Entscheidungsdatum
10.07.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W283 2232697-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Bulgarien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020, Zl 1262885708/200540318, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste zuletzt am 04.03.2020 in das Bundesgebiet ein. Noch am selben Tag wurde der Beschwerdeführer wegen des dringenden Tatverdachts des Verbrechens des Suchtgifthandels festgenommen und in eine Justizanstalt eingeliefert. Am 08.03.2020 wurde der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen und nach seiner strafgerichtlichen Verurteilung am 29.06.2020 enthaftet.
2. Mit als Mandatsbescheid bezeichnetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 30.06.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde angeführt, dass ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet wurde. Der Beschwerdeführer stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar und verfüge über keine aufrechte Meldung. Mangels sozialer Verankerung liege Fluchtgefahr vor. Für den Beschwerdeführer wurde am 30.06.2020 ein Flug nach Bulgarien am 17.07.2020 gebucht.
3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
4. Mit Schriftsatz vom 03.07.2020 wurde die gegenständliche Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde das Bestehen von Fluchtgefahr negiert, zumal der Beschwerdeführer über ein eigenes Auto verfüge, mit dem er das Bundesgebiet unverzüglich verlassen werde. Der Beschwerdeführer habe sich nie fremdenrechtlichen Maßnahmen entziehen wollen, sondern werde mit dem Auto nach Bulgarien zurückkehren. Eine Anhaltung aus Gründen der Deliktsprävention sei rechtswidrig. Ein gelinderes Mittel sei ausreichend gewesen, wie eine angeordnete Unterkunftnahme als auch eine periodische Meldeverpflichtung. Das Bundesamt habe Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung während der Gerichtshaft zu setzen gehabt, diese Unverhältnismäßigkeit schlage auch auf den Fortsetzungsausspruch des BVwG durch. Zudem habe das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 4 FPG die Schubhaft mit ordentlichen Bescheid zu erlassen gehabt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.07.2020 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Bulgarisch und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers sowie eines Behördenvertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 30.06.2020 in Schubhaft. Es war zu prüfen, ob der bekämpfte Schubhaftbescheid vom 30.06.2020, die Anhaltung in Schubhaft seit dem 30.06.2020 und die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig sind.
1. Feststellungen:
1.1. Zum bisherigen Verfahren
1.1.1. Der Beschwerdeführer reiste zuletzt am 04.03.2020 mit einem Auto in das Bundesgebiet ein. Noch am selben Tag wurde der Beschwerdeführer wegen des dringenden Tatverdachts des Verbrechens des Suchtgifthandels festgenommen und in eine Justizanstalt eingeliefert (AS 11).
Am 08.03.2020 wurde der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen (AS 8).
1.1.2. Am 30.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer eine Verständigung von Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt. Darin wurde er aufgefordert zur beabsichtigten Erlassung eines Schubhaftbescheides sowie eines Aufenthaltsverbotes Stellung zu nehmen. Die eingeräumte Frist ist fruchtlos verstrichen (AS 12 ff).
1.1.3. Am 29.06.2020 wurde das Bundesamt von der Enthaftung des Beschwerdeführers nach dessen Verurteilung in Kenntnis gesetzt (AS 19). Der vom Bundesamt am 09.03.2020 erlassene Festnahmeauftrag wurde daraufhin vollzogen (AS 22 ff).
1.1.4. Unmittelbar nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt zur Schubhaftverhängung und Erlassung eines Aufenthaltsverbotes befragt (AS 39 ff). Die Unterschrift am Einvernahmeprotokoll und auf der Verfahrensanordnung vom 29.06.2020 hat der Beschwerdeführer verweigert (AS 44; AS 48).
1.1.5. Mit als Mandatsbescheid bezeichnetem Bescheid vom 30.06.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet (AS 48 ff).
1.1.6. Für den Beschwerdeführer wurde am 30.06.2020 ein Flug nach Bulgarien am 17.07.2020 gebucht (AS 72 f).
1.1.7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (AS 74 ff; AS 102).
