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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
BAO §23 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamts Bruck Eisenstadt Oberwart in 7400 Oberwart, Prinz Eugen-Straße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. Dezember 2019, Zl. RV/7100755/2014, in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 5. Dezember 2019 und vom 3. Februar 2020, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 (mitbeteiligte Partei: C in S, vertreten durch Stefan Herker, Steuerberater in 8041 Graz, Sternäckerweg 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Im Bericht über das Ergebnis der (Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 betreffenden) Außenprüfung vom 27. August 2013 wurde festgestellt, der Mitbeteiligte habe als Tankwagenfahrer Mineralölprodukte unrechtmäßig einbehalten und auf eigene Rechnung an verschiedene Abnehmer weiterveräußert. Arbeitgeber des Mitbeteiligten sei die P GmbH gewesen. Aus steuerlicher Sicht liege betreffend den Weiterverkauf der unterschlagenen Mineralölprodukte eine gewerbliche Tätigkeit vor, für die Umsatzsteuer und Einkommensteuer anzusetzen sei. Der Schaden betrage 354.000 €; der Mitbeteiligte habe die unterschlagenen Mineralölprodukte um mindestens die Hälfte des Wertes weiterverkauft, sodass für die steuerliche Bemessung insgesamt von einem Betrag von 177.000 € (als Bruttobetrag) auszugehen sei. Dieser Betrag sei - entsprechend einem im Strafverfahren eingeholten Gutachten - auf die Jahre 2010 bis 2012 aufzuteilen. Als Ausgaben seien insoweit lediglich geschätzte Telefonkosten zu berücksichtigen.
2 Mit Bescheiden vom 29. August 2013 setzte das Finanzamt Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012 fest. In der Begründung verwies das Finanzamt jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung (Prüfungsbericht vom 27. August 2013). In den Einkommensteuerbescheiden wurden - jeweils neben den Einkünften des Mitbeteiligten aus nichtselbständiger Arbeit (bezugsauszahlende Stelle: P GmbH) - die Einkünfte des Mitbeteiligten aus der Weiterveräußerung der Mineralölprodukte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgewiesen. Dabei wurde auch jeweils ein Gewinnfreibetrag in Höhe des Grundfreibetrags (§ 10 Abs. 1 Z 2 EStG 1988) berücksichtigt.
3 Der Mitbeteiligte erhob gegen diese Bescheide Berufung. Er machte im Wesentlichen geltend, er sei mit Urteil des Landesgerichtes X wegen Veruntreuung des ihm als Tankwagenfahrer der P GmbH während des Zeitraums 2009 bis Juni 2012 anvertrauten Diesels und Heizöls im Dezember 2012 zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Er sei auch für schuldig erkannt worden, dem Geschädigten F einen Betrag von 5.000 € binnen 14 Tagen zu zahlen. Weiters habe das Landesgericht gemäß § 20 Abs. 1 StGB einen Geldbetrag in Höhe von 172.000 € für verfallen erklärt. Am 28. Jänner 2013 sei er vom Landesgericht aufgefordert worden, den Verfallsbetrag zu zahlen. Der Mitbeteiligte habe sich durch die Straftat der Veruntreuung ein zusätzliches Einkommen in Höhe von ca. 172.000 € verschafft, das er jedoch aufgrund des Urteils des Landesgerichtes zurückzahlen müsse. Mit Beschluss des Landesgerichtes sei dem Mitbeteiligten vorläufig für fünf Jahre Ratenzahlung bewilligt worden (monatliche Raten in Höhe von 500 €). Gleichzeitig mit der Vermögensmehrung sei daher eine Rückzahlungsverpflichtung entstanden, weshalb ein Zufluss an den Mitbeteiligten zu verneinen sei (Hinweis auf VwGH 1.7.1992, „91/13/004“). Es lägen auch keine Einkünfte aus Berufstätigkeit im Sinne des EStG vor (Hinweis auf OGH 24.6.2004, 15 Os 64/04).
