Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in E, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz-Urfahr, Flußgasse 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. April 1997, Zl. VwSen-520006/14/Schi/Km, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Wie sich aus der Beschwerde und der Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt, wurde mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die bis 6. Jänner 1996 befristete Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, F und G wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von zehn Jahren keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 6. Oktober 1997, B 1021/97, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer am 3. August 1995 eine Übertretung nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 und während des anhängigen Entziehungsverfahrens am 31. Dezember 1996 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (laut klinischer Untersuchung mindestens 0,8 Promille BAG) begangen habe. Die Bestrafungen wegen dieser bestimmte Tatsachen nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 darstellenden Verwaltungsübertretungen seien rechtskräftig. Dem Beschwerdeführer sei wegen Begehung von Alkoholdelikten bereits mehrmals die Lenkerberechtigung entzogen worden.
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte den Vorfall vom 3. August 1995 nicht als bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 ihrer Entscheidung zugrunde legen dürfen, weil das Einschreiten der Straßenaufsichtsorgane rechtswidrig erfolgt sei. Sie hätten ihn unzulässigerweise in seinem Hause zur Untersuchung der Atemluft aufgefordert. Die Feststellung, diese Aufforderung sei bei seinem Hause ausgesprochen worden, sei aktenwidrig. Weiters seien in der Frage seiner damaligen "Handlungsunfähigkeit" Verfahrensmängel unterlaufen.
Bei diesem Vorbringen läßt der Beschwerdeführer die Tatsache seiner rechtskräftigen Bestrafung mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Oktober 1996 außer acht. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1997, Zl. 96/02/0562, als unbegründet abgewiesen. Aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung stand für die belangte Behörde bindend fest, daß der Beschwerdeführer am 3. August 1995 eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen hat; eine selbständige Beurteilung dieser Frage war ihr damit verwehrt. Die diesbezüglichen Verfahrensrügen gehen ins Leere. Das gilt auch für die vom Beschwerdeführer bestrittene Berechtigung der Straßenaufsichtsorgane zur Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft.
Unerfindlich ist, weshalb der Beschwerdeführer während der Dauer einer Entziehungsmaßnahme "keine Straftatbestände erfüllt" haben soll.
Verfehlt ist die Ansicht, der Vorfall vom 31. Dezember 1996 könne nicht Gegenstand des gegenständlichen Entziehungsverfahrens, sondern nur eines eigenen Entziehungsverfahrens sein. Das Gegenteil trifft zu. Die Kraftfahrbehörden als Berufungsbehörden haben bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit alle relevanten strafbaren Handlungen einer Person, und zwar auch die im Zuge eines Entziehungsverfahrens begangenen, zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A, und seine Erkenntnisse vom 12. Jänner 1993, Zl. 92/11/0205, und vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0047).
Was das Vorbringen betreffend die angeblich unzulässige Bedachtnahme auf bereits getilgte Bestrafungen wegen Alkoholdelikten anlangt, ist dem Beschwerdeführer die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 18. Mai 1993, Zl. 92/11/0234, mwN) entgegenzuhalten, wonach bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person auf alle strafbaren Handlungen (auch länger zurückliegende oder getilgte), die einen Schluß auf ihre verkehrsrelevante Sinnesart zulassen, berücksichtigt werden können. Gleiches gilt für das im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehende Vorbringen, es könne nur aufgrund eines Psychotests festgestellt werden, wann die Verkehrszuverlässigkeit wieder gegeben sein werde. Die Charaktereigenschaft der Verkehrszuverlässigkeit einer Person ist vielmehr anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigen zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis vom 26. August 1996, Zl. 96/11/0191, mwN).
Die Begehung einer Vielzahl von Alkoholdelikten (nach der unbestritten gebliebenen Auflistung im angefochtenen Bescheid insgesamt zehn), davon das letzte im Zuge eines anhängigen Entziehungsverfahrens beim Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz aufrechten Entzuges der Lenkerberechtigung begangen, zeigt eine außerordentlich tief verwurzelte Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung solcher Verwaltungsübertretungen auf. Diese zählen zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Mit Recht sprach die belangte Behörde in diesem Zusammenhang von einer "geradezu unglaublich nachlässigen und sorglosen Einstellung" des Beschwerdeführers zu den durch die Bestimmungen der StVO 1960 über besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol (§§ 5 und 99 Abs. 1) geschützten Werten. Die bekämpfte Entziehungsmaßnahme verletzt nach Art und Ausmaß keine Rechte des Beschwerdeführers.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110309.X00Im RIS seit
19.03.2001