1.1.8. Am 06.07.2020 wurde aufgrund der Äußerung des Beschwerdeführers eine weitere Einvernahme vom Bundesamt durchgeführt (AS 106 ff).
1.1.9. Mit Schriftsatz vom 03.07.2020 wurde die gegenständliche Beschwerde erhoben (OZ 1).
1.1.10. Am 09.07.2020 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt (OZ 13).
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft
1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste zuletzt am 04.03.2020 in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer reiste zum Zweck der Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels und der Einfuhr von 100 Gramm Crystal Meth nach Österreich ein. Der Beschwerdeführer reiste mit einem Pkw am 04.03.2020 von Rumänien kommend über Ungarn in das Bundesgebiet ein und hatte 100 Gramm Crystal Meth bei sich, um das Suchtgift in Österreich einzuführen und zu verkaufen. Das Suchtgift hat der Beschwerdeführer am 04.03.2020 in Österreich teilweise verkauft und wollte er auch den Rest des Crystal Meth verkaufen (OZ 11 = Beschuldigtenvernehmung vom 05.03.2020).
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bulgarien. Seine Identität steht fest (AS 10; AS 20 ff). Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.06.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Seit dem 30.06.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (AS 48 ff; Anhaltedatei).
1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (AS 74 ff; AS 102).
1.2.4. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei; AS 40; OZ 13, S. 4 und S. 11).
1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit
1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 02.07.2020 ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (AS 74 ff; AS 102).
1.3.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte (AS 42; OZ 13, S. 4, S. 7).
Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.03.2020 bis zum 29.06.2020 in einer Justizanstalt in Haft. Seit dem 30.06.2020 befindet sich der Beschwerdeführer in einem Polizeianhaltezentrum in Schubhaft. Aktuell ist der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Melderegister).
Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über kein Bargeld (OZ 13, S. 8).
1.3.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich eine Verurteilung auf:
1.3.3.1. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien (GZ 82 Hv 63/20i) vom 29.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten und einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt (AS 49; AS 112; OZ 13, S. 10).
Der Verurteilung liegen Tathandlungen zugrunde, wonach der Beschwerdeführer mehrfach Suchtgift nach Österreich eingeführt und das Suchtgift sodann in Österreich verkauft hat.
Der Beschwerdeführer ist am 08.01.2020 nach Österreich eingereist und am 18.01.2020 wieder aus Österreich ausgereist. Dabei hat er 15 Gramm Crystal Meth von Bulgarien nach Österreich eingeführt und in Österreich verkauft.
Der Beschwerdeführer ist am 28.01.2020 nach Österreich eingereist und am 08.02.2020 wieder aus Österreich ausgereist. Dabei hat er 20 Gramm Crystal Meth von Bulgarien nach Österreich eingeführt und in Österreich verkauft.
Der Beschwerdeführer ist am 12.02.2020 nach Österreich eingereist und am 02.03.2020 wieder aus Österreich ausgereist. Dabei hat er kein Suchtgift eingeführt. Er hat in diesem Zeitraum in Österreich Crystal Meth erhalten und dieses weiterverkauft.
Der Beschwerdeführer ist am 04.03.2020 nach Österreich mit einem Pkw eingereist. Dabei hat er 100 Gramm Crystal Meth nach Österreich eingeführt. Dieses hat er am 04.03.2020 unmittelbar nach seiner Einreise in Österreich verkauft. Auch den Rest des Suchtgifts wollte der Beschwerdeführer verkaufen (OZ 11).
Das Strafurteil liegt zum Entscheidungszeitpunkt mangels schriftlicher Urteilsausfertigung durch das Landesgericht nicht vor (OZ 12).
