TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/16 W283 2227168-8

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Veröffentlicht am 16.07.2020
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Entscheidungsdatum

16.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W283 2227168-8/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1246041407/190938625 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Pakistans, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal nach Österreich ein. Am 15.09.2019 versuchte er nach Italien auszureisen und wurde dabei im Rahmen einer Polizeikontrolle aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen.

Am 15.09.20219 wurde über den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) die Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt und wird der Beschwerdeführer seitdem in Schubhaft angehalten. Mit Bescheid vom 19.09.2019 wurden eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten erlassen, die unbekämpft in Rechtskraft erwachsen sind.

Am 13.11.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 03.12.2019 vollinhaltlich abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2019 abgewiesen.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2020, 11.02.2020, 10.03.2020, 07.04.2020, 30.04.2020, 27.05.2020, 22.06.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.

Am 15.07.2020 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG sowie Teile des Verwaltungsaktes neuerlich vor. Aus der Stellungnahme des Bundesamtes geht im Wesentlichen hervor, dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Pakistan weiterhin am Laufen sei und von einer Abschiebung im Rahmen des gesetzlich zulässigen Anhaltezeitraumes ausgegangen werden könne. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei überdies auch mittels Charterabschiebung möglich, weshalb das Bundesamt nicht an die Wiederaufnahme der Linienflüge gebunden sei. Aus einer Beilage war die letzte Urgenz des Bundesamtes zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates am 16.06.2020 ersichtlich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 15.09.2020 in Schubhaft. Es ist zu prüfen, ob unter der Voraussetzung des § 22a Abs. 4 BFA-VG zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1.1. Der Beschwerdeführer wurde nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet beim Versuch der Ausreise nach Italien am 15.09.2019 festgenommen (W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Tagesmeldung – illegal aufhältiger Fremder“).

1.1.2. Am 15.09.2019 wurde über ihn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt (Anhaltedatei; W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Zustellnachweis SH Bescheid“). Mit Bescheid vom 19.09.2019 wurden eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten erlassen, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft (L506 2226593-1, OZ 1, S. 21; OZ 2: Beilage „RE + EV“).

1.1.3. Am 13.11.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz (L506 2226593-1, OZ 1, S. 27 ff). Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs 6 FPG aufrechterhalten (W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Zustellung AV § 76 Abs 6 FPG“, S. 1). Mit Bescheid des Bundesamts vom 03.12.2019 wurde über den Asylantrag negativ entschieden. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2019 als unbegründet abgewiesen (L506 2226593-1/3E).

1.1.4. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde vom Bundesamt bei der Vertretungsbehörde beantragt und zuletzt am 16.06.2020 urgiert (OZ 1, Beilage „Kommunikation mit der Botschaft).

1.1.5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.06.2020 wurde zuletzt festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist (W140 2227168-7/2E).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan. Seine Identität steht nicht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer hielt sich seit 2013 in Europa auf, verfügt jedoch über kein Aufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (L506 2226593-1, OZ 1, S. 1 – 14; W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Tagesmeldung – illegal aufhältiger Fremder“ und OZ 10, S. 6 – 10).

1.2.2. Am 15.09.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft angeordnet. Seit dem 15.09.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei; W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Zustellnachweis SH Bescheid“).

1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.09.2019, zugestellt am 01.10.2019 erließ das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten. Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs am 30.10.2019 in Rechtskraft (L506 2226593-1, OZ 1, S. 21; OZ 2: Beilage „RE + EV“).

1.2.4. Am 13.11.2019 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz zur Verhinderung seiner Abschiebung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 03.12.2019 vollinhaltlich abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2019 wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 23, S. 27 ff und OZ 3).

1.2.5. Der Beschwerdeführer leidet an einer reaktiven Depression, im Übrigen ist er gesund. Er ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei; W112 2227168-1, OZ 8).

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer bestehen eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten (L506 2226593-1, OZ 1, S. 21; OZ 2: Beilage „RE + EV“).

