Index
GrunderwerbsteuerNorm
BAO §200Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des JS in N, vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 10. Juni 1981, Zl. 359/2-GA 5-DB/1980, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in verbücherungsfähiger Form errichteten Kaufvertrag vom 30. Juni/1. Juli 1980 erwarb der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsangehöriger, von der B Gesellschaft m.b.H. in Wels (im folgenden kurz: Gesellschaft) 100/553 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ. 832 KG X, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung top. 3 eines dort aufgeführten Wohnhauses verbunden sein sollte, um den Gesamtkaufpreis von 1,343.000,-- S. Sämtliche mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Stempel und Gebühren aller Art sowie alle Steuern und Abgaben sollte der Käufer tragen; die Wirksamkeit des Vertrages wurde durch die noch ausstehende grundverkehrsbehördliche Genehmigung als aufschiebend bedingt erklärt. In der Abgabenerklärung beantragte der Beschwerdeführer für den Rechtsvorgang Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 GrEStG. Entgegen diesem Antrag setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg mit Bescheid vom 18. August 1980, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 1.351.059,-- S (in welcher die in der Abgabenerklärung abgegebenen halben Vertragserrichtungskosten von 8.059,-- S einbezogen waren), dem Beschwerdeführer gegenüber Grunderwerbsteuer in der Höhe von 108.085,-- S mit der Begründung fest, es liege kein erster Erwerb vor. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche jedoch mit dem am 26. Juni 1981 zugestellten Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 10. Juni 1981 abgewiesen wurde; die Grunderwerbsteuer betrage, so heißt es im Spruch, 108.085,-- S. In der Begründung dieser Berufungsentscheidung wird zunächst darauf hingewiesen, daß unbestrittenermaßen dem in Rede stehenden Kaufvertrag ein ebensolcher über dasselbe Grundstück zwischen derselben Gesellschaft und anderen Käufern, nämlich dem Ehepaar T verbunden mit deren Eintragung in das Grundbuch, als „erster Erwerb“ vorausgegangen, dieser Vertrag allerdings in der Folge einvernehmlich wieder aufgelöst und das Eigentum an die Gesellschaft rückübertragen worden sei. Der Beschwerdeführer könne daher nicht mehr als Ersterwerber gelten und deshalb auch die begehrte Steuerbegünstigung nicht in Anspruch nehmen. Was die grundverkehrsbehördliche Genehmigung betreffe, sei diese zwar bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht vorgelegen, inzwischen aber nun erteilt worden. Der Vertrag habe damit Rechtswirksamkeit ex tunc erlangt. Die bisherige Steueranforderung habe nur eine vorläufige sein können - die Voraussetzungen für eine solche hätten vorgelegen - und habe nun endgültigen Charakter angenommen.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Befreiung des bezeichneten Rechtsvorganges von der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG, für den Fall des rechtmäßigen Bestehens einer Abgabenschuld in der richtigen Feststellung der Fälligkeit der Steuer und dem Gesetz entsprechenden Bestimmung von deren Höhe verletzt erachtet. Er ist der Meinung, daß der Vertrag mit den Ehegatten T durch eine mündlich vereinbarte, in der Folge nie erfüllte aufschiebende Bedingung überhaupt nicht zustande gekommen sei, woran auch die Tatsache der routinemäßig und irrtümlich erfolgten Verbücherung nichts ändere. Dazu komme, daß die Wohnung zu jener Zeit noch nicht ganz fertiggestellt gewesen und daher von den Ehegatten T auch wirtschaftlich nicht genutzt worden sei. In dieser Hinsicht habe die belangte Behörde die erforderlichen Ermittlungen unterlassen. Was die Fälligkeit betreffe, sei diese durch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 26. August 1980 mit 26. September 1980 eingetreten, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung jedoch erst am 17. Juni 1981 zugestellt worden, womit die Steuerschuld erst entstanden sei. Der Beschwerdeführer habe Stundung gewährt erhalten und sei nun zu Unrecht zur Entrichtung von Stundungszinsen verpflichtet. Schließlich gehörten die halben Vertragserrichtungskosten nicht zur Bemessungsgrundlage, da auch im Grunderwerbsteuerrecht zwischen der zu erbringenden Leistung und der Tragung des Aufwandes unterschieden werden müsse.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf mit einer Gegenäußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine Steuerbefreiung nach dem § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG setzt unter anderem voraus, daß der Erwerb des betreffenden Grundstücksanteiles zur Begründung des Wohnungseigentums „der erste Erwerb“ ist, was dann nicht mehr zutrifft, wenn schon ein denselben Anteil betreffender, wiewohl später wieder rückgängig gemachter Erwerb stattgefunden hat (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1980, Zl. 2552/80). Auch im Beschwerdefall ist von einem solchen früheren Erwerb die Rede. Der Beschwerdeführer brachte im Berufungsverfahren vor und wiederholt in der Beschwerde, bei jener vorausliegenden Gelegenheit sei von den Vertragsparteien mündlich eine im Vertragstext nicht aufscheinende, später nicht erfüllte aufschiebende Bedingung vereinbart worden, ein früheres Erwerbsgeschäft somit in Wahrheit nie wirksam zustande gekommen. Nun steht aber jedenfalls fest, daß das Wohnungseigentum von den Ehegatten T durch Eintragung in das Grundbuch erworben worden war. Sollte also das Titelgeschäft, wie der Beschwerdeführer behauptet, nicht wirksam geworden sein, so daß kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft gemäß dem § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG vorgelegen wäre, müßte dennoch von der unbestrittenen Erwerbung des Eigentums, nämlich gemäß dem § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG, ausgegangen werden; daß das Eigentum „rein routinemäßig“ erworben worden sei, wie der Beschwerdeführer es nennt, ist im Zusammenhang rechtlich nicht von Bedeutung. Der Beschwerdeführer weist selbst darauf hin, daß es zur Änderung der Eintragung im Grundbuch auf jeden Fall eines „Auflösungsvertrages“ bedurfte; eine bloß irrtümliche im Sinn einer Grundbuchsrechtlich berichtigungsfähigen Eintragung lag nicht vor. Der belangten Behörde kann daher nicht vorgeworfen werden, sie sei rechtswidrigerweise zu dem Ergebnis gelangt, im Beschwerdefall habe ein die Begünstigung nach der angegebenen Befreiungsbestimmung ausschließender Vorerwerb stattgefunden.