Der Beschwerdeführer ist nicht der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, mit dem er nach Österreich eingereist ist und das Suchtgift eingeführt hat. Dieser Pkw weist mehrere schwere Mängel im Sinne des Kraftfahrgesetzes auf und entspricht nicht mehr den Bestimmungen des Kraftfahrgesetztes. Vor der Inbetriebnahme des Fahrzeugs wird das Fahrzeug einer Überprüfung durch die Landesverkehrsabteilung zu unterziehen sein. Im Falle der Abholung des Fahrzeuges sind zudem Abschlepp- und Verwahrungsgebühren zu entrichten (OZ 11).
1.3.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.
1.3.5. Der Beschwerdeführer war nicht kooperativ (AS 44; AS 46).
1.3.6. Für den Beschwerdeführer wurde am 30.06.2020 ein Flug nach Bulgarien für den 17.07.2020 gebucht (AS 72 f).
1.3.7. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung nach Bulgarien widersetzen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus dem vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck und seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie den in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen. Einsicht genommen wurde in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
2.1. Zum bisherigen Verfahren
Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aufgrund der zitierten Aktenstellen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft
2.2.1. Dass der Beschwerdeführer zuletzt am 04.03.2020 zum Zweck der Tatbegehung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach Österreich eingereist ist und dabei 100 Gramm Crystal Meth nach Österreich eingeführt hat, war aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Landespolizeidirektion am 05.03.2020 festzustellen. Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.07.2020, wonach er gemeinsam mit einem Freund zum Zweck des Ankaufs von Elektrogeräten eingereist sei, standen mit seinen eigenen Angaben in der Beschuldigtenvernehmung im Widerspruch und waren nicht in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer gab in der Beschuldigtenvernehmung an, dass der Ankauf von Elektrogeräten „anfangs“ der Grund für seine Einreisen nach Österreich gewesen sei. In weiterer Folge, ab Anfang Jänner 2020, haben seine Reisen nach Österreich der Einfuhr von Suchtgift bzw. dem Verkauf von Suchtgift gedient.
Die Staatangehörigkeit und Identität des Beschwerdeführers waren aufgrund der im Akt aufliegenden Kopie des Personalausweises festzustellen (AS 10; AS 20 ff; OZ 13, S. 6).
2.2.2. Die Feststellungen zu den Bescheiden des Bundesamtes vom 30.06.2020 und 02.07.2020 waren aufgrund des Akteninhalts zu treffen (AS 48 ff; AS 74 ff; AS 102). Dass der Beschwerdeführer seit dem 30.06.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aufgrund der Anhaltedatei.
2.2.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers und der Einsichtnahme in die Anhaltedatei (AS 40; OZ 13, S. 4 und S. 11).
2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit
2.3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht, ergibt sich aufgrund des Akteninhalts (AS 74 ff; AS 102).
2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 09.07.2020 festzustellen (AS 42; OZ 13, S. 4, S. 7).
Dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.03.2020 in Untersuchungshaft bzw. Schubhaft befindet, gründet sich auf den Akteninhalt.
Nachdem der Beschwerdeführer außerhalb des Polizeianhaltezentrums über keine behördliche Meldung verfügt und aufgrund seiner eigenen Angaben keine finanziellen Mittel hat, um Unterkunft zu nehmen, war festzustellen, dass er über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt.
Dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht und über keine finanziellen Mittel sowie kein Bargeld verfügt, war aufgrund seiner eigenen Angaben beim Bundesverwaltungsgericht festzustellen. Soweit der Beschwerdeführer angibt, dass ihm seine in Deutschland lebende Schwester sofort Geld überweisen würde, waren diese Angaben nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer begründete die unterbliebene Kontaktaufnahme mit seiner Schwester mit dem in der Untersuchungshaft verfügten Kontaktverbot. Der Beschwerdeführer wird jedoch seit dem 30.06.2020 in Schubhaft angehalten. Die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit seiner Schwester war ihm daher seit diesem Zeitpunkt möglich. Der Beschwerdeführer hat auch mit seiner Rechtsberatung Kontakt gehabt und daher die Möglichkeit etwaige Dispositionen zu treffen (OZ 13, S. 8 und S. 14)
2.3.3. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet war aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung festzustellen.
