TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/15 W275 2230958-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2020
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Entscheidungsdatum

15.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35

Spruch

W275 2230958-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Christian HIRSCH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2020, Zahl 515552208/200317945, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 05.05.2020 bis 13.05.2020 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2020, Zahl 515552208/200317945, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 05.05.2020 bis 13.05.2020 für rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, verfügte ab Jänner 2012 über eine Aufenthaltsbewilligung im österreichischen Bundesgebiet, zunächst als Studierender und in weiterer Folge über eine „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ mit Gültigkeit bis XXXX .

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes in Österreich zweimal strafrechtlich verurteilt: Er wurde zunächst mit Urteil eines Landesgerichtes vom 28.11.2017 wegen des Verbrechens der Geldfälschung gemäß § 232 Abs. 1 und 2 StGB und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten, davon zweiundzwanzig Monate bedingt, verurteilt. Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines Landesgerichtes vom 03.09.2018 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Freiheitsentziehung gemäß § 99 Abs. 1 StGB und der Verbrechen der schweren Körperverletzung gemäß den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 5 Z 2 StGB sowie der schweren Nötigung gemäß den §§ 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z 1 erster Fall StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 4 FPG eine Rückkehrentscheidung samt Erklärung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien in Verbindung mit einem unbefristeten Einreiseverbot erlassen; eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2019, G311 2213235-1, mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf acht Jahre herabgesetzt wurde; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Der Beschwerdeführer befand sich von 07.09.2017 bis 05.05.2020 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

Mit Parteiengehör vom 02.04.2020 wurde der im Stand der Strafhaft befindliche Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen ihn am 02.04.2020 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei und wurde der Beschwerdeführer betreffend Verhängung der Schubhaft sowie der Abschiebung unter Setzung einer Frist von sieben Tagen ab Erhalt des Parteiengehörs zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu den näher angeführten Fragen aufgefordert. Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung mit am 09.04.2020 per Telefax an die Einlaufstelle der zuständigen Regionaldirektion des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl übermitteltem Schreiben nach und führte zusammengefasst aus, dass er geschieden sei und mit seiner Ex-Gattin drei minderjährige Kinder habe, welche in Wien bei seiner Ex-Gattin leben würden. In Wien lebe weiters seine Mutter. In Österreich habe er vier Semester Geographie (Lehramt) studiert; neben dem Studium habe er Gelegenheitsjobs als Türsteher und auf Baustellen gehabt und sei dann eineinhalb Jahre selbstständig tätig gewesen. Nach Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit habe er zuletzt als Internettechniker gearbeitet. Er besitze einen serbischen Reisepass, dessen Gültigkeit mit XXXX abgelaufen sein müsse. Seit seiner Aufenthaltsnahme in Österreich im Jahr 2010 habe er durchgehend über eine Aufenthaltsberechtigung verfügt. Seine derzeitigen finanziellen Mittel beliefen sich auf 2.000,- Euro, welche in der Justizanstalt als Rücklage deponiert seien, sowie Ersparnisse in Höhe von 5.000,- Euro, welche seine Mutter verwalte. Er pflege nahezu ausschließlich in Österreich soziale Kontakte und habe insbesondere zu seinen Kindern engen Kontakt. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. Während seiner Haft habe er psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen und diese Termine ausnahmslos regelmäßig eingehalten. Während des Entlassungsvollzuges seien ihm etwa vierzig Ausgänge aus der Justizanstalt genehmigt worden, welche problemlos abgelaufen seien. Die Verhängung von Schubhaft sei nicht erforderlich und nicht angemessen. Er sei bereit, sich in regelmäßigen Abständen bei einer zu bestimmenden Polizeidienststelle zu melden; für eine Wohnmöglichkeit sowie seinen Unterhalt sei Sorge getragen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beantragte am 08.04.2020 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer. Am 30.04.2020 wurden im Zuge einer vom Verein Menschenrechte Österreich durchgeführten Videokonferenz die letzten, noch ausständigen Dokumente für die Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der Unterschrift des Beschwerdeführers versehen und wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung dieser Videokonferenz auf seinen ausdrücklichen Wunsch in das Rückkehrprogramm des Vereins Menschenrechte Österreich aufgenommen, über welchen in weiterer Folge die Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolgte. Die freiwillige Ausreise als Selbstzahler wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl genehmigt.

