TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/13 W137 2208735-1

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Veröffentlicht am 13.07.2020
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Entscheidungsdatum

13.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W137 2208735-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. Christian Hirsch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2018, Zl. 469736000/180895703 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft von 21.09.2018 (16:00 Uhr) bis 21.09.2018 (19:55 Uhr) für rechtmäßig erklärt.

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Er reiste 2012 nach Österreich ein. Von 28.02.2014 bis 27.02.2017 verfügte der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger, wofür der Erteilungsgrund aufgrund der Scheidung am 16.09.2015 weggefallen ist. Am 20.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel Daueraufenthalt – EU unbefristet erteilt.

2. Mit rechtskräftigen Urteil eines Landesgerichtes vom 16.10.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen zahlreicher Delikte nach dem Suchtmittelgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe, welche von einem Oberlandesgericht auf 24 Monaten erhöht wurde, verurteilt.

3. Am 18.09.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs 1 u 2 FPG ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

4. Am 20.09.2018 fand eine versuchte unbegleitete Abschiebung des Beschwerdeführers statt. Aufgrund der Ablehnung der Abschiebung durch den Beschwerdeführer musste die unbegleitete Abschiebung abgebrochen werden woraufhin er in ein Polizeianhaltezentrum verbracht wurde.

5. Am 21.09.2018 wurde der Beschwerdeführer zur Schubhaft einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er aufgrund des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes einen Asylantrag stelle. Gegen eine Abschiebung würde er zwar nicht kämpfen, jedoch würde er sich rechtlich wehren. Er werde alles tun, um in Österreich zu bleiben. Er werde einen Asylantrag stellen, „auch wenn ich weiß, dass ich damit nicht durchkomme“. Er wolle ein wirtschaftlich gutes Leben in Österreich führen.

6. Mit Mandatsbescheid vom 21.09.2018 wurde im unmittelbaren Anschluss an diese Einvernahme gemäß § 76 Ab 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass er eine Abschiebung bereits verhindert habe und auch davon auszugehen sei, dass er eine neuerliche Abschiebung zu vereiteln versuchen werde. Auch wurden in der Begründung die strafrechtliche Verurteilung sowie die weitgehend fehlende soziale Verankerung im Bundesgebiet berücksichtigt. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers und der festgestellten Fluchtgefahr aufgrund des bereits vereitelten Abschiebeversuchs nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden „ultima-ratio-Situation“ auch als verhältnismäßig.

7. Direkt nach Anordnung der Schubhaft am 21.09.2018 / 16:00 Uhr brachte der Beschwerdeführer (erstmalig) einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Um 19:55 Uhr (ebenfalls am 21.09.2018) wurde er aus der Schubhaft entlassen.

8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2018 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.09.2018, mit welchem ein befristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

9. Mit Schriftsatz vom 30.10.2018 wurde gegen den im Spruch genannten Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft die verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der angefochtene Bescheid inhaltlich und rechtlich unrichtig sei. Der Beschwerdeführer habe sein strafrechtliches Fehlverhalten bereits vor dreieinhalb Jahren gesetzt und sich seither gesellschaftsangepasst wohlverhalten. Nach seiner Enthaftung aus der Untersuchungshaft habe er umgehend eine Beschäftigung aufgenommen und sei in den Arbeitsmarkt voll integriert. Zu seiner Tochter habe er eine intensive Nahebeziehung aufgebaut und in deren Heilbehandlung sei er vollumfänglich eingebunden. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zuerkannt worden und die Schubhaft „nur wenige Tage nach der Bescheiderlassung aufgehoben“ worden. Es lägen keine Gründe vor, welche die Annahme rechtfertigen, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Die Voraussetzungen für die Schubhafterlassung seien nicht vorgelegen und hätten gelindere Mittel verhängt werden können. Beantragt werde daher a) dass der Bescheid behoben werde; b) dass festgestellt werden, dass die angeordnete Schubhaft rechtswidrig erfolgt sei bzw gelinder Mittel angewendet hätten werden müssen; c) den pauschalen Kostenersatz zuzusprechen.