Auch was die Höhe der festgesetzten Steuer betrifft, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß die belangte Behörde zu Unrecht die laut Vertrag vom Beschwerdeführer als Käufer übernommenen Vertragserrichtungskosten in der von diesem in der Abgabenerklärung als Gegenleistung selbst angegebenen Höhe gemäß dem § 11 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit dem § 10 Abs. 1 GrEStG der Bemessung der Steuer mit zugrunde legte, zumal der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren die stets (auch in der ergangenen Berufungsvorentscheidung) unverändert gebliebene Höhe der Steuer nie bekämpfte (vgl. im übrigen die bei Fellner-Pretzl, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II/3. Teil, Grunderwerbsteuer, S. 21 M f. zu § 11 GrEStG angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie die Judikaturhinweise im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1980, Zl. 1879/79). Was schließlich den Hinweis des Beschwerdeführers auf das zum Umsatzsteuergesetz 1972 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1980, Slg. Nr. 5532/F, betrifft, ist zunächst die unterschiedliche gesetzliche Regelung, sodann die Tatsache hervorzuheben, daß sich die für das zitierte Erkenntnis maßgebende Rechtslage inzwischen entscheidend geändert hat (vgl. die Novelle zum Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 620/1981).
Die belangte Behörde irrt allerdings, wenn sie meint, der erstinstanzliche Abgabenbescheid habe einen vorläufigen Bescheid - im Rechtssinn (§ 200 BAO) - dargestellt, denn zum einen ist dieser nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, als solcher bezeichnet worden (vgl. dazu Stoll, BAO Handbuch S. 472), zum andern wäre die Voraussetzung hiefür nicht vorgelegen; denn zufolge dem § 16 Abs. 2 GrEStG war im Beschwerdefall die Steuerschuld mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht entstanden. Das Rechtsinstitut der vorläufigen Abgabenfestsetzung verlangt jedoch begründete Anhaltspunkte dafür, daß der in Frage kommende Abgabentatbestand bereits verwirklicht wurde, und ist für erst in der Zukunft liegende Anspruchsverwirklichungen nicht anwendbar (vgl. Stoll, a.a.O. S. 471). Der erstinstanzliche Abgabenbescheid hatte die Festsetzung einer Abgabe zum Inhalt, für die der Abgabenanspruch unzweifelhaft noch nicht entstanden war (§ 4 BAO, § 16 GrEStG) und späterhin nicht ex tunc, sondern gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG erst mit der bezeichneten Genehmigung entstand. Die fehlende Genehmigung lag bei Erlassung des angefochtenen Bescheides allerdings vor, und hierauf war gemäß den §§ 279 Abs. 1 und 280 BAO Bedacht zu nehmen. Die Abgabenfestsetzung durfte indessen nicht mit Wirkung von einem vor der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung liegenden Zeitpunkt getroffen werden, was im Beschwerdefall durch die bloße Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides im angefochtenen Bescheid jedoch geschah, wodurch die Fälligkeit der Abgabenschuld gemäß dem § 210 BAO und die Wirksamkeit der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen, von denen in der Beschwerde der Lauf von Stundungszinsen (§ 212 Abs. 2 BAO) erwähnt ist, in einer Rechte des Beschwerdeführers verletzenden Weise festgelegt geblieben sind.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.
Soweit in diesem Erkenntnis auf frühere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wurde, die nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht sind, wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung BGBl. Nr. 45/1965 erinnert.
Wien, am 27. Oktober 1983
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1981160165.X00Im RIS seit
28.09.2020Zuletzt aktualisiert am
28.09.2020