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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)Norm
ABGB §309Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Sowa-Janovsky, über die Revisionen 1. der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems in 4560 Kirchdorf an der Krems, Garnisonstraße 3 (prot. zu hg. Ra 2018/04/0186), 2. der B SE in W, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11 (prot. zu hg. Ra 2018/04/0187), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 6. August 2018, Zl. LVwG-850806/7/Re/MW, betreffend Vorschreibung von Vorkehrungen gemäß § 83 Abs. 3 GewO 1994,
Spruch
I. zu Ra 2018/04/0186 zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Aufhebung des Spruchpunktes I.1. Z 1., 2., 3., 4. und 9. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
II. zu Ra 2018/04/0187 den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 13. Juni 2017 trug die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: Erstrevisionswerberin) der Zweitrevisionswerberin aus Anlass der Auflassung der Tankstelle am näher beschriebenen Standort in P, unter anderem gewerberechtlich genehmigt mit Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 23. September 1950, gemäß § 83 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) auf, unter anderem nachfolgende Auflassungsvorkehrungen unverzüglich zu treffen:
„I.1. Auflassungsvorkehrungen aus Sicht der Hydrologie:
1. Unterirdische Lagerbehälter sind einer Grundentleerung zu unterziehen, zu reinigen und zu entgasen.
2. Alle aufzulassenden, ehemals Kraftstoff oder Kraftstoffdampf führenden Rohrleitungen sind zu reinigen und zu entgasen. Die Rohrleitungen sind auszugraben und zu entsorgen oder, wenn sie im Erdreich verbleiben, beidseitig blind zu flanschen.
3. Unterirdische Lagerbehälter einschließlich Leitungen, Füllschächte, Zapfsäulenschächte, Mineralölabscheideanlagen inklusive Schlammfang, Zapfinseln, Auffangwannen für unterirdische, einwandige Behälter, sind auszugraben und nach den geltenden Vorschriften ordnungsgemäß und nachweislich zu entsorgen.
4. Mineralölabscheider und Schlammfang sind vor dem Ausgraben zu entleeren und zu reinigen und sind die anfallenden Mineralölreste nachweislich zu entsorgen. Soweit seitlich oder unter dem Mineralölabscheider und dem Schlammfang Kontaminationen festgestellt werden, sind diese unter Beachtung der festgelegten Grenzwerte zu sanieren. Im Zuge der Sanierungsarbeiten berührte Kanäle sind so wiederherzustellen, dass ihre ursprüngliche Funktionen sichergestellt werden.
...
9. Der Beginn von Auflassungsarbeiten ist mindestens 1 Woche vorher schriftlich der Bescheid erlassenden Behörde und dem ASV für Hydrologie mitzuteilen.“
2 Begründend führte die Erstrevisionswerberin zusammengefasst aus, die Zweitrevisionswerberin sei Inhaberin der näher beschriebenen Tankstelle in P. Im Dezember 2012 habe die Zweitrevisionswerberin die Treibstoffbelieferung im Zuge der Beendigung des „Tankstellen-Beliefervertrages“ vom 6. September 2007 eingestellt und seien im Anschluss alle Zapfsäulen durch die Zweitrevisionswerberin abgebaut worden. Dies sei unzweifelhaft mit dem Willen der Zweitrevisionswerberin verbunden gewesen, die Betriebsanlage aufzulassen. Eine Auflassungsanzeige iSd § 83 Abs. 2 GewO 1994 sei der Erstrevisionswerberin nicht zugegangen. Die Zweitrevisionswerberin habe als Anlagenbetreiberin im Zuge der Auflassung keine Vorkehrungen getroffen, weshalb die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid vorzuschreiben gewesen seien.
3 Der dagegen von der Zweitrevisionswerberin erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis insofern Folge, als die unter Spruchpunkt I.1. des erstbehördlichen Bescheides vorgeschriebenen Auflassungsvorkehrungen behoben wurden; im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig (Spruchpunkt II.).
4 Das Verwaltungsgericht legte seinem Erkenntnis den - nachfolgend wiedergegebenen - festgestellten Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid der Erstrevisionswerberin vom 18. Juni 1934 sei der S V P C, Wien, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung der gegenständlichen Tankstelle erteilt worden.
Über Ansuchen der S V P C, Wien, sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. September 1950 die Erweiterung der bestehenden Tankstellenanlage durch Errichtung einer Treibstoffzapfanlage für Dieselkraftstoff gewerbebehördlich genehmigt worden und die Betriebsbewilligung hierfür mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 1952 erteilt worden. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. September 1955 sei über Antrag der S V P C, Wien, die Erweiterung der Tankstelle durch Zulegung eines Lagerbehälters und Aufstellung einer dritten Zapfsäule genehmigt worden. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. März 1956 sei für diese Erweiterung die Benützungsbewilligung erteilt worden, wobei in diesem Bescheid erstmalig die M O AG, Wien, als Konsenswerberin aufscheine.
Eine weitere gewerbebehördliche Genehmigung für die gegenständliche Tankstelle sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Mai 1961 erfolgt, worin ebenfalls die M O AG als Konsensinhaberin aufscheine. Die hierfür erforderliche Benützungsbewilligung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. April 1964 erteilt worden.