Mit oben genanntem Mandatsbescheid vom 05.05.2020 ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die ihm am 02.04.2020 in die Justizanstalt zugesendete Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nicht beantwortet habe. Gegen den Beschwerdeführer sei eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot erlassen worden. Der Beschwerdeführer besitze kein Reisedokument und könne Österreich nicht legal aus eigenem Entschluss verlassen. Einer Erwerbstätigkeit gehe der Beschwerdeführer nicht nach; er verfüge auch nicht über ausreichend Barmittel, um seinen Unterhalt zu finanzieren. In Österreich würden die Ex-Frau sowie die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers leben; dem Beschwerdeführer sei die Obsorge für seine Kinder entzogen worden, die Kindesmutter trage die alleinige Obsorge für die Kinder des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich verurteilt worden, wobei die familiären Bindungen des Beschwerdeführers nicht vermocht hätten, ihn von der Begehung von Straftaten abzuhalten. Der Beschwerdeführer habe die Einschränkungen seines Privat- und Familienlebens durch seine Straftaten bewusst in Kauf genommen. Der Beschwerdeführer sei nicht meldeamtlich erfasst. Die Entscheidung sei verhältnismäßig, da der Beschwerdeführer den Schengenraum bis heute nicht verlassen habe und auch nicht gewillt sei, diesen freiwillig zu verlassen. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei notwendig, da der Beschwerdeführer sich aufgrund seines Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe und davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer auch künftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Der Beschwerdeführer wurde am 05.05.2020 aus der Strafhaft entlassen, auf Basis des gegen ihn am 29.04.2020 gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und in Schubhaft genommen sowie angehalten.

Am 13.05.2020 wurde der Beschwerdeführer zur Übergabe an den Verein Menschenrechte Österreich im Rahmen der freiwilligen Rückkehr aus der Schubhaft entlassen.

Am 13.05.2020 reiste der Beschwerdeführer im Rahmen der unterstützten freiwilligen Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

Gegen den oben genannten Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und insbesondere vorgebracht, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne einer vollständigen Darstellung des Sachverhaltes außer Acht gelassen habe, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene unbefristete Einreiseverbot auf acht Jahre herabgesetzt worden sei. Der angefochtene Bescheid behaupte weiters unrichtig, dass der Beschwerdeführer nicht innerhalb der Frist eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme erstattet habe; durch die Nichtbeachtung dieser – am 09.04.2020, sohin innerhalb der Frist – abgegebenen Stellungnahme sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Unrichtig sei, dass der Beschwerdeführer keine Sorgfaltspflichten habe; er sei für seine drei Kinder sorgepflichtig und komme dieser Verpflichtung regelmäßig nach. Auch sei ihm die Obsorge nicht entzogen worden, sondern habe er der Übertragung der Obsorge an seine Ex-Gattin und Mutter seiner drei Kinder zugestimmt. Der Beschwerdeführer sei während seiner Strafhaft in der Justizanstalt einer Beschäftigung nachgegangen und würde entsprechend der vorgelegten Bestätigung für den Fall der Erteilung einer Arbeitsbewilligung bei einer näher genannten Firma Vollzeit für ein Nettogehalt von 1.850,- Euro eingestellt werden. Der ebenfalls angeschlossenen Bestätigung sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Enthaftung bis zum Jahresende an einer näher genannten Adresse wohnen könnte. Auch sei die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bereits zweimal strafrechtlich verurteilt worden sei, falsch; vielmehr seien die beiden Verurteilungen als Einheit zu sehen, da bei der zweiten Verurteilung gemäß den §§ 31 und 40 StGB auf die erste Verurteilung Bedacht genommen worden sei. Falsch sei weiters, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichend Barmittel zur Finanzierung seines Unterhaltes verfügte, da sich bei seiner Enthaftung aus der Justizanstalt seine Barmittel auf 2.000,- Euro belaufen hätten und der Beschwerdeführer zudem Ersparnisse in Höhe von 5.000,- Euro habe, welche von seiner Mutter verwaltet würden. Der Bescheid übergehe weiters die familiäre Bindung des Beschwerdeführers zu seinen drei Kindern, zu welchen er eine enge Beziehung habe und die ihn regelmäßig in der Justizanstalt besucht hätten. Auch anlässlich seiner etwa vierzig genehmigten Ausgänge habe der Beschwerdeführer jedes Mal Kontakt zu seinen Kindern gehabt. Meldeamtlich sei der Beschwerdeführer selbstverständlich erfasst gewesen und sei er auch vor seiner Verhaftung stets gemeldet gewesen. Es lägen keine Gründe für die Annahme vor, dass der Beschwerdeführer sich dem Verfahren entziehen werde; der Beschwerdeführer habe sich mit seiner Abschiebung nach Serbien ausdrücklich einverstanden erklärt, sein Unterhalt sei gesichert gewesen und er sei auch für die Kosten seiner Abschiebung aus Eigenem aufgekommen. Beantragt wurde die Behebung des Schubhaftbescheides, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung sowie Kostenersatz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte in der Folge den Verwaltungsakt vor; eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, seine Identität steht fest. Er führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Der Beschwerdeführer verfügte über einen von XXXX bis XXXX gültigen serbischen Reisepass. Aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018 bzw. des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2019, G311 2213235-1, bestand gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot; zuvor hatte der Beschwerdeführer ab Jänner 2012 über eine Aufenthaltsbewilligung im österreichischen Bundesgebiet verfügt, zunächst als Studierender und in weiterer Folge über eine „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ mit Gültigkeit bis XXXX .