4 Mit Berufungsvorentscheidungen vom 27. November 2013 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde u.a. dargelegt, es lägen grundsätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, wenn der Arbeitnehmer unter Nutzung der beruflichen Gegebenheiten gegenüber dem Arbeitgeber einen Diebstahl begehe. Der Arbeitnehmer erfahre damit eine unrechtmäßige Bereicherung. Würden diese aus laufenden Diebstählen stammenden Waren allerdings an verschiedene Personen (Dritte) weiterveräußert, lägen gewerbliche Einkünfte vor. Die im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhaltenen Vermögensgegenstände würden insoweit laufend in den Gewerbebetrieb eingelegt. Es komme das Zuflussprinzip zur Anwendung. Im Jahr der Bereicherung entstehe ein steuerpflichtiger Tatbestand, und zwar in Höhe des zu Unrecht erwirtschafteten Betrages. Die Rückzahlung des Verfallsbetrages stelle nach Maßgabe des Zahlungsflusses nachträgliche Werbungskosten nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 dar.
5 Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die zweite Instanz.
6 Im Zusammenhang mit der Nachreichung von Unterlagen an das Bundesfinanzgericht führte der Mitbeteiligte weiters aus, Zahlungen für die Wiedergutmachung seien erst im Mai 2013 begonnen worden und hätten daher für die angefochtenen Bescheide keine Relevanz. Beantragt werde die Veranlagung der veruntreuten „Beträge“ als Vorteile aus einem Dienstverhältnis ohne Lohnsteuerabzug. Dies würde zwar dazu führen, dass sich die Einkommensteuer erhöhe, die Umsatzsteuer und Sozialversicherungsbeiträge würden aber wegfallen, wodurch sich ein Vorteil für den Mitbeteiligten ergäbe. In dieser Weise sei die Veranlagung von zwei Mitangeklagten durch ein anderes Finanzamt erfolgt.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der nunmehr als Beschwerde zu behandelnden Berufung teilweise Folge. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte sei mit Urteil des Landesgerichtes X vom 14. Dezember 2012 schuldig gesprochen worden, als Tankwagenfahrer und Angestellter der P GmbH die ihm zur Auslieferung anvertrauten Mineralölprodukte teilweise einbehalten zu haben. Der Mitbeteiligte habe die veruntreuten Mineralölprodukte an diverse Abnehmer um zumindest die Hälfte des Wertes weiterveräußert. Der Mitbeteiligte sei dazu verurteilt worden, dem Geschädigten F 5.000 € binnen zwei Wochen zu zahlen. Der Rest des durch den Mitbeteiligten verursachten „Schadens“ in Höhe von 172.000 € sei vom Landesgericht X gemäß § 20 StGB als verfallen erklärt worden. In der Folge sei dazu eine „Ratenvereinbarung“ abgeschlossen worden.
9 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und Zitierung von Bestimmungen der BAO, des UStG 1994 und des EStG 1988 führte das Bundesfinanzgericht unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung“ aus, das Bundesfinanzgericht „stellt den Sachverhalt, wie folgt fest“: Der Mitbeteiligte habe Handelswaren „in Höhe von“ 354.000 € veruntreut und „mindestens 50 % davon“ im Zeitraum 2009 bis 2012 zu einem Preis mit 0,30 € Abschlag vom Marktpreis an Dritte weiterveräußert. Der Mitbeteiligte sei zur Zahlung in Höhe von 5.000 € „an den geschädigten Dienstgeber“ bis zum 28. Dezember 2012 verurteilt worden. Darüber hinaus habe das Landesgericht X keine Schädigung des Dienstgebers bzw. einen Rückzahlungsanspruch Dritter festgestellt. Den vom Landesgericht X durch Beschluss als verfallen erklärten Betrag in Höhe von 172.000 € habe der Mitbeteiligte ab dem Jahr 2013 an das Landesgericht X unter „Anwendung einer Ratenvereinbarung zurückzuzahlen“. Diese festgestellten Sachverhaltselemente ergäben sich aus dem Urteil des Landesgerichtes X und angeführten Beschuldigteneinvernahmen; das Urteil gründe sich wiederum u.a. auf ein Sachverständigengutachten.