Auf Grund einer gewerbebehördlichen Überprüfung der Tankstelle seien mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. November 1976 zusätzliche Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1973 vorgeschrieben worden sowie die Änderung der Tankstellenanlage durch Aufstellung eines Mopedbetankungsgerätes und den Austausch der Einzelzapfsäule gegen Doppelzapfsäulen sowie die Verwendung eines Lagerbehälters zur Lagerung von Ofenheizöl gewerbebehördlich genehmigt worden, wobei als Konsensinhaberin bzw. Verpflichtete die M O AG aufscheine. Bei den von der Gewerbebehörde vorgenommenen Überprüfungen der Tankstelle scheine bis zum Jahr 1994 die M O AG als Konsensinhaberin auf.
In den Jahren 1999 bis 2000 sei die M O AG von der nunmehrigen Zweitrevisionswerberin im Rahmen eines Unternehmenskaufes erworben worden.
Die Verständigung betreffend die Überprüfung der Tankstelle am 9. Februar 1999 sei an die Zweitrevisionswerberin erfolgt. Im Juli 1999 habe die Zweitrevisionswerberin der Gewerbebehörde telefonisch mitgeteilt, dass sie nicht Konsensinhaberin, sondern lediglich Lieferfirma sei; weitere Ausführungen habe sie dazu nicht getätigt.
Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 habe die Zweitrevisionswerberin der Gewerbebehörde mitgeteilt, dass bei der Tankstelle auf Grund der Einführung eines neuen Firmenzeichens durch die Zweitrevisionswerberin eine Umgestaltung ausgeführt werde.
Am Standort der Tankstelle befinde sich auf demselben Grundstück auch eine Kfz-Werkstätte. Diese sei bis zum Jahr 2002 von der G H KG geführt worden. Die G H KG habe überdies die Tankstelle betreut. Zwischen der G H KG und der Zweitrevisionswerberin habe ein Tankstellen-Belieferungsvertrag bestanden.
Mit Vertrag vom 30. Oktober 2002 sei zwischen der G H KG und Herrn N.N. die Vermietung der bisher von der G H KG für ihre betrieblichen Zwecke genutzten Räumlichkeiten geregelt worden.
Überdies sei zwischen der G H KG und N.N. ein mit 30. Oktober 2002 datierter Unternehmskaufvertrag geschlossen worden. In den darin unter Punkt 1. enthaltenen Feststellungen werde mehrmals auf den Betrieb einer Tankstelle Bezug genommen; in der unter Punkt 2. enthaltenen Beschreibung des Unternehmenskaufes sei eine Bezugnahme auf eine Tankstelle nicht dezidiert gegeben. Unter 2.1 finde sich folgender Passus:
„Die [G H KG] verkauft und übergibt hiemit an Herrn [N.N.] und dieser kauft und übernimmt von der Erstgenannten laut Inventarisierung und Bestandsaufnahme gemäß Beilage ./2 die zum Unternehmen gehörige gesamte Büro-, Geschäfts- und Werkstättenausstattung, die vorhandenen Werkzeuge, Hebebühnen, Abschleppwagen, Bremsenprüfstand, Lackier-kabine, Computeranlage, Kundenkartei sowie die gesamten Warenlager und den Unternehmenswert zum einvernehmlich festgelegten Kaufpreis von € 55.500,-- ... .“
Die angeschlossene als „Beilage ./2“ bezeichnete Inventarliste beinhalte keine unbeweglichen oder beweglichen Anlagenteile der Tankstelle. Laut Unternehmenskaufvertrag sei die Verkäuferin für das Vorhandensein sämtlicher Genehmigungen verantwortlich. Überdies beinhalte der Unternehmskaufvertrag den Eintritt von N.N. in den Tankstellen-Belieferungsvertrag mit der Zweitrevisionswerberin vorbehaltlich deren Zustimmung.
Im Jahr 2007 sei zwischen der Zweitrevisionswerberin und dem Autohaus N.N. ein Tankstellen-Belieferungsvertrag abgeschlossen worden, der mit 1. Jänner 2008 in Kraft getreten und mit 31. Dezember 2012 abgelaufen sei. Mit diesem Tankstellen-Belieferungsvertrag habe N.N. den Verkauf von XY-Kraftstoffen an der Tankstelle im Namen und auf Rechnung der Zweitrevisionswerberin übernommen. Die Tankstelle sei mit Marken- und Warenzeichen der Zweitrevisionswerberin ausgestattet worden. Der Verkauf von Kraftstoffen, Heizölen und Schmiermitteln, die nicht von der Zweitrevisionswerberin zur Verfügung gestellt worden seien, sei N.N. nicht erlaubt gewesen. Als Entgelt für die Erfüllung der Leistungen habe N.N. eine literabhängige Provision erhalten. Sowohl Art als auch Höhe der Warenlieferung sei von der Zweitrevisionswerberin bestimmt worden. Werbemittel für die Tankstelle seien nach Vorgaben der Zweitrevisionswerberin zu verwenden gewesen.
Die in der Tankstelle herkömmlichen Vorgänge, wie Auftanken, Serviceleistungen für Kraftfahrzeuge und organisatorische Vorgänge seien von N.N. bzw. seinen Mitarbeitern vorgenommen worden. N.N. und seine Mitarbeiter seien verpflichtet gewesen, Berufskleidung der Zweitrevisionswerberin zu tragen.
