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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31989L0048 Anerkennungs-RL Hochschuldiplome Art1 Absa;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in D, vertreten durch Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwalt in Bregenz, Bahnhofstraße 21, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 7. Februar 1997, Zl. 284.432/0-II/D/13/97, betreffend Zulassung zur Berufsausübung im physiotherapeutischen Dienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines österreichischen Staatsbürgers, vom 1. Februar 1995 auf Zulassung zur Berufsausübung im physiotherapeutischen Dienst aufgrund eines niederländischen Diploms vom 14. Dezember 1994 gemäß § 6b des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) BGBl. Nr. 460/1992 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 327/1996 sowie gemäß Art. 1 der Richtlinie 89/48/EWG abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß der Verwaltungsgerichtshof - entgegen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Beschwerdeführer gegenüber geäußerten vorläufigen Auffassung - nicht davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1997 betreffend Anerkennung des genannten niederländischen Diplomes als einem österreichischen Diplom über eine Ausbildung als "Diplomierter Physiotherapeut" gleichwertig im Sinne des § 6 MTD-Gesetz durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) in seinen Rechten verletzt sein kann. Die in Rede stehende Anerkennung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, daß der Beschwerdeführer eine kommissionelle Ergänzungsprüfung in zwei Fächern erfolgreich ablegt. Auch wenn man davon ausgeht, daß die mit dem angefochtenen Bescheid verwehrte Zulassung im Sinne des § 6b Abs. 2 und 4 MTD-Gesetz ebenfalls an die erfolgreiche Absolvierung einer Eignungsprüfung zu knüpfen wäre, wäre diesfalls zum Unterschied von der Anerkennung (Nostrifikation) des niederländischen Diplomes kein weiterer behördlicher Schritt (§ 6a Abs. 3 und 4 leg. cit.) zur Erlangung der Berechtigung zur Berufsausübung in Österreich notwendig. Eine rechtliche Besserstellung durch die mit der vorliegenden Beschwerde angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides und anschließende Zulassung nach § 6b leg. cit ist somit nicht auszuschließen.
Gemäß § 6b Abs. 1 MTD-Gesetz ist Staatsangehörigen eines EWR-Vertragsstaates, denen ein Diplom im Sinne der
1. Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (89/48/EWG), CELEX-Nr.: 389L0048, oder
2. Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG, CELEX-Nr. 392L0051,
ausgestellt wurde, mit dem eine Ausbildung in einem gehobenen medizinisch-technischen Dienst mit Erfolg abgeschlossen wurde, vom Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz die Zulassung zur Berufsausübung in dem entsprechenden gehobenen medizinisch-technischen Dienst zu erteilen.
Gemäß Art. 1 Abs. a der Richtlinie 89/48/EWG gelten als Diplome im Sinne dieser Richtlinie alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise u.a. wenn die darin bescheinigte Ausbildung überwiegend in der Gemeinschaft erworben wurde oder wenn dessen Inhaber eine dreijährige Berufserfahrung hat, die von dem Mitgliedstaat bescheinigt wird, der ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis eines Drittlands anerkannt hat.
Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, daß das vom Beschwerdeführer erworbene niederländische Diplom kein Diplom im Sinne des § 6b Abs. 1 Z. 1 MTD-Gesetz sowie im Sinne der zitierten Richtlinienbestimmung sei, weil die Ausbildung, aufgrund derer das Diplom erworben wurde, in einem Institut in der Schweiz absolviert worden sei und weil der Beschwerdeführer keine dreijährige Berufserfahrung aufzuweisen habe.
Der Beschwerdeführer führt dagegen ins Treffen, daß er ein in den Niederlanden ausgestelltes Diplom besitze. Im MTD-Gesetz sei keine Rede davon, daß die Ausbildung (überwiegend) in einem EWR-Mitgliedsstaat absolviert sein müsse. Abgesehen davon werde in der Anstalt, in der er in der Schweiz ausgebildet worden sei, nach niederländischen Lehrplänen unterrichtet. Er habe seine Abschußprüfung auch im "Mutterinstitut" in den Niederlanden abgelegt, sodaß von einer in einem Drittstaat erworbenen Ausbildung eigentlich keine Rede sein könne.