10. Am 02.11.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit der Beschwerdevorlage, welche am 05.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers und führte aus, dass die Maßnahme unverzüglich aufgeboben wurde, als ersichtlich gewesen sei, dass das verfolgte Ziel nicht erreicht werden könne. Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Der Beschwerdeführer ist im Jahr 2012 in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war er nicht Asylwerber.

Mit Bescheid vom 18.09.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG erlassen und gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gerichtliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte mit Beschluss vom 25.10.2018.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.10.2015 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe wegen zahlreicher Delikte nach dem Suchtmittelgesetz verurteilt. Die bedingte Freiheitsstrafe wurde mit Urteil eines Oberlandesgerichtes auf 24 Monate erhöht.

Der Beschwerdeführer war vom Zeitpunkt der Entlassung aus der Untersuchungshaft im Oktober 2015 bis zumindest November 2018 erwerbstätig und ist Vater einer am 11.06.2014 in Eisenstadt geborenen slowakischen Staatsbürgerin und für diese unterhaltspflichtig. Zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme lebte der Beschwerdeführer mit seiner Ex-Gattin in einem gemeinsamen Haushalt und verfügte im Bundesgebiet über eine aufrechte Meldeadresse.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft und während der Anhaltung in Schubhaft gesund und befand sich nicht in ärztlicher oder medikamentöser Behandlung. Der Beschwerdeführer war stets haftfähig.

Der Beschwerdeführer vereitelte am 20.09.2018 seine unbegleitete Abschiebung und gab in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.09.2018 an, dass er alles probieren werde, um nicht abgeschoben zu werden. Dies inkludiere auch die bewusste missbräuchliche Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz Der Beschwerdeführer ist insgesamt nicht vertrauenswürdig.

Nach Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz, wurde die gesetzte Maßnahme unverzüglich aufgehoben und der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen. Die Anhaltung in Schubhaft dauerte insgesamt knapp vier Stunden und erfolgte durchgehend im zeitlichen Rahmen der zulässigen Verwaltungsverwahrungshaft (die zuvor zum Zwecke der Durchführung der Abschiebung angeordnet worden war.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 469736000/18089503. Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Der Bescheid hinsichtlich des erlassenen Aufenthaltsverbot und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung liegt im Akt auf. Gleiches gilt für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht. Dass er zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft nicht Asylwerber war, ergibt sich aus der belegten Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz erst nach Anordnung der Schubhaft.

1.2. Die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ist aus einem Auszug aus dem Strafregister ersichtlich und im Übrigen auch unstrittig. In den niederschriftlichen Einvernahmen vom 18.01.2018 und 21.09.2018 erstattete der Beschwerdeführer Vorbringen zu seiner wirtschaftlichen Situation, seinem Gesundheitszustand und zu seiner Wohnsituation.

An diesen auch im Bescheid abgedruckten Ausführungen ist aufgrund der Lebensumstände des Beschwerdeführers nicht zu zweifeln.

1.3. Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Zudem ging er nach eigenen Angaben einer Beschäftigung nach. Erkrankungen hat dieser nie behauptet. Daraus ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers. Eine Haftunfähigkeit ist überdies nie behauptet worden.

1.4. Die durch den Beschwerdeführer vereitelte unbegleitete Abschiebung ergibt sich aus der Aktenlage und wurde auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges behauptet. Sie wurde auch nicht relativiert. Die Feststellungen zu seinen Angaben in der folgenden Einvernahme sind dem entsprechenden Protokoll entnommen und wurden auch nicht bestritten.

Aufgrund seines Verhaltens, insbesondere der vereitelten unbegleiteten Abschiebung und der getätigten Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.09.2018, konnte dem Beschwerdeführer keine Vertrauenswürdigkeit attestiert werden. Wenn der Beschwerdeführer – der nach Angaben seines Vertreters über gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt – sich einer solchen eindeutigen Wortwahl bedient, muss er sie gegen sich gelten lassen.