1.2. Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes in Österreich strafrechtlich verurteilt: Er wurde zunächst mit Urteil eines Landesgerichtes vom 28.11.2017 wegen des Verbrechens der Geldfälschung gemäß § 232 Abs. 1 und 2 StGB und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten, davon zweiundzwanzig Monate bedingt, verurteilt. Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines Landesgerichtes vom 03.09.2018 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Freiheitsentziehung gemäß § 99 Abs. 1 StGB und der Verbrechen der schweren Körperverletzung gemäß der §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 5 Z 2 StGB sowie der schweren Nötigung gemäß der §§ 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z 1 erster Fall StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

1.3. Der Beschwerdeführer befand sich von 07.09.2017 bis zu seiner bedingten Entlassung am 05.05.2020 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Am 05.05.2020 wurde der Beschwerdeführer auf Basis des gegen ihn am 29.04.2020 gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und anschließend in Schubhaft genommen.

1.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat es unterlassen, bereits während der mehrjährigen Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen und gegebenenfalls die Schubhaft mittels Bescheid über den Beschwerdeführer zu verhängen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ vielmehr den angefochtenen Schubhaftbescheid am 05.05.2020 gemäß § 57 Abs. 1 AVG als Mandatsbescheid; der Bescheid ist mit „Mandatsbescheid“ bezeichnet, sein Spruch stützt sich auf § 57 Abs. 1 AVG. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat nicht dargelegt, weshalb die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens während der mehrjährigen Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft nicht möglich gewesen wäre.

1.5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bei Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides die Stellungnahme des Beschwerdeführers, welche dieser innerhalb der ihm gewährten Frist bei der zuständigen Stelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ordnungsgemäß eingebracht hat, bzw. in dieser Stellungnahme ausgeführte, für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr relevante Angaben des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt.

1.6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat nicht darauf hingewirkt, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert bzw. dass die Schubhaft (im Hinblick auf die mehrjährige Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft) überhaupt unterbleiben kann.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das gegenständliche Verfahren sowie den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das Verfahren 2213235-1 (Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Die Feststellungen zur Identität sowie dem Reisepass des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem der Behörde vorliegenden Reisepass des Beschwerdeführers (Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister; vgl. Seite 3 des angefochtenen Schubhaftbescheides). Die Feststellungen zur gegen den Beschwerdeführer bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie seiner zuvor bestehenden Aufenthaltsberechtigungen ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Verfahren 2213235-1 sowie in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Die Feststellungen zu den Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.3. Die Feststellungen zur Untersuchungs- bzw. Strafhaft sowie der bedingten Entlassung und anschließenden Festnahme des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem Auszug aus der Vollzugsinformation betreffend den Beschwerdeführer (AS 24f), Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie einem E-Mail über die Festnahme des Beschwerdeführers vom 05.05.2020 (AS 104).

2.4. Die Feststellungen zur Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens bereits während der mehrjährigen Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft sowie der Anordnung von Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft mittels Mandatsbescheid ergeben sich aus dem Akteninhalt. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer zu den Voraussetzungen der Anordnung von Schubhaft zu keinem Zeitpunkt persönlich einvernommen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gewährte dem Beschwerdeführer lediglich mit Schreiben vom 02.04.2020, sohin einen Monat vor seiner Entlassung aus der mehrjährigen Freiheitsstrafe, schriftliches Parteiengehör. Weshalb dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und Erlassung eines Bescheides bereits während der mehrjährigen Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft nicht möglich gewesen sein sollte, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht dargelegt.