10 Entnehme ein Arbeitnehmer unter Nutzung der beruflichen Gegebenheiten dem Arbeitgeber Handelswaren, so lägen gemäß § 25 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (in Höhe von 354.000 €) vor. Diese Handelswaren (Mineralölprodukte) habe der Mitbeteiligte in der Folge laufend in das Umlaufvermögen seines Gewerbebetriebes eingelegt, um diese Vermögensgegenstände an Dritte weiter zu veräußern. Der Wert dieser Einlage in den Gewerbebetrieb sei von den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzuziehen, sodass sich keine (zusätzlichen) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit ergäben. Entgegen der Ansicht des Finanzamts stellten nur die Umsätze des Mitbeteiligten, die durch den Verkauf an Dritte erwirtschaftet worden seien, Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 EStG 1988 dar.
11 Einer der Käufer habe in seiner Vernehmung angegeben, dass der Verkaufspreis der Mineralölprodukte durch den Mitbeteiligten ca. 30 Cent unter dem aktuellen Handelspreis an der Zapfsäule betragen habe. Unter Berücksichtigung der in den Jahren 2010 bis 2012 durchschnittlichen Dieselpreise ergäben sich durch einen Abschlag von 30 Cent die Verkaufspreise des Mitbeteiligten. Unter Berücksichtigung der „Litereinkaufspreise“ entsprechend dem im Strafverfahren eingeholten Gutachten eines Sachverständigen ergebe sich der Gewinn des Mitbeteiligten pro Liter (im Jahr 2010: 0,212; im Jahr 2011: 0,274; im Jahr 2012: 0,278). Unter Anwendung der durch das Landesgericht ermittelten Menge ergäben sich (aus der Multiplikation des Gewinnes pro Liter mit der jeweiligen - gesamten - Menge in Liter) „Umsätze (hier: Produktwert)“ für die Jahre 2010 bis 2012. Für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einkommensteuer) und Umsatzsteuer sei dieser Produktwert als Bruttobetrag zu beurteilen, aus dem unter Abzug der Umsatzsteuer der Nettobetrag zu ermitteln sei.
12 „Wegen Befreiung der Unterschreitung der Umsatzgrenze“ betreffend die Nettoumsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 und wegen Unterschreitens der Toleranzgrenze in Höhe von 15 % werde die Umsatzsteuer für die Jahre 2010 und 2012 mit 0 € festgesetzt.
13 Der vom Finanzamt bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb festgesetzte Betrag in Höhe von 177.000 € stelle jedoch ertragsteuerlich keine Entnahme dar, da gemäß den Tatsachenfeststellungen des Landesgerichtes X die Zahlung des Einkaufspreises der Mineralölprodukte in Höhe von 177.000 € von den Käufern an den Mineralöllieferanten erfolgt sei. Der Einkaufspreis sei somit entrichtet worden, wobei das Landesgericht X festgestellt habe, dass durch die Tathandlungen des Mitbeteiligten kein Schaden beim Dienstgeber oder beim Mineralöllieferanten (Großhändler) eingetreten sei. In diesem Fall bestehe die Bindung an das strafgerichtliche Urteil des Landesgerichtes X, das diese Tatsachen festgestellt habe.
14 Der durch den Mitbeteiligten entrichtete Betrag in Höhe von 5.000 € an den Privatbeteiligten sei aufgrund des Veranlassungszusammenhangs als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 im Jahr 2012 abzugsfähig.
15 Da der vom Landesgericht X als verfallen erklärte Betrag in Höhe von 172.000 € aufgrund der Begleichung dieses Betrages durch die Kunden des Mitbeteiligten nicht in den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst würde, komme ein Abzug von nachträglichen Betriebsausgaben im Zuge der Rückzahlung des Verfallsbetrages an das Landesgericht X nicht in Betracht.
16 Mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 berichtigte das Bundesfinanzgericht das Erkenntnis betreffend Einkommensteuer 2010 und 2012. Da die Umsätze des Mitbeteiligten in den Jahren 2010 und 2012 wegen Unterschreitens der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 unecht von der Umsatzsteuer befreit gewesen seien und somit diese mit 0 € festzusetzen gewesen seien, sei betreffend Einkommensteuer in berichtigter Form vom Bruttobetrag auszugehen.