1.5. Die Feststellungen zur Dauer der Anhaltung und den Entlassungsgründen ergeben sich aus der Aktenlage. Die Verwaltungsverwahrungshaft (zur Durchführung der Abschiebung) begann am 19.09.2018 und darf 72 Stunden betragen. Die Entlassung aus der Schubhaft erfolgt bereits am 21.09.2018 und somit klar innerhalb dieses Zeitrahmens.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde unmittelbar nach Vereitelung der Abschiebung die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Behinderung der bereits versuchten Abschiebung, einer nicht gefestigten dauerhaften sozialen Integration, der Wohn- und Familiensituation sowie aus der fehlenden sonstigen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich. Das Bundesamt stütze sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1 und 9 des § 76 Abs 3 FPG. Das frühere strafrechtlichen Verhalten wurde im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einbezogen.

Dem Vorliegen der Kriterien nach Z 1 konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten werden. Der Beschwerdeführer vereitelte nachweislich bewusst und zielgerichtet eine sich bereits in Gange befindende Abschiebung durch sein Verhalten. In Zusammenschau mit der anschließenden niederschriftlichen Befragung des Beschwerdeführers, in welcher er angab, alles zu probieren, um nicht abgeschoben zu werden, kam die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in besonderer Weise ausreiseunwillig ist und offenkundig – entsprechend seiner Wortwahl – jedes Mittel zur Verhinderung einer Abschiebung ergreifen würde. Der Beschwerdeführer führte dazu auch aus, dass er auch die bewusst missbräuchliche Einbringung eines (unberechtigten) Antrags auf internationalen Schutz beabsichtige.

3.3. Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt bei seiner Ex-Gattin gemeldet und als Paketfahrer beschäftigt war.

Den Feststellungen hinsichtlich seiner familiären Anknüpfungspunkten wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Darin wird lediglich präzisiert, dass er im letzten halben Jahr eine intensive Nahebeziehung zu seiner Tochter aufgebaut habe und diese schwer erkrankt sei. In die Heilbehandlung der Tochter sei er eingebunden. Festzuhalten ist allerdings, dass die Tochter auch bereits vor der Kontaktaufnahme gesundheitliche Probleme hatte und dass es sich bei der Einbindung des Beschwerdeführers in die Heilbehandlung der Tochter lediglich um eine untergeordnete Hilfeleistung handeln kann, zumal der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge seine Tochter nach wie vor nur einmal wöchentlich sieht. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung – zu diesem Zeitpunkt hatte er laut Beschwerde bereits ein intensives Naheverhältnis zur Tochter – das Geburtsdatum der Tochter nicht kannte. Dass er seinen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen nachkommt, ist im Übrigen für sich alleine kein Indiz für ein besonderes Naheverhältnis oder eine enge Beziehung. Ein Sorgerecht kommt ihm ebenfalls nicht zu.

Über eine die dargelegten familiären Anknüpfungspunkte und die Erwerbstätigkeit hinaus konnte der Beschwerdeführer keine substantiellen sozialen Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet darlegen.

3.4. Vor diesem Hintergrund konnte das Bundesamt berechtigt davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer zur Vereitelung eines weiteren Abschiebeversuches auch ein physisches Entziehen vor dem behördlichen Zugriff und einen Aufenthalt im Verborgenen in Kauf nehmen würde. Dementsprechend wurde korrekterweise Fluchtgefahr angenommen.

3.5. Die Behörde ging hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit auch richtigerweise von der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers sowie der vereitelten Abschiebung und einer daraus abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit aus. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf die Angaben in der anschließenden niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt (am 21.09.2019) zu verweisen, bei welcher er ausführte, alles zu probieren, um nicht abgeschoben zu werden. Hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer bei dieser Einvernahme angab, dass alles nicht so gewesen sei, wie es im Urteil stehe. In diesem Zusammenhang kann nicht von einer Einsicht des Beschwerdeführers betreffend sein Fehlverhalten gesprochen werden, was die mangelnde Vertrauenswürdigkeit verstärkt.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer bisher alle Termine freiwillig bei der Behörde wahrgenommen habe und daher kein Anlass für die Annahme bestehe, dass er sich dem Verfahren entziehen werde, ist entgegenzuhalten, dass es sich dabei um Verhalten handelt, welches der Beschwerdeführer vor der Vereitelung der Abschiebung und vor den Ausführungen in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 21.09.2018 gesetzt hat. Seit der Vereitelung der Abschiebung und seinen Aussagen in dieser Einvernahme präsentierte sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Kooperationsbereitschaft diametral anders.

