TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/14 W283 2232783-1

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Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W283 2232783-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2020, Zl. 1259517400/200553193, die Anhaltung in Schubhaft seit 02.07.2020 sowie die Fortsetzung der Anhaltung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2020 und der Anhaltung in Schubhaft von 02.07.2020 bis 14.07.2020 festgestellt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste zuletzt um den 08.03.2020 in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines gültigen italienischen Aufenthaltstitels und eines gültigen nigerianischen Reisepasses.

Am 01.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen eines Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz festgenommen und wurde am 02.06.2020 die Untersuchungshaft verhängt. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 05.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und er in Kenntnis gesetzt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes sowie die Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides beabsichtigt sei. Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.

Am 19.06.2020 wurde der Beschwerdeführer von einem Landesgericht verurteilt und in weiterer Folge am 02.07.2020 bedingt aus der Strafhaft entlassen.

Der Beschwerdeführer wurde nach seiner Entlassung aus der Strafhaft dem Bundesamt vorgeführt und am 02.07.2020 einvernommen. Am selben Tag wurde der gegenständlich bekämpfte und als Mandatsbescheid bezeichnete Bescheid gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung erlassen und der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.

Mit Beschwerde vom 07.07.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid sowie die weitere Anhaltung in Schubhaft. Im Wesentlichen wurde moniert, dass der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 6 FPG zur Ausreise nach Italien zu verpflichten gewesen sei. Zudem sei die Anordnung gelinderer Mittel wie der periodischen Meldeverpflichtung und der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten nicht geprüft worden. Die Einreise und der Großteil des Aufenthalts des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet sei rechtmäßig gewesen. Der Beschwerdeführer sei bislang nicht zu seiner Ausreise nach Italien verpflichtet geworden. Eine sofortige Ausreise sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht erforderlich. Die vom Bundesamt beabsichtigte und noch nicht erlassene Rückkehrentscheidung werde daher rechtswidrig sein. Mangels Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei eine Abschiebung auch nicht möglich. Zudem sei der Schubhaftbescheid in rechtswidriger Weise als Mandatsbescheid erlassen worden. Auch im Hinblick auf die Covid-19 Situation sei eine Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht gesichert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 02.07.2020 in Schubhaft Das Bundesverwaltungsgericht hat im vorliegenden Verfahren zu klären, ob die Schubhaft zurecht angeordnet wurde, die Anhaltung in Schubhaft seit 02.07.2020 rechtmäßig war und ob die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gegeben sind.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (AS 30 f; AS 95).

1.1.2. Der Beschwerdeführer reiste zuletzt um den 08.03.2020 mit seinem gültigen nigerianischen Reisepass und seines gültigen italienischen Aufenthaltstitels in das Bundesgebiet ein (AS 93).

1.1.3. Am 02.07.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen (AS 82). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet (AS 98ff; OZ 14). Zuvor wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt und eine Einvernahme durchgeführt (AS 65 ff; AS 76; AS 91 ff). Seit dem 02.07.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei).

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei; AS 92; AS 95).

1.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.07.2020 wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 09.07.2020 persönlich durch Übergabe zugestellt. Die Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar (OZ 10; OZ 11).

Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer hat auch in Italien keine Verwandten. Seine Familienangehörigen leben in Nigeria. Der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Der Beschwerdeführer war während seiner Aufenthalte in Österreich nie behördlich gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (AS 94; Auszug aus dem Melderegister).

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung (Anhaltedatei; AS 93).

1.2.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht (Strafregister).

Der Beschwerdeführer weist in Österreich eine Verurteilung auf (Strafregister; AS 126 ff):

1.2.3.1. Mit Urteil eines Landesgerichts vom 19.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, teilweise Abs. 2a und Abs. 3 und § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 8 Monate vorläufig bedingt durch künftiges Wohlverhalten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung liegen Tathandlung zugrunde, wonach der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain ab dem dritten Angriff gewerbsmäßig, anderen gegen Entgelt überlassen hat. Und zwar hat der Beschwerdeführer am 22.04.2020 in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, einem verdeckten Ermittler 6 Kugeln Kokain gegen Entgelt überlassen. Am 01.06.2020 hat der Beschwerdeführer einem verdeckten Ermittler 1 Kugel Kokain gegen Entgelt, öffentlich überlassen, sowie im Zeitraum 15.05.2020 bis 01.06.2020 in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel mindestens 30 Kugeln Kokain in zumindest 30 Angriffen anderen gegen Entgelt überlassen sowie 3,4 Gramm Cannabiskraut zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zum Eigenkonsum erworben und besessen (Strafregister; AS 82; AS 126 ff).