Bei Störungen an Tankstellenanlagen sei N.N. verpflichtet gewesen, diese der Zweitrevisionswerberin zu melden. Veranlassungen für die Behebung dieser Störungen seien von der Zweitrevisionswerberin getroffen und die hiefür anfallenden Kosten von dieser getragen worden. Ohne Beteiligung von N.N. seien von der Zweitrevisionswerberin externe Firmen zur Störungsbehebung beauftragt worden. Dies gelte auch für die Eichung und die periodische Überprüfung der im Eigentum der Zweitrevisionswerberin gestandenen Zapfsäulen, die Dichtheitskontrollen der Lagerbehälter, die Reinigung von Beleuchtung sowie die Reparatur von Leuchtmitteln. Über Behälterformalbücher, Kesselbücher, etc. habe N.N. nicht verfügt.
Behördliche Bescheide seien an die jeweilige Konsensinhaberin, zuletzt an die Zweitrevisionswerberin ergangen. N.N. habe derartige Bescheide nicht erhalten.
In regelmäßigen Abständen sei N.N. von Vertretern der Zweitrevisionswerberin unangemeldet überprüft worden, ob die Tankstelle ordnungsgemäß geführt werde. Die Überprüfung habe unter anderem die Frage beinhaltet, ob von N.N. die Sicherheitsvorschriften sowie die Vorgaben betreffend die Kleidung, Werbung, Produktdarbietung, Reinigung, etc. einhalte. Eine Änderung der Tankstellenanlagenteile oder der Betriebsweise habe vonN.N. nicht selbständig durchgeführt werden können, sondern sei hierfür das Einverständnis der Zweitrevisionswerberin erforderlich gewesen. Von der Zweitrevisionswerberin sei diesbezüglich eine Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt und abhängig von dessen Ergebnis die Zustimmung erteilt oder verweigert worden. Die Öffnungszeiten seien einvernehmlich zwischen N.N. und der Zweitrevisionswerberin festgelegt worden und von keiner der Vertragsparteien einseitig abänderbar gewesen.
Die Preisgestaltung des an der Tankstelle angebotenen XY-Treibstoffes sei durch die Zweitrevisionswerberin erfolgt. N.N. habe keinen Einfluss darauf gehabt. Der ausgezeichnete Betrag sei ihm von der Zweitrevisionswerberin vorgegeben worden. Danach sei die Abrechnung durchzuführen gewesen.
Es habe nicht festgestellt werden können, in wessen Eigentum die bei der Tankstelle in Verwendung stehenden Lagerbehälter gestanden seien und von wem die gesetzlich vorgesehenen Sicherheitsüberprüfungen vorgenommen worden seien.
Die Belieferung der Tankstelle durch die Zweitrevisionswerberin sei mit Auslaufen des Tankstelle-Belieferungsvertrages am 31. Dezember 2012 eingestellt worden.
Nach Ablauf des Tankstellen-Belieferungsvertrages seien auf Veranlassung der Zweitrevisionswerberin oberirdische Anlagenteile, wie etwa die Zapfsäulen, sowie sämtliche Werbe- und Markeneinrichtungen, entsprechende Aufschriften, Beschilderungen und das Kassensystem entfernt, unausgefüllte Schächte zur Verhinderung von Stolperfallen verschraubt und die Stromzuleitung abgeschaltet worden. Schließlich sei N.N. von der Zweitrevisionswerberin aufgefordert worden, die Behälter „leer zu tanken“.
Weder von der Zweitrevisionswerberin noch vom Eigentümer oder „Pächter“ (N.N.) seien gegenüber der Gewerbebehörde der Beginn der Auflassung und die zu treffenden Vorkehrungen mitgeteilt worden.
Die Anzeige der Betriebsunterbrechung durch N.N. gründe sich auf das Ergebnis der Besprechung bei der Erstrevisionswerberin vom 17. Juni 2015.
5 Rechtlich verwies das Verwaltungsgericht betreffend die Behebung der von der belangten Behörde unter Spruchpunkt I.1. aufgetragenen Auflassungsvorkehrungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2002, 2001/07/0179. Demnach dienten letztmalige Vorkehrungen nach § 83 GewO 1994 nach dem eindeutigen Zweck dieser Bestimmung, die von dem durch die Auflassung geschaffenen Zustand einer Betriebsanlage ausgehenden Einwirkungen auf die Umwelt (im weitesten Sinne) so weit zu beschränken, dass der Schutz der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen gewährleistet sei. Das so zu umschreibende Wesen einer Vorkehrung nach § 83 GewO 1994 verbiete es, eine solche mit dem Zweck vorzuschreiben, eine durch den Betrieb der Betriebsanlage bereits vor der Auflassung eingetretene Einwirkung auf die Umwelt nachträglich wieder rückgängig zu machen. Die in dem zitierten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen Vorschreibungen seien mit den vorliegenden Auflagen ident und würden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Grenze der nach § 83 GewO 1994 zulässigerweise aufzutragenden Vorkehrungen hinausgehen. § 83 GewO 1994 biete für die in Spruchpunkt I.1. des bekämpften Bescheides angeführten, aus Sicht der Hydrologie erforderlichen Auflassungsvorkehrungen keine rechtliche Grundlage und seien daher nicht aufrechtzuerhalten. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 2017, Ro 2015/07/0021, wäre hingegen eine weitere Prüfung des Sachverhalts unter Anwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes (WRG) durch die Behörde zulässig. Im Gegensatz zum dortigen Sachverhalt habe vorliegend noch keine konkrete durch den Tankstellenbetrieb hervorgerufene Kontamination festgestellt werden können. Es liege demnach bis auf Weiteres im Verantwortungsbereich des WRG, allfällige bestehende Bodenkontaminationen im Bereich von Lagerbehältern, Füllschächten, Zapfsäulenschächten, Mineralölabscheidern durch Mineralölprodukte zu überprüfen, um ein erforderlichenfalls anzudenkendes behördliches Vorgehen nach dem WRG zu ermöglichen.