1.3.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (OZ 2, Einvernahme vom 16.09.2019, S. 3; W112 2227168-1, OZ 10, S. 10; Auszug aus dem Melderegister).

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung (Anhaltedatei; OZ 2, Einvernahme vom 16.09.2019, S. 3; W112 2227168-1, OZ 10, S. 11).

1.3.3. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer ist in besonderem Ausmaß nicht vertrauenswürdig. Beschwerdeführer tat nichts, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen oder seine Identifizierung zu bewirken und lehnte bei der Rückkehrberatung die freiwillige Ausreise ab. Im Falle der Haftentlassung würde sich der Beschwerdeführer der Abschiebung durch Weiterreise in einen anderen Mitgliedsstaat oder untertauchen im Bundesgebiet entziehen. Er trat am 21.12.2019 in den Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen. Diesen brach er am 24.12.2019 nach Genehmigung der Heilbehandlung freiwillig ab (W112 2227168-1, OZ 10, S. 4 – 6, S. 14 – 16 und Seite 15; Anhaltedatei).

1.3.4. Der Beschwerdeführer trat nicht von sich aus mit den Behörden in Kontakt, sondern wurde am 15.09.2019 im Zug bei einem Ausreiseversuch nach Italien polizeilich kontrolliert und aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 1 – 14).

1.3.5. Ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde vom Bundesamt eingeleitet und die Ausstellung zuletzt am 16.06.2020 bei der pakistanischen Vertretungsbehörde urgiert (OZ 1, Beilage „Kommunikation mit der Botschaft“). Mit der Ausstellung des Heimreisezertifikates und der Durchführung der Abschiebung ist mit maßgeblicher Sicherheit in wenigen Monaten, jedenfalls aber innerhalb der Schubhafthöchstdauer zu rechnen. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat besteht zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist nach wie vor möglich.

1.3.6. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 22.06.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend sowie in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

2.1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zitierten Aktenstellen im Akt des Bundesamtes sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren, dabei insbesondere aus der Einsichtnahme in W112 2227168-1 und W140 2227168-7/2E, sowie das Asylverfahren des Beschwerdeführers unter der GZ: L506 2226593-1, betreffend.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

2.2.1. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren keinerlei Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest. Da der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter und ergaben sich auch sonst im Verfahren keine Hinweise darauf. Die Feststellungen zur Aufenthaltsdauer in Europa und zum Nichtvorliegen eines Aufenthaltsrechts waren aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers zu treffen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 1 – 14; W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Tagesmeldung – illegal aufhältiger Fremder“ und OZ 10, S. 6 – 10).

2.2.2. Dass gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet wurde und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 15.09.2020 waren aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei und den Gerichtsakt festzustellen (Anhaltedatei; W112 2227168-1, OZ 1 Beilage „Zustellnachweis SH Bescheid“).

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes waren aufgrund der Einsichtnahme in die Gerichtsakten zu treffen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 21; OZ 2: Beilage „RE + EV“).

2.2.4. Die Feststellungen zur Asylantragstellung, dem Verfahrensgang und Verfahrensausgang waren aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt betreffend das Asylverfahren zu treffen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 23, S. 27 ff und OZ 3).

2.2.5. Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund der im Vorverfahren ergangenen amtsärztlichen Stellungnahme (W112 2227168-1, OZ 8). Es haben sich bei Einsichtnahme in die Anhaltedatei keinerlei Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer aktuell eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot vorliegen, ergibt sich aus der Einsichtnahme in den betreffenden Bescheid und den Zustellnachweis (L506 2226593-1, OZ 1, S. 21; OZ 2: Beilage „RE + EV“).

2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 16.09.2019 und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2020 festzustellen (OZ 2, Einvernahme vom 16.09.2019, S. 3; W112 2227168-1, OZ 10, S. 10)

Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister. Aus dem Melderegister ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Von einem gesicherten Wohnsitz konnte daher nicht ausgegangen werden (Auszug aus dem Melderegister).