17 Mit weiterem Beschluss vom 3. Februar 2020 (nach Einbringung der Amtsrevision) berichtigte das Bundesfinanzgericht neuerlich dieses Erkenntnis, nunmehr betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2010 bis 2012 (nach den verwiesenen Berechnungsblättern betreffend Einkommensteuer nur 2010 und 2012). Der Umsatzsteuer sei das Entgelt zugrunde zu legen. Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage sei - wie im angefochtenen Erkenntnis „ausgewiesen und daher naheliegend“ - mit dem vollen Betrag steuerbar und steuerpflichtig. Aus diesem Grunde würden die Umsatzsteuerbescheide und wegen Wegfalls des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 die Einkommensteuerbescheide berichtigt. Wie aus den beigeschlossenen Berechnungsblättern hervorgeht, wurde als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer nicht mehr der „Netto-Produktwert“, sondern der „Brutto-Produktwert“ angesetzt.
18 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Zur Zulässigkeit der Revision wird u.a. geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht weiche von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Aufwandswirksamkeit von Einlagen in das Betriebsvermögen bei Einkünften gemäß § 25 EStG 1988 sowie zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ab. Auch wird die Aktenwidrigkeit von Sachverhaltsfeststellungen gerügt.
19 Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - nach Einleitung des Vorverfahrens - nicht beteiligt.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die Revision ist zulässig und begründet.
22 Zunächst ist zu bemerken, dass gemäß § 293 BAO die Abgabenbehörde - hinsichtlich Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes dieses - unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen kann.
23 Die Einrichtung des § 293 BAO dient nicht dazu, Irrtümer der Behörde (oder des Verwaltungsgerichtes) bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen, sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Fehler, die der Abgabenbehörde (dem Verwaltungsgericht) im Zuge der Willensbildung unterlaufen, sind hingegen nicht berichtigbar im Sinne des § 293 BAO (vgl. VwGH 9.7.2008, 2005/13/0020, 0028, mwN).
24 Die hier vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Berichtigungen betreffen derartige Fehler im Zuge der Willensbildung. Diese Beschlüsse sind damit (an sich) rechtswidrig. Sie sind - und bleiben mangels Bekämpfung - aber wirksam. Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung das angefochtene Erkenntnis in der Fassung zu Grunde zu legen, die es durch die Berichtigung erhalten hat (vgl. VwGH 17.7.2019, Ro 2016/13/0018, mwN).
25 Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs für diesen nachvollziehbar ist. Hiezu muss die Begründung insbesondere erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet wird (vgl. z.B. VwGH 31.5.2017, Ro 2014/13/0025; 1.6.2017, Ra 2016/15/0059).
26 Diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Erkenntnis nicht.
27 Wie das Bundesfinanzgericht eingangs schildert, ging das Strafgericht in seinem Urteil - mit eingehender Begründung, gestützt insbesondere auf ein umfangreiches Gutachten eines Sachverständigen - davon aus, dass der Mitbeteiligte insgesamt zumindest 500.000 Liter Diesel und Heizöl im Gesamtwert von zumindest 354.000 € veruntreut habe. Als verfallen erklärt wurde ein Betrag von 172.000 €. Dem lag zu Grunde, dass der Mitbeteiligte - wie auch die anderen Angeklagten - diese Treibstoffe (neben einem nicht näher quantifizierten Eigenverbrauch) um zumindest die Hälfte des Wertes weiterverkauft habe (daraus ergibt sich sohin ein Betrag von 177.000 €). Wie sich weiters aus der Begründung des Strafurteils ergibt, reduzierte sich der ausgesprochene Verfall im Hinblick auf den Zuspruch an den Privatbeteiligten F (bei dem es sich - entgegen der Annahme des Bundesfinanzgerichtes - nicht um den Arbeitgeber des Mitbeteiligten, sondern um einen vom Mitbeteiligten belieferten und durch die Minderbelieferung geschädigten Tankstellenbetreiber handelt) in Höhe von 5.000 €; Verfall daher 172.000 €.
