Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Ing. K S und 2. der E S, beide in W und beide vertreten durch Ing. DDr. Hermann Wenusch, Rechtsanwalt in 3031 Rekawinkel, Dr. Rosenfeld-Gasse 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 29. Oktober 2019, VGW-111/005/5688/2019-3 und VGW-111/V/005/5690/2019, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: M A in W, vertreten durch die BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert GmbH in 1010 Wien, Kärntner Straße 10; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach seiner ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (in der Folge: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom „27.02.2018“ (gemeint: vom 27.02.2019), mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß § 70 iVm § 54 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 die Baubewilligung für die Errichtung eines einstöckigen, unterkellerten Einfamilienhauses mit ausgebautem Dachgeschoss in offener Bauweise und samt Garage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft Wien erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
6 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird ausgeführt, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege „deshalb vor, weil eine schlüssige und im Detail begründete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie die Gebäudehöhe nach der Wiener Bauordnung bei einem Gebäude mit zurückgesetztem Dachgeschoss und einem Walm- bzw. Zeltdach [...], insbesondere im Hinblick auf die Giebelflächen, zu berechnen“ sei, fehle. Eine Auslegung wie jene in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Zahl 94/05/0172 (vom 20. Juni 1995) sei „willkürlich und völlig unverständlich“. Es gebe keine Grundlage im Gesetz dafür, dass der Begriff des Giebels im Sinn des § 81 Abs. 1 und 2 BO „abweichend von dem gewöhnlichen Sprachgebrauch“ zu verstehen sei. „Nur, weil eine einmal entwickelte und noch dazu nicht begründete Floskel unreflektiert in darauffolgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt“ werde, könne man „noch nicht von einer ständigen Rechtsprechung sprechen“. Da das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis die im Einreichplan enthaltene Berechnung „einfach übernommen“ habe, stünden außerdem tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel; die revisionswerbenden Parteien hätten in ihrer Bescheidbeschwerde aufgezeigt, dass die Gebäudehöhe falsch berechnet worden sei. Es werde auf die Ausführungen „unten“ verwiesen.
7 Die Revision ist unzulässig:
8 Ein Verweis in den Revisionszulässigkeitsgründen auf die sonstigen Ausführungen der Revision genügt nicht (vgl. VwGH 12.8.2020, Ra 2020/05/0135 oder auch 27.4.2016, Ra 2016/05/0017, mwN), ebenso nicht auf Vorbringen im Beschwerdeverfahren (VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005, mwN). Auch begründet der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt oder einer bestimmten Rechtsnorm fehlt, für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 12.6.2020, Ra 2020/05/0070, 0071, oder auch 24.2.2015, Ro 2014/05/0097, jeweils mwN).
9 Inwieweit dem Verwaltungsgericht bei der dem angefochtenen Erkenntnis zugrundegelegten Berechnung der Gebäudehöhe ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre, legt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht dar und zeigt damit auch die Relevanz des diesbezüglich behaupteten Verfahrensmangels nicht auf (vgl. für viele VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0067, oder auch 24.3.2015, Ra 2015/05/0010, jeweils mwN). Ein Verweis auf Vorbringen im Beschwerdeverfahren oder sonst in der Revision genügt, wie gesagt, nicht.
10 Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits (vgl. etwa VwGH 23.11.2016, 2013/05/0028, 5.3.2014, 2012/05/0086, 25.9.2012, 2010/05/0142, 22.9.1998, 95/05/0068, oder auch bereits das von den revisionswerbenden Parteien zitierte Erkenntnis 20.6.1995, 94/05/0172) ausgesprochen, dass bei der Berechnung der Gebäudehöhe gemäß § 81 Abs. 1 und 2 BO nicht nur eine tatsächliche, von der vorhandenen Dachform gebildete Giebelfläche außer Betracht zu bleiben hat, sondern auch eine gedachte Giebelfläche, die innerhalb der zulässigen Dachform möglich ist. Das Verwaltungsgericht ist dieser Judikatur gefolgt. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb angesichts dessen trotzdem eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen sollte. Die Ausführungen, es sei „eine einmal entwickelte und noch dazu nicht begründete Floskel unreflektiert in darauffolgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt“ worden, sodass man, „noch nicht von einer ständigen Rechtsprechung sprechen“ könne, genügen dafür jedenfalls nicht.
11 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war insoweit abzuweisen, als eine gesonderte Verfügung von Umsatzsteuer und von „Web-ERV“ Kosten im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Wien, am 31. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050118.L00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020