Die Feststellungen zur Verurteilung durch ein Landesgericht, die zugrundeliegenden Tathandlungen, sowie die Feststellung, dass das Strafurteil zum Entscheidungszeitpunkt mangels schriftlicher Urteilsausfertigung durch das Straflandesgericht nicht vorliegt, waren aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, bei der Beschuldigtenvernehmung vor einer Landespolizeidirektion, dem Akteninhalt und der Mitteilung des Landesgerichts zu treffen (AS 49; AS 112; OZ 11; OZ 12; OZ 13, S. 10).
Die Feststellungen zum Pkw mit dem der Beschwerdeführer eingereist ist, waren aufgrund des Akteninhalts zu treffen (OZ 11; OZ 12).
2.3.4. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens, wonach er mehrmals zum Zweck der Einfuhr und des Verkaufs von Suchtgift nach Österreich eingereist ist und von einem Gericht deshalb verurteilt wurde, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.
2.3.5. Dass der Beschwerdeführer nicht kooperativ war, ergibt sich aufgrund der Verweigerung seiner Unterschrift am Einvernahmeprotokoll vom 29.06.2020 und der Übernahmebestätigung (AS 44; AS 46). Die vom Beschwerdeführer dazu im Rahmen der Beschwerdeverhandlung gemachte Verantwortung, wonach er bei der Einvernahme nicht wie in Urkunde der Niederschrift dokumentiert in bulgarischer Sprache, sondern in serbischer Sprache übersetzt worden sei (AS 39), war nicht glaubhaft und ist durch die Urkunde der Niederschrift wiederlegt. Zudem gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung selbst an 30 – 40 % Deutsch zu sprechen (OZ 13, S. 3) und auch aus diesem Grunde war die Verweigerung der Unterschrift am in deutscher Sprache abgefassten Protokoll aufgrund von Übersetzungsfehlern nicht glaubhaft. Dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner eigenen im „Affekt“, weil er mit der Anhaltung in Haft nicht einverstanden war, nicht unterschrieben hat, bestärkt die Annahme, dass der Beschwerdeführer nicht kooperativ war.
2.3.6. Dass für den Beschwerdeführer am 30.06.2020 ein Flug nach Bulgarien für den 17.07.2020 gebucht wurde, ergibt sich aufgrund der im Akt aufliegenden Buchungsbestätigung (AS 72 f).
2.3.7. Die Feststellungen zur Fluchtgefahr des Beschwerdeführers waren aufgrund der fehlenden Vertrauenswürdigkeit (2.3.4), der mangelnden Kooperationsbereitschaft (2.3.5) und der fehlenden persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers festzustellen.
Dass der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig war, ergibt sich aufgrund seiner widersprüchlichen Angaben im Verfahren. Dazu ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer zu Beginn der Verhandlung ausführlich belehrt wurde und er auf die Relevanz nicht wahrheitsgemäßer Antworten auch bei untergeordneten Fragen, bei der Entscheidungsfindung ausdrücklich hingewiesen wurde (OZ 13, S. 4 f).
Im fremdenbehördlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer an, dass er ledig sei und alleine leben würde (AS 42). Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung, gab der Beschwerdeführer jedoch zu Protokoll in einer Lebensgemeinschaft zu leben (OZ 13, S. 7). Befragt zu diesem Widerspruch gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seiner Freundin nur gelegentlich zusammenleben würde, weshalb er angegeben habe, alleine zu leben (OZ 13, S. 13). Es ist nicht schlüssig und daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer diese Fragen zu seinen Lebensumständen innerhalb weniger Monate, so unterschiedlich beantwortet.