Bei der Strafbemessung wurden das überscheißende Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts mildernd gewertet und erschwerend die zwei Vergehen und das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen berücksichtigt (AS 129).

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

1.2.5. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ. Er gab seinen Aufenthaltsort in Österreich nicht bekannt (AS 1; AS 93).

1.2.6. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat besteht zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist möglich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres und die elektronische Aktenverwaltung beim Bundesverwaltungsgericht.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und aus dem Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

2.1.1. Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aufgrund der im Akt aufliegenden Reisepasskopie des Beschwerdeführers und der Kopie des italienischen Aufenthaltstitels (AS 30 f). Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter, sind im Verfahren nicht hervorgekommen (AS 95). Ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers aufgrund der im Akt aufliegenden Dokumente.

2.1.2. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund seiner eigenen Angaben bei seiner Einvernahme am 02.07.2020 (AS 93).

2.1.3. Die Feststellung zur bedingten Entlassung aus der Strafhaft, ergeben sich aus dem Entlassungsschein (AS 82). Die Feststellungen zum Bescheid über die Schubhaft ergeben sich eben diesen (AS 98ff; OZ 14). Die vor Bescheiderlassung gesetzten Ermittlungsschritten waren aufgrund des Akteninhaltes festzustellen (AS 65 ff; AS 76; AS 91 ff). Der Zeitpunkt der Anhaltung in Schubhaft war aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei festzustellen.

2.1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war (Anhaltedatei). Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.07.2020 selbst an, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme und er nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten leide (AS 92; AS 95). Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.2.1. Die Feststellungen zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer waren aufgrund des im Akt befindlichen Bescheid des Bundesamtes vom 08.07.2020 zu treffen. Dass dieser Bescheid durch persönliche Übergabe zugestellt wurde, ergibt sich aufgrund des im Akt befindlichen Zustellnachweiseses. Dass die Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, war aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festzustellen (OZ 10; OZ 11, Spruchpunkt V.).

Dass eine Beschwerde gegen diesen Bescheid zum Entscheidungszeitpunkt nicht beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, war aufgrund einer Abfrage in der Datenbank festzustellen.

1.2.2. Die Feststellungen zum Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich, Italien und Nigeria waren aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt zu treffen (AS 94). Dass der Beschwerdeführer in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet ist und er über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, war aufgrund der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister in Zusammenschau mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt festzustellen (AS 93).

Ebenso gründet die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht auf seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt (AS 94 f).

Dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung verfügt, war aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei festzustellen. Zudem gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 02.07.2020 beim Bundesamt an, dass er mit € 500,-- nach Österreich eingereist sei, jedoch kein Geld mehr habe. Dass er bei einer Bank über ein Guthaben verfüge, dessen genaue Höhe ihm nicht bekannt sei, war nicht glaubhaft. Es ist nicht schlüssig, dass der Beschwerdeführer keine Angaben zu seinem eigenen Bankguthaben machen konnte. Im Beschwerdeschriftsatz wurde ins Treffen geführt, dass der Beschwerdeführer über etwa € 1.000,-- auf seinem Bankkonto verfüge. Bescheinigungsmittel, wie etwa ein Kontoauszug wurden dafür jedoch nicht vorgelegt (OZ 1, S. 11).

1.2.3. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner Verurteilung festzustellen (Strafregister).

Die Feststellungen zur rechtskräftigen Verurteilung, den zugrundeliegenden Tathandlungen und zur Strafbemessung ergeben sich aufgrund des im Akt aufliegenden Strafurteils und einer Strafregisterauskunft (AS 126 ff).

1.2.4. Die Feststellung zur Vertrauenswürdigkeit ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Vorverhaltens, nämlich aufgrund der Verwirklichung von Suchtgiftdelikten kurz nach seiner Einreise nach Österreich, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.