2.5. Die Feststellungen zur Außerachtlassung der vom Beschwerdeführer zum Parteiengehör vom 02.04.2020 fristgerecht und ordnungsgemäß übermittelten Stellungnahme sowie der Nichtberücksichtigung in dieser Stellungnahme ausgeführter, für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr relevanter Punkte ergibt sich aus dem Akteninhalt (siehe insbesondere Mail vom 09.04.2020/AS 5, Parteiengehör vom 02.04.2020/AS 31ff, Stellungnahme zum Parteiengehör/AS 7ff, Schubhaftbescheid vom 05.05.2020/AS 65ff). Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Schubhaftbescheid ausdrücklich und aktenwidrig (vgl. AS 5ff) ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 02.04.2020 innerhalb der Frist nicht beantwortet habe (AS 69). In weiterer Folge wurden das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Vermögensverhältnissen (2.000,- Euro Bargeld – vgl. auch Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres; behauptete weitere 5.000,- Euro Erspartes), die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Wohnmöglichkeit (vgl. AS 15) – nach welcher im Übrigen im schriftlichen Parteiengehör nicht gefragt wurde – und die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Willigkeit zur freiwilligen Ausreise (vgl. AS 69, wonach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kenntnis von dem Umstand war, dass der Beschwerdeführer in das Rückkehrprogramm des Vereins Menschenrechte Österreich aufgenommen wurde und dieser in weiterer Folge die Organisation der Ausstellung eines Heimreisezertifikates übernahm, in Verbindung mit dem E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2020 betreffend die Genehmigung der freiwilligen Ausreise des Beschwerdeführers als Selbstzahler durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl/AS 111) nicht berücksichtigt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit diesen Sachverhaltselementen nicht auseinandergesetzt, sondern das Vorliegen von Fluchtgefahr lediglich ohne Berücksichtigung dieses Vorbringens textbausteinmäßig damit begründet, dass die Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt seien, da der Beschwerdeführer nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfüge, am Arbeitsmarkt nicht integriert sei, im Zuge der Rückkehrentscheidung gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen worden sei und der (seit mehr als zweieinhalb Jahren in Strafhaft befindliche) Beschwerdeführer den Schengenraum aufgrund des (während der Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft erlassenen) Einreiseverbotes bisher nicht verlassen habe und auch nicht gewillt sei, diesen freiwillig zu verlassen. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seines Vorverhaltens nicht vertrauenswürdig und könne aus der Wohnsituation des Beschwerdeführers geschlossen werden, dass ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege (vgl. AS 81f).

2.6. Die Feststellung, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht darauf hingewirkt hat, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert bzw. dass die Schubhaft (im Hinblick auf die mehrjährige Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft) überhaupt unterbleiben kann, ergibt sich aus der Tatsache, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trotz der bereits über zweieinhalbjährigen Anhaltung des Beschwerdeführers in Haft offenbar (vgl. AS 69) erst am 08.04.2020 ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer beantragt hat. Der Beschwerdeführer verfügte zumindest über einen bis XXXX gültigen Reisepass, wirkte an der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit (AS 69) und konnte das Heimreisezertifikat dem Akteninhalt nach innerhalb etwa eines Monates, bis zur freiwilligen Ausreise des Beschwerdeführers am 13.05.2020, organisiert werden. Weshalb das Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt organisiert hätte werden können (unter Berücksichtigung der bekannten Termine einer allfälligen bedingten Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht dargelegt.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.


3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft von 05.05.2020 bis 13.05.2020:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“


§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.


Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat es, obwohl sich der Beschwerdeführer bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines Schubhaftbescheides nicht bloß kurzfristig in Strafhaft befand, unterlassen, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen und den gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG als Mandatsbescheid erlassen; der Bescheid ist als „Mandatsbescheid“ bezeichnet und stützt sich im Spruch auf § 57 Abs. 1. AVG.

Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 27.01.2010, Zahl 2009/21/0009, festgehalten, dass der Gesetzgeber die Verhängung der Schubhaft jedenfalls dann nicht im Mandatsverfahren zulassen habe wollen, wenn sich der Fremde bereits aus einem anderen Grund in Haft befinde und diese Anhaltung nicht bloß kurzfristig sei. In diesem Fall liege nämlich keine Gefahr im Verzug dahingehend vor, dass sich ein Fremder (etwa) seiner Abschiebung entziehen könnte. Es sei somit in den Fällen, in denen ein Fremder bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines die Schubhaft anordnenden Bescheides nicht bloß kurzfristig in Haft angehalten werde, geboten, im Fall der beabsichtigten Erlassung eines die Schubhaft anordnenden Bescheides ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Das Ergebnis dieses Verfahrens sei dem Fremden im Rahmen des ihm zustehenden Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um die rechtzeitige Wahrnehmung seiner Rechtsschutzbehelfe, die ihm nach Erlassung des Bescheides zustünden (§ 76 Abs. 7 iVm § 82 Abs. 1 Z 3 FrPolG 2005), nicht zu vereiteln.