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass er bei einer Kreditfirma gearbeitet und danach von seinen Ersparnissen und Gelegenheitsarbeiten bei Baufirmen gelebt hätte (OZ 13, S. 7). Aus seinen Angaben in der Beschuldigtenvernehmung vom 05.03.2020 ergibt sich im Widerspruch dazu, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien an den Wochenenden auf einem Markt gearbeitet hätte (OZ 11). Diese Angaben waren widersprüchlich und daher unglaubhaft.
Bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer konkret an, dass das Auto, mit dem er nach Österreich gereist ist, ihm gehöre und er auch der Zulassungsbesitzer wäre (OZ 13, S. 8 f). Bei der Beschuldigtenvernehmung vor der Landespolizeidirektion hingegen gab der Beschwerdeführer an, dass er sein Auto verkauft hätte und er in weiterer Folge mit dem Auto eines Freundes nach Österreich gefahren wäre (OZ 11). Überdies ergibt sich aufgrund des Polizeiberichtes, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung nicht der Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges ist (OZ 10). Diese Angaben waren nicht in Einklang zu bringen und daher unglaubhaft.
Widersprüchlich waren auch die Angaben zum Suchtgiftkonsum. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesverwaltungsgericht an, dass er nie Suchtgift genommen hätte (OZ 13, S. 10). Bei der Beschuldigtenvernehmung gab er jedoch an, dass er selbst auch Suchtgift konsumiert hätte (OZ 11, S. 3).
Zudem gab der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht an, dass er am 04.03.2020 mit € 1.000,-- zum Zweck des Ankaufs von Elektrogeräten nach Österreich eingereist wäre und solche um € 900,-- gekauft hätte (OZ 13, S. 9). Aus der Beschuldigtenvernehmung hingegen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nach Österreich gefahren ist, um die von ihm eingeführten 100 Gramm Crystal Meth zu verkaufen. Er wäre unmittelbar nach seiner Einreise direkt zu einem Abnehmer gefahren, hätte dann eine angemietete Wohnung bezogen, dort das Suchtgift verpackt, wäre sodann zu einem weiteren Käufer des Suchtgifts gefahren und sei in weiterer Folge von der Polizei festgenommen worden. Der Ankauf von Elektrogeräte bliebe vom Beschwerdeführer jedoch unerwähnt (OZ 11). Diese Angaben waren widersprüchlich und nicht in Einklang zu bringen, weshalb sie nicht glaubhaft waren.
Auch die Angaben hinsichtlich seines Hauses bzw. seiner Wohnung in Bulgarien waren widersprüchlich und vermochte der Beschwerdeführer den Widerspruch auch nicht aufzuklären (OZ 13, S. 12). Zunächst gab er in der Beschwerdeverhandlung an, dass er seine Ersparnisse in die Renovierung seines Hauses gesteckt hätte (OZ 13, S. 7 arg. „Wir hatten ein altes Haus“), befragt zu seinen Vermögenswerten gab er wenig später hingegen an, er hätte eine Wohnung (OZ 13, S. 8). Diese Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse waren nicht schlüssig.
Auch zu seiner Aufenthaltsdauer in Österreich machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. Beim Bundesverwaltungsgericht gab er an, dass er seit 2019 immer für 3-4 Tage aufhältig gewesen wäre. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 05.03.2020 hat er hingegen angegeben, dass er im Jänner 2020 für 10 Tage, im Februar 2020 sogar für 19 Tage in Österreich aufhältig war.
Zudem gab der Beschwerdeführer bei der Landespolizei als Motiv für seine Taten Schulden in Höhe von € 8.000,-- an, in der Beschwerdeverhandlung nannte er hingegen als Motiv für seine Straftaten das fehlende Geld für einen Grabstein für das Grab seiner Mutter und den Reiz des schnellen Geldes (OZ 13, S. 10; OZ 11).
