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L94409 Krankenanstalt Spital Wien;Norm
KAG Wr 1987 §31 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwalt in Wien VIII, Trautsongasse 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. April 1997, Zl. MA 15-II-W 4/96, betreffend Pflegegebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am 19. Juni 1975 geborene eheliche Tochter des Beschwerdeführers befand sich vom 12. bis 17. August 1993 im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien, Universitätsklinik für Unfallchirurgie, in stationärer Behandlung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Zahlungsaufforderung des Magistrates der Stadt Wien vom 14. November 1994 betreffend Vorschreibung der für diesen Krankenhausaufenthalt aufgelaufenen Pflege- und Anstaltsgebühren (für die Sonderklasse) in einer betragsmäßig bestimmten Höhe gemäß § 54 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 als unbegründet abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde - wie bereits die mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesenen Einwendungen - damit, daß die am 12. August 1993 erfolgte Aufnahme seiner Tochter in die Sonderklasse ohne seine Zustimmung erfolgt sei. Auch die bei der Aufnahme anwesende Mutter habe dies nicht gewünscht. Die auf dem - mit 16. August 1993 datierten - Aufnahmeformular aufscheinende Unterschrift sei nicht die seiner Ehefrau. Die Aufnahme in die Sonderklasse gehe auf eine autonome Entscheidung der Krankenhausverwaltung zurück.
Gemäß § 32 Abs. 2 Wr. KAG ist die Sonderklasse für die
Aufnahme von Personen ... bestimmt, die ihre Aufnahme in diese
Klasse wünschen und auf Grund ihres Einkommens oder Vermögens
in der Lage sind, die Pflegegebühren und die weiteren Entgelte
der Sonderklasse ... zu entrichten. Gemäß § 47 Abs. 1 lit. a
leg. cit. ist ein gemäß § 145 ASVG (§ 31 Abs. 2 dieses Gesetzes) eingewiesener Patient in die allgemeine Gebührenklasse aufzunehmen; er kann jedoch auf seinen Wunsch auch in die Sonderklasse aufgenommen werden, ist jedoch vorbehaltlich einer anderen Bestimmung in dem zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und dem Rechtsträger der Krankenanstalt abgeschlossenen Vertrag verpflichtet, die allfälligen Sondergebühren (§ 45 Abs. 1) aus eigenem zu tragen. Über die Tragung dieser Mehrkosten muß vor der Aufnahme in die Sonderklasse eine schriftliche Verpflichtungserklärung beigebracht werden. Über den Umfang der Verpflichtungen ist der Patient bzw. sein gesetzlicher Vertreter in geeigneter Weise aufzuklären. Die Aufnahme kann ferner vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung oder von der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmserklärung einer mit der Krankenanstalt unmittelbar verrechneten privatrechtlichen Versicherungsanstalt (Zuschußkasse) abhängig gemacht werden.
Aus der zuletzt zitierten Bestimmung ergibt sich zunächst, daß ein unter diese Bestimmung fallender Patient bzw. sein gesetzlicher Vertreter vor Aufnahme in die Sonderklasse über den Umfang der daraus erwachsenden Verpflichtungen aufzuklären ist. Er hat sodann eine schriftliche Verpflichtungserklärung "beizubringen". Daraus folgt, daß die Auffassung der belangten Behörde, hinsichtlich des Vertrages zwischen einer Person und (dem Träger) einer Krankenanstalt über die Aufnahme in stationäre Behandlung bestehe auch dann Formfreiheit, wenn die Aufnahme in die Sonderklasse erfolgen soll, unzutreffend ist. Daß sich diese Regelung in einer mit "Beziehungen der öffentlichen Krankenanstalten zu den Sozialversicherungsträgern" überschriebenen Gesetzesstelle findet, ändert daran nichts, daß es sich - als eine lex fugitiva - um eine Bestimmung zum Schutz des Patienten handelt, aus der dieser gegebenenfalls auch subjektive Rechte ableiten kann. Der im systematisch zutreffenden Sitz der Regelung, also im § 32 Abs. 2 Wr. KAG, genannte Wunsch des Patienten nach Aufnahme in die Sonderklasse ist somit - nach Belehrung über die daraus resultierenden Verpflichtungen, insbesondere finanzieller Art - schriftlich zu äußern bzw. zu bestätigen.
Dieser Rechtsirrtum der belangten Behörde hat sich auch zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgewirkt.
Die auf dem Aufnahmeformular aufscheinende Unterschrift "C. Weiss" könnte die in Rede stehende schriftliche Erklärung der Mutter der zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Patientin sein. Der Beschwerdeführer hat aber bereits im Verwaltungsverfahren bestritten, daß es sich dabei um die Unterschrift seiner Ehefrau handle. Er hat in diesem Zusammenhang auf Unterschiede zu den im Verwaltungsakt befindlichen Unterschriften seiner Ehefrau hingewiesen und die Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen beantragt. Dies ist indes nicht geschehen. Vielmehr wurde die Dienstnehmerin, die bei der Aufnahme tätig war, im erstinstanzlichen Verfahren am 20. Juni 1996 als Zeugin einvernommen. Sie gab dabei an, sie könne sich nicht erinnern, wer die Unterschrift "C. Weiss" geschrieben habe. Die Aufnahme in die Sonderklasse sei glaublich von der Klinik vorgesehen gewesen. Möglicherweise sei die Unterschrift im Nachhinein vom "Pflegepersonal" eingeholt worden. Zu diesen Unklarheiten kommt, daß das in Rede stehende Aufnahmeformular mit 16. August 1993 datiert ist, während die Aufnahme (und Operation der Tochter des Beschwerdeführers) bereits am 12. August 1993 erfolgte.
Davon, daß im Sinne des § 47 Abs. 1 lit. a Wr. KAG eine Aufklärung über den Umfang der Verpflichtungen bei Aufnahme in die Sonderklasse erfolgt wäre, ist im gesamten Akt überhaupt keine Rede.
Im Hinblick darauf, daß vom Verwaltungsgerichtshof nicht geklärt werden kann, ob die erforderliche schriftliche Verpflichtungserklärung von der Mutter der Patientin abgegeben wurde oder nicht, und die belangte Behörde die unzutreffende Rechtsansicht vertritt, es genüge eine konkludente Zustimmung zur Aufnahme in die Sonderklasse, um die hiefür anfallenden höheren Gebühren in Rechnung stellen zu können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110153.X00Im RIS seit
08.11.2001