Zur Beurteilung der Zweitrevisionswerberin als Inhaberin der gegenständlichen Tankstelle führte das Verwaltungsgericht rechtlich aus, Normadressat eines bescheidmäßigen Auftrages nach § 83 GewO 1994 sei der Inhaber der Anlage, auf den die Tatbestandsmerkmale des § 83 GewO 1994 zutreffen würden.
Die Rechtsfigur der Innehabung entstamme dem Zivilrecht, weshalb von jenem Bedeutungsinhalt auszugehen sei, den die Privatrechtsordnung - die der Gesetzgeber der Gewerbeordnung vorgefunden habe - geprägt habe. Danach sei nach § 309 ABGB Inhaber, wer eine Sache in seiner Gewahrsame habe. Zum Unterschied vom Besitzer bedürfe der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Es komme somit darauf an, wer die Betriebsanlage „betreibe“. Mit dem „Inhaber“ werde daher der Fall der unmittelbaren Innehabung (im Wesentlichen die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens) angesprochen. Innehabung sei jedoch nicht bloß räumlich-körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Es könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass die Benutzung einzelner Anlagenteile auf Grund eines Vertragsverhältnisses dem Verwendungsberechtigten jedenfalls auch die Verfügungsmacht über die Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit einräume.
Als ein Inhaber einer Betriebsanlage gemäß § 83 GewO 1994 könne nach näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur jener Inhaber angesehen werden, der eine Auflassungshandlung gesetzt habe.
Vorliegend habe die Zweitrevisionswerberin die Auflassungshandlungen gesetzt. Ihr sei zuzurechnen, dass mit 31. Dezember 2012 ein weiterer Tankstellenbetrieb unterblieben sei. Die Zweitrevisionswerberin habe den damaligen Betreiber angewiesen, die Behälter leer zu tanken, und den üblicherweise in fünfjährigen Abständen neu verhandelten und abgeschlossenen Treibstoff-Belieferungsvertrag nicht mehr verlängert. Sie habe darüber hinaus mit der Entfernung von wesentlichen Anlagenteilen wie Zapfsäulen, Beschilderungen, Kassensystem, die gesamten Werbemittel und Aufschriften, zweifelsfrei als Auflassungshandlung zu verstehende Maßnahmen gesetzt. Über Veranlassung der Zweitrevisionswerberin sei überdies die Stromzufuhr gekappt und seien die hinterbliebenen Schächte verschraubt worden, um allfällige Stolperfallen hintan zu halten. Diese Maßnahmen seien bereits als wesentliche, möglicherweise sogar als vollständige Erfüllung der vorgeschriebenen Auflagenpunkte I.2., 10. bis 12. anzusehen.
Überdies seien wesentliche Verantwortungen mit dem Tankstellenbetrieb der Zweitrevisionswerberin zuzurechnen, wie etwa die von ihr vorgenommenen Schadensbehebungen und Überprüfungen, etwa auch der unterirdisch verlegten Behälter, aber auch die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, Sauberkeit und Technik, bzw. von ihr beauftragte und finanzierte Wartungen und Reparaturen, das zur Verfügung stellen von Anlagenteilen sowie Änderungen des Anlagenequipments nur im Einverständnis mit der Zweitrevisionswerberin und das Tätigen von Investitionen erst nach Überprüfung der Wirtschaftlichkeit durch die Zweitrevisionswerberin.
Die Zweitrevisionswerberin habe somit das faktische Betriebsgeschehen während des Betriebs der Anlage wesentlich und dominierend beeinflusst. Dem Betreiber der Anlage, Herrn N.N., sei nur untergeordnete Bedeutung zugekommen. Ebenso seien die Zweitrevisionswerberin wie auch deren Rechtsvorgänger durchwegs als Bescheidadressaten und demnach Konsenswerber für die vorliegende Anlage in Erscheinung getreten. Nur sie seien der Behörde gegenüber aufgetreten, hätten Genehmigungsanträge usw. gestellt, Überprüfungen wahrgenommen und Genehmigungsbescheide als Konsenswerber übernommen. Der Zweitrevisionswerberin komme daher die Inhabereigenschaft zu und sei als solche Adressatin der verbliebenen zu Recht vorgeschriebenen Vorkehrungen gemäß § 83 GewO 1994.
6 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht mit dem Nichtvorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG.
7 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen einerseits (hg. Ra 2018/04/0186) der belangten Behörde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde der Zweitrevisionswerberin gegen den erstbehördlichen Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte I.1. Z 1., 2., 3., 4., und 9. als unbegründet abgewiesen werde; in eventu das angefochtene Erkenntnis (in diesem Umfang) aufgehoben werde; andererseits (hg. Ra 2018/04/0187) der Zweitrevisionswerberin mit dem Antrag, das bekämpfte Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben.