Dem Beschwerdeführer ist dazu zu entgegnen, daß in § 6b Abs. 1 MTD-Gesetz die in Rede stehende EWG-Richtlinie zur Gänze rezipiert wird, also auch in Ansehung der Einschränkung, die die dem Diplom zugrundeliegende Ausbildung betrifft. Im übrigen aber ist er im Ergebnis im Recht.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Richtlinie 89/48/EWG ist, daß der Antragsteller ein Diplom über ein mindestens dreijähriges Studium oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau absolviert hat. Der Beschwerdeführer hat seine Ausbildung an einer in der Schweiz gelegenen Außenstelle der "Internationalen Akademie für Physiotherapie Thim van der Laan" erhalten. Die belangte Behörde geht stillschweigend davon aus, daß es sich bei diesem Institut um eine Ausbildungseinrichtung mit Hochschulniveau handelt.
Die Ausbildung zum Diplomierten Physiotherapeuten in Österreich hat - nach den §§ 13 ff des MTD-Gesetzes - an medizinisch-technischen Akademien zu erfolgen. Diese Anstalten werden nur in Verbindung mit Krankenanstalten errichtet. Leiter dieser Anstalten und ihr Lehrpersonal haben Ärzte bzw. Berechtigte zur Ausübung des jeweiligen gehobenen medizinisch-technischen Dienstes mit der notwendigen Berufserfahrung zu sein. Diesen medizinisch-technischen Akademien kommt damit offenkundig das Niveau von Universitäten oder Hochschulen nicht zu. Dagegen spricht auch, daß die Errichtung und Führung einer solchen Akademie vom Landeshauptmann zu bewilligen ist. Zum gleichen Ergebnis führt, daß in den Berufsbildern der medizinisch-technischen Dienste regelmäßig davon die Rede ist, daß sie die Anwendung näher genannter Maßnahmen "nach ärztlicher Anordnung" umfassen.
Um auf die Anerkennung eines ausländischen Diplomes betreffend die physiotherapeutischen Dienste die Richtlinie 89/48/EWG anzuwenden, wäre primär zu klären gewesen, ob die ausländische Ausbildungseinrichtung - anders als die entsprechenden Einrichtungen im Inland - Hochschulniveau aufweisen. Im Beschwerdefall wäre daher eine Auseinandersetzung mit dem Ausbildungsniveau an der in Rede stehenden niederländischen Akademie erforderlich gewesen.
In diesem Zusammenhang sei auch bemerkt, daß sich aus der Nostrifizierung des Diplomes des Beschwerdeführers nach § 6 MTD-Gesetz iVm mit der Vorschreibung von Ergänzungsprüfungen die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Ausbildung an niederländischen und an österreichischen Ausbildungseinrichtungen zu ergeben scheint.
Daß der geschilderte Feststellungs- und Begründungsmangel wesentlich ist, ergibt sich daraus, daß in der in § 6b Abs. 1 Z. 2 MTD-Gesetz genannten Richtlinie 92/51/EWG betreffend Anerkennung von beruflichen Befähigungsnachweisen (Diplomen), die sich auf Ausbildungsniveaus erstrecken, die von der Richtlinie 89/48/EWG nicht erfaßt werden - die also nicht Hochschulniveau haben, aber ebenfalls im postsekundären Bereich liegen -, im Kapitel I Art. 1 lit. a) Z. 2 vorgesehen ist, daß die Ausbildung "überwiegend in der Gemeinschaft oder außerhalb derselben an Ausbildungseinrichtungen, die eine Ausbildung gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaates vermitteln, erworben wurde". Dies stellte offensichtlich eine Konstellation dar, die in Ansehung des vom Beschwerdeführer erworbenen Diplomes jedenfalls zum Tragen käme. Hätte daher dieses Diplom nicht den Inhalt, die erfolgreiche Absolvierung einer Ausbildung auf Hochschulniveau zu dokumentieren, stünde der Umstand, daß sich die Ausbildungseinrichtung in der Schweiz befindet, einer Anerkennung in Österreich von vornherein nicht im Wege.
Da somit die belangte Behörde in einem entscheidenden Punkt den Sachverhalt nicht ausreichend geprüft hat und insoweit auch ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110076.X00Im RIS seit
11.07.2001