28 Das Bundesfinanzgericht geht hingegen - ohne dies näher zu begründen - zunächst offenbar davon aus, dass (mindestens) 50 % der veruntreuten Handelsware (also nur - wenn auch ohne nähere Quantifizierung „mindestens“ - 50 % der Menge) zu einem vom Bundesfinanzgericht gesondert ermittelten Veräußerungspreis an Dritte weiterveräußert worden sei. Im Rahmen der rechnerischen Ermittlung der „Umsätze (hier: Produktwert)“ wird aber abweichend hievon - aufgegliedert auf die Jahre 2010 bis 2012 - offenkundig davon ausgegangen, dass die gesamte Menge (nicht bloß „mindestens“ die Hälfte) veräußert worden sei.
29 Auch die Ermittlung des Veräußerungspreises durch das Bundesfinanzgericht erscheint nicht nachvollziehbar begründet. Das Strafgericht ging - wie auch vom Bundesfinanzgericht geschildert - davon aus, dass der Mitbeteiligte die veruntreuten Waren (zumindest) mit der Hälfte ihres Wertes veräußert habe. Das Finanzamt legte seinen Bescheiden diese Beträge zu Grunde. Das Bundesfinanzgericht kommt hingegen (zu Lasten des Mitbeteiligten) zum Ergebnis, dass die Veräußerung sogar zu einem höheren Preis als dem vom Strafgericht ermittelten Wert erfolgte (der Gesamterlös des Mitbeteiligten inklusive Umsatzsteuer würde entsprechend dieser Sachverhaltsannahme, wie auch das Finanzamt in der Revision darlegt, etwa 480.000 € und nicht bloß - wie es das Finanzamt annahm - 177.000 € betragen). Eine derart gravierend von den vom Strafgericht in einem umfangreichen Verfahren ermittelten (und auch vom Finanzamt zu Grunde gelegten) Beträgen abweichende Sachverhaltsannahme hätte einer eingehenderen Beweiswürdigung bedurft, als sie bloß auf die wenig konkrete Aussage eines einzigen Abnehmers zu stützen.
30 Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass das Finanzamt in den Bescheiden - den Feststellungen der Außenprüfung folgend - Telefonkosten als Betriebsausgaben berücksichtigt hatte. Aus welchem Grund vom Bundesfinanzgericht diese Betriebsausgaben nicht berücksichtigt wurden, wird im angefochtenen Erkenntnis ebenfalls nicht dargelegt.
31 Zufolge ausreichender Deutlichkeit erkennbar unrichtig sind die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts zur Umsatzsteuer. Nach § 4 Abs. 1 UStG 1994 wird der Umsatz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Ob es sich um rechtlich zulässiges oder verbotenes, verpöntes oder strafbares Verhalten handelt, ist für die Besteuerung grundsätzlich ohne Belang (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2017/15/0085, 0086, mwN).
32 Das Bundesfinanzgericht legte der Umsatzbesteuerung nicht die von ihm angenommenen (wenn auch in ihrer Höhe - wie bereits oben dargelegt - an sich unzureichend begründeten) Verkaufspreise (bzw. die um die Umsatzsteuer verminderten Beträge) zu Grunde, sondern zog von diesen Verkaufspreisen die „Einkaufspreise“ ab. Damit legte das Bundesfinanzgericht im Ergebnis die Handelsspanne (im Sinne einer Differenzbesteuerung) der Umsatzbesteuerung zu Grunde. Die mit Beschluss vom 3. Februar 2020 vorgenommene „Berichtigung“ beseitigt diese Rechtswidrigkeit nicht. Es wurde lediglich - auch dies für sich rechtswidrig - anstelle eines „Nettobetrages“ (Handelsspanne) ein „Bruttobetrag“ (Handelsspanne zuzüglich Umsatzsteuer) der Umsatzbesteuerung zu Grunde gelegt.
33 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 27. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130020.L00Im RIS seit
12.10.2020Zuletzt aktualisiert am
12.10.2020