8 Nach Einleitung des Vorverfahrens brachte die Zweitrevisionswerberin in Bezug auf die Amtsrevision eine Revisionsbeantwortung ein und beantragte deren kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung. Die Erstrevisionswerberin erstattete in Bezug auf die Revision der Zweitrevisionswerberin keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Revisionen erwogen:
Zur Revision der Zweitrevisionswerberin (hg. Ra 2018/04/0187):
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Gemäß § 83 GewO 1994 hat der Inhaber einer Anlage iSd § 74 Abs. 2 GewO 1994, wenn er die Auflassung seiner Anlage oder eines Teiles seiner Anlage beabsichtigt, die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung einer von der in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlage oder von dem in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlagenteil ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkung iSd § 74 Abs. 2 leg.cit. zu treffen (Abs. 1). Er hat den Beginn der Auflassung und seine Vorkehrungen anlässlich der Auflassung der Genehmigungsbehörde vorher anzuzeigen (Abs. 2). Reichen die vom Anlageninhaber gemäß Abs. 2 angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der auflassende Anlageninhaber die zur Errichtung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat die Genehmigungsbehörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist „Inhaber“, wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen. Es kommt somit darauf an, wer die Betriebsanlage „betreibt“ (siehe zu allem etwa VwGH 11.5.2017, Ra 2017/04/0034, Rn. 13, mwN). Innehabung ist jedoch nicht bloß räumlich-körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Sie kann auch durch abhängige Gehilfen, sogenannte „Besitzdiener“ (Familienangehörige, Hausgehilfen, Dienstnehmer, uÄ), ausgeübt und durch Partner aus solchen Rechtsverhältnissen vermittelt werden, die eine Anerkennung der Oberherrschaft bedeuten, sogenannte „Besitzmittler“ (Verwahrer, Entlehner, Bestandnehmer, oder Fruchtnießer, Vorbehaltskäufer uÄ) (vgl. VwGH 15.12.2014, Ra 2014/04/0028 bis 0030; RIS-Justiz RS0010104; Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4, § 309 Rz 2; Grüblinger in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 309 Rz 3). Mit der Innehabung der Betriebsanlage wird daher die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens angesprochen (vgl. VwGH 15.12.2014, Ra 2014/04/0028 bis 0030; 29.6.2017, Ro 2016/04/0012, Rn. 36, jeweils mwN).
14 Normadressat eines bescheidmäßigen Auftrags nach § 83 Abs. 3 GewO 1994 ist der Inhaber der Anlage, auf den die Tatbestandsmerkmale des § 83 GewO 1994 zutreffen. Als solcher kann nur jener Inhaber angesehen werden, der eine Auflassungshandlung gesetzt hat. Unter „Auflassung der Anlage“ im Sinn des § 83 GewO 1994 ist die endgültige Aufhebung der Widmung der Anlage für den ursprünglichen Betriebszweck durch den Inhaber zu verstehen (vgl. zu allem VwGH 23.5.2014, 2012/04/0155, mwN). Gemäß der geltenden Rechtslage nach der Gewerberechtsnovelle 1997 ist die Auflassung einer Betriebsanlage ein Vorgang, den der Anlageninhaber beginnt und die Behörde mit Feststellungsbescheid gemäß § 83 Abs. 6 GewO 1994 beendet (vgl. VwGH 22.1.2003, 99/04/0060). Gemäß § 83 Abs. 6 GewO 1994 erlischt im Falle der gänzlichen Auflassung der Betriebsanlage deren Genehmigung erst mit Eintritt der Rechtskraft des dort vorgesehenen Feststellungsbescheides (vgl. VwGH 11.9.2013, 2010/04/0032). Gemäß § 83 Abs. 4 GewO 1994 wird durch einen Wechsel in der Person des auflassenden Anlageninhabers die Wirksamkeit des bescheidmäßigen Auftrags von Vorkehrungen gemäß § 83 Abs. 3 leg.cit. nicht berührt.
15 Voraussetzungen der Passivlegitimation bei der Erlassung eines bescheidmäßigen Auftrages nach § 83 GewO 1994 sind somit die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens (Innehabung der Betriebsanlage) und das Setzen einer für den Beginn der Auflassung hinreichenden Handlung durch den Anlageninhaber (vgl. VwGH 10.2.1998, 97/04/0169, zur Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1997).
16 Gegen die Beurteilung der Zweitrevisionswerberin als Inhaberin der gegenständlichen Betriebsanlage bringt sie vor, dass ihr eine von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Eigenschaft als Anlageninhaberin iSd § 83 GewO 1994 vorausgesetzte unmittelbare Innehabung nicht zukomme. Einer Vermittlung der Innehabung durch N.N. als „Besitzmittler“ stehe das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, 2000/04/0197, entgegen.
17 Im Gegensatz zu dem zitierten Erkenntnis handelt es sich bei der vertraglichen Beziehung der Zweitrevisionswerberin mit N.N. um kein Bestandsverhältnis, auf Grund dessen die Betriebsanlage außerhalb der Interessen- und Einflusssphäre der Zweitrevisionswerberin liegen würde.