Der Beschwerdeführer befand sich im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines die Schubhaft anordnenden Bescheides (mit Parteiengehör vom 02.04.2020) bereits seit über zweieinhalb Jahren in Haft. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer etwa einen Monat vor seiner bedingten Entlassung ein (bloß schriftliches) Parteiengehör gewährt, ihn jedoch nicht persönlich einvernommen und keine weiteren Ermittlungsschritte gesetzt. Weshalb die Durchführung eines ordentlichen Verfahrens samt ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren, insbesondere eine persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers (auch etwa per Videokonferenz), sowie die Erlassung eines Bescheides (allenfalls auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt während der mehrjährigen Haft des Beschwerdeführers) nicht möglich gewesen wäre, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen und wurde von der Behörde auch nicht dargelegt. Aus der gesetzlichen Verpflichtung des Strafgerichtes gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG rechtskräftige Verurteilungen von Fremden zum frühestmöglichen Zeitpunkt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitzuteilen und mangels einer anderslautenden Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist im gegenständlichen Fall auch davon auszugehen, dass dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Dauer der Strafhaft des Beschwerdeführers bekannt war.

Der gegenständliche Schubhaftbescheid erweist sich damit im Ergebnis bereits aus diesem Grund als rechtswidrig.

War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 05.05.2020 bis 13.05.2020 war daher rechtswidrig.

Überdies hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wie beweiswürdigend aufgezeigt, bei Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Parteiengehör bzw. in dieser Stellungnahme ausgeführte, für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr relevante Angaben des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt nicht jeder Begründungsmangel Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, sondern nur ein wesentlicher Mangel. Das ist ein solcher, der zur Folge hat, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag. Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls (vgl. VwGH vom 05.10.2017, 2017/21/0007).

Indem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Vorbringen bzw. die Bereitschaftsbekundungen des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Vermögensverhältnisse und seine Wohnverhältnisse nach Entlassung aus der Strafhaft bzw. seine freiwillige Ausreisebereitschaft bei der Prüfung des Vorliegens von Fluchtgefahr gänzlich unberücksichtigt ließ, den angefochtenen Bescheid jedoch zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers verhängte und das Vorliegen von Fluchtgefahr (lediglich textbausteinmäßig) bejahte, vermag die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen, weshalb sich der angefochtene Schubhaftbescheid im Ergebnis auch aus diesem Grund als rechtswidrig erweist.

Schließlich hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wie ebenfalls beweiswürdigend dargelegt, nicht darauf hingewirkt hat, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert bzw. dass die Schubhaft (im Hinblick auf die mehrjährige Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft) überhaupt unterbleiben kann.

Gemäß § 80 Abs. 1 1. Satz FPG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Mit Erkenntnis vom 15.10.2015, Ro 2015/21/0026, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass Schubhaft stets nur „ultima ratio“ sein dürfe. Dem entspreche nicht nur die in § 80 Abs. 1 FPG ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr sei daraus auch abzuleiten, dass die Behörde (das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) schon von vornherein angehalten sei, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben könne. Unterlasse sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweise sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde (das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibe. Eine sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebende andere Sicht wäre nachvollziehbar zu begründen (Hinweis E 25. April 2014, 2013/21/0209).

Dass im gegenständlichen Fall die Organisation eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt bzw. damit das Unterbleiben der Schubhaft nicht möglich gewesen wäre, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht dargetan.

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seiner Verpflichtung im Sinne des § 80 Abs. 1 FPG, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, nicht entsprochen hat, erweist sich die mit Mandatsbescheid vom 05.05.2020 angeordnete Schubhaft letztlich auch als unverhältnismäßig.

3.2. Zu Spruchteil A) – Spruchpunkt II. – Kostenersatz:

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG siehe VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.2.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

3.2.3. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid und gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben.

Der belangten Behörde gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz; ein solcher wurde auch nicht geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund der Beschwerdestattgabe obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz; er hat diesen auch beantragt.

§ 1 Z 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit EUR 737,60.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Der Beschwerde wird stattgegeben; seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.


3.4. Zu Spruchteil B) – Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt überdies der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Dauer Ermittlungsverfahren Mandatsbescheid Parteiengehör Rechtswidrigkeit Schubhaft Stellungnahme Strafhaft unverhältnismäßiger Eingriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W275.2230958.1.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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