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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des R A in M, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2019, W265 2144882-1/26E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 30. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 18. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 18. Juni 2020, E 1529/2020-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die vorliegende Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 13.7.2020, Ra 2019/20/0518, mwN). Bei der Beurteilung, ob sich die vorliegende Revision iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig darstellt, ist somit auf das (auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz bezogene) Vorbringen, das nur in den Revisionsgründen angesprochen wird, nicht weiter einzugehen (vgl. VwGH 16.3.2020, Ra 2020/14/0057, mwN).
9 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, die Beweiswürdigung des BVwG sei unvertretbar. Der Revisionswerber habe seine im gesamten Verfahren gleichlautenden Fluchtgründe präzise und nachvollziehbar ausgeführt. Das Argument des BVwG, der Revisionswerber habe erst auf Nachfrage Details nennen können, stehe im Widerspruch zum Vorwurf, er habe vage Angaben gemacht. Das BVwG verkenne, dass es aufgrund seiner Pflicht zu amtswegigen Ermittlungen durch konkrete Fragen darauf hinzuwirken habe, den maßgeblichen Sachverhalt zu eruieren. Zudem sei dem Revisionswerber zu den ihm vorgeworfenen Widersprüchen keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Insbesondere ist der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 31.7.2020, Ra 2020/20/0240, mwN).
11 Das BVwG gelangte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber entgegen dem Vorbringen in der Revision auch konkret zu seinen Fluchtgründen befragte, unter Bezugnahme auf die vagen, widersprüchlichen, unplausiblen und lebensfremden Angaben zu der Auffassung, dass der Revisionsweber eine asylrelevante Verfolgung nicht habe glaubhaft machen können. Mit der pauschalen Beanstandung einzelner Aspekte der auf einer gesamthaften Betrachtung beruhenden Beweiswürdigung gelingt es der Revision nicht, aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des BVwG unvertretbar wäre. Im Zusammenhang mit den behaupteten Ermittlungsmängeln bleibt der Revisionswerber zudem jegliche Konkretisierung schuldig, welche zur Klärung des Sachverhalts beitragenden ergänzenden Fragen ihm zu stellen gewesen wären und welche Antworten er darauf hätte geben können (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung behaupteter Ermittlungsmängel VwGH 23.4.2020, Ra 2020/01/0020, mwN).
12 Soweit die Revision beanstandet, das BVwG habe seine Beweiswürdigung auf Widersprüche gestützt, ohne dem Revisionswerber dazu Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, ist ihr zu entgegnen, dass sich das Recht auf Parteiengehör nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf den vom BVwG festzustellenden maßgeblichen Sachverhalt bezieht. Die Beweiswürdigung im Sinn des § 45 Abs. 2 AVG zählt aber nicht zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass keine Verpflichtung des BVwG besteht, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (vgl. VwGH 8.8.2019, Ra 2019/20/0188, mwN).
13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200012.L00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020