18 Vielmehr hat die Zweitrevisionswerberin vorliegend auf Basis des mit N.N. befristet abgeschlossenen Tankstellen-Belieferungsvertrages nicht bloß die Treibstoffbelieferung übernommen, sondern den Betrieb der Tankstelle wie etwa die Betriebszeit, die Preisgestaltung, Art und Höhe der Warenanlieferung sowie die Verwendung von Werbemitteln, die Vornahme periodischer Überprüfungen, die Möglichkeit der Änderung von Anlagenteilen und der Betriebsweise maßgeblich bestimmt. So war N.N. verpflichtet, Störungen der Tankstellenanlage der Zweitrevisionswerberin zu melden, die die Behebung der Störungen auf ihre Kosten veranlasste. Die verwendeten Zapfsäulen standen im Eigentum der Zweitrevisionswerberin, die deren periodische Überprüfungen bzw. Eichungen vornahm. Deren Servicierung erfolgte durch die Zweitrevisionswerberin ohne Verständigung von N.N. Ebenso stellte die Zweitrevisionswerberin Werbemittel, entsprechende Aufschriften, Beschilderungen und das Kassensystem zur Verfügung und war die Tankstelle mit Marken- und Warenzeichen der Zweitrevisionswerberin ausgestattet. Überdies überprüfte die Zweitrevisionswerberin in regelmäßigen Abständen den ordnungsgemäßen Betrieb der Tankstelle einschließlich die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch N.N., der nicht über Behälterformalbücher, Kesselbücher usw. verfügte. Eine Änderung der Anlagenteile und der Betriebsweise der Tankstelle konnte N.N. nicht selbständig vornehmen, sondern benötigte das Einverständnis der Zweitrevisionswerberin, das vom Ergebnis einer von ihr angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnung abhängig war. Die Kraftstoffe der Zweitrevisionswerberin verkaufte N.N. in deren Namen und auf deren Rechnung auf literabhängiger Provisionsbasis. Der Verkauf von Kraftstoffen, Heizölen und Schmiermitteln anderer Unternehmen als der Zweitrevisionswerberin war N.N. untersagt.
19 Demgegenüber oblagen sonst für Tankstellen herkömmliche Tätigkeiten, wie Auftanken, Serviceleistungen für Kraftfahrzeuge und organisatorische Vorgänge, N.N. und seinen Mitarbeitern, die verpflichtet waren die Berufskleidung der Zweitrevisionswerberin zu tragen.
20 Ausgehend davon steht die Beurteilung des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Einzelfall, wonach die Zweitrevisionswerberin maßgeblichen Einfluss auf das in der Betriebsanlage ausgeübte faktische Geschehen gehabt habe, nicht im Widerspruch mit der wiedergegeben Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Schließlich hat sich die Zweitrevisionswerberin - wie in Rn. 18 dargelegt - wesentliche Aspekte der unmittelbaren Sachherrschaft vorbehalten (vgl. VwGH 20.3.2013, 2010/11/0123). Dem würde auch allein die in der Revision im Rahmen der Beweisrüge betreffend der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den Lagerbehältern und deren Überprüfung begehrte Feststellung, dass sie nicht Eigentümerin der unterirdischen Lagerbehälter sei und sie deren Servicierung nicht veranlasst habe, nicht entgegen stehen. Der Bekämpfung der Beweiswürdigung des Veraltungsgerichts mangelt es in diesem Zusammenhang daher bereits an der rechtlichen Relevanz.
21 Mit dem Vorwurf fehlender Feststellungen zum Inhalt des von ihr mit N.N. abgeschlossenen Tankstellen-Belieferungsvertrages sowie der mangelnden Auseinandersetzung mit diesem Vertrag durch das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit deren Feststellungen zu den äußeren Abläufen in der Betriebsanlage macht die Zweitrevisionswerberin einen Verfahrensmangel in Form eines Begründungs- sowie Feststellungsmangels geltend, ohne jedoch - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen darzustellen, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Zweitrevisionswerberin zeigt insofern nicht, wie nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die hinreichende Darlegung von Verfahrensmängeln vorausgesetzt, die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels auf (vgl. etwa VwGH 2.4.2020, Ra 2020/04/0014, Rn. 8, mwN).
22 Dass nach dem Vorbringen der Zweitrevisionswerberin als wesentlich für den Tankstellenbetrieb zugeordnete Verantwortlichkeiten Ausfluss des Tankstellen-Belieferungsvertrages gewesen seien, wonach N.N. zur Verfügung gestellte Verkaufs- und Markeneinrichtungen von der Zweitrevisionswerberin zu montieren, zu warten und instand zu halten gewesen seien, ändert nichts daran, dass nach dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt die Zweitrevisionswerberin das faktische Geschehen in der Betriebsanlage wesentlich bestimmen konnte.
23 Soweit die Zweitrevisionswerberin zur Frage der Innehabung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 2007, 2006/17/0293, verweist, lag dieser Entscheidung eine abgabenrechtliche Beurteilung einer Tankstelle als Betriebsstätte zu Grunde und ist vorliegend das zitierte Erkenntnis bereits deshalb nicht von Bedeutung.