Mag der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung am 08.07.2020 auch mehrfach angegeben haben, dass er sofort aus Österreich ausreisen würde, vermochte dies nicht über sein Vorverhalten hinwegtäuschen wonach er seine Unterschrift verweigert hat, beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung falsche Angaben machte und nicht glaubhaft darlegen konnte, wie er im Hinblick auf das nicht fahrtüchtige Auto eine allfällige Ausreise ohne finanzielle Mittel bestreiten werde.
Insbesondere ist es dem Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung nicht gelungen, seine Kooperationsbereitschaft und Ausreisewilligkeit glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund seiner unmittelbar bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung und seinem bisherig gezeigten Verhalten und insbesondere dem persönlichen Eindruck in der Beschwerdeverhandlung, ist nicht zu erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seiner Abschiebung stellen wird. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass der Beschwerdeführer mehrfach zum Zweck der Suchtgifteinfuhr und des Suchtgifthandels nach Österreich eingereist ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
Gesetzliche Grundlagen
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):
Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:
§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist
1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:
§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
3.2. Zur Judikatur
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.3. Allgemeine Voraussetzungen
Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Daher war die Anhaltung in Schubhaft seit 30.06.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.
§ 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Gegen den Beschwerdeführer besteht ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot. Die angeordnete Schubhaft dient daher seit der Erlassung des durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes am 02.07.2020 gemäß § 76 Abs. 5 FPG der Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers. Als geplanter Abschiebetermin ist der 17.07.2020 gebucht, die Abschiebung steht daher bevor.
3.4. Fluchtgefahr
Das Verfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist und nicht kooperationsbereit. Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.
Im vorliegenden Fall geht das Gericht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Da gegen den Beschwerdeführer ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot vorliegt, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.
Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.
Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG vor.
3.5. Sicherungsbedarf
Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Es liegt ein den Beschwerdeführer betreffendes, durchsetzbares Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 Jahren vor. Der Abschiebeflug nach Bulgarien wurde für 17.07.2020 gebucht. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.
Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.6. Verhältnismäßigkeit
Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Der Beschwerdeführer wurde strafrechtlich verurteilt. Er hat wiederholt in kurzen zeitlichen Abständen Suchtgift nach Österreich eingeführt und es in weiterer Folge in Österreich verkauft. Er hat damit gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen und das Verbrechen des Suchtgifthandels begangen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährdet daher die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.
Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Es wurde auch ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.
Die Abschiebung des Beschwerdeführers wurde bereits zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme am 30.06.2020 für den 17.07.2020 gebucht. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.7. Gelinderes Mittel
Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.8. Ultima ratio
Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.9. Zu Spruchteil A) Spruchpunkt II. – Fortsetzungsausspruch
3.9.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).
3.9.2. Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft (siehe Punkt II.3.1.) besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG, insbesondere auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 3 und 9 FPG, Fluchtgefahr vorliegt sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung seiner Abschiebung - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist.
Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch sozial verankert, er hat keinen festen Wohnsitz in Österreich. Durch sein Verhalten und seine fehlende Vertrauenswürdigkeit ist anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer nicht freiwillig einer Abschiebung fügen wird, sodass Fluchtgefahr gegeben ist. Er achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, sodass – wie durch seine Verurteilung zu erkennen ist – auch von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen ist.
Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig (siehe Ausführungen zu Punkt II.3.1. bis II.3.8.).
3.9.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.
3.10. Zu Spruchteil A) Spruchpunkte III. und IV. – Kostenersatz
3.10.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
3.10.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden
Die belangte Behörde ist auf Grund der Abweisung der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz hat.
Dem Bundesamt gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 4 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand und gemäß § 1 Z. 3 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand, sohin insgesamt EUR 426,20.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei kein Kostenersatz.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Kooperation Mittellosigkeit öffentliche Interessen Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel Untertauchen Verhältnismäßigkeit VertrauenswürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W283.2232697.1.00Im RIS seit
01.10.2020Zuletzt aktualisiert am
01.10.2020