3.6. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

3.7. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden hätten lassen, da der Beschwerdeführer ja bereits ausdrücklich angekündigt hatte, „alles“ zu probieren, um in Österreich zu bleiben. Die Missachtung eines gelinderen Mittels ist von solch einer Ankündigung offenkundig mitumfasst. Auf Grund dieser Umstände überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

3.8. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers in die Türkei nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist, zumal eine Abschiebung bereits im Gange war, welche jedoch vom Beschwerdeführer vereitelt wurde. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war bei Anordnung der Schubhaft tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen, sogar binnen weniger Wochen, zu rechnen. Abschiebungen in die Türkei fanden zum damaligen Zeitpunkt laufend statt. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer noch am selben Tag – und nicht wie in der Beschwerde ausgeführt erst „wenige Tage nach der Bescheiderlassung“ – aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aus der Schubhaft entlassen wurde. Das Bundesamt hat damit unverzüglich auf eine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts reagiert.

In diesem Zusammenhang kann vom Bundesamt – auch wenn theoretisch/zeitlich die weitere Anhaltung im Rahmen der Verwaltungsverwahrungshaft (somit ebenfalls eine Freiheitsentziehung) gewesen wäre – nicht verlangt werden, eine bereits laufende Amtshandlung (Einvernahme zur Anordnung einer Schubhaft) abzubrechen, (nur) weil der Beschwerdeführer in dieser die Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ankündigt. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die effektive Freiheitsentziehung betreffend den Beschwerdeführer bei sofortiger Befragung zum Asylantrag nur unwesentlich kürzer gewesen wäre.

3.9. Entscheidend ist darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer seien Wunsch der Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz nicht etwa nach Festnahme und Beginn der Verwaltungsverwahrungshaft (am 19.09.2018 – 08:35 Uhr) und auch nicht vor dem Abschiebeversuch (am 20.09.2018 - 17:45 Uhr) oder unmittelbar danach geäußert hat, sondern erst in der Einvernahme zur Anordnung einer Schubhaft (am 21.09.2018 – ab 14:00 Uhr).

Zudem ergibt sich aus der Chronologie der Ereignisse, dass das Bundesamt die gesamte Organisation der Abschiebung so gestaltet hat, dass – Kooperation des Beschwerdeführers vorausgesetzt – die Anordnung einer Schubhaft nicht erforderlich ist und der Abschiebung eine Freiheitsentziehung von (lediglich) unter 36 Stunden vorangeht. Erst die Vereitelung der Abschiebung durch den Beschwerdeführer hat die Anordnung einer Schubhaft überhaupt zu einem Thema werden lassen.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Dazu wurden die vorgelegten Bestätigungen ebenfalls nicht in Frage gestellt. Durch Einträge in öffentlichen Registern (ZMR, Strafregister, etc.) belegte oder widerlegte Tatsachen beziehungsweise Sachverhaltselemente bedürfen ebenfalls keiner mündlichen Erörterung.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Insbesondere wird weder eine frühere Asylantragstellung in irgendeiner Form behauptet, noch werden die Ausführungen zur Vereitelung der Abschiebung in Zweifel gezogen. Die in der Beschwerde behauptete Kooperationswilligkeit hat der Beschwerdeführer durch sein 2018 gezeigtes Verhalten und seine Aussagen vom 21.09.2018 – die sich in einer fehlenden Vertrauenswürdigkeit niederschlugen – selbst beschädigt. Er hat dabei angegeben, alles zu tun, um eine Abschiebung zu vermeiden – auch durch Stellung eines Asylantrags, selbst wenn er wisse, dass es erfolgslos sein werde.

Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

5. Kostenersatz

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsverbot Fluchtgefahr öffentliche Interessen Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2208735.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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