24 Mit dem Hinweis, dass die Betriebsanlagengenehmigungsbescheide an die Rechtsvorgänger der Zweitrevisionswerberin als Konsenswerber ergangen seien und auch die Zweitrevisionswerberin von der Gewerbebehörde von Betriebsanlagenüberprüfungen verständigt worden sei bzw. die Zweitrevisionswerberin zuletzt 2002 gegenüber der Gewerbebehörde die Umgestaltung der Tankstelle bekanntgegeben habe, legte das Verwaltungsgericht lediglich ein - nicht entscheidungswesentliches - Indiz für die Stellung der Zweitrevisionswerberin als Anlageninhaberin zum Zeitpunkt der Erlassung der bescheidmäßigen Vorkehrungen dar. Dem Vorbringen der Zweitrevisionswerberin zum behaupteten Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur dinglichen Wirkung von Betriebsanlagengenehmigungen und der Bestimmung der Eigenschaft als Anlageninhaberin nach dem Zeitpunkt, in dem die Verpflichtungen nach § 83 GewO 1994 zu erfüllen seien, kommt daher keine Relevanz zu.
25 Vielmehr hat die Zweitrevisionswerberin in Folge Nichtverlängerung des bis 31. Dezember 2012 befristeten Tankstellen-Belieferungsvertrages in ihrem Eigentum stehende für einen Tankstellenbetrieb erforderliche Anlagenteile, wie etwa Zapfsäulen und das Kassensystem (neben Werbemittel, Aufschriften und Beschilderunge) entfernt. Zur Vermeidung von Stolperfallen wurden unausgefüllte Schächte verschraubt und die Stromzuleitung abgeschalten.
26 Ausgehend von der maßgeblichen Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens durch die Zweitrevisionswerberin begegnet die Beurteilung dieses Sachverhalts als hinreichende Auflassungshandlungen keinen Bedenken. Schließlich war mit der Entfernung dieser Anlagenteile der Betrieb der Tankstelle technisch nicht mehr möglich. Mit der Entfernung der Anlagenteile nahm sie die endgültige Einstellung der Betriebsanlage in Kauf. Somit hat die Zweitrevisionswerberin den Vorgang der Auflassung iSd § 83 GewO 1994 mit der Entfernung der betriebsnotwendigen Anlagenteile begonnen.
27 Allein der Umstand, dass N.N. die Tankstelle nach der Beseitigung von für deren Betrieb notwendiger Anlageteile durch die Zweitrevisionswerberin nicht mit Hilfe einer anderen Mineralölfirma nach erforderlicher (Wieder-)Herstellung der technischen Voraussetzungen weiterbetrieb, stellt für sich keine Auflassungshandlung dar.
28 Ebenso wenig steht das Vorbringen der Zweitrevisionswerberin, die Entfernung der Anlagenteile hätten nicht der Aufhebung der Widmung der Betriebsanlage als Tankstelle gedient, sondern würden sich vielmehr aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und N.N. erklären, der Beurteilung als Auflassungshandlung entgegen. Dies gilt gleichfalls sowohl für den Einwand der Zweitrevisionswerberin, die Verantwortungen, aus denen das Verwaltungsgericht die Innehabung der Tankstelle durch sie ableite, seien nichts anderes als Ausfluss des Tankstellen-Belieferungsvertrages, als auch für das Vorbringen, der Tankstellen-Belieferungsvertrag enthalte keine Bestimmung, wonach die Zweitrevisionswerberin zur Auflassung der Tankstelle berechtigt gewesen sei. Die Motive der Zweitrevisionswerberin für die Verlängerung des Tankstellen-Belieferungsvertrages lassen ebenfalls keinen Rückschluss auf die mangelnde Innehabung der Tankstelle zu. Entsprechend der in den Rn. 13 bis 15 dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Eigenschaft der Zweitrevisionswerberin als Anlageninhaberin iSd § 83 GewO 1994 lediglich wesentlich, dass sie maßgeblichen Einfluss auf das in der Betriebsanlage ausgeübte faktische Geschehen hatte und als solche eine Auflassungshandlung gesetzt hat.
29 Im Übrigen moniert die Zweitrevisionswerberin, das Verwaltungsgericht wäre bei ausreichender und richtiger Würdigung ihres Vorbringens, wonach N.N. mit Unternehmenskaufvertrag vom 30. Oktober 2002 von der G H KG das Eigentum sowohl an der Kfz-Werkstätte als auch an der Tankstelle erworben habe, zu dem Ergebnis gelangt, dass entsprechend dem Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage die Kfz-Werkstätte und die Tankstelle eine Einheit darstellen würden und N.N. als Inhaber der Kfz-Werkstätte auch Inhaber der Tankstelle gewesen sei. Dem ist entgegen zu halten, dass unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an der Tankstelle der für das Vorliegen einer einheitlichen Betriebsanlage erforderliche sachliche (betriebliche) Zusammenhang (vgl. etwa VwGH 12.4.2018, Ra 2018/04/0092, 0093, Rn. 14) zwischen der Kfz-Werkstätte und der Tankstelle fehlt. Im Gegensatz zu dem von der Zweitrevisionswerberin in diesem Zusammenhang zitierten hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, 98/04/0160, in dem der Verwaltungsgerichtshof den (eingewandten) Übergang der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unter anderem für die Einhaltung von Auflagen in Ansehung der an eine dritte Person überlassenen Teile der Betriebsanlage vom Inhaber der Betriebsanlage auf diese dritte Person verneinte, handelt es sich vorliegend bei der Tankstelle um keinen bloß unselbstständigen Bestandteil der Kfz-Werkstätte, sondern um eine unabhängig von der Kfz-Werkstätte eigenständig gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage.