1.2.5. Dass der Beschwerdeführer in den bisherigen fremdenbehördlichen Verfahren nicht kooperativ war, war aufgrund seiner Angaben in der Einvernahme vom 02.07.2020 hinsichtlich seiner Freundin und seinen Aufenthaltsorten in Österreich zu treffen. Dabei gab er an, dass er lediglich den Vornamen seiner Freundin kennen würde, die Adresse wäre ihm unbekannt, obwohl er bei ihr geschlafen hätte. Nach der Trennung von seiner Freundin habe er bei unterschiedlichen Leuten geschlafen, deren Namen der Beschwerdeführer nicht gekannt hätte (AS 93). Auch im Zuge einer polizeilichen Identitätsfeststellung am 27.01.2020 gab der Beschwerdeführer seinen Aufenthaltsort nicht bekannt, indem er angab, dass er bei einem Freund schlafen würde, dessen Adresse er nicht kennen würde (AS 1). Aufgrund dieses Verhaltens hat sich der Beschwerdeführer bisher nicht kooperativ verhalten, sondern wesentliche Angaben zu seinem Aufenthalt in Österreich verweigert. Zudem war der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt im österreichischen Bundesgebiet entgegen der gesetzlichen Verpflichtung behördlich gemeldet. Der Beschwerdeführer war daher für die Behörden nicht greifbar und hielt sich im Verborgenen auf.

1.2.6. Dass die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße besteht, war aufgrund der mittlerweile erfolgten Wiederaufnahme des Flugverkehrs zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.3. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2.         dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3.         ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4.         ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a.         nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4.         der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.         das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

3.1.4. Der mit „Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet“ betitelte § 31 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

§ 31 (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1.         wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2.         wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3.         wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4.         solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;
5.         bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;
6.         wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
7.         wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
8.         wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder
9.         soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1.         auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2.         auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3.         geduldet sind (§ 46a) oder
4.         eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.

(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 2 Z 48, BGBl. I Nr. 145/2017)

(4) Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, halten sich während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes zukommt, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen ist; dies gilt, solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibt, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem das Recht zur Pflege und Erziehung allein zukommt. Außerdem sind solche Kinder während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig aufhältig, sofern und solange deren Pflege und Erziehung einem österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet allein zukommt.

3.1.5. Artikel 21 aus dem „Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen“ (SDÜ) lautet:

Artikel 21 (1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

(2) Das gleiche gilt für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.

(3) Die Vertragsparteien übermitteln dem Exekutivausschuß die Liste der Dokumente, die sie als Aufenthaltserlaubnis oder vorläufigen Aufenthaltstitel und als Reisedokument im Sinne dieses Artikels ausstellen.

(4) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten unbeschadet des Artikels 22.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Zu A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

3.3.1. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Daher war die Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Zum Zeitpunkt der Schubhaftbescheiderlassung am 02.07.2020 war eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer noch nicht erlassen. Der Sicherungsbedarf war daher hinsichtlich der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu prüfen. Mit Erlassung des Bescheides vom 08.07.2020, zugestellt am 09.07.2020, besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer. Der Sicherungsbedarf dient daher der Abschiebung.

Der Beschwerdeführer wurde kurz nach seiner Einreise nach Österreich straffällig und rechtskräftig wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lagen Taten zu Grunde, wonach der Beschwerdeführer in mehreren Angriffen Kokain gewerbsmäßig, zum Teil öffentlichen verkaufte. Gerade an der Einhaltung der Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes liegt ein besonders hohes staatliches Interesse. Diesem Interesse hat der Beschwerdeführer massiv zuwidergehandelt, weshalb sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der sofortigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht.

3.4. Fluchtgefahr

Der Beschwerdeführer reiste zuletzt um den 08.03.2020 nach Österreich. Kurze Zeit nach seiner Einreise beging er mehrere Vergehen nach Suchtmittelgesetz. Der Beschwerdeführer wurde deswegen auch festgenommen, in Untersuchungshaft festgehalten, rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt und zuletzt nach Verbüßung der unbedingten Freiheitsstrafe entlassen. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Er kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund seines Verhaltens nicht als kooperativ und vertrauenswürdig angesehen werden. Er hat zwar angegeben nach Italien abgeschoben werden zu wollen, doch handelt es sich bei Italien nicht um jenen Staat, für den die Abschiebung in der Rückkehrentscheidung vom 08.07.2020 für zulässig erklärt wurde. Es ist daher gerade nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer freiwillig nach Nigeria ausreisen wird und so ein kooperatives Verhalten zeigt, dass eine Fluchtgefahr unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder ein Familien- noch ein Privatleben. Zudem verfügt er über keinen gesicherten Wohnsitz. Der Beschwerdeführer geht zudem in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über ausreichende eigene finanzielle Mittel. Soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Beschwerdeführer nicht nach Italien ausreisen wird und sich so einer potentiellen Abschiebung entziehen wird, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Verantwortung des Beschwerdeführers im Verfahren und in der Beschwerde lässt ausschließlich darauf schließen, dass er bei Aufhebung der Schubhaft nach Italien ausreisen werde. Daher liegen in einer Gesamtbetrachtung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt hat, um sich seiner Abschiebung nicht zu entziehen.