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist, nicht zu erblicken. Die eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht stehen damit im Einklang (OZ 2, Einvernahme vom 16.09.2019, S. 3; W112 2227168-1, OZ 10, S. 11). Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen.

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer nicht kooperativ ist und die in besonderem Maße geminderte Vertrauenswürdigkeit ergeben sich daraus, dass der Beschwerdeführer bewusst nicht an seiner Identifizierung mitwirkt und die freiwillige Rückkehr ablehnt, sowie dem Umstand, dass er seine Freilassung aus der Schubhaft durch einen Hungerstreik zu erpressen versucht hat. Dass der Beschwerdeführer bisher nichts tat, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen oder seine Identifizierung zu bewirken, sondern er bei der Rückkehrberatung die freiwillige Ausreise ablehnte, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.01.2010 festzustellen, wobei er im Hinblick auf die erlassene Rückkehrentscheidung ausführte, dass er bitte, dass ihm sein Aufenthalt gewährt werde. Dass er sich im Falle der Haftentlassung auf freiem Fuß der Abschiebung durch Weiterreise in einen anderen Mitgliedsstaat oder Untertauchen im Bundesgebiet entziehen würde, war aufgrund seines Vorverhaltens festzustellen und seiner klar zum Ausdruck gebrachten Ausreiseunwilligkeit festzustellen (W112 2227168-1, OZ 10, S. 4 – 6, S. 14 – 16 und Seite 15; Anhaltedatei).

2.3.4. Dass der Beschwerdeführer nicht von sich aus mit den Behörden in Kontakt trat, sondern am 15.09.2019 im Zug bei einem Ausreiseversuch nach Italien polizeilich kontrolliert und aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen wurde, war aufgrund des im Akt befindlichen Polizeiberichts festzustellen (L506 2226593-1, OZ 1, S. 1 – 14).

2.3.5. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates waren aufgrund der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren zu treffen. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Abschiebungen finden regelmäßig statt. Ebenso regelmäßig muss diesen ein Ermittlungsverfahren im Herkunftsstaat vorangehen, weil die Betroffenen keine Personal- oder Reisedokumente vorweisen können. Diese benötigen üblicherweise einige Monate. Die bereits vergleichsweise lange Dauer des einschlägigen Verfahrens ergibt sich aus der mangelhaften Mitwirkung des Beschwerdeführers im Verfahren (OZ 1, Beilage „Kommunikation mit der Botschaft“).

2.3.6. Änderungen der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 22.06.2020 waren der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Daher war die Anhaltung in Schubhaft seit 15.09.2019 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Am 01.10.2019 wurde mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Daher lag am 01.10.2019 eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Am 13.11.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten. Am 19.12.2019 wurde das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen. Die laufende Anhaltung in Schubhaft ist daher erneut auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG, konkret zur Sicherung der Abschiebung.

3.4. Fluchtgefahr

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2013 ohne Aufenthaltstitel in Europa aufhältig. Er ist mittellos und ohne soziale Verankerung in Österreich. Er reiste illegal und schlepperunterstützt nach Österreich ein. Der Beschwerdeführer brachte zum Ausdruck, dass er seiner rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde und erwies sich im besonderen Maße als nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer versuchte seine Abschiebung durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages zu verhindern und versuchte sich zudem mit einem Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen.

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

Es liegt Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG vor, weil der Beschwerdeführer die Abschiebung durch Nichtvorlage von Dokumenten behindert. Hinzu kommt, dass er sich seit 7 Jahren unangemeldet ohne Aufenthaltstitel in Europa aufhält und er in der Schubhaft in den Hungerstreik trat.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 5 FPG zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde.

Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 13.11.2019 stellte und die Rückkehrentscheidung bereits mit 30.10.2019 in Rechtskraft erwachsen ist und sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt in Schubhaft befand, ist nunmehr auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 5 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer lebte während der vergangenen 7 Jahre ohne Aufenthaltsrecht oder Dokumente in Europa. Es liegen eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein Einreisverbot vor. Der unbegründete Asylantrag, den der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft stellte, wurde rechtskräftig negativ entschieden. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren.

Der Beschwerdeführer lebt seit 7 Jahren ohne Aufenthaltstitel in Europa und hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter die fremdenrechtlichen Bestimmungen beabsichtigt. Der Beschwerdeführer ist abgesehen von der reaktiven Depression, die in Schubhaft behandelt wird, gesund. Er hat in Österreich einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es wurde auch ein Einreiseverbot verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Mit der Ausstellung des Heimreisezertifikates ist innerhalb eines Zeitraums von voraussichtlich wenigen Monaten, jedenfalls aber innerhalb der Schubhafthöchstdauer zu rechnen. Die Dauer des Verfahrens resultiert aus dem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der letztlich unbegründeten bzw. erfolglosen Asylantragstellung nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und der Notwendigkeit der Identifizierung des Beschwerdeführers zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, da er keine Dokumente in Vorlage bringt. Alle Verfahren wurden und werden vom Bundesamt effizient geführt. Daher ist auch die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft verhältnismäßig.
Das eingeleitete Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist aktuell noch im Laufen – wobei das Bundesamt regelmäßig, zuletzt am 16.06.2020, urgiert - und bewegt sich, unter Berücksichtigung der bewussten Nichtmitwirkung des Beschwerdeführers am Verfahren im üblichen Zeitrahmen hinsichtlich des hier relevanten Herkunftsstaates.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Das Erfordernis der Ausstellung eines Heimreisezertifikates und die dadurch bedingte Anhaltedauer sind dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gegeben ist.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens bzw. der Weiterreise des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer lebt in den letzten 7 Jahren ohne Aufenthaltstitel in Europa. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beschwerdeführer sich als nicht kooperativ und vertrauenswürdig erwiesen hat.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.9. Fortsetzung gemäß § 80 Abs. 4 FPG

3.9.1. Der Beschwerdeführer wird seit 15.09.2019 in Schubhaft, somit seit über sechs Monaten angehalten. Eine Verlängerung der Schubhaft über den Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 2 Z 2 FPG ist im vorliegenden Fall, mangels Anwendbarkeit von § 80 Abs. 3 und Abs. 5 FPG nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 zulässig.

Für das Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 2 bis 4 FPG haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben.

Nachdem die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mangels Vorlage oder Beischaffung von Unterlagen bzw. Dokumenten durch den Beschwerdeführer noch nicht möglich war, liegt gegenständlich § 80 Abs. 4 Z 1 FPG vor und kann die Schubhaft höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

3.9.2. Der Beschwerdeführer wurde nach einer Anhaltung von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 7 FPG nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass er ausschließlich aus den Gründen des § 80 Abs. 4 FPG angehalten wird. Eine derartige Information ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes dem Fremden jedenfalls schriftlich zur Kenntnis zu bringen und könnte nur in speziellen Fällen unterbleiben, zB dann, wenn diese Information dem Beschwerdeführer bereits aus anderen Quellen, wie einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, zweifelsfrei bekannt ist. Die Information muss alle Angaben enthalten, die es dem Betroffenen erlauben, die Rechtmäßigkeit des behördlichen Vorgehens zu erkennen (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 80 FPG 2005 Anmerkung 10 [Stand 1.3.2016, rdb.at]). Der Beschwerdeführer hat mit Erkenntnis vom 22.06.2020, W140 2227168-7/2E, Seite 4, Kenntnis von der Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß §80 Abs. 4 Z 1 FPG erlangt.

3.9.3. Die Schubhaft wird aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen § 80 Abs. 4 Z 1 FPG aufrechterhalten.

3.10. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W283.2227168.8.00

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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