30 In der Revision der Zweitrevisionswerberin werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Zur Revision der Erstrevisionswerberin (hg. Ra 2018/04/0186):
31 Die Amtsrevision richtet sich gegen die Aufhebung der in Spruchpunkt I.1. Z 1., 2., 3., 4., und 9. des erstbehördlichen Bescheids vorgeschriebenen Vorkehrungen. Zu ihrer Zulässigkeit bringt sie im Wesentlichen vor, das angefochtene Erkenntnis weiche insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, als mit der gänzlichen Behebung des Spruchpunktes I.1. auch jene Auflassungsvorkehrungen behoben würden, die der Vorkehrung von ausschließlich aus der Auflassung resultierenden Kontaminationen dienten.
32 Die Amtsrevision ist aus diesen dargelegten Gründen zulässig und berechtigt.
33 Die Amtsrevision bringt zusammengefasst vor, die im Spruchpunkt I.1. unter Z 1., 2., 3., 4. und 9. aus Sicht der Hydrologie vorgeschriebenen Auflassungsvorkehrungen dienten dem ausschließlichen Zweck, Verunreinigungen des Grundwassers durch die in den Behältern und Rohrleitungen verbliebenen Öl- und Treibstoffreste vorzubeugen, und nicht dazu eine durch den Betrieb der Betriebsanlage bereits vor Auflassung eingetretene Einwirkung auf die Umwelt nachträglich rückgängig zu machen. Es sei eine differenzierte Beurteilung der aus Sicht der Hydrologie aufgetragenen Auflassungsvorkehrungen durchzuführen. Daher seien jene Vorkehrungen, welche dem Zweck dienten, die von dem durch die Auflassung geschaffenen Zustand einer Betriebsanlage ausgehenden Einwirkungen auf die Umwelt zu beschränken, auf Grundlage des § 83 GewO 1994 nicht nur zulässig, sondern insbesondere zum Schutz der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen auch notwendig. Allein der Umstand, dass die in Spruchpunkt I.1. vorgeschriebenen Auflassungsvorkehrungen auch auf Grundlage des WRG vorgeschrieben werden könnten, rechtfertige nicht deren Behebung.
34 Nach § 83 Abs. 1 GewO 1994 aufgetragene Vorkehrungen dienen dem Zweck, die von dem durch die Auflassung geschaffenen Zustand einer Betriebsanlage ausgehenden Einwirkungen auf die Umwelt (im weitesten Sinne) soweit zu beschränken, dass der Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gewährleistet ist (vgl. VwGH 29.2.2008, 2004/04/0179, mwN; 21.3.2002, 2001/07/0179). Das so zu umschreibende Wesen einer Vorkehrung nach § 83 GewO 1994 verbietet es, eine solche mit dem Zweck vorzuschreiben, eine durch den Betrieb der Betriebsanlage bereits vor der Auflassung eingetretene Einwirkung auf die Umwelt nachträglich wieder rückgängig zu machen (vgl. VwGH 28.10.1997, 97/04/0121).
35 Inwiefern die von der Erstrevisionswerberin aufgetragenen, hier vorliegend verfahrensgegenständlichen Vorkehrungen des Spruchpunktes I.1. Z 1. bis 4. und 9. nicht gemäß der in Rn. 34 dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Zweck nach § 83 Abs. 1 GewO 1994 dienen, hat das Verwaltungsgericht nicht ausreichend begründet.
36 Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2002, 2001/07/0179, ist nicht zielführend. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war ein auf § 31 WRG 1959 gestützter wasserpolizeilicher Auftrag in Bezug auf eine stillgelegte Tankstelle und nicht die Berechtigung der im dortigen Verfahren gegen diesen Auftrag ins Spiel gebrachten, mit den vorliegenden vergleichbaren, nach § 83 GewO 1994 aufgetragenen Vorkehrungen.
37 Dies gilt gleichsam für das vom Verwaltungsgericht in seiner Begründung herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Ro 2015/07/0021 betreffend Aufträge gemäß § 31 Abs. 1 WRG zur Sanierung einer Boden- bzw. Grundwasserverunreinigung auf dem Gelände einer aufgelassenen Tankstelle. Soweit das Verwaltungsgericht auf im zitierten Verfahren als erforderliche Sanierungsmaßnahmen gegenständliche Abgrabungen kontaminierten Bodenmaterials bzw. kontaminierter Anlagenteile verweist, beinhaltet ausschließlich Spruchpunkt I.1. Z 4. in Bezug auf den Mineralölabscheider und den Schlammfang unter anderem den Auftrag zur Sanierung allenfalls seitlich bzw. unterhalb davon festzustellender Kontaminationen. Ob es sich dabei jedenfalls um durch den Betrieb der Tankstelle und nicht durch deren Auflassung bewirkte Einwirkungen handelt, begründet das Verwaltungsgericht nicht. Es ist auch sonst nicht offensichtlich, dass bzw. inwieweit die strittigen Vorkehrungen nicht dem sich aus § 83 Abs. 1 bis 3 GewO 1994 ergebenden Zweck entsprechen bzw. diesen überschreiten.
38 Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Behebung der aufgetragenen Vorkehrungen des Spruchpunktes I.1. Z 1. bis 4. und 9. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
39 Das angefochtene Erkenntnis war demnach im Umfang der Anfechtung durch die Erstrevisionswerberin hinsichtlich der Behebung der Spruchpunkte I.1. Z 1., 2., 3., 4., und 9. des erstbehördlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 3. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018040186.L00Im RIS seit
12.10.2020Zuletzt aktualisiert am
12.10.2020