Das Bundesamt ist daher im Ergebnis zu Recht – wenn im Bescheid auch verkürzt dargestellt - vom Vorliegen einer Fluchtgefahr insbesondere aufgrund des strafrechtlichen Verhalten des Beschwerdeführers ausgegangen und der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG ausgegangen.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer seit dem 09.07.2020 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein Einreisverbot. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht auch nicht, dass derzeit das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.05.2018, Zl. Ra 2018/21/0060 kann eine noch nicht rechtskräftige Rückkehrentscheidung allenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden ausschließlich im Hinblick auf den Sicherungszweck von Bedeutung sein. Es ist nicht Sache des Schubhaftbeschwerdeverfahrens zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich rechtmäßig ist, da dies in einem eignen Verfahren geprüft wird. Auch könnte für eine allfällige Prüfung – vor dem Hintergrund der kurzen Entscheidungsfrist in Schubhaftbeschwerden – allenfalls nur ein äußerst grober Prüfmaßstab angelegt werden. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürger, dies ist jedenfalls unstrittig und kann daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung erlassen werden. Es ist auch nicht unzulässig, eine Rückkehrentscheidung gegen einen Fremden, der einen Aufenthaltstitel in einem anderen Mitgliedstaat hat, zu erlassen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich war einerseits aufgrund des Überschreitens der höchstzulässigen Aufenthaltsdauer nicht rechtmäßig iSd § 31 Abs. 1 Z 3 FPG, zumal der Beschwerdeführer bereits um den 08.03.2020 nach Österreich eingereist ist. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides war er sohin schon fast vier Monate in Österreich aufhältig. Weiters ist der Beschwerdeführer einer unerlaubten Erwerbstätigkeit, nämlich dem Verkauf von Suchtgift nachgegangen, weshalb sein Aufenthalt überdies bereits ab der Tatbegehung ab 15.05.2020 nicht rechtmäßig iSd zitierten Norm war. Schließlich war der Beschwerdeführer seit dem 03.06.2020 auf der nationalen Ausschreibungsliste iSd Artikel 21 SDÜ, weshalb der Tatbestand des § 31 Abs. 1 Z 3 FPG nicht erfüllt war und der Aufenthalt des Beschwerdeführers auch aus diesem Grund nicht rechtmäßig war. Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Großteil des Aufenthalts des Beschwerdeführers rechtmäßig gewesen sei, war daher kein Erfolg beschieden.

In einer Konstellation wie der vorliegenden ist es daher – ohne der Entscheidung über ein allfälliges Rechtsmittel hinsichtlich der Rückkehrentscheidung vorzugreifen – zumindest nicht ausgeschlossen, dass eine Rückkehrentscheidung verhängt werden könnte, da die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers – vor dem Hintergrund seines straffälligen Verhaltens im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten – geboten sein könnte.

Auch eine bedingte Entlassung aus der Strafhaft und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer wie in der Beschwerde vorgebracht „bloß“ zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon „bloß“ ein Monat unbedingter Haft verurteilt wurde, reicht aufgrund der Schwere der vom Beschwerdeführer begangen Taten – auch wenn es sich um die erste Verurteilung handelt – im Zusammenhang mit der Gewerbsmäßigkeit des Verkaufs von Kokain in über 30 Angriffen und zum Teil öffentlich sowie der mangelnden sozialen Verankerung in Österreich, der fehlenden Ausreisewilligkeit nach Nigeria und der Verantwortung des Beschwerdeführers nach Italien abgeschoben werden zu wollen, nicht aus, um einen Sicherungsbedarf zu verneinen.

Das Bundesamt ist daher im Ergebnis zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich strafbare Handlungen begangen. Kurz nach seiner Einreise nach Österreich verkaufte er gewerbsmäßig Kokain in mehr als 30 Angriffen und zum Teil öffentlich. Dazu wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Das zuständige Strafgericht wertete dabei das überschießende Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts mildernd, erschwerend wurden hingegen zwei Vergehen und das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen gewertet.

Der Beschwerdeführer achtet somit die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist in Österreich zudem nicht beruflich verankert, hat ausreichende eigene Mittel zu Existenzsicherung im Verfahren nicht bescheinigt, und hat keine privaten oder familiären Anknüpfungspunkte oder Bindungen. Sein gesamtes Privatleben hat der Beschwerdeführe in Italien. Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Für den Beschwerdeführer liegt ein gültiger Reisepass vor. Wie sich aus der medialen B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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