sog. „forum internum“ beschränkt werden darf, sondern vielmehr auch der öffentliche Bereich umfasst ist.

3.2.2.  Umgelegt auf den gegenständlichen Fall findet die oben festgestellte, den Beschwerdeführer treffende und glaubhaft gemachte Verfolgungsgefahr ihre Deckung in einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe, weil dem Beschwerdeführer in Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine aktuelle, aus politischen bzw. religiösen Gründen resultierende Verfolgung maßgeblicher Intensität durch staatliche Akteure droht. Ein aktives Ausleben des christlichen Glaubens und insbesondere eine missionarische Betätigung werden in Iran verfolgt und drohen hohe Haftstrafen, allenfalls auch die Todesstrafe. Der Beschwerdeführer hat sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt und lebt diesen aktiv. Die nachvollziehbaren und persönlich glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers machen eine innere Konversion glaubhaft. Durch die offiziell dokumentierte Taufe und den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft erfolgte auch eine Konversion nach außen. Zusammen mit den regelmäßigen Gottesdienstbesuchen, dem Mitwirken an einem Missionsprojekt und dem Einbringen in die Pfarrgemeinschaft (Glaubens- und Bibelkurse) ist der Glaubenswechsel des Beschwerdeführers öffentlich geworden. Es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle einer Rückkehr nach Iran dem Beschwerdeführer eine asylrechtlich relevante Verfolgung droht. Auch ist es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar, im Falle einer Rückkehr nach Iran den neuen Glauben vor den iranischen Behörden zu verleugnen und die Religionsausübung auf das sog. forum internum zu beschränken (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2011/95/EU).

Eine innerstaatliche Fluchtalternative steht dem Beschwerdeführer nicht offen, weil sich – wie sich aus den Länderberichten ergibt – die drohende Verfolgung auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt.

Da im Verfahren auch keine Asylausschlussgründe iSd § 6 Abs. 1 AsylG 2005 hervorkamen und der Beschwerdeführer nicht straffällig wurde, war dem Beschwerdeführer gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gem. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 auszusprechen, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.3.    Zur Behebung der Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides

Da die Spruchpunkte II. bis VI. des im Spruch bezeichneten Bescheides voraussetzen, dass der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, sind diese ohne weitere Prüfung ersatzlos zu beheben und ist insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung befristete Aufenthaltsberechtigung gesamtes Staatsgebiet Konversion Nachfluchtgründe Religion staatliche Verfolgung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W183.2212223.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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