TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/18 96/11/0344

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Veröffentlicht am 18.11.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §18 Abs3 idF 1990/357;
AVG §56;
TelekopieV 1991 §1;
TelekopieV 1991 §2;
TelekopieV 1991 §3;
WehrG 1990 §35;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
WehrG 1990 §36a Abs7;
ZustG §13 Abs3;
ZustG §1a idF 1990/357;
ZustG §26 Abs2 idF 1990/357;
ZustG §6;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien XVI, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 17. Oktober 1996, Zl. 763.954/4-2.7/96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. September 1996, ihn bis Oktober 1997 von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zu befreien, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Antrag vom 20. Dezember 1995 begehrte der Beschwerdeführer die befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bis Oktober 1997. Er machte geltend, er habe im Frühjahr 1995 ein näher bezeichnetes Hotel-Restaurant gepachtet. Das Pachtverhältnis hätte ursprünglich mit Oktober 1995 enden sollen. Durch Umstände auf der Verpächterseite (Konkurs, "Entmündigung") hätten sich Kaufverhandlungen hinausgezogen. Das Pachtverhältnis sei unbefristet verlängert worden. Mittlerweile sei der Ankauf der Liegenschaft durch das Gericht genehmigt worden. Seinem Partner sei aufgrund anderer von ihm betriebener Unternehmen und diverser Umstände eine alleinige Führung nicht zuzumuten.

Aufgrund einer Anregung der L. OEG, die das vom Beschwerdeführer bezeichnete Unternehmen betreibt, wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. Jänner 1996 gemäß § 36a Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz 1990 - WG von Amts wegen bis 30. September 1996 von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 5. Februar 1996 wurde der eingangs genannte Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 1995 gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß sich der Beschwerdeführer am 15. Februar 1991 der Stellung unterzogen habe und für tauglich befunden worden sei. Seither wisse er, daß er zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes verpflichtet sei. Obwohl ihm bei einer persönlichen Vorsprache beim Leiter der Ergänzungsabteilung im Juni 1995 mitgeteilt worden sei, daß er ab Jänner 1996 seinen ordentlichen Präsenzdienst zu leisten habe, und nachdem ihm der Einberufungsbefehl zugestellt worden sei, habe er dessenungeachtet mit 17. November 1995 die L. OEG gegründet. Er habe damit die ihn treffende Obliegenheit zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Dispositionen mit der Präsenzdienstpflicht verletzt, weshalb die besondere Rücksichtswürdigkeit der von ihm geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen zu verneinen sei. Im übrigen sei eine Existenzgefährdung des Beschwerdeführers infolge der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht zu erwarten, weil auch sein Mitgesellschafter ein wirtschaftliches Interesse an der Führung des Unternehmens habe und daher zu erwarten sei, daß er entsprechende Maßnahmen setzen werde.

Mit Schreiben vom 25. September 1996 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Befreiung bis Oktober 1997 und führte unter Bezugnahme auf die von Amts wegen erfolgte Befreiung bis 30. September 1996 aus, es sei ihm nicht gelungen, jemanden derartig einzuschulen, daß er ihn für die Dauer seiner Präsenzdienstleistung ersetzen könne. Seine Ehefrau sei erst seit vier Monaten im Betrieb tätig und zudem branchenfremd.

Diesen Antrag wies das Militärkommando Burgenland mit Bescheid vom 30. September 1996 wegen entschiedener Sache zurück und führte begründend aus, der neuerliche Antrag enthalte im Vergleich zum rechtskräftig abgewiesenen Antrag vom 20. Dezember 1995 keine wesentlichen neuen Umstände. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30. September 1996 per Telekopie übermittelt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Behauptung, es hätten sich gegenüber Dezember 1995 sehr wohl andere Umstände ergeben, an welchen ihn keine Schuld treffe. In einer vom nunmehrigen Beschwerdevertreter verfaßten Berufungsergänzung wurde ausgeführt, der dem Beschwerdeführer per Telekopie zugestellte Bescheid vom 30. September 1996 enthalte keine Originalunterschrift. Der Hinweis auf § 68 Abs. 1 AVG stelle eine Scheinbegründung dar. Sein Mitgesellschafter habe zwei weitere Gastronomiebetriebe, zwei Handelsunternehmen und vermiete Objekte. Es sei ihm daher nicht möglich, sich um den Betrieb ernstlich zu kümmern. Außerdem habe er vor kurzem eine schwere Fußverletzung erlitten, was seine Mobilität einschränke. Seine Ehefrau sei bereit, den Betrieb zu führen, wenn sie entsprechend eingeschult sei. Der langjährige Koch sei am 15. September 1996 aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Es sei beabsichtigt gewesen, daß dieser zusammen mit der Ehefrau des Beschwerdeführers den Betrieb führe. Es hätten sich daher seit dem letzten Bescheid erhebliche Änderungen ergeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der Erstbescheid vom 30. September 1996 bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 5. Februar 1996 und dem neuerlichen Antrag vom 25. September 1996 liege derselbe Sachverhalt zugrunde. In beiden Fällen werde im wesentlichen davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer im November 1995 mit einem Mitgesellschafter eine OEG zum Betrieb eines Gastgewerbes gegründet habe. Die aus dem Betrieb dieses Unternehmens abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen seien nicht besonders rücksichtswürdig, weil der Beschwerdeführer seit der Feststellung seiner Tauglichkeit die Planung und Gestaltung seiner beruflichen Angelegenheiten mit der ihn treffenden Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes hätte harmonisieren müssen. Die Erkrankung des Mitgesellschafters und des Kochs seien demgegenüber unerhebliche Nebenumstände.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, infolge der amtswegigen Befreiung durch den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. Jänner 1996 sei der seinem "Antrag auf befristete Befreiung zugrunde liegende Einberufungsbefehl" gemäß § 36 Abs. 7 WG (richtig § 36a Abs. 7 WG) unwirksam geworden. Sein Antrag vom 20. Dezember 1995 habe "sich sohin auf einen nicht mehr existenten Bescheid" bezogen und "hätte daher an sich mangels Beschwer zurückgewiesen werden müssen". Der Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 5. Februar 1996 befasse "sich daher mit der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich eines nicht existenten Bescheides. Da hier eine Entscheidung über Unmögliches getroffen wurde, ist auch der Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 5. 2. 1996 nichtig und kann nicht die Basis für eine "res judicata" begründen". Die Abweisung des Antrages vom 25. September 1996 aus dem Grund der entschiedenen Sache gehe daher ins Leere.

Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Ein Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG und eine behördliche Entscheidung über einen solchen Antrag setzen nämlich keinen Einberufungsbefehl voraus. § 36a Abs. 7 leg. cit. sieht lediglich für jene Fälle, in denen ein Einberufungsbefehl bereits erlassen wurde, dessen Unwirksamwerden für den Zeitraum der gewährten Befreiung oder des gewährten Aufschubes vor. Anträge auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes können daher völlig unabhängig vom Vorliegen eines Einberufungsbefehles gestellt werden. Über sie ist meritorisch zu entscheiden, und zwar unabhängig davon, ob in der Folge ein Einberufungsbefehl erlassen wurde oder nicht oder ob ein allenfalls erlassener Einberufungsbefehl schon vor Ergehen der behördlichen Entscheidung über den Befreiungsantrag mit Bescheid aufgehoben wurde oder aufgrund einer von Amts wegen gewährten Befreiung unwirksam geworden ist. Es kann daher der Bescheid der Erstbehörde vom 5. Februar 1996 den Zurückweisungsgrund der "entschiedenen Sache" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG darstellen. Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, ist von der zuletzt genannten Gesetzesstelle auszugehen, wonach Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines Bescheides Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage) bezwecken, da diese Bestimmung in erster Linie das wiederholte Aufrollen einer bereits entschiedenen Sache verhindern soll. Identität der Sache liegt dann vor, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteibegehren im wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 93/11/0021, mwN).

Eine Änderung der Rechtslage ist nicht eingetreten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im neuerlichen Antrag vom 25. September 1996 läßt auch keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes erkennen. Den maßgeblichen Grund für die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen erblickt der Bescheid vom 5. Februar 1996 in der dem Beschwerdeführer anzulastenden Verletzung der Pflicht zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Dispositionen mit der ihn treffenden Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes. Auch in seinem neuerlichen Befreiungsantrag leitet der Beschwerdeführer seine wirtschaftlichen Interessen aus dem Betrieb jenes Unternehmens ab, hinsichtlich dessen ihm bereits im Bescheid vom 5. Februar 1996 die Verletzung der Harmonisierungspflicht vorgeworfen worden war. Die behauptete Erkrankung seines Mitgesellschafters, das krankheitsbedingte Ausscheiden des langjährigen Kochs und die mangelnde berufliche Erfahrung seiner Ehefrau sind demgegenüber unerhebliche Nebenumstände und stellen keine Änderung der maßgeblichen Sachlage dar, sodaß nicht näher darauf eingegangen zu werden brauchte, ob diese Umstände bereits im Verfahren vor der Erstbehörde (allein darauf käme es hier an, vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/11/0107, mwN) vorgebracht wurden.

Der Beschwerdeführer macht ebenso wie im Berufungsverfahren geltend, daß der - ihm per Telekopie übermittelte - erstinstanzliche Bescheid vom 30. September 1996 keine Originalunterschrift aufweise. Darüber hinaus führt er im vorliegenden Beschwerdeverfahren ins Treffen, daß er keine Zustimmung zur Übersendung mittels Telekopie erteilt habe, weshalb dieser Bescheid "nichtig" sei.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß nach § 18 Abs. 3 fünfter Satz AVG und § 2 Telekopie-Verordnung BGBl. Nr. 110/1991 die Übermittlung im Wege der Telekopie nur zulässig ist, wenn der Empfänger ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat, sowie daß eine derartige ausdrückliche Zustimmung - nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 25. September 1996 seine Telefaxnummer angegeben - nicht erteilt wurde. Dies führt aber nicht dazu, daß der Bescheid vom 30. September 1996 als nicht erlassen gilt oder "nichtig" ist. Unbestritten ist, daß dem Beschwerdeführer der Bescheid vom 30. September 1996 noch am selben Tag zugegangen ist, wie auch die von ihm umgehend erhobene Berufung zeigt. Damit ist aber der in der Übermittlung per Telekopie trotz fehlender ausdrücklicher Zustimmung gelegene Zustellmangel gemäß den §§ 1a und 7 Zustellgesetz geheilt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1992, Slg. Nr. 13.760/A). Daß der per Telekopie übermittelte Bescheid nicht die Originalunterschrift des Genehmigenden trägt, liegt in der Natur der Sache. Dies ist aber bei Mitteilung des Inhaltes von Erledigungen im Wege der Telekopie zufolge § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG nicht erforderlich.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß ihm die belangte Behörde kein Parteiengehör gewährt habe. Sein Vorbringen läßt allerdings nicht erkennen, was er im Falle des Parteiengehörs vorgebracht hätte und inwiefern die belangte Behörde dadurch zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist somit nicht erkennbar.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110344.X00

Im RIS seit

12.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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