TE Vwgh Beschluss 2020/9/4 Ra 2020/07/0053

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Veröffentlicht am 04.09.2020
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §12 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der I Gesellschaft m.b.H. & Co G Errichtungs- und Betriebs KG in G, vertreten durch die Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. Dezember 2019, Zl. LVwG 46.24-2863/2019-2, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark; mitbeteiligte Partei: Stadt Graz, vertreten durch die Holding Graz Services - Wasserwirtschaft in 8045 Graz, Wasserwerkgasse 11), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die revisionswerbende Partei ist Eigentümerin eines Superädifikats in Form einer zweigeschossigen Tiefgarage, welche auf den Grundstücken Nr. 2172 und 2169, beide KG G., situiert ist. Diese Grundstücke stehen im Eigentum der mitbeteiligten Partei.

2        Mit Bescheid vom 7. Mai 2015 erteilte die belangte Behörde - nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen - der mitbeteiligten Partei unter anderem die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines zentralen Speicherkanals, von Wehrkammern sowie eines Entnahmebauwerkes. Die revisionswerbende Partei nahm an diesem Verfahren nicht teil.

3        Über Verlangen der revisionswerbenden Partei wurde ihr dieser Bescheid am 2. September 2019 übermittelt.

4        Sie erhob dagegen Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, sie sei in das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren nicht „einbezogen“ worden, obwohl sie Eigentümerin des genannten Superädifikats sei. Wäre sie ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde geladen und ihr Parteistellung eingeräumt worden, hätte sie gegen das Vorhaben der mitbeteiligten Partei - in der Beschwerde näher vorgebrachte - Einwendungen erhoben.

5        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde „mangels Beschwerdelegitimation“ als unzulässig zurück. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

6        Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass eine Parteistellung aufgrund von Rechten an einem Superädifikat gemäß § 102 Abs. 1 lit. b iVm. § 12 Abs. 2 WRG 1959 nicht begründet werden könne, weil Superädifikate nicht zu den wasserrechtlich geschützten Rechten nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 gehörten (Hinweis auf VwGH 29.6.1995, 92/07/0195, und 3.12.1985, 85/07/0275, jeweils mwN). Im Lichte des klaren Gesetzeswortlauts bestehe für das Verwaltungsgericht auch keine Veranlassung, am Zutreffen dieser Judikatur zu zweifeln.

7        Auch die nunmehr erfolgte Zustellung des erstinstanzlichen Bescheids an die revisionswerbende Partei vermöge nicht die Parteistellung und damit das Recht zur Erhebung einer Beschwerde zu begründen, weil es für die Frage der Parteistellung immer darauf ankomme, ob der betreffenden Person aufgrund der Verwaltungsvorschriften die Stellung einer Partei zukomme (Hinweis auf VwGH 10.11.2011, 2009/07/0204, mwN).

8        Der revisionswerbenden Partei mangle es daher an der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren, weshalb ihr auch keine Beschwerdelegitimation zukomme.

9        Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass der revisionswerbenden Partei Parteistellung zuzuerkennen wäre, so ergebe sich, dass aufgrund der von der belangten Behörde vorgenommenen „doppelten“ Kundmachung der mündlichen Verhandlung (Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel und Veröffentlichung der Kundmachung im Internet) durch Nichterhebung von Einwendungen Präklusion gemäß § 42 Abs. 1 AVG eingetreten und somit die Parteistellung verloren gegangen sei (Hinweis auf VwGH 28.2.2019, Ra 2018/07/0446). Diese Präklusionswirkung betreffe auch jene Personen, die - als bekannte Beteiligte - von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären (Hinweis auf VwGH 9.11.2011, 2010/06/0131; 28.2.2019, Ra 2018/07/0446).

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       In diesen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zu all dem etwa VwGH 19.11.2019, Ra 2019/07/0110, mwN).

14       Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, weil die revisionswerbende Partei darin nicht konkret darlegt, in welchen Punkten der angefochtene Beschluss von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hätte. In der Zulässigkeitsbegründung wird vielmehr die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses bzw. die Verletzung von Rechten der revisionswerbenden Partei behauptet. Damit wird aber nicht dargetan, welche Rechtsfrage die revisionswerbende Partei als solche von grundsätzlicher Bedeutung erblickt (vgl. dazu VwGH 14.11.2019, Ra 2019/07/0091, mwN).

15       Sofern in der Zulässigkeitsbegründung zunächst behauptet wird, die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde sei nicht im Sinn des § 42 Abs. 1 AVG „doppelt“ kundgemacht worden, weshalb die revisionswerbende Partei nicht präkludiert sei, ist darauf zu entgegnen, dass sich das Verwaltungsgericht zur Begründung der fehlenden Beschwerdelegitimation bereits tragend auf die fehlende Parteistellung der revisionswerbenden Partei im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nach § 102 Abs. 1 lit. b iVm. § 12 Abs. 2 WRG 1959 aufgrund ihrer Eigenschaft als Eigentümerin eines Superädifikats gestützt hat. Die Lösung einer Rechtsfrage in Bezug zu der vom Verwaltungsgericht hilfsweise angenommenen Präklusion der revisionswerbenden Partei nach § 42 Abs. 1 AVG wäre daher von theoretischer Natur und steht daher mit einem Eingriff in deren subjektiven Rechte in keinem Zusammenhang. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zuständig (vgl. VwGH 20.5.2020, Ra 2019/07/0086, 0087, mwN).

16       Die revisionswerbende Partei bringt weiter vor, es sei „eine weitere Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung“ in Bezug auf die Parteistellung des Superädifikateigentümers gegeben. Warum ein solcher nicht in den Genuss einer Parteistellung gelangen sollte, werde vom Verfassungsgerichtshof nicht näher beleuchtet (Hinweis auf VfSlg. 8.746/1980). An dieser Stelle sei festzuhalten, dass schon aus Grundrechtsüberlegungen der Eigentümer eines Superädifikats gleich wie ein Liegenschaftseigentümer behandelt werden müsse. Dies umso mehr, als Grundeigentum im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 sowohl das Eigentum an Grund und Boden als auch die mit dem Grundeigentum verbundenen, „nicht sonderrechtsfähigen Anlagen und Baulichkeiten“ umfasse. Ob nun aber eine Tiefgarage mit dem Liegenschaftseigentum verbunden oder ein Superädifikat sei, dürfe bei einer grundrechtskonformen Betrachtungsweise keinen Unterschied machen.

17       Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt damit aber bereits deshalb nicht vor, weil das Verwaltungsgericht - wie bereits erwähnt - seine Entscheidung in Übereinstimmung mit der hg. Rechtsprechung zur fehlenden Parteistellung von Eigentümern eines Superädifikats getroffen hat. Superädifikate gehören demnach nicht zu den wasserrechtlich geschützten Rechten nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. VwGH 20.7.1995, 95/07/0051; 29.6.1995, 92/07/0195, jeweils mwN).

18       Soweit die Zulässigkeitsausführungen aus - im Übrigen vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten - gleichheitsrechtlichen Überlegungen auf eine grundrechtskonforme Betrachtungsweise verweisen, genügt der Hinweis darauf, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht mit der Frage der Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen begründet werden kann (VwGH 15.11.2019, Ra 2018/08/0213, mwN), fällt doch die Entscheidung der Frage der Rechtmäßigkeit von generellen Rechtsvorschriften in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes (VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0072, mwN).

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070053.L00

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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