Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W209 2228070-1/5E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in Erledigung der Beschwerde der XXXX KG, XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 15.10.2019, GZ: VA-VR 11530429/19, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in Höhe von € 300,00 wegen unterlassener Anmeldung der Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , und XXXX VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung nach Beschwerdevorentscheidung vom 25.11.2019, GZ: VA-VR 11530429/19-Bai, beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15.10.2019 schrieb die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) der beschwerdeführenden XXXX KG (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 300,00 vor, weil sie es unterlassen habe, die Dienstnehmer XXXX und XXXX vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge einer am 24.04.2019 um 19:18 Uhr in XXXX , von Prüforganen der ÖGK durchgeführten Kontrolle festgestellt worden sei, dass für die oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der VwGH habe im Erkenntnis vom 22.07.2013, Zl. 2012/08/0033, festgehalten, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dies jedoch nur, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 12.09.2012, Zl. 2010/08/0237). Die Behörde sei in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies — wenn anderslautende konkrete Behauptungen samt Beweisanbote nicht vorliegen — unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden könne. Im Zuge der Kontrolle seien die Betretenen beim Zubereiten von Grillgemüse bzw. beim Zubereiten einer Pizza sowie eines Kebabs angetroffen worden. Beide Personen seien zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. In der niederschriftlichen Einvernahme vom 30.04.2019 habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zum Sachverhalt befragt angegeben, dass die Betretenen seit 24.04.2019 für die Beschwerdeführerin tätig seien. Er habe sich aufgrund einer Erkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gesehen, die entsprechenden Anmeldungen durchzuführen. Die Anmeldungen seien sodann im Zuge der Niederschrift durch die Wiener Gebietskrankenkasse durchgeführt worden. Im gegenständlichen Fall liege eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weshalb die ÖGK von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung absehe und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf EUR 300,00 herabsetze.
2. Dagegen erhob der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die er zusammengefasst damit begründete, dass er nachweislich krank und in finanziellen Schwierigkeiten sei. Am Tag der Kontrolle habe er infolge Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seinen Arbeitsplatz verlassen müssen und um ca. 18:20 Uhr seinen Schwager, Herrn XXXX , angerufen. Dieser sei dann gegen 19:00 Uhr gemeinsam mit XXXX im Geschäft erschienen. Fünf Minuten später habe er das Geschäft verlassen und sei dann, nachdem er sich Medikamente besorgt hatte, gegen 20:00 Uhr wieder zurückgekehrt. Am 30.04.2019 habe er sodann nach Rücksprache mit der ÖGK die beiden für eine Stunde zur Sozialversicherung gemeldet.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.11.2019 wies die ÖGK die Beschwerde ab. Begründend führte sie aus, dass aufgrund des durch die Prüforgane der ÖGK vor Ort ermittelten Sachverhalts gegenständlich ein Meldeverstoß vorliege, die Verhängung eines Beitragszuschlages daher zulässig gewesen sei und von der Möglichkeit, den Beitragszuschlag zu reduzieren, bereits in vollem Umfang Gebrauch gemacht worden sei.
4. Auf Grund eines rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 28.01.2020 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
5. Mit Schreiben vom 19.06.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass im gegenständlichen Fall – entgegen der Ansicht der ÖGK – nicht von unbedeutenden Folgen auszugehen sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei nicht fristgerechter Anmeldung nicht mehr von unbedeutenden Folgen auszugehen, wenn die Anmeldung zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist (VwGH 2013/08/0255; 2011/08/0391). Vorliegend sei die Anmeldung der Betretenen zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden. Es müsse daher ein Beitragszuschlag in Höhe von € 1.400,00 vorgeschrieben werden, sofern die Beschwerde nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens zurückgezogen werde.
6. Mit Telefax vom 13.07.2020 gab der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die Zurückziehung der Beschwerde bekannt und teilte mit, den ausständigen Betrag bis 30.08.2020 bezahlen zu wollen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Mit Telefax vom 13.07.2020 gab der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die Zurückziehung der Beschwerde bekannt.
Die Zurücknahme einer Beschwerde ist eine (unwiderrufliche) einseitige prozessuale Erklärung, die mit dem Einlangen der Zurücknahmeerklärung bei der Behörde (beim Verwaltungsgericht) rechtsverbindlich und damit wirksam wird.
Ab diesem Zeitpunkt ist – mangels einer aufrechten Beschwerde – die Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung weggefallen und das Beschwerdeverfahren einzustellen (VwGH 25.07.2013, 2013/07/0106).
Demensprechend war das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2228070.1.00Im RIS seit
01.10.2020Zuletzt aktualisiert am
01.10.2020