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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des N C in V, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler, Rechtsanwalt in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen das am 4. Februar 2020 mündlich verkündete und mit diesem Datum (in gekürzter Form) schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, LVwG-700652/10/MB/BD, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem in der mündlichen Verhandlung am 4. Februar 2020 mündlich verkündeten Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 20. November 2019, mit dem über ihn wegen Übertretung des § 120 Abs. 1b FPG eine Geldstrafe von 5.000 € (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt worden war, ab und verpflichtete den Revisionswerber zum Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Unter einem sprach das LVwG entsprechend § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass [offenbar gemeint: gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG] die ordentliche Revision „unzulässig“ sei. Nach dem Inhalt der Niederschrift über diese Verhandlung verkündete der Richter auch „die wesentlichen Entscheidungsgründe“, die sich dem Verhandlungsprotokoll allerdings nicht entnehmen lassen.
2 Nachdem dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers das Verhandlungsprotokoll am 12. Februar 2020 zugestellt worden war, stellte er mit einem dem LVwG noch am selben Tag übermittelten Schriftsatz den Antrag, ihm eine „ungekürzte“ Ausfertigung der Entscheidung zuzustellen. Ungeachtet dessen wurde das mündlich verkündete Erkenntnis in der Folge „in gekürzter Form“ ausgefertigt und dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers mit Wirksamkeit vom 5. Mai 2020 zugestellt. Dieser Entscheidungsausfertigung, die nur eine rudimentäre Begründung enthält, lässt sich entnehmen, dass das LVwG (offenbar irrtümlich) davon ausging, ein „Antrag auf ungekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses nach § 29 Abs. 4 VwGVG“ sei nicht gestellt worden, weshalb das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG „in verkürzter Form“ ausgefertigt werde.
3 Dagegen richtet sich die als „Beschwerde“ bezeichnete außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - erwogen hat:
4 Vorauszuschicken ist, dass die Revision - im Hinblick auf den aktenkundigen, im Sinne des § 29 Abs. 4 iVm Abs. 5 VwGVG fristgerecht gestellten Antrag vom 12. Februar 2020 - nicht gemäß § 25a Abs. 4a VwGG (absolut) unzulässig ist. Sie ist aber - entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des LVwG - auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil das LVwG nicht rechtskonform vorgegangen ist; die Revision ist daher auch berechtigt.
5 § 29 Abs. 5 VwGVG eröffnet - außer bei einem (hier nicht erklärten) Verzicht der Parteien auf eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof und auf eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof - nur für den Fall, dass nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift über die Verhandlung eine (vollständige) Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses von mindestens einem der hierzu Berechtigten beantragt wird, die Möglichkeit, das Erkenntnis in gekürzter Form auszufertigen. Davon hätte das LVwG somit im vorliegenden Fall im Hinblick auf den erwähnten, vom LVwG offenbar irrtümlich außer Acht gelassenen Antrag vom 12. Februar 2020 auf Herstellung einer „ungekürzten“ Entscheidungsausfertigung nicht Gebrauch machen dürfen.
6 Dieser Irrtum führte zu einem relevanten Begründungsmangel des angefochtenen Erkenntnisses, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war (vgl. zum Ganzen VwGH 16.4.2020, Ra 2019/22/0035, Rn. 12 ff, mit dem Hinweis auf VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0293, Rn. 11).
7 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. August 2020
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210269.L00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020